Deutsches Reichsgesetzblatt 1899

Deutsches Reichsgesetzblatt 1899

Textdaten
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Autor: Amtliches Werk
Titel: Reichs-Gesetzblatt
Herausgeber: Reichsamt des Innern
Erscheinungsdatum: 1899
Erscheinungsort: Berlin
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: amtliches Gesetz- und Verkündungsblatt des Deutschen Reichs
Bearbeitungsstand
korrigiert
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Reichs-Gesetzblatt.
1899.

Enthält
die Gesetze, Verordnungen u. s. w. vom 18. Januar bis 28. Dezember 1899,
nebst einem Vertrage vom Jahre 1896, zwei Verträgen vom Jahre 1897
und vier Verträgen vom Jahre 1898.
(Von Nr. 2540 bis einschl. Nr. 2641.)
Nr. 1 bis einschl. Nr. 53.

Berlin,
zu haben im Kaiserlichen Post-Zeitungsamte.

Inhaltsverzeichnis

Chronologische Uebersicht
der im Reichs-Gesetzblatt
vom Jahre 1899
enthaltenen Gesetze, Verordnungen u. s. w.
Datum
des
Gesetzes etc.
Ausgegeben
zu
Berlin.
I n h a l t. Nr.
des
Stücks.
Nr.
des
Gesetzes etc.
Seiten.
14. Novbr. 1896. 25. Mai 1899. Abkommen zur Regelung von Fragen des internationalen Privatrechts. 21. 2577.
(mit Anl.)
285–298.
28. Juni 1897. 4. Novbr. 1899. Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reiche und Peru, betr. die Stellung der deutschen Konsuln in Peru und der peruanischen Konsuln in Deutschland. 42. 2621. 662–663.
30. Novbr. 1897. 30. Septbr. 1899. Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reiche und den Vereinigten Staaten von Brasilien über die Mitwirkung der beiderseitigen konsularischen Vertreter bei der Regelung von Nachlässen ihrer Staatsangehörigen. 39. 2615. 547–549.
4. Febr. 1898. 2. Juni 1899. Uebereinkunft, betr. die Aichung der Binnenschiffe. 22. 2578.
(mit Anl.)
299–309.
23. Febr. 1898. 11. April 1899. Uebereinkunft zwischen Deutschland und den Niederlanden, betr. die Ausdehnung der über die gegenseitige Zulassung der in Grenzgemeinden wohnhaften Aerzte, Wundärzte und Hebammen zur Ausübung der Praxis unter dem 11. Dezember 1873 getroffenen Uebereinkunft auf die Thierärzte. 14. 2565. 221–224.
5. Novbr. 1898. 25. Juli 1899. Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreich-Ungarn wegen Herstellung der Eisenbahnverbindung von Tannwald nach Petersdorf. 35. 2609. 533–540. [II]
26. Dezbr. 1898. 16. März 1899. Nachtragskonvention zum Handels- und Schifffahrtsvertrage zwischen dem Deutschen Reiche und Japan. 9. 2554.
(mit Anl.)
137–155.
18. Janr. 1899. 28. Janr. 1899. Allerhöchster Erlaß, betr. die Aufnahme einer Anleihe auf Grund des Gesetzes vom 31. März 1898. 1. 2540. 1.
18. Janr. 1899. 15. Febr. 1899. Verordnung, betr. die Militär-Transport-Ordnung für Eisenbahnen. 4. 2545.
(mit Anl.)
15–107.
18. Janr. 1899. 15. Febr. 1899. Bekanntmachung, betr. den Militärtarif für Eisenbahnen. 4. 2546.
(mit Anl.)
108–127.
21. Janr. 1899. 28. Janr. 1899. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 1. 2541. 2.
22. Janr. 1899. 28. Janr. 1899. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 1. 2542. 3.
28. Janr. 1899. 1. Febr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung und den Betrieb der Roßhaarspinnereien, Haar- und Borstenzurichtereien sowie der Bürsten- und Pinselmachereien. 2. 2543. 5–10.
2. Febr. 1899. 7. Febr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Einführung von Bestimmungen über die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei der Beförderung von lebendem Geflügel auf Eisenbahnen. 3. 2544. 11–13.
10. Febr. 1899. 16. Febr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Zulassung zur Führung von Hochseefischereifahrzeugen in kleiner und in der Islandfahrt. 5. 2547. 129–130.
12. Febr. 1899. 1. Juli 1899. Notenwechsel, betr. die Handelsbeziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und Spanien. 26. 2587. 335–337.
19. Febr. 1899. 4. März 1899. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 6. 2549. 132.
27. Febr. 1899. 4. März 1899. Gesetz, betr. die Kontrole des Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1898. 6. 2548. 131.
1. März 1899. 14. März 1899. Bekanntmachung, betr. die Außerkraftsetzung des Postvertrags zwischen dem Norddeutschen Bunde und Norwegen. 8. 2553. 136. [III]
4. März 1899. 11. März 1899. Bekanntmachung, betr. Abänderung der Vorschriften über den Nachweis der Befähigung als Seeschiffer und Seesteuermann auf deutschen Kauffahrteischiffen. 7. 2551. 134.
6. März 1899. 11. März 1899. Gesetz, betr. die Abänderung des Zolltarifs. 7. 2550. 133.
9. März 1899. 14. März 1899. Gesetz, betr. die Einrichtung eines besonderen Senats für das bayerische Heer bei dem Reichs-Militärgericht in Berlin. 8. 2552. 135–136.
13. März 1899. 16. März 1899. Bekanntmachung, betr. Aenderung des Verzeichnisses der in der Armee und der Marine eingeführten Sprengstoffe und Munitionsgegenstände. 9. 2555. 156.
15. März 1899. 27. März 1899. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 11. 2562. 216.
25. März 1899. 28. März 1899. Gesetz, betr. die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Rechnungsjahr 1899. 10. 2556.
(mit Anl.)
157–187.
25. März 1899. 28. März 1899. Gesetz, betr. die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichs-Eisenbahnen. 10. 2557. 188.
25. März 1899. 28. März 1899. Gesetz wegen Verwendung überschüssiger Reichseinnahmen zur Schuldentilgung. 10. 2558. 189–190.
25. März 1899. 28. März 1899. Gesetz, betr. die Feststellung des Haushalts-Etats für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1899. 10. 2559.
(mit Anl.)
190–212.
25. März 1899. 27. März 1899. Gesetz, betr. die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres. 11. 2560. 213–214.
25. März 1899. 27. März 1899. Gesetz, betr. Aenderungen des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874. 11. 2561. 215.
25. März 1899. 18. April 1899. Bekanntmachung, betr. Vorschriften zur Ausführung des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung. 15. 2566.
(mit Anl.)
225–263.
27. März 1899. 4. April 1899. Verordnung, betr. die Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel. 13. 2564. 219–220.
28. März 1899. 29. März 1899. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 12. 2563. 217.
17. April 1899. 21. April 1899. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 16. 2567. 265. [IV]
17. April 1899. 21. April 1899. Bekanntmachung, betr. die Anwendung der Internationalen Pariser Sanitätskonvention von 1894 (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 973) auf britische Kolonien. 16. 2568. 266.
20. April 1899. 21. April 1899. Bekanntmachung, betr. die Untersagung des Börsenterminhandels in Kammzug. 16. 2569. 266.
25. April 1899. 27. April 1899. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung und den Betrieb gewerblicher Anlagen, in denen Thomasschlacke gemahlen oder Thomasschlackenmehl gelagert wird. 17. 2570. 267–270.
26. April 1899. 29. April 1899. Bekanntmachung, betr. Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit im Gewerbebetriebe. 18. 2571. 271–272.
26. April 1899. 29. April 1899. Bekanntmachung, betr. den Betrieb von Getreidemühlen. 18. 2572. 273.
26. April 1899. 2. Mai 1899. Bekanntmachung, betr. die Anerkennung ausländischer Prüfungszeichen für Handfeuerwaffen im Deutschen Reiche. 19. 2573. 275–282.
6. Mai 1899. 18. Mai 1899. Verordnung zur Ausführung des Patentgesetzes vom 7. April 1891. 20. 2574. 283.
13. Mai 1899. 18. Mai 1899. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 20. 2575. 284.
16. Mai 1899. 18. Mai 1899. Bekanntmachung, betr. den Schutz deutscher Waarenbezeichnungen in Mexiko. 20. 2576. 284.
16. Mai 1899. 2. Juni 1899. Bekanntmachung, betr. den Beitritt Japans zur Berner internationalen Urheberrechtsübereinkunft vom 9. September 1886 sowie zu den am 4. Mai 1896 dazu getroffenen Zusatzübereinkommen. 22. 2579. 310.
22. Mai 1899. 2. Juni 1899. Bekanntmachung, betr. die Abänderung der Schiffsvermessungsordnung vom 1. März 1895. 22. 2580. 310.
31. Mai 1899. 13. Juni 1899. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 23. 2582. 314.
7. Juni 1899. 13. Juni 1899. Gesetz, betr. die Abänderung des Bankgesetzes vom 14. März 1875. 23. 2581. 311–314. [V]
20. Juni 1899. 27. Juni 1899. Gesetz, betr. die Gebühren für Benutzung des Kaiser Wilhelm-Kanals. 24. 2583. 315–318.
22. Juni 1899. 27. Juni 1899. Gesetz, betr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe. 24. 2584. 319–325.
22. Juni 1899. 28. Juni 1899. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1899. 25. 2585.
(mit Anl.)
327–332.
22. Juni 1899. 28. Juni 1899. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Haushalts-Etat für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1899. 25. 2586. 333–334.
(mit Anl.)
1. Juli 1899. 10. Juli 1899. Gesetz wegen Verwendung von Mitteln des Reichs-Invalidenfonds. 27. 2588. 339–340.
1. Juli 1899. 10. Juli 1899. Gesetz, betr. die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1899. 27. 2589.
(mit Anl.)
341–342.
1. Juli 1899. 10. Juli 1899. Gesetz, betr. die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Haushalts-Etat für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1899. 27. 2590.
(mit Anl.)
343–344.
1. Juli 1899. 10. Juli 1899. Gesetz, betr. die Aufnahme einer Anleihe. 27. 2591. 345.
1. Juli 1899. 10. Juli 1899. Gesetz, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 27. 2592. 346.
1. Juli 1899. 12. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. die Führung des Genossenschaftsregisters und die Anmeldungen zu diesem Register. 28. 2593.
(mit Anl.)
347–363.
2. Juli 1899. 14. Juli 1899. Gesetz, betr. Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs-Gesetzbl. 1888 S. 75). 29. 2596. 365–366.
3. Juli 1899. 14. Juli 1899. Verordnung, betr. die Vereinigung von Wohnplätzen in den Schutzgebieten zu kommunalen Verbänden. 29. 2597. 366–367.
6. Juli 1899. 14. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 29. 2598. 367.
7. Juli 1899. 12. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 28. 2594. 364. [VI]
7. Juli 1899. 12. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. das Inkrafttreten des Handels- und Schiffahrtsvertrags und des Konsularvertrags zwischen dem Deutschen Reiche und Japan vom 4.April 1896. 28. 2595. 364.
7. Juli 1899. 14. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. 29. 2599. 368.
8. Juli 1899. 18. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 30. 2601. 370–372.
8. Juli 1899. 18. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Bestimmung im §. 14 der Betriebs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 30. 2602. 372.
13. Juli 1899. 18. Juli 1899. Verordnung, betr. Beschränkungen der Einfuhr aus Egypten. 30. 2600. 369.
13. Juli 1899. 21. Juli 1899. Hypothekenbankgesetz. 32. 2605. 375–391.
13. Juli 1899. 24. Juli 1899. Invalidenversicherungsgesetz. 33. 2607. 393–462.
15. Juli 1899. 19. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit im Gewerbebetriebe. 31. 2603. 373.
16. Juli 1899. 21. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Militär-Transportordnung vom 18. Januar 1899. 32. 2606. 392.
17. Juli 1899. 19. Juli 1899. Bekanntmachung, betr. die Gestattung des Feilbietens von Bier im Umherziehen. 31. 2604. 374.
18. Juli 1899. 28. Juli 1899. Allerhöchster Erlaß, betr. die Erklärung des Schutzes über die Karolinen, Palau und Marianen. 36. 2610. 541.
18. Juli 1899. 28. Juli 1899. Verordnung, betr. die Rechtsverhältnisse im Inselgebiete der Karolinen, Palau und Marianen. 36. 2611. 542.
19. Juli 1899. 27. Juli 1899. Bekanntmachung des Textes des Invalidenversicherungsgesetzes vom 13. Juli 1899. 34. 2608.
(mit Anl.)
463–531.
13. August 1899. 17. August 1899. Bekanntmachung, betr. die technische Einheit im Eisenbahnwesen. 37. 2612. 543.
17. August 1899. 17. August 1899. Bekanntmachung, betr. den Schutz deutscher Waarenbezeichnungen in Guatemala. 37. 2613. 543.
22. August 1899. 24. August 1899. Verordnung, betr. Beschränkungen der Einfuhr aus Portugal. 38. 2614. 545.
21. Septbr. 1899. 30. Septbr. 1899. Bekanntmachung, betr. das Verfahren bei Erstattung verdorbener Wechselstempelzeichen. 39. 2617. 553. [VII]
24. Septbr. 1899. 30. Septbr. 1899. Bekanntmachung, betr. das Inkrafttreten der zwischen dem Reiche und den Vereinigten Staaten von Brasilien getroffenen Vereinbarung über Mitwirkung der beiderseitigen konsularischen Vertreter bei der Regelung von Nachlässen ihrer Staatsangehörigen vom 30. November 1897/15. Februar 1898. 39. 2616.
(mit Anl.)
550–552.
30. Septbr. 1899. 6. Oktbr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 40. 2618. 555.
25. Oktbr. 1899. 4. Novbr. 1899. Verordnung zur Ausführung des Patentgesetzes vom 7. April 1891 und des Gesetzes, betr. den Schutz von Gebrauchsmustern, vom 1. Juni 1891. 42. 2620. 661.
26. Oktbr. 1899. 28. Oktbr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Eisenbahn-Verkehrsordnung. 41. 2619.
(mit Anl.)
557–659.
31. Oktbr. 1899. 4. Novbr. 1899. Bekanntmachung, betr. eine Abänderung des Verzeichnisses der gewerblichen Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen. 42. 2622. 664.
9. Novbr. 1899. 14. Novbr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Entwerthung und Vernichtung der Marken bei der Invalidenversicherung. 43. 2623. 665–667.
10. Novbr. 1899. 14. Novbr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung der Quittungskarten für die Invalidenversicherung. 43. 2624.
(mit Anl.)
667–672.
18. Novbr. 1899. 18. Novbr. 1899. Bekanntmachung, betr. das Außerkrafttreten der zwischen dem Norddeutschen Bunde und der Schweiz getroffenen Uebereinkunft wegen gegenseitigen Schutzes der Rechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst vom 13. Mai 1869. 44. 2625. 673.
25. Novbr. 1899. 5. Dezbr. 1899. Verordnung, betr. die Einführung des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 in Helgoland. 45. 2626. 691–698.
4. Dezbr. 1899. 9. Dezbr. 1899. Gesetz, betr. die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen. 47. 2629. 691–698. [VIII]
6. Dezbr. 1899. 9. Dezbr. 1899. Verordnung, betr. das Verfahren vor den auf Grund des Invalidenversicherungsgesetzes errichteten Schiedsgerichten. 46. 2627. 677–686.
6. Dezbr. 1899. 9. Dezbr. 1899. Verordnung, betr. die Formen des Verfahrens und den Geschäftsgang des Reichs-Versicherungsamts in den Angelegenheiten der Invalidenversicherung. 46. 2628. 687–689.
11. Dezbr. 1899. 13. Dezbr. 1899. Gesetz, betr. das Vereinswesen. 48. 2630. 699.
16. Dezbr. 1899. 19. Dezbr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 49. 2631. 701.
18. Dezbr. 1899. 20. Dezbr. 1899. Verordnung, betr. Beschränkungen der Einfuhr wegen Pestgefahr. 50. 2632. 703–704.
18. Dezbr. 1899. 20. Dezbr. 1899. Verordnung, betr. die Klasseneintheilung der Orte. 50. 2633. 704.
18. Dezbr. 1899. 23. Dezbr. 1899. Telegraphenwege-Gesetz. 51. 2634. 705–710.
20. Dezbr. 1899. 23. Dezbr. 1899. Fernsprechgebühren-Ordnung. 51. 2635. 711–714.
20. Dezbr. 1899. 23. Dezbr. 1899. Gesetz, betr. einige Aenderungen von Bestimmungen über das Postwesen. 51. 2636. 715–719.
24. Dezbr. 1899. 30. Dezbr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Befreiung von der Versicherungspflicht auf Grund des §.6 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes. 52. 2637.
(mit Anl.)
721–724.
27. Dezbr. 1899. 30. Dezbr. 1899. Bekanntmachung, betr. die Befreiung vorübergehender Dienstleistungen von der Versicherungspflicht gemäß §. 4 Abs. 1 des Invalidenversicherungsgesetzes. 52. 2638. 725–726.
27. Dezbr. 1899. 30. Dezbr. 1899. Gesetz, betr. die Abänderung des §. 316 des Strafgesetzbuchs. 53. 2640. 729.
27. Dezbr. 1899. 30. Dezbr. 1899. Verordnung, betr. die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873. 53. 2641.
(mit Anl.)
730–736.
28. Dezbr. 1899. 30. Dezbr. 1899. Bekanntmachung, betr. eine Abänderung des Verzeichnisses der gewerblichen Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen. 52. 2639. 727.



Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873

Titel: Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1899, Nr. 53, Seite 730 – 736
Fassung vom: 27. Dezember 1899
Bekanntmachung: 30. Dezember 1899
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2641.) Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873. Vom 27. Dezember 1899.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs auf Grund des §. 159 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61) was folgt:

Die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausübung derjenigen Funktionen, welche in dem Gesetze, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 und in den dieses Gesetz abändernden und ergänzenden Gesetzen und Verordnungen den obersten Reichsbehörden, den höheren Reichsbehörden, den vorgesetzten Dienstbehörden und den unmittelbar vorgesetzten Behörden beigelegt sind, bestimmt sich für den gesammten Umfang der Reichsverwaltung mit Ausnahme des Auswärtigen Amtes und seines Dienstbereichs, vorbehaltlich der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit des Reichskanzlers, nach dem anliegenden Verzeichnisse.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 27. Dezember 1899.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.

Verzeichniß der Reichsbehörden.

I. Oberste Reichsbehörden.

1. das Reichsamt des Innern,
2. das Königlich preußische Kriegsministerium,
3. das Königlich sächsische Kriegsministerium,
4. das Königlich württembergische Kriegsministerium,
5. das Reichs-Marine-Amt,
6. das Reichs-Justizamt,
7. das Reichsschatzamt,
8. das Reichs-Eisenbahn-Amt,
9. der Rechnungshof des Deutschen Reichs,
10. die Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds,
11. das Reichs-Postamt,
12. das Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen.
13. das Reichsmilitärgericht. (ab 1901)
14. das Reichs-Kolonialamt. (ab 1908)

II. Höhere, der obersten Reichsbehörde unmittelbar untergeordnete Reichsbehörden und Vorsteher solcher Behörden.

A. Verwaltung des Innern.

1. das Bundesamt für das Heimathwesen,
2. das Schiffsvermessungsamt,
3. das Statistische Amt,
4. die Normal-Aichungs-Kommission,
5. das Gesundheitsamt,
6. das Patentamt,
7. das Reichs-Versicherungsamt,
8. die Physikalisch-Technische Reichsanstalt,
9. das Kanalamt.

B. Verwaltung des Reichsheers.

a. Für das Disziplinarverfahren:
1. die kommandirenden Generale,
2. der Chef des Generalstabs der Armee,
3. der Chef des Königlich sächsischen Generalstabs,
4. der General-Inspekteur des Ingenieur- und Pionierkorps und der Festungen,
5. der General-Inspekteur der Kavallerie,
6. der Gouverneur von Berlin und der Kommandant von Potsdam,
7. die Kommandanten von Dresden und Festung Königstein,
8. der General-Inspekteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens;
9. der General-Inspekteur des Etappen- und Eisenbahnwesens,
10. der Feldzeugmeister,
11. der Inspekteur der Verkehrstruppen,
12. der Kommandeur des Kadettenkorps,
13. der Inspekteur der Kriegsschulen,
14. der Direktor der Kriegsakademie,
15. der Präses der Ober-Militär-Examinationskommission,
16. der Vorstand der vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule,
17. der Inspekteur der Infanterieschulen,
18. der Inspekteur der Königlich sächsischen Infanterieschulen,
19. der Inspekteur der militärischen Strafanstalten,
20. der Königlich preußische Generalstabsarzt der Armee,
21. der Königlich preußische General-Auditeur der Armee, der Vorstand des Königlich sächsischen Ober-Kriegsgerichts und der Königlich württembergische General-Auditeur,
22. der Präses der Artillerie-Prüfungs-Kommission,
23. der Präses der Gewehr-Prüfungs-Kommission,
24. die Korps-Intendanturen und Intendanten, die Intendantur der militärischen Institute und der Vorstand derselben.
b. Für das Verfahren bei Defekten und bei der Verfolgung vermögensrechtlicher Ansprüche:
1. die kommandirenden Generale,
2. der Feldzeugmeister,
3. der Inspekteur der Verkehrstruppen,
4. die Korps-Intendanturen sowie die Intendantur der militärischen Institute.

C. Verwaltung der Kaiserlichen Marine.

a. Für das Disziplinarverfahren:
1. der Chef des Admiralstabs der Marine,
2. die Chefs der Marinestationen der Ostsee und der Nordsee,
3. der Inspekteur des Bildungswesens der Marine zugleich als Direktor der Marine-Akademie,
4. die Chefs von Flotten und Geschwadern,
5. der Inspekteur des Torpedowesens,
6. der Inspekteur der Marineartillerie,
7. der Marinedepotinspekteur,
8. die Oberwerftdirektoren,
9. der Direktor der Marineschule,
10. der Direktor der Deutschen Seewarte,
11. die Intendanturen der Marinestationen der Ostsee und der Nordsee und die Marine-Intendanten,
12. die Vorstände der Sanitätsämter der Marinestationen der Ostsee und der Nordsee,
13. der Vorstand der Schiffsprüfungskommission,
14. der Gouverneur von Kiautschou.
b. Für das Verfahren bei Defekten und bei der Verfolgung vermögensrechtlicher Ansprüche:
1. die Chefs der Marinestationen der Ostsee und der Nordsee,
2. die Oberwerftdirektoren,
3. die Intendanturen der Marinestationen der Ostsee und der Nordsee,
4. der Gouverneur von Kiautschou.

D. Reichs-Justizverwaltung.

1. der Präsident des Reichsgerichts,
2. der Ober-Reichsanwalt.

E. Post- und Telegraphenverwaltung.

a. Im Allgemeinen:
1. die Ober-Postdirektionen,
2. die Direktion der Reichsdruckerei (untersteht per Gesetz seit 2011 direkt den Reichsamt des Innern)
b. Für das Disziplinarverfahren:
1. der Vorsteher des Post-Zeitungsamts,
2. der Vorsteher des deutschen Postamts in Konstantinopel,
3. der Vorsteher der Postbezirksbehörde für Deutsch-Ostafrika,
4. der Vorsteher der Postbezirksbehörde für Deutsch-Südwestafrika.

F. Verwaltung der Reichseisenbahnen.

Die General-Direktion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen.

III. Vorgesetzte Dienstbehörden.

A. Die unter I. aufgeführten Behörden.

B. Verwaltung des Innern.

Die unter II. A. aufgeführten Behörden.

C. Verwaltung des Reichsheers.

a. Im Allgemeinen:
1. die unter II. B. a. aufgeführten Behörden,
2. das Königlich preußische Militär-Reitinstitut,
3. die Königlich preußische Inspektion des Militär-Veterinärwesens,
4. die Königlich preußische Inspektion der technischen Institute der Infanterie,
5. die Königlich preußische Inspektion der technischen Institute der Artillerie,
6. die Königlich preußische Artilleriedepot-Inspektion,
7. die Königlich preußische General-Militärkasse und die Königlich preußische General-Kriegskasse,
8. die Königlich preußischen Remontedepots,
9. die Königlich sächsischen Remontedepots,
10. das Königlich württembergische Remontedepot,
11. der Kommandeur des Kadettenkorps zu Dresden,
12. der Kommandeur der Unteroffizierschule und der Unteroffiziervorschule zu Marienberg,
13. der Direktor der Soldatenknaben-Erziehungsanstalt zu Kleinstruppen,
14. der Direktor der Königlich sächsischen vereinigten Artilleriewerkstätten und Depots,
15. die Königlich sächsische Geniedirektion,
16. das Königlich sächsische Kriegs-Zahlamt,
17. das Königlich württembergische Kriegs-Zahlamt.
b. Für die ausschließlich unter Militärbefehlshabern stehenden Militärbeamten:
1. die kommandirenden Generale,
2. der Chef des Generalstabs der Armee,
3. der Präses des Ingenieur-Komitees,
4. der Inspekteur der Verkehrstruppen,
5. die Festungs-Inspekteure,
6. die Artilleriedepot-Direktoren,
7. der Inspekteur der Telegraphentruppen,
8. die Waffenabtheilung des Königlich württembergischen Kriegsministeriums als vorgesetzte Instanz des Königlich württembergischen Artilleriedepots.

D. Verwaltung der Kaiserlichen Marine.

Die unter II. C. aufgeführten Behörden.

E. Reichs-Justizverwaltung.

Die unter II. D. aufgeführten Behörden.

F. Post- und Telegraphenverwaltung.

Die unter II. E. aufgeführten Behörden.

G. Verwaltung der Reichseisenbahnen.

Die General-Direktion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen.

IV. Unmittelbar vorgesetzte Behörden und Beamte.

A. Verwaltung des Reichsheers.

a. Für die ausschließlich unter Militärbefehlshabern stehenden Militärbeamten:
Der nächste Dienstvorgesetzte.
b. Für die übrigen Beamten:
1. der Vorsteher (Kommandeur, Direktor, Präses, Chefarzt, Rendant etc.) jeder Behörde und militärischen Anstalt hinsichtlich der bei ihr angestellten Beamten,
2. jede Behörde, welcher eine andere oder eine militärische Anstalt unmittelbar untergeben ist, hinsichtlich des Vorstehers oder, wo ein solcher fehlt, hinsichtlich der Beamten der untergebenen Behörde oder Anstalt.

Bemerkung. Es gelten als Vorsteher

des Invalidenhauses in Berlin: der Gouverneur,
der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen: der Subdirektor,
der Garnisonschulen: die Vorsitzenden der Kuratorien.

B. Verwaltung der Kaiserlichen Marine.

a. Für die ausschließlich unter Militärbefehlshabern stehenden Marinebeamten:
die Kommandeure der Matrosen- und Werftdivisionen, der Seebataillone, der Schiffsjungenabtheilung, der Matrosenartillerie-Abtheilungen, der Torpedoabtheilungen und der Abtheilungen der Matrosendivisionen.
b. Außerdem gelten als unmittelbare Vorgesetzte der ihnen untergebenen Beamten:
1. die Chefs von Flottillen und Divisionen sowie die Chefs außerheimischer Stationen,
2. die Kommandanten S. M. Schiffe,
3. der Direktor der Marineschule,
4. der Direktor der Deckoffizierschule,
5. der Direktor der Deutschen Seewarte,
6. der Vorstand des Observatoriums zu Wilhelmshaven,
7. der Vorstand des Chronometer-Observatoriums in Kiel,
8. die Hafenkapitäne,
9. die Küstenbezirksinspektoren,
10. der Lootsenkommandeur an der Jade,
11. der evangelische Marine-Oberpfarrer,
12. die Vorstände der Artilleriedepots,
13. die Vorstände der Minendepots,
14. der Direktor der Torpedowerkstatt,
15. die Ressortdirektoren der Kaiserlichen Werften,
16. der Präses des Torpedoversuchskommandos,
17. die Vorstände der Kassen- und Magazinverwaltungen sowie der Annahmeämter der Werften,
18. der Vorstand der Verwaltung der Marine-Akademie und -Schule,
19. der Vorstand der Verwaltung der Deckoffizierschule,
20. die Vorstände der Garnisonbauverwaltungen,
21. die Vorstände der Stationskassen,
22. die Vorstände der Bekleidungsämter,
23. die Rendanten der Magazinverwaltungen der Bekleidungsämter,
24. die Vorstände der Verpflegungsämter,
25. die Vorstände der Garnisonverwaltungen,
26. die Chefärzte der Marinelazarethe.

C. Im Uebrigen gelten als unmittelbar vorgesetzte Behörden und Beamte:

1. der Vorsteher jeder Behörde hinsichtlich der bei ihr angestellten Beamten,
2. jede Behörde, welcher eine andere unmittelbar untergeben ist, hinsichtlich des Vorstehers oder, wo ein solcher fehlt, hinsichtlich der Beamten der untergebenen Behörde.



Deutsches Reichsgesetzblatt 1898

Deutsches Reichsgesetzblatt 1898

Textdaten
<<< 1897 1899 >>>
Autor: Amtliches Werk
Titel: Reichs-Gesetzblatt
Herausgeber: Reichsamt des Innern
Erscheinungsdatum: 1898
Erscheinungsort: Berlin
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: amtliches Gesetz- und Verkündungsblatt des Deutschen Reichs
Bearbeitungsstand
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Reichs-Gesetzblatt.
1898.

Enthält
die Gesetze, Verordnungen u. s. w. vom 11. Januar bis 28. Dezember 1898,
nebst einem Vertrage vom Jahre 1894, sowie einer Verordnung und
sieben Verträgen vom Jahre 1897.
(Von Nr. 2438 bis einschl. Nr. 2539.)
Nr. 1 bis einschl. Nr. 57.

Berlin,
zu haben im Kaiserlichen Post-Zeitungsamt.

Inhaltsverzeichnis

Chronologische Uebersicht
der im Reichs-Gesetzblatt
vom Jahre 1898
enthaltenen Gesetze, Verordnungen u. s. w.
Datum
des
Gesetzes etc.
Ausgegeben
zu
Berlin.
I n h a l t. Nr.
des
Stücks.
Nr.
des
Gesetzes etc.
Seiten.
3. Apr. 1894. 2. August 1898. Internationale Sanitätskonvention nebst Zusatzerklärung vom 30. Oktober 1897. 33. 2501.
(mit Anl.)
973–1016.
28 Apr. 1897. 22. März 1898. Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und dem Oranje-Freistaate. 11. 2453. 93–105.
15. Juni 1897. 3. Novbr. 1898. Weltpostvertrag. 50. 2522.
(mit Anl.)
1079–1114.
15. Juni 1897. 3. Novbr. 1898. Uebereinkommen, betr. den Austausch von Briefen und Kästchen mit Werthangabe. 50. 2523.
(mit Anl.)
1115–1132.
15. Juni 1897. 3. Novbr. 1898. Uebereinkommen, betr. den Postanweisungsdienst. 50. 2524. 1133–1144.
15. Juni 1897. 3. Novbr. 1898. Uebereinkommen, betr. den Austausch von Postpacketen. 50. 2525.
(mit Anl.)
1145–1165.
15. Juni 1897. 3. Novbr. 1898. Uebereinkommen, betr. den Postauftragsdienst. 50. 2526. 1166–1175.
15. Juni 1897. 3. Novbr. 1898. Uebereinkommen, betr. den Postbezug von Zeitungen und Zeitschriften. 50. 2527. 1176–1184.
13. Dezbr. 1897. 12. Janr. 1898. Verordnung, betr. die Einrichtung einer Staatsanwaltschaft bei den Gerichten der Schutzgebiete. 1. 2438. 1.
11. Janr. 1898. 12. Janr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 1. 2439. 2.
21. Janr. 1898. 28. Janr. 1898. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 2. 2441. 4. [II]
22. Janr. 1898. 28. Janr. 1898. Gesetz, betr. die Kontrole des Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für das Etatsjahr 1897/98. 2. 2440. 3.
22. Janr. 1898. 28. Janr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Aufhebung der Uebereinkunft zwischen dem Reiche und Großbritannien über den Schutz der Rechte an Werken der Literatur und Kunst. 2. 2442. 4.
2. Febr. 1898. 12. Febr. 1898. Bekanntmachung, betr. eine V. Ausgabe der dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügten Liste. 4. 2444. 7–26.
5. Febr. 1898. 5. Febr. 1898. Verordnung, betr. die Einfuhr lebender Pflanzen und frischen Obstes aus Amerika. 3. 2443. 5.
9. Febr. 1898. 15. Febr. 1898. Bekanntmachung, betr. eine Abänderung des Verzeichnisses der gewerblichen Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen. 5. 2445. 27.
20. Febr. 1898. 25. Febr. 1898. Gesetz wegen Aufhebung der Kautionspflicht der Reichsbeamten. 6. 2446. 29.
4. März 1898. 9. März 1898. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 7. 2448. 32.
7. März 1898. 9. März 1898. Allerhöchster Erlaß, betr. die Aufnahme einer Anleihe auf Grund der Gesetze vom 31. März 1897 und vom 30. Juni 1897. 7. 2447. 31.
11. März 1898. 12. März 1898. Bekanntmachung, betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen in Konservenfabriken. 8. 2449. 35–36.
14. März 1898. 15. März 1898. Verordnung über die theilweise Inkraftsetzung des Gesetzes, betr. die Abänderung der Gewerbeordnung, vom 26. Juli 1897. 9. 2450. 37.
14. März 1898. 21. März 1898. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsunternehmer und Agenten. 10. 2451.
(mit Anl.)
39–56.
14. März 1898. 21. März 1898. Bekanntmachung, betr. Vorschriften über Auswandererschiffe. 10. 2452.
(mit Anl.)
57–92.
16. März 1898. 22. März 1898. Bekanntmachung, betr. den Beitritt der Republik Haïti zu dem am 4. Mai 1896 zur Berner internationalen Urheberrechts-Uebereinkunft vom 9. September 1886 getroffenen Zusatzübereinkommen. 11. 2454. 106. [III]
26. März 1898. 9. April 1898. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 13. 2460. 161.
31. März 1898. 1. April 1898. Gesetz, betr. die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Rechnungsjahr 1898. 12. 2455.
(mit Anl.)
107–136.
31. März 1898. 1. April 1898. Gesetz, betr. die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen. 12. 2456. 137.
31. März 1898. 1. April 1898. Gesetz wegen Verwendung überschüssiger Reichseinnahmen zur Schuldentilgung. 12. 2457. 138–139.
31. März 1898. 1. April 1898. Gesetz, betr. die Feststellung des Haushalts-Etats für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1898. 12. 2458.
(mit Anl.)
140–158.
4. April 1898. 9. April 1898. Gesetz, betr. die anderweite Festsetzung des Gesammtkontingents der Brennereien. 13. 2459. 159–160.
5. April 1898. 9. April 1898. Bekanntmachung, betr. eine Abänderung des Verzeichnisses der gewerblichen Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen. 13. 2461. 161.
10. April 1898. 16. April 1898. Gesetz, betr. die deutsche Flotte. 15. 2464. 165–168.
13. April 1898. 14. April 1898. Gesetz zur Ergänzung der Gesetze, betr. Postdampfschiffsverbindungen mit überseeischen Ländern. 14. 2462. 163–164.
13 April 1898. 14. April 1898. Bekanntmachung, betreffend die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 14. 2463. 164.
22. April 1898. 23. April 1898. Verordnung, betr. die Wahlen zum Reichstage. 16. 2465. 169.
25. April 1898. 6. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. die Festsetzung besonderer Rayons für die Festung Königstein. 17. 2467. 172.
27. April 1898. 6. Mai 1898. Allerhöchster Erlaß, betr. die Erklärung Kiautschous zum Schutzgebiete. 17. 2466. 171.
27. April 1898. 6. Mai 1898. Verordnung, betr. die Rechtsverhältnisse in Kiautschou. 18. 2468. 173–174.
11. Mai 1898. 14. Mai 1898. Gesetz, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 19. 2469. 175.
11. Mai 1898. 14. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung elektrischer Akkumulatoren aus Blei oder Bleiverbindungen. 19. 2470. 176–180. [IV]
14. Mai 1898. 27. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. die Aichung des Getreideprobers. 22. 2482.
(mit Anl.)
347.
17. Mai 1898. 21. Mai 1898. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1898. 20. 2471.
(mit Anl.)
181–187.
17. Mai 1898. 21. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. 20. 2472. 188.
17. Mai 1898. 27. Mai 1898. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 21. 2473. 189–229.
17. Mai 1898. 27. Mai 1898. Gesetz, betr. Aenderungen der Konkursordnung. 21. 2474. 230–248.
17. Mai 1898. 27. Mai 1898. Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betr. Aenderungen der Konkursordnung. 21. 2475. 248–251.
17. Mai 1898. 27. Mai 1898. Gesetz, betr. Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung. 21. 2476. 252–255.
17. Mai 1898. 27. Mai 1898. Gesetz, betr. Aenderungen der Civilprozeßordnung. 21. 2477. 256–331.
17. Mai 1898. 27. Mai 1898. Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betr. Aenderungen der Civilprozeßordnung. 21. 2478. 332–341.
17. Mai 1898. 27. Mai 1898. Gesetz, betr. die Ermächtigung des Reichskanzlers zur Bekanntmachung der Texte verschiedener Reichsgesetze. 21. 2479.
(mit Anl.)
342–343.
20. Mai 1898. 27. Mai 1898. Gesetz, betr. die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen. 22. 2480. 345–346.
20. Mai 1898. 14. Juni 1898. Bekanntmachung der Texte verschiedener Reichsgesetze in der vom 1. Januar 1900 an geltenden Fassung. 25. 2490.
(mit Anl.)
369–903.
      a) Gerichtsverfassungsgesetz. 25. 2490.
(mit Anl.)
371–409.
      b) Civilprozeßordnung. 25. 2490.
(mit Anl.)
410–611.
      c) Konkursordnung. 25. 2490.
(mit Anl.)
612–658.
      d) Gerichtskostengesetz. 25. 2490.
(mit Anl.)
659–682.
      e) Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher. 25. 2490.
(mit Anl.)
683–688.
      f) Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige. 25. 2490.
(mit Anl.)
689–691.
      g) Gebührenordnung für Rechtsanwälte. 25. 2490.
(mit Anl.)
692–708. [V]
      h) Gesetz, betr. die Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens. 25. 2490.
(mit Anl.)
709–712.
      i) Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. 25. 2490.
(mit Anl.)
713–750.
      k) Einführungsgesetz zu dem Gesetze über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. 25. 2490.
(mit Anl.)
750–753.
      l) Grundbuchordnung. 25. 2490.
(mit Anl.)
754–770.
      m) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 25. 2490.
(mit Anl.)
771–809.
      n) Gesetz, betr. die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften. 25. 2490.
(mit Anl.)
810–845.
      o) Gesetz, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. 25. 2490.
(mit Anl.)
846–867.
      p) Gesetz, betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt. 25. 2490.
(mit Anl.)
863–903.
23. Mai 1898. 28. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892. 23. 2483. 349–352.
23. Mai 1898. 28. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebsbeamten vom 5. Juli 1892. 23. 2484. 353.
23. Mai 1898. 28. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Signalordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892. 23. 2485. 353–354.
23. Mai 1898. 28. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Normen für den Bau und die Ausrüstung der Eisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892. 23. 2486. 355.
23. Mai 1898. 28. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892. 23. 2487. 355–356.
24. Mai 1898. 2. Juni 1898. Gesetz, enthaltend Abänderungen des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Februar 1875 und des Gesetzes vom 21. Juni 1887. 24. 2488. 357–360.
24. Mai 1898. 2. Juni 1898. Bekanntmachung, betr. die Redaktion des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden. 24. 2489.
(mit Anl.)
360–368. [VI]
25. Mai 1898. 27. Mai 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Schweineseuche, die Schweinepest und den Rothlauf der Schweine. 22. 2481. 347.
1. Juni 1898. 14. Juni 1898. Gesetz, betr. die elektrischen Maßeinheiten. 26. 2491. 905–907.
11. Juni 1898. 14. Juni 1898. Bekanntmachung, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 27. 2492. 909.
15. Juni 1898. 20. Juni 1898. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefüge Liste. 28. 2493. 911.
16. Juni 1898. 20. Juni 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 28. 2494. 911.
16. Juni 1898. 20. Juni 1898. Bekanntmachung, betr. Ausführungsbestimmungen zu den §§. 980, 981 und 983 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 28. 2495. 912.
19. Juni 1898. 24. Juni 1898. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 29. 2496. 913.
28. Juni 1898. 2. Juli 1898. Bekanntmachung, betr. die Feststellung des Börsenpreises von Werthpapieren. 30. 2497. 915–917.
6. Juli 1898. 16. Juli 1898. Gesetz, betr. den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen. 31. 2498. 919–920.
13. Juli 1898. 26. Juli 1898. Allerhöchster Erlaß, betr. die Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden in der Fassung des Gesetzes vom 24. Mai 1898. 32. 2499.
(mit Anl.)
921–971.
21. Juli 1898. 26. Juli 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 32. 2500. 972.
25. Juli 1898. 3. August 1898. Bekanntmachung, betr. Schiffsvermessung in Ostasien. 34. 2502. 1017–1018.
28. Juli 1898. 3. August 1898. Bekanntmachung, betr. das Inkrafttreten der Artikel I und II des Gesetzes vom 4. April 1898 über die anderweite Feststellung des Gesammtkontingents der Brennereien. 34. 2503. 1018.
31. Juli 1898. 1. August 1898. Bekanntmachung, betr. das Außerkrafttreten des Handelsvertrages zwischen dem Deutschen Zollverein und Großbritannien. 35. 2504. 1019.
3. August 1898. 5. August 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 36. 2505. 1021. [VII]
5. August 1898. 6. August 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 37. 2506. 1023.
13. August 1898. 15. August 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 38. 2507. 1025.
17. August 1898. 18. August 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 39. 2508. 1027.
17. August 1898. 25. August 1898. Verordnung, betr. das Bergwesen in Togo. 41. 2510. 1031.
20. August 1898. 22. August 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 40. 2509. 1029.
23. August 1898. 25. August 1898. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefüge Liste. 41. 2511. 1032.
27. August 1898. 29. August 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 42. 2512. 1033.
31. August 1898. 5. Septbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 43. 2513. 1035.
3. Septbr. 1898. 5. Septbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die als Influenza der Pferde bezeichneten Krankheiten. 43. 2514. 1036.
6. Septbr. 1898. 7. Septbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 44. 2515. 1037.
8. Septbr. 1898. 8. Septbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Schweineseuche, die Schweinepest und den Rothlauf der Schweine. 45. 2516. 1039.
22. Septbr. 1898. 22. Septbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 46. 2517. 1041.
5. Oktbr. 1898. 22. Oktbr. 1898. Verordnung, betr. die Rechtsverhältnisse an unbeweglichen Sachen in Deutsch-Südwestafrika. 49. 2521.
(mit Anl.)
1063–1078.
9. Oktbr. 1898. 20. Oktbr. 1898. Verordnung, betr. das Bergwesen in Deutsch-Ostafrika. 48. 2519. 1045–1060.
17. Oktbr. 1898. 18. Oktbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 47. 2518. 1043.
18. Oktbr. 1898. 20. Oktbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Ziegeleien. 48. 2520. 1061–1062. [VIII]
28. Oktbr. 1898. 3. Novbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 51. 2529. 1185–1186.
3. Novbr. 1898. 3. Novbr. 1898. Bekanntmachung, betr. Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit im Gewerbebetriebe. 51. 2528. 1185.
25. Novbr. 1898. 26. Novbr. 1898. Verordnung, betr. die Einberufung des Reichstags. 52. 2530. 1187.
1. Dezbr. 1898. 15. Dezbr. 1898. Militärstrafgerichtsordnung. 53. 2531. 1189–1288.
1. Dezbr. 1898. 15. Dezbr. 1898. Einführungsgesetz zur Militärstrafgerichtsordnung. 53. 2532. 1289–1296.
1. Dezbr. 1898. 15. Dezbr. 1898. Gesetz, betr. die Dienstvergehen der richterlichen Militärjustizbeamten und die unfreiwillige Versetzung derselben in eine andere Stelle oder in den Ruhestand. 53. 2533. 1297–1304.
10. Dezbr. 1898. 31. Dezbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Aichung der Brückenwaagen und selbstthätigen Registrirwaagen. 57. 2539.
(mit Anl.)
1317.
12. Dezbr. 1898. 16. Dezbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Ausführungsvorschriften zu dem Gesetze vom 10. Mai 1892 über die Unterstützung von Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften. 54. 2534.
(mit Anl.)
1305–1311.
14. Dezbr. 1898. 16. Dezbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 54. 2535. 1312.
15. Dezbr. 1898. 20. Dezbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefüge Liste. 55. 2536. 1313–1314.
21. Dezbr. 1898. 23. Dezbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 56. 2537. 1315.
28. Dezbr. 1898. 31. Dezbr. 1898. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefüge Liste. 57. 2538. 1317.



Einführungsgesetz zur Militärstrafgerichtsordnung

Titel: Einführungsgesetz zur Militärstrafgerichtsordnung.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 53, Seite 1289 – 1296
Fassung vom: 1. Dezember 1898
Bekanntmachung: 15. Dezember 1898
Änderungsgesetz: 28. Dezember 1899
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2532.) Einführungsgesetz zur Militärstrafgerichtsordnung. Vom 1. Dezember 1898.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Die Militärstrafgerichtsordnung tritt an einem durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths festzusetzenden Tage, spätestens am 1. Januar 1900, in Kraft.

§. 2.

Mit diesem Tage treten für die Strafsachen, deren Entscheidung nach den Bestimmungen der Militärstrafgerichtsordnung zu erfolgen hat, alle im Reichsgebiete geltenden militärstrafprozeßrechtlichen Vorschriften, insbesondere diejenigen über die Bestrafung der Fahnenflüchtigen im Wege des Ungehorsams-(Kontumazial-) Verfahrens, außer Kraft.
Dasselbe gilt von der Bestimmung im §. 2 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Militärstrafgesetzbuch, insoweit sich dieselbe auf die Bestrafung der Fahnenflüchtigen bezieht.
Unberührt bleiben die Vorschriften, durch welche die Mitglieder der Landgendarmeriekorps der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellt sind. Insoweit Letztere nach diesen Vorschriften der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstehen, gelten sie im Sinne der Militärstrafgerichtsordnung als Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres.

§. 3.

Hinsichtlich der Ausübung der Strafgerichtsbarkeit über Kriegsgefangene und Ausländer in Kriegszeiten und bei kriegerischen Unternehmungen können die Bestimmungen über Bildung der Militärgerichte und das Verfahren durch Kaiserliche Verordnung abgeändert werden.

§. 4.

Zuständiger Kontingentsherr im Sinne der Militärstrafgerichtsordnung und dieses Gesetzes ist, soweit nicht Militärkonventionen ein Anderes bestimmen, der Landesherr, dessen Kriegsministerium die Verwaltung hinsichtlich des betreffenden militärischen Verbandes ausübt.

§. 5.

Die in der Militärstrafgerichtsordnung für das „Feld“ gegebenen Vorschriften gelten:

1. für die Dauer des mobilen Zustandes des Heeres, der Marine oder einzelner Theile des Heeres oder der Marine;
2. für die Besatzung eines festen Platzes, solange derselbe vom Feinde bedroht ist. Der Eintritt, sowie die Beendigung dieses Zustandes ist vom Gouverneur oder Kommandanten dienstlich bekannt zu machen.

§. 6.

Die in der Militärstrafgerichtsordnung für das Verhältniß „an Bord“ gegebenen Vorschriften finden Anwendung:

1. auf die zum Dienste in außerheimischen Gewässern bestimmten Schiffe vom Zeitpunkte des Antritts der Reise bis zur Rückkehr in die heimischen Gewässer;
außerdem

2. auf alle Schiffe, solange sie sich im Kriegszustande befinden.

§. 7.

Anordnungen auf Grund der §§. 28, 37 der Militärstrafgerichtsordnung werden im Kriegsfalle, sowie allgemein für die Marine durch den Kaiser, im Uebrigen von den zuständigen Kontingentsherren erlassen.
Anordnungen auf Grund des §. 65 Absatz 2 der Militärstrafgerichtsordnung erfolgen für die Marine durch den Kaiser, für das Heer durch die zuständigen Kontingentsherren.

§. 8.

Die näheren Anordnungen in Gemäßheit des §. 114 der Militärstrafgerichtsordnung erfolgen hinsichtlich des Reichsmilitärgerichts in der Geschäftsordnung desselben, im Uebrigen durch die Militärjustizverwaltungen.

§. 9.

Entscheidungen und Verfügungen, welche von dem Gerichtsherrn und einem richterlichen Militärjustizbeamten oder einem Gerichtsoffizier gemeinsam zu unterzeichnen sind (Militärstrafgerichtsordnung §. 97 Absatz 2, §. 102 etc.), ergehen nach außen hin, je nach dem Befehlsbereiche des Gerichtsherrn, unter der Bezeichnung:

Gericht des . . . . Regiments;
Gericht der . . . . Division;
Kommandantur-(Gouvernements-)Gericht; etc.

§. 10.

Einer richterlichen Handlung im Sinne des §. 68 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs steht gleich jede Handlung, welche von dem Gerichtsherrn, dem untersuchungsführenden und dem die Anklage vertretenden Gerichtsoffizier, Kriegsgerichtsrath oder Oberkriegsgerichtsrathe, sowie in den Fällen des §. 3 des Einführungsgesetzes zum Militärstrafgesetzbuche vom Disziplinarvorgesetzten wegen der begangenen That gegen den Thäter gerichtet wird.

§. 11.

Die zur Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit berufenen Stellen haben sich gegenseitig Rechtshülfe zu leisten.
Beschwerden über verweigerte Rechtshülfe werden im Aufsichtsweg erledigt.

§. 12.

Die bürgerlichen Gerichte haben den zur Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit berufenen Stellen und diese jenen in den zu ihrer Zuständigkeit gehörigen Strafsachen Rechtshülfe zu leisten.
Insoweit die bürgerlichen Gerichte angegangen werden müssen, ist das Gesuch an das Amtsgericht zu richten, in dessen Bezirke die Amtshandlung vorgenommen werden soll.
Das Ersuchen darf nur abgelehnt werden, wenn dem ersuchten Gerichte die örtliche Zuständigkeit mangelt oder die vorzunehmende Handlung nach dem Rechte des ersuchten Gerichts verboten ist. Beschwerden über Ablehnung des Gesuchs sind an das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirke das ersuchte Gericht gehört, in letzter Instanz an das Reichsgericht zu richten. Die Entscheidungen erfolgen ohne vorgängige mündliche Verhandlung.
Kosten der Rechtshülfe werden von der ersuchenden Behörde nicht erstattet.

§. 13.

Die bürgerlichen Gerichtsbehörden haben Ersuchen um Rechtshülfe in den zu ihrer Zuständigkeit gehörigen Strafsachen an die im §. 9 bezeichnete Stelle zu richten. Das Ersuchen darf nur abgelehnt werden, wenn die Erledigung desselben außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des angegangenen Gerichtsherrn liegt und eine Abgabe an die zuständige Stelle unthunlich erscheint, oder die vorzunehmende Handlung nach dem Rechte der ersuchten Stelle verboten ist. Beschwerden gegen eine ablehnende Verfügung sind an den höheren Gerichtsherrn, in letzter Instanz an das Reichsmilitärgericht zu richten. Die Entscheidungen erfolgen ohne vorgängige mündliche Verhandlung.
Bei Gewährung der Rechtshülfe findet die Bestimmung des §. 12 Absatz 4 entsprechende Anwendung.

§. 14.

Hat eine Aburtheilung des Angeklagten sowohl durch ein Militärgericht, wie durch ein bürgerliches Gericht in einer denselben Gegenstand betreffenden Strafsache stattgefunden, so gilt von den ergangenen Urtheilen dasjenige, welches zuerst die Rechtskraft erlangt hat.
Ist in einer bei einem Militärgericht anhängigen Untersuchung durch nicht mehr anfechtbare Entscheidung die Unzuständigkeit der Militärgerichte ausgesprochen worden, weil die Sache zur Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte gehöre, so dürfen die letzteren sich in der Sache nicht mehr deshalb für unzuständig erklären, weil die Militärgerichtsbarkeit Platz greife.
Das Entsprechende gilt für die Militärgerichte, wenn seitens bürgerlicher Gerichte durch nicht mehr anfechtbare Entscheidungen die Unzuständigkeit ausgesprochen ist, weil die Sache zur Zuständigkeit der Militärgerichte gehöre.

§. 15.

Geht die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gegen eine aktive Militärperson gemäß den gesetzlichen Bestimmungen auf die bürgerlichen Behörden über, so erfolgt die Strafvollstreckung durch die Behörden des Heimathsstaats, wenn entweder die strafbare Handlung außerhalb des Bundesgebiets verübt worden ist, oder der Verurtheilte sich im Gebiete des Heimathsstaats aufhält; in anderen Fällen erfolgt die Strafvollstreckung durch die bürgerlichen Behörden des Bundesstaats, in dessen Gebiete die strafbare Handlung verübt worden ist.

§. 16.

In den Fällen, in welchen nach §. 42 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs oder nach anderweiten gesetzlichen Bestimmungen auf Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung von Gegenständen selbständig erkannt werden kann, finden, wenn im Falle der Verfolgung einer bestimmten Person der Militärgerichtsstand begründet sein würde, die Bestimmungen der §§. 477 bis 479 der bürgerlichen Strafprozeßordnung mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag von dem Gerichtsherrn bei demjenigen Gerichte zu stellen ist, in dessen Bezirke die strafbare Handlung begangen ist oder die Gegenstände sich befinden.

§. 17.

Auf die Berufsthätigkeit der zum Auftreten vor den Militärgerichten zugelassenen Rechtsanwälte (vergl. §. 341 Nr. 5 der Militärstrafgerichtsordnung) finden der §. 150 der bürgerlichen Strafprozeßordnung und die Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 7. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 176) entsprechende Anwendung.
Im Sinne des §. 63 der Gebührenordnung stehen den Strafkammern die Kriegsgerichte, dem Reichsgerichte das Reichsmilitärgericht gleich.

§. 18.

Wer die nach §. 286 der Militärstrafgerichtsordnung ihm auferlegte Pflicht der Geheimhaltung durch unbefugte Mittheilung verletzt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Gegen Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine tritt Freiheitsstrafe (Militärstrafgesetzbuch §. 16) bis zu sechs Monaten ein; die Ahndung kann in leichteren Fällen im Disziplinarweg erfolgen (§. 3 des Einführungsgesetzes zum Militärstrafgesetzbuche).
Soweit im militärgerichtlichen Verfahren die Oeffentlichkeit der Verhandlung wegen Gefährdung der Staatssicherheit oder der militärdienstlichen Interessen (§. 283 der Militärstrafgerichtsordnung) ausgeschlossen war, dürfen Berichte über die Verhandlung durch die Presse nicht veröffentlicht werden. Das Gleiche gilt auch nach der Beendigung des Verfahrens in Betreff der Veröffentlichung der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke des Verfahrens. Zuwiderhandlungen unterliegen der im Absatz 1 bestimmten Strafe.

§. 19.

Die in den Fällen der §§. 345, 355, 374 der Civilprozeßordnung und der §§. 50, 69, 77 der bürgerlichen Strafprozeßordnung den Militärgerichten zugewiesene Festsetzung der Strafe erfolgt durch den Gerichtsherrn nach Maßgabe des §. 97 Absatz 2 ff. der Militärstrafgerichtsordnung; die den Militärgerichten zugewiesene Vollstreckung der Strafe erfolgt auf Anordnung des Gerichtsherrn.

§. 20.

Soweit reichs- oder landesrechtlich den Auditeuren außerhalb des Bereichs der Militärstrafrechtspflege Handlungen der streitigen oder freiwilligen Gerichtsbarkeit, Verrichtungen der Staatsanwaltschaft oder andere juristische Geschäfte zugewiesen sind, treten an die Stelle der Auditeure die Kriegsgerichtsräthe oder Oberkriegsgerichtsräthe.

§. 21.

Außerhalb des Gebiets der Militärstrafrechtspflege können im Verwaltungswege den Kriegsgerichtsräthen oder Oberkriegsgerichtsräthen dienstliche Verrichtungen insoweit übertragen werden, als es sich um Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder andere juristische Geschäfte im Bereiche der Militärverwaltung handelt.

§. 22.

Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.
Tritt die Militärstrafgerichtsordnung nicht mit Beginn des Kalenderjahrs in Kraft, so gilt das angefangene Kalenderjahr als erstes Geschäftsjahr.

§. 23.

Die am Tage des Inkrafttretens der Militärstrafgerichtsordnung bei den bürgerlichen Gerichten anhängigen Strafsachen, für welche nach den Vorschriften der Militärstrafgerichtsordnung in Zukunft die Militärgerichte zuständig sein würden, gehen an die letzteren nur dann über, wenn das Hauptverfahren noch nicht eröffnet worden war.

§. 24.

Für die am Tage des Inkrafttretens der Militärstrafgerichtsordnung anhängigen militärgerichtlichen Strafsachen gilt Folgendes:

1. Die Erledigung einer anhängigen Strafsache erfolgt nach den Vorschriften der Militärstrafgerichtsordnung.
2. War vor dem Tage des Inkrafttretens der Militärstrafgerichtsordnung ein Endurtheil erster Instanz ergangen, so finden auf die Erledigung der Sache bis zur rechtskräftigen Entscheidung die bisherigen Prozeßgesetze Anwendung.
3. Wird ein vor dem Tage des Inkrafttretens der Militärstrafgerichtsordnung ergangenes Endurtheil erster Instanz aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Entscheidung verwiesen, so regelt sich das weitere Verfahren nach den Vorschriften der Militärstrafgerichtsordnung.
4. War das vor dem Tage des Inkrafttretens der Militärstrafgerichtsordnung ergangene Urtheil ein die Bestrafung eines Fahnenflüchtigen betreffendes Ungehorsams-(Kontumazial-)Urtheil, so regelt sich das nach der Rückkehr des Verurtheilten einzuleitende gewöhnliche Verfahren nach den Vorschriften der Militärstrafgerichtsordnung. In dem ergehenden neuen Urtheil ist das frühere Ungehorsams-(Kontumazial-)Urtheil aufzuheben. Hinsichtlich einer bereits eingezogenen Geldstrafe finden die bisherigen Bestimmungen Anwendung.
5. Für die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens sind die Vorschriften der Militärstrafgerichtsordnung auch dann maßgebend, wenn das Urtheil vor dem Tage des Inkrafttretens der Militärstrafgerichtsordnung erlassen oder rechtskräftig geworden war.
6. Auf die Strafvollstreckung finden die Vorschriften der Militärstrafgerichtsordnung Anwendung, auch wenn die Strafe nach den bisherigen Vorschriften über das Verfahren erkannt ist.

§. 25.

Ueber die Aufhebung der bestehenden Militärgerichte und staatsanwaltschaftlichen Behörden bei denselben, sowie darüber, ob und inwieweit solche mit Rücksicht auf die Vorschrift des §. 24 Nr. 2 einstweilen fortbestehen, oder welche Beamte im Falle der Aufhebung an die Stelle der bisherigen Militärjustizbeamten treten sollen, wird für die Marine durch Kaiserliche Verordnung, im Uebrigen durch Verordnung des betreffenden Kontingentsherrn Bestimmung getroffen.
Für die Fälle des §. 24 Nr. 2 können die Befugnisse der obersten Militärgerichte durch Kaiserliche Verordnung auf Antrag der Kontingentsherren dem Reichsmilitärgericht übertragen werden.

§. 26.

Die bei den aufgehobenen Behörden etatsmäßig angestellten Beamten müssen sich ihre anderweite Verwendung nach Maßgabe der in den §§. 27 bis 31 enthaltenen Bestimmungen gefallen lassen.

§. 27.

Die richterlichen Militärjustizbeamten, die Beamten der Militärstaatsanwaltschaft und die rechtskundigen Sekretäre bei den Militärgerichten sind als Militärrichter im Sinne der Militärstrafgerichtsordnung, oder als Beamte der Militäranwaltschaft beim Reichsmilitärgericht anzustellen.
Sie dürfen in ihrem Range und in ihrem Diensteinkommen nicht verkürzt werden. Als eine Verkürzung des Diensteinkommens ist es nicht anzusehen, wenn die Gelegenheit zur Verwaltung von Nebenämtern entzogen wird oder die Beziehung der für die Dienstunkosten besonders ausgesetzten Einnahmen mit diesen Unkosten selbst fortfällt. Servis und Wohnungsgeldzuschuß werden nach dem Orte der neuen Anstellung gewährt.
Im Uebrigen erfolgt die Berechnung des Diensteinkommens nach den für den Fall der Pensionirung maßgebenden Grundsätzen.

§. 28.

Sofern diese Beamten nicht anderweit angestellt oder in den Ruhestand versetzt werden, bleiben sie während eines Zeitraums von drei Jahren zur Verfügung der Militärjustizverwaltung und werden auf einem besonderen Etat geführt.
Beamte, welche das 65. Lebensjahr vollendet haben, können ihre Versetzung in den Ruhestand beanspruchen.

§. 29.

Die zur Verfügung der Militärjustizverwaltung verbleibenden Beamten haben sich nach Anordnung derselben der zeitweiligen Wahrnehmung solcher Aemter zu unterziehen, zu deren dauernder Uebernahme sie verpflichtet sein würden.
Erfolgt die Beschäftigung außerhalb des Ortes ihrer letzten Anstellung, so erhalten sie die gesetzmäßigen Reisegebührnisse.
Diejenigen, welche während des dreijährigen Zeitraums eine etatsmäßige Stellung nicht erhalten, treten nach Ablauf desselben in den Ruhestand.

§. 30.

Auf Beamte, welche in Gemäßheit der Bestimmungen dieses Gesetzes in den Ruhestand treten oder zur Verfügung der Militärjustizverwaltung verbleiben, auf letztere auch dann, wenn sie während des im §. 28 bezeichneten Zeitraums dienstunfähig werden, finden die Vorschriften des §. 27 mit der Maßgabe Anwendung, daß den in den Ruhestand tretenden Beamten Servis und Wohnungsgeldzuschuß nach den für den Fall der Pensionirung geltenden Durchschnittssätzen, den zur Verfügung der Militärjustizverwaltung stehenden Beamten der Wohnungsgeldzuschuß und Servis während des dreijährigen Zeitraums in dem vollen Betrage zu gewähren ist.

§. 31.

Die nicht im höheren Militärjustizdienst angestellten Beamten sind ihren bisherigen Verhältnissen, ihren Fähigkeiten und ihrem Dienstalter thunlichst entsprechend anzustellen.
Auf die von neuem angestellten Beamten finden die Vorschriften des §. 27 entsprechende Anwendung.
Beamte, welche nicht wieder angestellt werden, treten einstweilen in den Ruhestand. Denselben ist, vorbehaltlich weitergehender wohlerworbener Rechte, ein nach §. 26 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 zu bemessendes Wartegeld zu gewähren. Die Berechnung des dem Wartegelde zu Grunde zu legenden Diensteinkommens erfolgt nach den für den Fall der Pensionirung maßgebenden Grundsätzen. Servis und Wohnungsgeldzuschuß werden mit dem für die Pensionirung geltenden Durchschnittssatze dem übrigen Diensteinkommen hinzugerechnet.
Diese Beamten haben sich nach Anordnung der Militärjustizverwaltung der zeitweiligen Wahrnehmung solcher Aemter zu unterziehen, welche ihren Fähigkeiten und ihren bisherigen Verhältnissen entsprechen. Während der Dauer dieser Beschäftigung erhalten sie ihr früheres Diensteinkommen unverkürzt und, sofern die Beschäftigung außerhalb des Ortes ihrer letzten Anstellung erfolgt, die gesetzmäßigen Reisegebührnisse und eine von der Militärjustizverwaltung nach dem erforderlichen Mehraufwande festzusetzende Entschädigung.

§. 32.

Die Bestimmungen der Militärstrafgerichtsordnung im §. 80 Satz 2, §. 94 Absatz 1, §. 106 Absatz 2 finden auf richterliche und staatsanwaltschaftliche Militärjustizbeamte, welche vor dem Inkrafttreten der Militärstrafgerichtsordnung bereits angestellt sind, keine Anwendung.

§. 33.

Die Militärstrafgerichtsordnung und dieses Gesetz kommen in Bayern nach näherer Bestimmung des Bündnißvertrags vom 23. November 1870, in Württemberg nach näherer Bestimmung der Militärkonvention vom 21./25. November 1870 zur Anwendung.
Die Einrichtung der obersten militärgerichtlichen Instanz mit Rücksicht auf die Verhältnisse Bayerns wird anderweit gesetzlich geregelt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin im Schloß, den 1. Dezember 1898.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.




Militärstrafgerichtsordnung

Titel: Militärstrafgerichtsordnung.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 53, Seite 1189 – 1288
Fassung vom: 1. Dezember 1898
Bekanntmachung: 15. Dezember 1898
Inkraftsetzung: 01. Januar 1900
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2531.) Militärstrafgerichtsordnung. Vom 1. Dezember 1898.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Erster Theil. Gerichtsverfassung.

Erster Titel. Umfang der Militarstrafgerichtsbarkeit.

§. 1.

Der Militärstrafgerichtsbarkeit sind, soweit nicht die folgenden Paragraphen ein Anderes bestimmen, wegen aller strafbaren Handlungen unterstellt:

1. die Militärpersonen des aktiven Heeres und der aktiven Marine;
2. die zur Disposition gestellten Offiziere, Sanitätsoffiziere und Ingenieure des Soldatenstandes;
3. die Studirenden der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen;
4. die Schiffsjungen, solange sie eingeschifft sind;
5. die in militärischen Anstalten versorgten invaliden Offiziere und Mannschaften;
6. die nicht zum Soldatenstande gehörigen Offiziere à la suite und Sanitätsoffiziere à la suite, wenn und solange sie zu vorübergehender Dienstleistung zugelassen sind;
7. die verabschiedeten Offiziere, Sanitätsoffiziere und Ingenieure des Soldatenstandes, wenn und solange sie als solche oder als Militärbeamte im aktiven Heere oder in der aktiven Marine vorübergehend wieder Verwendung finden;
8. die in den §§. 155, 157, 158, 166 des Militärstrafgesetzbuchs bezeichneten Personen, solange sie den Militärstrafgesetzen unterworfen sind.

§. 2.

Den bürgerlichen Behörden bleibt die Untersuchung und Entscheidung wegen Zuwiderhandlungen gegen Finanz- und Polizeigesetze, Jagd- und Fischereigesetze, sowie gegen Verordnungen dieses Inhalts überlassen, wenn die Handlung nur mit Geldstrafe und Einziehung oder mit einer dieser Strafen bedroht ist. Der Vollzug der an die Stelle der Geldstrafe tretenden Freiheitsstrafe ist mittelst Ersuchens der Militärbehörde zu bewirken. War die Geldstrafe wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle durch Strafbescheid der Verwaltungsbehörde festgesetzt, so erfolgt die Umwandlung in eine Freiheitsstrafe durch den zuständigen Gerichtsherrn nach Maßgabe des §. 463.

§. 3.

Der bürgerlichen Strafgerichtsbarkeit unterliegen die Militärpersonen des aktiven Heeres und der aktiven Marine, sofern sie nicht dem Offizierstand angehören, wegen Amtsverbrechen oder Amtsvergehen, welche sie bei einstweiliger Verwendung im Civildienste, des Reichs, eines Bundesstaats oder einer Kommune begangen haben.
In diesen Fällen greift die Militärstrafgerichtsbarkeit Platz, wenn mit der Handlung eine Zuwiderhandlung gegen die Militärstrafgesetze zusammentrifft.

§. 4.

Haben sich bei einer Zuwiderhandlung gegen die allgemeinen Strafgesetze mehrere Personen, von welchen die eine der militärischen, die andere der bürgerlichen Gerichtsbarkeit unterstellt ist, als Thäter, Theilnehmer, Begünstiger oder Hehler betheiligt, oder sind zwischen solchen einer verschiedenen Gerichtsbarkeit unterstellten Personen wechselseitige Beleidigungen oder Körperverletzungen vorgekommen, so kann die betheiligte Militärperson dem bürgerlichen Gerichte zur Untersuchung und Aburtheilung des Falles übergeben werden.

§. 5.

Der Militärstrafgerichtsbarkeit sind ferner unterstellt:

1. die Personen des Beurlaubtenstandes und die denselben gesetzlich gleichstehenden Personen wegen Zuwiderhandlungen gegen die auf sie Anwendung findenden Vorschriften der Militärstrafgesetze;
2. die dem Beurlaubtenstand angehörenden Offiziere, Sanitätsoffiziere und Ingenieure des Soldatenstandes wegen Zweikampfs mit tödtlichen Waffen, wegen Herausforderung oder Annahme einer Herausforderung zu einem solchen Zweikampf und wegen Kartelltragens;
3. die im §. 1 Nr. 6 bezeichneten Personen, auch wenn sie nicht zur Dienstleistung zugelassen sind, wegen der in der Militäruniform begangenen Zuwiderhandlungen gegen die militärische Unterordnung;
4. Ausländer und Deutsche wegen der in den §§. 160, 161 des Militärstrafgesetzbuchs bezeichneten strafbaren Handlungen.

§. 6.

Die Militärpersonen des aktiven Heeres und der aktiven Marine sind, soweit nicht die folgenden Paragraphen ein Anderes bestimmen, auch wegen der vor dem Diensteintritte begangenen strafbaren Handlungen der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellt.

§. 7.

Die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen oder freiwillig übernommenen Dienstpflicht in das Heer oder in die Marine eingestellten Militärpersonen treten wegen einer vor dem Diensteintritte begangenen Zuwiderhandlung gegen die allgemeinen Strafgesetze nicht unter die Militärstrafgerichtsbarkeit:

1. wenn vor dem Diensteintritte wegen der Zuwiderhandlung ein verurtheilendes oder freisprechendes Urtheil ergangen oder ein Strafbefehl zugestellt war,
2. wenn die Entlassung aus dem aktiven Dienste erfolgt; die Entlassung findet statt, wenn eine Verurtheilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen oder im Falle der Verurtheilung zu einer Geldstrafe die Vollstreckung einer an Stelle derselben tretenden Freiheitsstrafe von gleicher Dauer zu erwarten ist.
War vor dem Diensteintritte die Eröffnung des Hauptverfahrens bereits beschlossen, so muß, sofern die Entlassung nicht erfolgt, in der Sache militärgerichtlich erkannt werden.

§. 8.

Die Bestimmungen des §. 7 finden auf die bis zur Entscheidung über ihr ferneres Militärverhältniß zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen und später von Neuem für den aktiven Dienst ausgehobenen Mannschaften wegen der vor der Wiedereinziehung begangenen Zuwiderhandlungen gegen die allgemeinen Strafgesetze entsprechende Anwendung.

§. 9.

Die zum Dienste einberufenen Personen des Beurlaubtenstandes und die denselben gesetzlich gleichstehenden Personen treten wegen der Zuwiderhandlungen, die sie vor dem Tage, zu welchem sie einberufen sind, gegen die allgemeinen Strafgesetze begangen haben, nicht unter die Militärstrafgerichtsbarkeit. Während der Dauer der Dienstleistung darf jedoch ohne Zustimmung der Militärbehörden die Untersuchungshaft nicht verfügt, auch eine Hauptverhandlung nur abgehalten werden, wenn der Angeklagte von der Verpflichtung, in derselben zu erscheinen, entbunden ist.
Wegen einer während der Dienstleistung begangenen strafbaren Handlung können die im Absatz 1 bezeichneten Personen den bürgerlichen Gerichten übergeben werden, sofern lediglich eine Zuwiderhandlung gegen die allgemeinen Strafgesetze in Frage steht.

§. 10.

Durch die Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit begründenden Verhältnisses wird hinsichtlich der vorher begangenen strafbaren Handlungen die Zuständigkeit der Militärgerichte nicht aufgehoben.
Sie hört jedoch auf in Ansehung solcher gegen die allgemeinen Strafgesetze begangenen Zuwiderhandlungen, welche mit einem militärischen Verbrechen oder Vergehen nicht zusammentreffen, es sei denn, daß bereits die Anklage erhoben (vergl. §. 258) oder eine Strafverfügung des Gerichtsherrn (vergl. §. 349) zugestellt war.

§. 11.

Macht sich eine der im §. 1 Nr. 1 bezeichneten Personen innerhalb eines Jahres nach Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit begründenden Verhältnisses wegen der ihr während der Dienstzeit widerfahrenen Behandlung einer Beleidigung, Körperverletzung oder Herausforderung zum Zweikampfe gegenüber einem früheren militärischen, noch im aktiven Dienste befindlichen Vorgesetzten schuldig, so ist wegen dieser strafbaren Handlungen und, wenn der Zweikampf stattgefunden hat, auch dieserhalb die Militärstrafgerichtsbarkeit begründet.
Wegen Beleidigung ist die Militärstrafgerichtsbarkeit nur dann begründet, wenn sie im Verkehre mit dem früheren Vorgesetzten oder mit einer Militärbehörde begangen worden ist.

Zweiter Titel. Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit.

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.

§. 12.

Die Militärstrafgerichtsbarkeit wird durch die Gerichtsherren und durch die erkennenden Gerichte ausgeübt.

§. 13.

Gerichtsherren im Sinne dieses Gesetzes sind die Befehlshaber, welchen die niedere oder die höhere Gerichtsbarkeit nach Maßgabe dieses Gesetzes zusteht.
Den Gerichtsherren der niederen Gerichtsbarkeit stehen Gerichtsoffiziere zur Seite.
Den Gerichtsherren der höheren Gerichtsbarkeit wird die erforderliche Zahl von richterlichen Militärjustizbeamten (Kriegsgerichtsräthe, Oberkriegsgerichtsräthe) zugeordnet.

§. 14.

Die niedere Gerichtsbarkeit erstreckt sich nur auf Personen, welche nicht Offizierrang haben.

§. 15.

Die niedere Gerichtsbarkeit umfaßt:

1. die nur mit Arrest bedrohten militärischen Vergehen;
2. die Uebertretungen.
Der höheren Gerichtsbarkeit bleiben jedoch diejenigen Fälle vorbehalten, in denen die Verhängung einer Ehrenstrafe zu erwarten steht.
Im Felde und an Bord findet die Bestimmung des Absatzes 2 hinsichtlich der Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes keine Anwendung.

§. 16.

Der niederen Gerichtsbarkeit bleiben außerdem überlassen, sofern nach dem Ermessen des Gerichtsherrn neben einer etwaigen Einziehung keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark, allein oder in Verbindung mit einander, zu erwarten steht:

1. die Vergehen gegen die §§. 64, 65, 89, 91 Absatz 1, §§. 93, 94, 102, 121 Absatz 1, §§. 137, 151 des Militärstrafgesetzbuchs,

im Felde und an Bord alle militärischen Vergehen, bei denen Arreststrafe auch ohne Feststellung eines minder schweren Falles zulässig ist;
2. die in dem Borgen von Geld oder in der Annahme von Geschenken ohne Vorwissen des gemeinschaftlichen Vorgesetzten bestehenden Vergehen gegen §. 114 des Militärstrafgesetzbuchs;
3. die Vergehen gegen die §§. 123, 185, 223, 230, 241, 291, 298, 303 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs,

im Felde und an Bord außerdem die Vergehen gegen die §§. 113, 242, 246, 292, 293, 296, 299, 304 desselben Strafgesetzbuchs;
4. die Zuwiderhandlungen gegen die §§. 81, 83, 84, 86 der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872;
5. die Zuwiderhandlungen gegen die Forst- und Feldpolizeigesetze, sowie gegen die Holz-(Forst-) Diebstahlsgesetze.
Die Bestimmungen des §. 15 Absatz 2 und 3 finden Anwendung.

§. 17.

Die höhere Gerichtsbarkeit erstreckt sich auf alle unter Militärstrafgerichtsbarkeit stehende Personen und umfaßt alle strafbare Handlungen.

§. 18.

Die erkennenden Gerichte sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
Die erkennenden Gerichte sind die Standgerichte, die Kriegsgerichte, die Oberkriegsgerichte und das Reichsmilitärgericht.
Die Standgerichte, die Kriegsgerichte und die Oberkriegsgerichte treten nur auf Berufung des Gerichtsherrn und nur für den einzelnen Fall zusammen.
Ist der Angeklagte ein General, so erfolgt die Berufung durch den zuständigen Kontingentsherrn, im Felde durch den Kaiser. Hinsichtlich der Admirale, sowie der Generale der Marine erfolgt die Berufung stets durch den Kaiser.

Zweiter Abschnitt. Gerichtsherr.

§. 19.

Gerichtsherren der niederen Gerichtsbarkeit sind:
1. im Heere:
der Regimentskommandeur,
der Kommandeur eines selbständigen Bataillons,
der Kommandeur eines Landwehrbezirks,
der Kommandant von Berlin,
der Kommandant einer kleinen Festung;
2. in der Marine:
der Kommandeur einer Matrosen- oder Werft-Division,
der Kommandeur eines selbständigen Bataillons oder einer selbständigen Abtheilung.

§. 20.

Gerichtsherren der höheren Gerichtsbarkeit sind:
1. im Heere:
der kommandirende General,
der Divisionskommandeur,
der Gouverneur von Berlin,
der Gouverneur oder Kommandant einer großen Festung, sowie
der Gouverneur, Kommandant oder sonstige Befehlshaber eines in Kriegszustand (Belagerungszustand) erklärten Ortes oder Distrikts;
2. in der Marine:
der kommandirende Admiral,
der Chef einer heimischen Marinestation.

§. 21.

Hinsichtlich der Generale, welche nicht unter dem Befehl eines Divisionskommandeurs oder eines anderen dem kommandirenden General unterstellten Gerichtsherrn stehen, bestimmt der zuständige Kontingentsherr, im Felde der Kaiser, diejenigen Befehlshaber, welche die gerichtsherrlichen Befugnisse in erster oder höherer Instanz auszuüben haben. Hinsichtlich der Admirale, sowie der Generale der Marine erfolgt diese Bestimmung in den entsprechenden Fällen stets durch den Kaiser.

§. 22.

Hat eine Festung mehrere Kommandanten, so steht die höhere Gerichtsbarkeit dem ersten Kommandanten (Gouverneur), die niedere Gerichtsbarkeit dem zweiten Kommandanten zu.

§. 23.

Im Verhinderungsfalle gehen die Befugnisse des Gerichtsherrn auf den Stellvertreter im Kommando über. Diese Bestimmung findet in den Fällen des §. 21 keine Anwendung.

§. 24.

Der höhere Gerichtsherr ist befugt, den ihm untergebenen Gerichtsherrn anzuweisen, eine Untersuchung einzuleiten oder fortzusetzen, sowie ein Rechtsmittel einzulegen oder zurückzunehmen. Im Uebrigen darf er in den Gang einer eingeleiteten Untersuchung nicht eingreifen.

§. 25.

Der Gerichtsherr hat die Gerichtsbarkeit über die zu seinem Befehlsbereiche gehörenden Personen.

§. 26.

Der Gouverneur und der Kommandant von Berlin, sowie die Gouverneure und Kommandanten von Festungen haben innerhalb der im §. 19 Nr. 1, §. 20 Nr. 1, §. 22 bestimmten Grenzen die Gerichtsbarkeit über alle unter Militärstrafgerichtsbarkeit stehende Personen, welche

1. eine strafbare Handlung gegen die allgemeine Sicherheit, Ruhe und Ordnung des Ortes,
2. eine Zuwiderhandlung gegen eine besondere in Beziehung auf die Festungswerke und Vertheidigungsmittel bestehende Anordnung,
3. eine strafbare Handlung im Garnisondienste begehen.

§. 27.

Der Gouverneur, Kommandant oder sonstige Befehlshaber eines in Kriegszustand (Belagerungszustand) erklärten Ortes oder Distrikts hat die Gerichtsbarkeit (§. 20) über alle zur Besatzung gehörende Militärpersonen.

§. 28.

Detachirte Theile eines militärischen Verbandes können für die Dauer der Detachirung der Gerichtsbarkeit eines anderen Gerichtsherrn unterstellt werden.

§. 29.

Einem militärischen Verbände vorübergehend überwiesene Personen sind für die Dauer der Ueberweisung hinsichtlich der Gerichtsbarkeit dem Gerichtsherrn dieses Verbandes unterstellt.

§. 30.

Unter Militärstrafgerichtsbarkeit stehende Personen, für welche ein Gerichtsherr nicht ausdrücklich bestimmt ist, sind der Gerichtsbarkeit des Divisionskommandeurs unterstellt, in dessen Bezirke sie sich befinden oder die That verübt haben. In Berlin, sowie in Festungen tritt die Zuständigkeit der Gouverneure oder Kommandanten, im Bereiche der heimischen Marinestationen die der Chefs dieser Stationen ein.
Unter mehreren zuständigen Gerichtsherren hat derjenige den Vorzug, welcher den Beschuldigten verhaftet oder zuerst das Ermittelungsverfahren angeordnet hat.

§. 31.

Von dem kommandirenden General (Admiral) wird, abgesehen von dem Verfahren im Felde und an Bord (§§. 419 bis 435), sowie vorbehaltlich der Bestimmung des §. 21, die Gerichtsbarkeit nur in der Rechtsbeschwerde- oder Berufungsinstanz ausgeübt. Militärische Verbände und einzelne Militärpersonen, welche unmittelbar unter dem Befehle des kommandirenden Generals (Admirals) stehen, sind, soweit dies hiernach erforderlich, hinsichtlich der Strafverfolgung einem anderen Gerichtsherrn zu unterstellen.
Diese Bestimmungen finden auf die sonstigen Gerichtsherren der höheren Gerichtsbarkeit hinsichtlich der zur Zuständigkeit der Standgerichte gehörigen Sachen entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt in den Fällen des §. 30.
Die Unterstellung erfolgt in den Fällen des ersten Absatzes durch den kommandirenden General (Admiral), in den Fällen des zweiten Absatzes, wenn der höhere Gerichtsherr ein Divisionskommandeur oder ein Marinestationschef ist, durch diesen, im Uebrigen, soweit nicht dieses Gesetz Bestimmung getroffen hat (§. 22), durch die Militärjustizverwaltung.

§. 32.

Stehen Strafsachen dadurch im Zusammenhange, daß eine Person mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt wird, von denen eine der höheren, eine andere der niederen Gerichtsbarkeit unterliegt, so kann der höhere Gerichtsherr auch diese an sich ziehen.
Ist wegen einer der strafbaren Handlungen bereits die Anklage erhoben oder eine Strafverfügung zugestellt, so kann die Verbindung nur durch Beschluß des gemeinsamen oberen Gerichts auf Antrag eines der zuständigen Gerichtsherren erfolgen.
In gleicher Weise kann die Verbindung wieder aufgehoben werden.

§. 33.

Wird eine Person mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt, welche theils zur Zuständigkeit eines mit der höheren Gerichtsbarkeit versehenen Gouverneurs oder Kommandanten, theils zur Zuständigkeit eines anderen Gerichtsherrn gehören, so steht die Strafverfolgung hinsichtlich sämmtlicher strafbarer Handlungen demjenigen Gerichtsherrn zu, welcher für die schwerere Strafthat zuständig ist. Maßgebend in dieser Beziehung ist die angedrohte Strafart, bei Strafen gleicher Art das höchste zulässige Maß derselben. Bei sich gleichstehenden Strafandrohungen haben die dem Beschuldigten vorgesetzten Gerichtsherren den Vorzug.
Die Bestimmungen des §. 32 Absatz 2 und 3 finden Anwendung.
Gehören Strafsachen der niederen Gerichtsbarkeit theils zur Zuständigkeit eines nur mit niederer Gerichtsbarkeit versehenen Kommandanten, theils zur Zuständigkeit eines anderen Gerichtsherrn, so steht dem Erstgenannten die Strafverfolgung hinsichtlich sämmtlicher strafbarer Handlungen zu.

§. 34.

Sind bei einer strafbaren Handlung mehrere Personen als Thäter, Theilnehmer, Begünstiger oder Hehler beschuldigt und stehen die Beschuldigten unter der Gerichtsbarkeit verschiedener Gerichtsherren, so kann der Gerichtsherr, welcher der gemeinschaftliche Vorgesetzte ist, die Verbindung der Strafsachen und ihre gemeinsame Verfolgung anordnen.
Ist ein gemeinschaftlicher höherer Gerichtsherr nicht vorhanden, so haben die betreffenden kommandirenden Generäle, und wenn einer der Beschuldigten der Marine angehört, der kommandirende General und der kommandirende Admiral darüber sich zu verständigen, welcher Gerichtsherr die Strafverfolgung zu übernehmen hat. Findet hierüber eine Einigung nicht statt, so steht, sofern die betheiligten kommandirenden Generale derselben Militärverwaltung angehören, die Entscheidung dem zuständigen Kontingentsherrn, anderenfalls dem Kaiser zu. Der Gouverneur von Berlin steht in dieser Beziehung einem kommandirenden General gleich.
Ist gegen einen Beschuldigten die Anklage bereits erhoben, oder ist ihm eine Strafverfügung bereits zugestellt, so kann die Verbindung nur durch Beschluß des gemeinsamen oberen Gerichts auf Antrag eines der zuständigen Gerichtsherren erfolgen.
In gleicher Weise kann die Verbindung wieder aufgehoben werden.

§. 35.

Die Bestimmungen des §. 34 finden bei strafbaren Handlungen, welche nach ihrem gesetzlichen Thatbestande das Zusammenwirken Mehrerer voraussetzen, entsprechende Anwendung.

§. 36.

Bestehen zwischen mehreren Gerichtsherren Zweifel darüber, welcher der zuständige ist, so entscheidet der ihnen gemeinsam vorgesetzte Gerichtsherr und in Ermangelung eines solchen das gemeinsame obere Gericht.

§. 37.

Im Verordnungswege kann, soweit besondere Verhältnisse es erfordern, die Gerichtsbarkeit der in den §§. 19, 20, 22 bezeichneten Befehlshaber auf bestimmte Truppentheile oder Militärverbände eingeschränkt oder ausgedehnt, sowie auch anderen Befehlshabern Gerichtsbarkeit verliehen werden.

Dritter Abschnitt. Erkennende Gerichte.

I. Standgerichte.

§. 38.

Die Standgerichte bestehen aus drei Richtern, und zwar aus

einem Stabsoffizier als Vorsitzenden,
einem Hauptmann (Rittmeister, Kapitänlieutenant) als erstem Beisitzer

und
einem Premierlieutenant (Lieutenant zur See) als zweitem Beisitzer.

§. 39.

Sind Offiziere der vorgeschriebenen Dienstgrade nicht vorhanden oder sind die vorhandenen sämmtlich an der Ausübung des Richteramts verhindert, so kann an die Stelle des fehlenden Offiziers ein Offizier des nächstniederen oder des nächsthöheren Dienstgrades treten.

§. 40.

Als Richter kann nur mitwirken, wer seit mindestens einem Jahre dem Heere oder der Marine angehört.

§. 41.

Der Vorsitzende und die Beisitzer werden vom Gerichtsherrn alljährlich vor dem Beginne des Geschäftsjahrs für die Dauer desselben als ständige Richter bestellt. Für die gleiche Dauer sind ständige Stellvertreter zu bezeichnen.

§. 42.

Die Richter und deren Stellvertreter werden beim Antritte des Richteramts durch den Gerichtsherrn beeidigt.
Die Eidesformel lautet:

„Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Richters getreulich zu erfüllen. So wahr mir Gott helfe.“
Dem Schwörenden ist gestattet, den Schlußworten der Eidesformel eine seinem Glaubensbekenntniß entsprechende Bekräftigungsformel hinzuzufügen.
Ueber die erfolgte Beeidigung ist ein Protokoll aufzunehmen.

§. 43.

Scheidet im Laufe des Geschäftsjahrs einer der Richter oder Stellvertreter aus, oder ist er an der Ausübung des Richteramts dauernd verhindert, so ist erforderlichen Falles für den Rest des Geschäftsjahrs ein anderer Offizier als Richter zu bestellen.
Im Falle gleichzeitiger Verhinderung eines Richters und dessen Stellvertreters kann ein Offizier des entsprechenden Dienstgrades für den einzelnen Fall als Richter berufen werden.

§. 44.

Im Felde und an Bord erfolgt die Berufung sämmtlicher Richter für den einzelnen Fall. Die Bestimmung des §. 40 findet keine Anwendung.
An Bord kann im Bedürfnißfall als zweiter Beisitzer ein Mitglied des Sanitätsoffizierkorps oder Maschineningenieurkorps oder ein Deckoffizier berufen werden.

§. 45.

Die Standgerichte sind zuständig für die Strafsachen der niederen Gerichtsbarkeit (§§. 15, 16).

§. 46.

Vor die Standgerichte gehören auch diejenigen Strafsachen, deren Verhandlung und Entscheidung ihnen in Folge der Bestimmungen des §. 63 zufällt.

§. 47.

Das Standgericht darf neben einer etwa auszusprechenden Einziehung auf keine andere und keine höhere Strafe als auf Freiheitsstrafe nicht über sechs Wochen und auf Geldstrafe nicht über einhundertfünfzig Mark, im Felde und an Bord neben Einziehung und Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes auf Freiheitsstrafe nicht über drei Monate und Geldstrafe nicht über dreihundert Mark, allein oder in Verbindung mit einander, erkennen.
Auch im Falle des Zusammentreffens mehrerer strafbarer Handlungen (§§. 74, 77 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs, §. 54 des Militärstrafgesetzbuchs) dürfen die verschiedenen Freiheitsstrafen zusammen die im Absatz 1 bestimmte Zeitdauer nicht überschreiten.https://reichsgesetzblatt.justitia-deutschland.org/strafgesetzbuch/

§. 48.

Die Standgerichte, welche im Felde zusammentreten, heißen Feldstandgerichte.
Die Standgerichte, welche an Bord zusammentreten, heißen Bordstandgerichte.

II. Kriegsgerichte.

§. 49.

Die Kriegsgerichte bestehen aus fünf Richtern, und zwar aus

einem Kriegsgerichtsrathe (§. 13 Absatz 3) und
vier Offizieren.

§. 50.

Außer dem Kriegsgerichtsrathe sind als Richter zu berufen:

1. wenn der Angeklagte ein Gemeiner oder Unteroffizier ist:

ein Major, ein Hauptmann (Rittmeister) und zwei Premierlieutenants;
2. wenn der Angeklagte ein Subalternoffizier oder ein Hauptmann (Rittmeister) ist:

ein Oberstlieutenant, ein Major, ein Hauptmann (Rittmeister) und ein Premierlieutenant;
3. wenn der Angeklagte ein Major ist:

ein Oberst, zwei Oberstlieutenants oder Majors und ein Hauptmann (Rittmeister);
4. wenn der Angeklagte ein Oberstlieutenant ist:

ein Generalmajor, ein Oberst, ein Oberstlieutenant und ein Major;
5. wenn der Angeklagte ein Oberst ist:

ein Generalmajor, zwei Obersten und ein Oberstlieutenant;
6. wenn der Angeklagte ein Generalmajor ist:

ein Generallieutenant, zwei Generalmajors und ein Oberst;
7. wenn der Angeklagte ein Generallieutenant ist:

ein General, zwei Generallieutenants und ein Generalmajor;
8. wenn der Angeklagte ein General oder ein im höheren Range stehender Offizier ist:

zwei Generale und zwei Generallieutenants.

§. 51.

Die Kriegsgerichte werden zusammengesetzt aus:

zwei Kriegsgerichtsräthen und
drei Offizieren,
wenn der Gerichtsherr nach den Umständen des Falles annimmt, daß auf Todesstrafe oder auf Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten zu erkennen sei.
Als Richter sind außer den Kriegsgerichtsräthen zu berufen:

1. wenn der Angeklagte ein Gemeiner oder Unteroffizier ist:

ein Major, ein Hauptmann (Rittmeister) und ein Premierlieutenant;
2. wenn der Angeklagte ein Subalternoffizier oder ein Hauptmann (Rittmeister) ist:

ein Oberstlieutenant, ein Major und ein Hauptmann (Rittmeister);
3. wenn der Angeklagte ein Major ist:

ein Oberst, zwei Oberstlieutenants oder Majors;
4. wenn der Angeklagte ein Oberstlieutenant ist:

ein Generalmajor, ein Oberst und ein Oberstlieutenant;
5. wenn der Angeklagte ein Oberst ist:

ein Generalmajor und zwei Obersten;
6. wenn der Angeklagte ein Generalmajor ist:

ein Generallieutenant und zwei Generalmajors;
7. wenn der Angeklagte ein Generallieutenant ist:

ein General und zwei Generallieutenants;
8. wenn der Angeklagte ein General oder ein im höheren Range stehender Offizier ist:

zwei Generale und ein Generallieutenant.

§. 52.

Ist das Gericht gemäß §. 49 besetzt und erscheint nach dem Ergebnisse der Hauptverhandlung eine die Dauer von sechs Monaten übersteigende Strafe verwirkt, so kann das Gericht auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahre erkennen.
Erachtet das Gericht eine höhere Strafe für verwirkt, so hat es die Hauptverhandlung abzubrechen und die Berufung eines der Vorschrift des §. 51 entsprechenden Gerichts herbeizuführen.

§. 53.

In den Fällen der Nr. 1 bis 5 der §§. 50, 51 erfolgt die Berufung der Offiziere nach einer vom Gerichtsherrn alljährlich vor dem Beginne des Geschäftsjahrs für die Dauer desselben festzustellenden Reihenfolge, von der nur aus dringenden Gründen abgewichen werden darf.

§. 54.

Hinsichtlich der Bildung der Kriegsgerichte stehen den in den §§. 50, 51 bezeichneten Dienstgraden die entsprechenden Dienstgrade der Marine gleich. Ein Korvettenkapitän steht einem Major oder einem Oberstlieutenant gleich.

§. 55.

Ist der Angeklagte ein Sanitätsoffizier oder ein Ingenieur des Soldatenstandes oder ein Militärbeamter, so erfolgt die Bildung des Kriegsgerichts unter Berücksichtigung des Ranges des Angeklagten nach Maßgabe des §. 50. Es sind jedoch dem Range des Angeklagten entsprechend, in den Fällen des §. 50 an Stelle der zwei Offiziere des niedrigsten Dienstgrades zwei Sanitätsoffiziere, zwei Ingenieure des Soldatenstandes oder zwei obere Militärbeamte und in den Fällen des §. 51 an Stelle des Offiziers des niedrigsten Dienstgrades ein Sanitätsoffizier, ein Ingenieur des Soldatenstandes oder ein oberer Militärbeamter als Richter zu berufen.

§. 56.

Sind Personen, welche verschiedenen der im §. 55 bezeichneten Dienststellungen angehören, oder ist eine dieser Personen mit einem der in den §§. 50, 51 bezeichneten Angeklagten gemeinschaftlich abzuurtheilen, so findet bei der Bildung des Kriegsgerichts eine Abweichung von den vorstehenden Bestimmungen nur insofern statt, als in den Fällen des §. 50 an Stelle des Offiziers des niedrigsten Dienstgrades ein zweiter Kriegsgerichtsrath zu berufen ist.

§. 57.

Ist der Angeklagte eine Civilperson, so erfolgt die Bildung des Kriegsgerichts nach Maßgabe der §§. 50 Nr. 1, 51 Nr. 1.
Wird eine Civilperson zugleich mit einer Militärperson angeklagt, so erfolgt die Bildung des Kriegsgerichts lediglich mit Rücksicht auf die letztere.
Bei kriegsgefangenen Offizieren soll das militärische Rangverhältniß thunlichst berücksichtigt werden.

§. 58.

Richtet sich die Hauptverhandlung gegen mehrere Angeklagte verschiedenen Ranges, so ist, unbeschadet der Bestimmung des §. 56, für die Besetzung des Kriegsgerichts der Dienstgrad des höchsten unter den Mitangeklagten maßgebend.

§. 59.

Im Felde und an Bord können die Sanitätsoffiziere, die Ingenieure des Soldatenstandes und die oberen Militärbeamten (§§. 55, 56), im Bedürfnißfalle durch Offiziere ersetzt werden.

§. 60.

Auf die aus dem Offizierstande zu berufenden Richter bei den Kriegsgerichten finden die Bestimmungen der §§. 39, 40 Anwendung.

§. 61.

In der Hauptverhandlung hat der rangälteste Offizier den Vorsitz; der dienstälteste Kriegsgerichtsrath führt die Verhandlungen.

§. 62.

Die Kriegsgerichte sind, abgesehen von den ihnen durch anderweite Bestimmungen dieses Gesetzes zugewiesenen Entscheidungen und Geschäften, zuständig:

1. für die Verhandlung und Entscheidung in erster Instanz in den nicht zur Zuständigkeit der Standgerichte gehörigen Strafsachen;
2. für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urtheile der Standgerichte.

§. 63.

Im Felde und an Bord kann der Gerichtsherr

1. wegen der Vergehen gegen die §§. 113, 114, 117 Absatz 1, §§. 120, 123, 134, 135, 136, 138, 185, 189, 223, 223a, 230, 241, 242, 246, 257, 258 Nr. 1, §§. 259, 263, 291, 292, 293, 296, 298, 299, 303, 304, 327 Absatz 1, §. 328 Absatz 1 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs,
2. wegen der Vergehen gegen §. 138 Absatz 1 des Militärstrafgesetzbuchs,
3. wegen der Vergehen gegen die §§. 81, 83, 84, 86 der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872
die Verfolgung dem Gerichtsherrn der niederen Gerichtsbarkeit überweisen, wenn er nach den Umständen des Falles annimmt, daß neben Einziehung oder Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes auf keine andere und keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von drei Monaten oder Geldstrafe von sechshundert Mark, allein oder neben Haft oder in Verbindung mit einander, zu erkennen sein werde.

§. 64.

Die Kriegsgerichte, welche im Felde zusammentreten, heißen Feldkriegsgerichte.
Die Kriegsgerichte, welche an Bord zusammentreten, heißen Bordkriegsgerichte.

III. Oberkriegsgerichte.

§. 65.

Die Oberkriegsgerichte sind, abgesehen von den ihnen durch anderweite Bestimmungen dieses Gesetzes zugewiesenen Entscheidungen und Geschäften, zuständig: für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urtheile der Kriegsgerichte in erster Instanz.
Die Oberkriegsgerichte werden bei den Generalkommandos und bei dem Oberkommando der Marine gebildet. Im Verordnungswege kann auch bei anderen Stellen die Bildung von Oberkriegsgerichten zugelassen werden.

§. 66.

Die Oberkriegsgerichte bestehen aus sieben Richtern, und zwar aus

zwei Oberkriegsgerichtsräthen und
fünf Offizieren.

§. 67.

Als Richter sind, außer den Oberkriegsgerichtsräthen, zu berufen:

1. wenn der Angeklagte ein Gemeiner oder ein Unteroffizier ist:

ein Oberstlieutenant, zwei Majors, ein Hauptmann (Rittmeister) und ein Premierlieutenant;
2. wenn der Angeklagte ein Subalternoffizier oder ein Hauptmann (Rittmeister) ist:

ein Oberst, ein Oberstlieutenant, ein Major und zwei Hauptleute (Rittmeister);
3. wenn der Angeklagte ein Major ist:

ein Oberst, zwei Oberstlieutenants und zwei Majors;
4. wenn der Angeklagte ein Oberstlieutenant ist:

ein Generalmajor, zwei Obersten und zwei Oberstlieutenants;
5. wenn der Angeklagte ein Oberst ist:

ein Generalmajor, drei Obersten und ein Oberstlieutenant;
6. wenn der Angeklagte ein Generalmajor ist:

ein Generallieutenant, drei Generalmajors und ein Oberst;
7. wenn der Angeklagte ein Generallieutenant ist:

ein General, drei Generallieutenants und ein Generalmajor;
8. wenn der Angeklagte ein General oder ein im höheren Range stehender Offizier ist:

drei Generale und zwei Generallieutenants.

§. 68.

Die zur Bildung des Oberkriegsgerichts erforderlichen Offiziere werden in den Fällen des §. 67 Nr. 1 bis 5 vom Gerichtsherrn alljährlich vor dem Beginne des Geschäftsjahrs für die Dauer desselben als ständige Richter bestellt. Für die gleiche Dauer sind ständige Stellvertreter zu bezeichnen.
Auf die aus dem Offizierstande zu berufenden Richter finden die Bestimmungen der §§. 39, 40, 42, 43 Anwendung.

§. 69.

Die Bestimmungen der §§. 54 bis 58, 61 finden auf die Oberkriegsgerichte entsprechende Anwendung.

§. 70.

In den Oberkriegsgerichten können die Oberkriegsgerichtsräthe nur durch ständig angestellte richterliche Beamte vertreten werden.

IV. Reichsmilitärgericht.

§. 71.

Das Reichsmilitärgericht ist, abgesehen von den ihm durch anderweite Bestimmungen dieses Gesetzes zugewiesenen Entscheidungen und Geschäften, zuständig:

für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Revision.

§. 72.

Der Sitz des Reichsmilitärgerichts ist Berlin.
Für den Kriegsfall kann der Kaiser den Sitz des Reichsmilitärgerichts oder einzelner Senate desselben verlegen.

§. 73.

An der Spitze des Reichsmilitärgerichts steht als Präsident ein General oder Admiral mit dem Range eines kommandirenden Generals. Demselben steht die Leitung der Geschäfte zu; an der Rechtsprechung nimmt er nicht Theil.

§. 74.

Der Präsident wird vom Kaiser ernannt.

§. 75.

Der Präsident leistet beim Antritte seines Amtes vor versammeltem Plenum folgenden Eid:

„Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten des Präsidenten des Reichsmilitärgerichts getreulich zu erfüllen. So wahr mir Gott helfe.“
Die Bestimmungen des §. 42 Absatz 3 und 4 finden Anwendung.

§. 76.

Für die Fälle der Verhinderung des Präsidenten bestimmt der Kaiser einen Stellvertreter.
Ein Mitglied des Reichsmilitärgerichts kann nicht Stellvertreter des Präsidenten sein.

§. 77.

Bei dem Reichsmilitärgerichte werden Senate gebildet.

§. 78.

Jeder Senat besteht aus einem Senatspräsidenten und der erforderlichen Zahl von Räthen und Offizieren.
Die Zuziehung von Hülfsrichtern an Stelle der Senatspräsidenten und Räthe ist unzulässig.

§. 79.

Die militärischen Mitglieder des Reichsmilitärgerichts sollen mindestens im Range der Stabsoffiziere stehen.
Sie werden vom Kaiser auf Vorschlag der Kontingentsherren auf die Dauer von mindestens zwei Jahren bestimmt.

§. 80.

Die Senatspräsidenten und die Räthe werden vom Kaiser auf Vorschlag des Bundesraths ernannt. Sie müssen in Gemäßheit des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 zum Richteramte befähigt sein und das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben.

§. 81.

Die Senatspräsidenten und die Räthe sind Militärbeamte. Auf dieselben finden die Bestimmungen der §§. 6, 7, 8 Absatz 1 und 2, §§. 9, 130 Absatz 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 entsprechende Anwendung.

§. 82.

Die militärischen Mitglieder des Reichsmilitärgerichts werden beim Antritt ihres Richteramts durch den Präsidenten vor versammeltem Plenum beeidigt. Die Eidesformel lautet:

„Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Richters beim Reichsmilitärgerichte getreulich zu erfüllen. So wahr mir Gott helfe.“
Die Bestimmungen des §. 42 Absatz 3 und 4 finden Anwendung.

§. 83.

In den Senaten führt der rangälteste Offizier den Vorsitz; der Senatspräsident leitet die Verhandlungen.
Die außerhalb der Hauptverhandlung nothwendigen Verfügungen werden von dem Senatspräsidenten erlassen.

§. 84.

Die Senate beschließen und entscheiden in der Besetzung von vier militärischen und drei juristischen Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.
Sie beschließen und entscheiden in der Besetzung von vier juristischen und drei militärischen Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden, wenn das Rechtsmittel der Revision lediglich auf die Verletzung prozessualer Vorschriften, einer Vorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes der allgemeinen bürgerlichen Gesetze gestützt wird.

§. 85.

Will ein Senat in einer Rechtsfrage von einer früheren Entscheidung eines anderen Senats oder des Plenums abweichen, so ist über die streitige Rechtsfrage eine Entscheidung des Plenums einzuholen.
Dasselbe gilt, wenn ein Senat in einer die Auslegung der bürgerlichen Strafgesetze betreffenden Rechtsfrage von einer früheren Entscheidung der vereinigten Strafsenate oder des Plenums des Reichsgerichts abweichen will.
Die Entscheidung der Rechtsfrage durch das Plenum ist in der zu entscheidenden Sache bindend. Sie erfolgt in allen Fällen ohne vorgängige mündliche Verhandlung.
Vor der Entscheidung ist die Militäranwaltschaft mit ihren schriftlichen Anträgen zu hören.
Soweit die Entscheidung der Sache eine vorgängige mündliche Verhandlung erfordert, erfolgt dieselbe durch den erkennenden Senat auf Grund einer erneuten mündlichen Verhandlung, zu welcher die Betheiligten unter Mittheilung der ergangenen Entscheidung der Rechtsfrage zu laden sind.

§. 86.

Zur Fassung der im §. 85 vorgesehenen Plenarentscheidungen ist die Theilnahme von mindestens zwei Drittheilen aller Mitglieder, mit Einschluß des Vorsitzenden, erforderlich.
Je nach der Besetzung der Senate mit vier militärischen und drei juristischen Mitgliedern oder vier juristischen und drei militärischen Mitgliedern (§. 84) soll die Zahl der stimmberechtigten militärischen Mitglieder um eins größer sein, als diejenige der juristischen Mitglieder, oder umgekehrt. Entspricht das Zahlenverhältniß der anwesenden juristischen und militärischen Mitglieder nicht dem vorstehend angegebenen Stimmenverhältnisse, so haben auf der über dieses hinaus vertretenen Seite die jüngsten Mitglieder kein Stimmrecht.
Unter den juristischen Mitgliedern gilt derjenige Rath, welcher zuletzt ernannt ist, und bei gleichem Dienstalter derjenige, welcher der Geburt nach der jüngere ist, als der jüngste; unter den militärischen Mitgliedern entscheidet der Dienstrang.
Den Vorsitz im Plenum führt der rangälteste Offizier; der dem Dienstalter, und bei gleichem Dienstalter der der Geburt nach älteste Senatspräsident leitet die Verhandlungen.

§. 87.

Die Abstimmungen bei dem Reichsmilitärgericht erfolgen, vorbehaltlich näherer Regelung durch die Geschäftsordnung, in nachstehender Weise.
Ist ein Berichterstatter ernannt, so giebt derselbe seine Stimme zuerst ab. Der Vorsitzende stimmt in allen Fällen zuletzt. In den Senaten stimmt der Senatspräsident unmittelbar vor dem Vorsitzenden. Im Uebrigen giebt abwechselnd ein juristisches und ein militärisches Mitglied seine Stimme ab. Der im Dienstalter oder im Dienstrange Jüngere stimmt vor dem Aelteren.

§. 88.

Vor Beginn des Geschäftsjahrs werden auf die Dauer desselben die Geschäfte unter die Senate vertheilt und die Präsidenten, sowie die ständigen Mitglieder der einzelnen Senate und für den Fall ihrer Verhinderung die regelmäßigen Vertreter bestimmt. Jedes militärische Mitglied des Reichsmilitärgerichts kann zum Mitgliede mehrerer Senate bestimmt werden.
Die getroffene Anordnung kann im Laufe des Geschäftsjahrs nur geändert werden, wenn dies wegen eingetretener Ueberlastung eines Senats oder in Folge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Gerichts erforderlich wird.

§. 89.

Die im §. 88 bezeichneten Anordnungen erfolgen durch den Präsidenten des Reichsmilitärgerichts nach Anhörung der Senatspräsidenten.

§. 90.

Im Falle der Verhinderung wird in einer durch die Geschäftsordnung zu regelnden Weise der Senatspräsident durch einen anderen Senatspräsidenten, nöthigenfalls durch den ältesten Rath des Senats, vertreten.

§. 91.

Im Falle der Verhinderung des regelmäßigen Vertreters eines Mitglieds wird ein zeitweiliger Vertreter durch den Präsidenten des Reichsmilitärgerichts bestimmt.

§. 92.

Im Uebrigen wird der Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung geregelt, welche das Plenum unter dem Vorsitze des Präsidenten des Reichsmilitärgerichts und unter Zuziehung der Militäranwaltschaft auszuarbeiten und der Präsident dem Kaiser zur Bestätigung vorzulegen hat.

Vierter Abschnitt. Oberkriegsgerichtsräthe, Kriegsgerichtsräthe und Gerichtsoffiziere.

§. 93.

Die Ernennung der Oberkriegsgerichtsräthe und der Kriegsgerichtsräthe erfolgt durch den zuständigen Kontingentsherrn, in der Marine durch den Kaiser.

§. 94.

Die Oberkriegsgerichtsräthe und die Kriegsgerichtsräthe müssen in Gemäßheit des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 zum Richteramte befähigt sein.
Auf dieselben finden die §§. 6, 7, 9 des bezeichneten Gesetzes entsprechende Anwendung.

§. 95.

Sind einem Gerichtsherrn mehrere Kriegsgerichtsräthe zugeordnet, so kann durch die oberste Militärjustizverwaltungsbehörde einzelnen der Amtssitz außerhalb des Garnisonorts des Gerichtsherrn angewiesen werden.

§. 96.

Die Oberkriegsgerichtsräthe und die Kriegsgerichtsräthe können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und aus den Gründen und unter den Formen, welche das Gesetz bestimmt, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder in eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. In den Fällen des §. 95 bedarf es der Zustimmung zur Versetzung nicht.
Die richterlichen Militärjustizbeamten der Marine können durch die oberste Marineverwaltungsbehörde (Reichs-Marine-Amt) dem Befehlshaber einer Flotte oder eines Geschwaders zugeordnet werden. Ohne ihre Zustimmung darf in Friedenszeiten dieses Dienstverhältniß die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten.
Bei einer Veränderung in der Organisation des Heeres oder der Marine können unfreiwillige Versetzungen in eine andere militärrichterliche Stelle oder Enthebungen vom Amte unter Belassung des vollen Gehalts durch die Militärjustizverwaltung verfügt werden.
Gleiche Befugniß in Beziehung auf unfreiwillige Versetzungen steht der Militärjustizverwaltung im Falle einer Mobilmachung mit der Maßgabe zu, daß die getroffenen Verfügungen nur für die Dauer der Mobilmachung gelten.

§. 97.

Die Oberkriegsgerichtsräthe und die Kriegsgerichtsräthe haben, soweit sie nicht als Richter bei den erkennenden Gerichten mitwirken, den Weisungen des Gerichtsherrn Folge zu leisten.
Die im Laufe des Verfahrens ergehenden Entscheidungen und Verfügungen des Gerichtsherrn sind, soweit das Gesetz nicht ein Anderes bestimmt, außer von diesem auch von einem richterlichen Militärjustizbeamten zu unterzeichnen. Letzterer übernimmt dadurch die Mitverantwortlichkeit für die Gesetzlichkeit.
Hält der Militärjustizbeamte eine Weisung, Verfügung oder Entscheidung mit den Gesetzen oder den sonst maßgebenden Vorschriften nicht vereinbar, so hat er dagegen Vorstellung zu erheben. Bleibt diese erfolglos, so hat er der Weisung des Gerichtsherrn, welcher alsdann allein die Verantwortung trägt, zu entsprechen, den Hergang jedoch aktenkundig zu machen. Die Akten sind unverzüglich von dem Gerichtsherrn dem Oberkriegsgerichte zur rechtlichen Beurtheilung der Sache vorzulegen. Diese Beurtheilung ist für die weitere Behandlung der Sache maßgebend.

§. 98.

Die Oberkriegsgerichtsräthe und die Kriegsgerichtsräthe können, unbeschadet der Bestimmung des §. 70, im Falle ihrer Verhinderung nur durch zum Richteramte befähigte Personen ersetzt werden. Im Felde und an Bord können sie, soweit die Umstände dies erfordern, durch Offiziere ersetzt werden.

§. 99.

Die Gerichtsoffiziere werden von den Gerichtsherren aus der Zahl der Subalternoffiziere bestellt.

§. 100.

Zum Gerichtsoffizier darf nur bestellt werden, wer seit mindestens einem Jahre dem Heere oder der Marine angehört. Diese Einschränkung findet im Felde und an Bord keine Anwendung.

§. 101.

Der Gerichtsoffizier ist beim Antritte seines Amtes durch den Gerichtsherrn zu beeidigen.
Die Eidesformel lautet:

„Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Gerichtsoffiziers getreulich zu erfüllen. So wahr mir Gott helfe.“
Die Bestimmungen des §. 42 Absatz 3 und 4 finden Anwendung.

§. 102.

Die Bestimmungen des §. 97 finden auf die Gerichtsoffiziere entsprechende Anwendung.

Fünfter Abschnitt. Militäranwaltschaft beim Reichsmilitärgerichte.

§. 103.

Beim Reichsmilitärgerichte wird eine aus einem Obermilitäranwalt und einem oder mehreren Militäranwälten bestehende Militäranwaltschaft eingerichtet.

§. 104.

Die Militäranwälte stehen unter der Aufsicht und Leitung des Obermilitäranwalts und haben seinen Anordnungen Folge zu leisten.

§. 105.

Der Obermilitäranwalt ist dem Präsidenten des Reichsmilitärgerichts unterstellt.
In Fragen, welche die Geltung oder die Auslegung einer militärischen Dienstvorschrift oder eines militärdienstlichen Grundsatzes betreffen oder allgemeine militärische Interessen berühren, ist der Obermilitäranwalt gehalten, die Ansicht des Präsidenten zu vertreten.

§. 106.

Der Obermilitäranwalt und die Militäranwälte sind nichtrichterliche Militärbeamte.
Zu diesen Aemtern können nur zum Richteramte befähigte Beamte ernannt werden (§§. 80, 94).

§. 107.

Die Ernennung des Obermilitäranwalts und der Militäranwälte erfolgt durch den Kaiser auf Vorschlag des Bundesraths.
Dieselben können durch Kaiserliche Verfügung jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden.

Sechster Abschnitt. Militärgerichtsschreiber.

§. 108.

Bei dem Reichsmilitärgericht und bei dem Stabe eines jeden Gerichtsherrn der höheren Gerichtsbarkeit werden Gerichtsschreiber angestellt.
Die Dienstverhältnisse der Militärgerichtsschreiber werden hinsichtlich des Reichsmilitärgerichts durch den Bundesrath, im Uebrigen durch die Militärjustizverwaltung bestimmt.

§. 109.

Die Wahrnehmung der Geschäfte des Gerichtsschreibers bei den Gerichtsherren der niederen Gerichtsbarkeit ist geeigneten Personen des Soldatenstandes zu übertragen.
An Bord können die Geschäfte des Gerichtsschreibers einer geeigneten Person der Besatzung übertragen werden.

§. 110.

Wird die Wahrnehmung der Geschäfte des Gerichtsschreibers Personen übertragen, die nicht Reichs- oder Staatsbeamte sind, so haben dieselben schriftlich das eidesstattliche Gelöbniß abzugeben, daß sie die ihnen übertragenen Geschäfte treu und gewissenhaft verrichten und Verschwiegenheit über dieselben beobachten wollen.

Dritter Titel. Militarjustizverwaltung.

§. 111.

Die Militärjustizverwaltung wird hinsichtlich des Reichsmilitärgerichts und der Militäranwaltschaft vom Präsidenten des Reichsmilitärgerichts, hinsichtlich der Marine von dem Reichskanzler (Reichs-Marine-Amt), im Uebrigen von den Kriegsministerien oder den ihnen in dieser Beziehung gleichstehenden Behörden ausgeübt.

§. 112.

Der Militärjustizverwaltung steht die Aufsicht über die Ausübung der Militärstrafgerichtsbarkeit zu.

§. 113.

Die rechtskräftigen Urtheile der Standgerichte und der Kriegsgerichte sind nebst den Akten vierteljährlich einer Durchsicht zu unterziehen, um zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorschriften über das Verfahren beobachtet und hinsichtlich der Anwendung der Gesetze, sowie der militärdienstlichen Vorschriften und Grundsätze gleichmäßig und richtig verfahren worden ist.
Die Durchsicht der standgerichtlichen Urtheile und Akten geschieht bei dem Gerichtsherrn der Berufungsinstanz durch einen Kriegsgerichtsrath. Eine Zusammenstellung der wahrgenommenen Mängel und Verstöße ist dem kommandirenden General (Admiral) zur Nachprüfung einzureichen.
Diese Nachprüfung, sowie die Durchsicht der kriegsgerichtlichen Urtheile und Akten geschieht bei dem kommandirenden General (Admiral) durch einen Oberkriegsgerichtsrath.
Die Urtheile der Oberkriegsgerichte sind zu dem im ersten Absatz angegebenen Zwecke halbjährlich an das Reichsmilitärgericht einzureichen. Demselben sind dabei die Ausstellungen mitzutheilen, zu welchen die standgerichtlichen und kriegsgerichtlichen Sachen im letzten halben Jahre Anlaß gegeben haben. Das Ergebniß der vom Reichsmilitärgerichte vorgenommenen Prüfungen ist durch den Präsidenten desselben der betreffenden Militärjustizverwaltung zur weiteren Veranlassung mitzutheilen.

§. 114.

Die näheren Anordnungen hinsichtlich der Bestimmungen der §§. 24, 113 erfolgen im Verordnungswege.

Zweiter Theil. Verfahren.

Erster Titel. Allgemeine Bestimmungen.

Erster Abschnitt. Gerichtssprache.

§. 115.

Die Gerichtssprache ist die deutsche.

§. 116.

Wird unter Betheiligung von Personen verhandelt, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Die Führung eines Nebenprotokolls in der fremden Sprache findet nicht statt, jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache erforderlich erscheint, auch in der fremden Sprache in das Protokoll oder in eine Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu geeigneten Fällen soll dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu beglaubigende Uebersetzung beigefügt werden.
Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unterbleiben, wenn die betheiligten Personen sämmtlich der fremden Sprache mächtig sind.

§. 117.

Zur Verhandlung mit tauben oder stummen Personen ist, sofern nicht eine mündliche oder schriftliche Verständigung erfolgt, eine Person als Dolmetscher zuzuziehen, mit deren Hülfe die Verständigung m anderer Weise erfolgen kann.

§. 118.

Personen, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, leisten Eide in der ihnen geläufigen Sprache.

§. 119.

Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten:

daß er treu und gewissenhaft übertragen werde.
Ist der Dolmetscher für Uebertragungen der betreffenden Art im Allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid.

§. 120.

Der Dienst des Dolmetschers kann von dem Militärgerichtsschreiber wahrgenommen werden. Einer besonderen Beeidigung bedarf es nicht.

§. 121.

Auf den Dolmetscher finden die Bestimmungen über Ausschließung und Ablehnung der Sachverständigen entsprechende Anwendung.

Zweiter Abschnitt. Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen.

§. 122.

Von der Ausübung des Richteramts bei den erkennenden Gerichten ist kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1. wer selbst durch die strafbare Handlung verletzt ist;
2. wer Ehemann oder Vormund der beschuldigten oder Ehemann oder Vormund der verletzten Person ist oder gewesen ist;
3. wer mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindesstatt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht;
4. wer in der Sache als Gerichtsherr, als Untersuchungsführer im Ermittelungsverfahren, als Vertreter der Anklage oder als Vertheidiger thätig gewesen ist, oder als Vorgesetzter den Thatbericht (vergl. §. 153 Absatz 2) eingereicht hat;
5. wer in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist.

§. 123.

Wer bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung als Richter mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in höherer Instanz kraft Gesetzes ausgeschlossen.

§. 124.

Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgniß der Befangenheit abgelehnt werden.
Wegen Besorgniß der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
Das Ablehnungsrecht steht dem Beschuldigten, im Verfahren vor dem Reichsmilitärgericht auch der Militäranwaltschaft zu.
Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

§. 125.

Das Ablehnungsgesuch wegen Besorgniß der Befangenheit ist in erster Instanz nur bis zur Verlesung der Verfügung über die Anklageerhebung, in der Hauptverhandlung über die Berufung und die Revision nur bis zum Beginne der Berichterstattung zulässig.
Außerhalb der Hauptverhandlung ist das Ablehnungsgesuch von Mannschaften des aktiven Heeres oder der aktiven Marine zu Protokoll eines Gerichtsoffiziers oder eines richterlichen Militärjustizbeamten oder des nächsten mit Disziplinarstrafgewalt versehenen Vorgesetzten zu erklären oder schriftlich einzureichen, von anderen Personen schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers des Amtsgerichts anzubringen.
Beschuldigte, welche sich nicht auf freiem Fuße befinden, können die Erklärungen überdies zu Protokoll des mit der Aufsicht über das Gefängniß betrauten Offiziers oder Beamten, oder, sofern sie nicht dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, desjenigen Amtsgerichts geben, in dessen Bezirke das Gefängniß liegt.

§. 126.

Bei jedem Ablehnungsgesuch ist der Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugniß des Abgelehnten Bezug genommen werden.

§. 127.

Ist das Ablehnungsgesuch verspätet oder nicht unter Angabe und Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes eingebracht worden, so hat das Gericht mit Einschluß des abgelehnten Richters das Ablehnungsgesuch als unzulässig zu verwerfen. Das Gesuch kann auch verworfen werden, wenn das Gericht einstimmig der Ansicht ist, daß dasselbe offenbar nur in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, eingebracht ist.

§. 128.

Wird das Gesuch nicht als unzulässig verworfen, so hat der abgelehnte Richter sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.
Ueber das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört. Der abgelehnte Richter darf bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht mitwirken.
Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

§. 129.

Die Entscheidung eines Standgerichts, Kriegsgerichts oder Oberkriegsgerichts, durch welche ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, kann nicht für sich allein, sondern nur mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden.

§. 130.

Die Bestimmungen der §§. 122, 124, 125 Absatz 2 und 3, §§. 126, 128 Absatz 1 und 3 finden auf die Gerichtsoffiziere und die Kriegsgerichtsräthe, soweit sie außerhalb der Hauptverhandlungen mit Untersuchungshandlungen beauftragt sind, entsprechende Anwendung.
Das Ablehnungsgesuch ist an denjenigen Gerichtsherrn zu richten, welcher den Auftrag ertheilt hat.
Ueber das Ablehnungsgesuch entscheidet der Gerichtsherr.
Wird das Ablehnungsgesuch bei Vornahme der Untersuchungshandlung angebracht, so ist dasselbe zu Protokoll zu nehmen. Der Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrath kann das Ablehnungsgesuch, wenn es nicht unter Angabe und Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes oder offenbar nur in der Absicht angebracht worden ist, das Verfahren zu verschleppen, als unzulässig zurückweisen. Hiergegen findet binnen der Frist von einem Tage die Rechtsbeschwerde an den Gerichtsherrn statt.

§. 131.

Die für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Stelle (§. 128 Absatz 2, §. 130 Absatz 3) hat auch dann zu entscheiden, wenn, ohne daß ein solches Gesuch angebracht ist, ein Richter oder eine der im §. 130 Absatz 1 bezeichneten Personen von einem Verhältniß Anzeige macht, welches die Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob eine Ausschließung kraft Gesetzes begründet sei.

§. 132.

Die Bestimmungen der §§. 122, 125, 126, 131 finden auf den Militärgerichtsschreiber entsprechende Anwendung. Ueber die Ausschließung oder Ablehnung desselben entscheidet in der Hauptverhandlung das Gericht, außerhalb derselben der richterliche Militärjustizbeamte oder der Gerichtsoffizier, welchem der Gerichtsschreiber beigegeben ist.
Gegen die Entscheidung, sofern sie nicht in der Hauptverhandlung ergangen ist, findet binnen der Frist von einem Tage die Rechtsbeschwerde an den Gerichtsherrn statt.

§. 133.

In den Fällen der §§. 130, 132 hat der Abgelehnte vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.

§. 134.

Die ein Ablehnungsgesuch zurückweisende Verfügung ist in allen Fällen mit den Gründen aktenkundig zu machen.

§. 135.

Ein Gerichtsherr, bei welchem eine der Voraussetzungen des §. 122 Nr. 1, 2, 3, 5 zutrifft, hat die Wahrnehmung der Gerichtsherrngeschäfte dem Stellvertreter im Kommando zu übertragen.
Das Gleiche gilt, wenn sonstige Umstände vorliegen, durch welche der Gerichtsherr sich in der Sache für befangen hält.

Dritter Abschnitt. Entscheidungen, Verfügungen und deren Bekanntmachung.

§. 136.

Entscheidungen und Verfügungen, welche durch ein Rechtsmittel anfechtbar sind, oder durch die ein Antrag abgelehnt wird, sind mit Gründen zu versehen.

§. 137.

Entscheidungen und Verfügungen, welche in Anwesenheit der davon betroffenen Person ergehen, werden derselben durch Verkündung bekannt gemacht. Bei Mannschaften des aktiven Heeres und der aktiven Marine soll diese Art der Bekanntmachung die Regel bilden. Auf Verlangen ist eine Abschrift der Entscheidung oder Verfügung zu ertheilen.
Die Bekanntmachung der in Abwesenheit des Betheiligten ergehenden Entscheidungen und Verfügungen erfolgt durch Zustellung.
Diese Bestimmungen finden auf die lediglich den inneren Dienst der Gerichte oder der Gerichtspersonen betreffenden Entscheidungen und Verfügungen keine Anwendung.

§. 138.

Die erforderliche Zustellung oder Vollstreckung von Entscheidungen und Verfügungen wird durch den Gerichtsherrn, bei dem Reichsmilitärgerichte durch den Präsidenten desselben veranlaßt.

§. 139.

Die Zustellung besteht in der Uebergabe einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks.
Die Beglaubigung geschieht bei den Gerichten der niederen Gerichtsbarkeit durch einen Gerichtsoffizier, bei den übrigen Gerichten durch einen richterlichen Militärjustizbeamten.

§. 140.

Dem nicht auf freiem Fuße befindlichen Beschuldigten ist das zugestellte Schriftstück, wenn er des Lesens unkundig, vorzulesen, wenn er der deutschen Sprache unkundig, zu übersetzen.

§. 141.

Zustellungen, welche an aktive Militärpersonen erforderlich werden (§. 137), erfolgen dienstlich gegen Empfangsbescheinigung des Betheiligten.
Aus der Bescheinigung müssen die Person, der zugestellt ist, sowie Ort und Zeit der Zustellung sich ergeben.

§. 142.

Zustellungen an Personen, die nicht aktive Militärpersonen sind, erfolgen gegen Empfangsbescheinigung (§. 141 Absatz 2) durch hierzu bestellte Militärpersonen oder Beamte oder durch Ersuchen der Staatsanwaltschaft.
Sofern nicht zur Hauptverhandlung geladen wird oder mit der Zustellung der Lauf einer Frist beginnt, kann die Zustellung auch durch Aufgabe zur Post erfolgen. Diese besteht darin, daß das zu übergebende Schriftstück unter der Adresse der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Die erfolgte Aufgabe zur Post ist zu den Akten zu beurkunden. Bleibt dieser Weg erfolglos, so geschieht die Zustellung nach Maßgabe des Absatzes 1.

§. 143.

Zustellungen an Personen, welche zu einem im Auslande befindlichen oder zu einem mobilen militärischen Verband oder zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes gehören, können mittelst Ersuchens der vorgesetzten Kommandobehörde erfolgen.

§. 144.

Sind Zustellungen im Ausland an Personen, welche nicht aktive Militärpersonen sind, zu bewirken, so ist, soweit nicht der unmittelbare Verkehr mit den ausländischen Gerichtsbehörden zugelassen ist, das zu übergebende Schriftstück der obersten Militärjustizverwaltungsbehörde mittelst Berichts einzureichen.
Dasselbe gilt, wenn Zustellungen an Deutsche, welche das Recht der Exterritorialität genießen, oder an Vorsteher der Reichskonsulate erfolgen sollen.
Die weitere Veranlassung der Zustellung erfolgt in diesen Fällen in Gemäßheit der §§. 182, 183 der Civilprozeßordnung.

§. 145.

Kann eine Zustellung an einen Beschuldigten nicht in der vorgeschriebenen Weise bewirkt werden, oder lehnt im Falle des §. 144 Absatz 1 die oberste Militärjustizverwaltungsbehörde die weitere Veranlassung als unausführbar oder voraussichtlich erfolglos ab, so gilt die Zustellung als bewirkt, wenn der Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks durch den Reichsanzeiger bekannt gemacht worden ist und seit dem Erscheinen dieses Blattes zwei Wochen verflossen sind. Die gleichzeitige Bekanntmachung durch ein anderes Blatt ist nicht ausgeschlossen.

Vierter Abschnitt. Berechnung der Fristen.      

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Fristversäumniß.

§. 146.

Bei der Berechnung einer Frist, die nach Tagen bestimmt ist, wird der Tag nicht mitgerechnet, auf welchen der Zeitpunkt oder das Ereigniß fällt, nach welchem der Anfang der Frist sich richten soll. Auf die Frist kommen auch diejenigen Tage nicht in Anrechnung, an denen die Person, welcher die Frist gesetzt ist, durch militärischen Dienst an der Wahrnehmung ihrer Rechte verhindert war. Daß dies thatsächlich der Fall war, ist durch dienstliche Bescheinigung nachzuweisen.
Eine Frist, die nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, endigt mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, an welchem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag in dein letzten Monate, so endigt die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so endigt die Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

§. 147.

Gegen die Versäumung einer für die Einlegung oder Rechtfertigung von Rechtsmitteln gesetzten Frist kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beansprucht werden, wenn der Antragsteller durch militärischen Dienst, durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist. Als unabwendbarer Zufall ist es anzusehen, wenn der Antragsteller von einer Zustellung ohne sein Verschulden keine Kenntniß erlangt hat.

§. 148.

Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muß binnen drei Tagen nach Beseitigung des Hindernisses bei derjenigen Stelle, bei welcher die Frist wahrzunehmen gewesen wäre, unter Angabe und Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe angebracht werden.
Mit dem Gesuch ist zugleich die versäumte Handlung selbst nachzuholen.

§. 149.

Ueber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entscheidet diejenige Stelle, welcher die Prüfung und Entscheidung darüber zukommt, ob die Frist gewahrt ist.
Die Wiedereinsetzung kann auch in Ermangelung eines förmlichen hierauf gerichteten Gesuchs bewilligt werden.
Die eine Wiedereinsetzung aussprechende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.
Gegen die das Gesuch verwerfende Entscheidung findet binnen der Frist von drei Tagen nach deren Zustellung die Rechtsbeschwerde an das Reichsmilitärgericht statt. Im Felde und an Bord ist die Rechtsbeschwerde ausgeschlossen.

§. 150.

Durch das Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird die Vollstreckung einer Entscheidung oder Verfügung nicht gehemmt.
Es kann jedoch ein Aufschub der Vollstreckung angeordnet werden.

Zweiter Titel. Verfahren in erster Instanz.

Erster Abschnitt. Ermittelungsverfahren.

§. 151.

Anzeigen strafbarer Handlungen, sowie Anträge auf Strafverfolgung gegen Personen, welche der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstehen, sind von Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres und der aktiven Marine auf dem Dienstwege, von Militärbeamten bei der vorgesetzten Dienstbehörde des Beschuldigten anzubringen.
Für die Anbringung solcher Anzeigen und Anträge durch andere als die im Absatz 1 bezeichneten Personen sind die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes maßgebend. Es genügt jedoch auch das Anbringen bei der vorgesetzten Dienstbehörde des Beschuldigten.

§. 152.

Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, muß der Antrag aktenkundig gemacht werden.

§. 153.

Anzeigen und Anträge, welche bei den Staatsanwaltschaften, den Amtsgerichten und den Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes angebracht werden, sind sofort an die vorgesetzte Dienstbehörde des Beschuldigten abzugeben.
Der militärische Vorgesetzte hat über die ihm angezeigten oder sonst zu seiner Kenntniß gelangten strafbaren Handlungen seiner Untergebenen, soweit die Handlungen gerichtlich zu verfolgen sind, einen genauen, die Verdachtsgründe und Beweismittel umfassenden Thatbericht aufzustellen und denselben an den Gerichtsherrn einzusenden.
Die Staatsanwaltschaften, die Amtsgerichte, die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes, sowie der militärische Vorgesetzte haben bis zum Einschreiten des Gerichtsherrn alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Erscheint die schleunige Vornahme einer richterlichen Untersuchungshandlung erforderlich, so ist sie von dem nächsten Kriegsgerichtsrath oder Amtsrichter auf Ersuchen des militärischen Vorgesetzten, der Staatsanwaltschaft oder der Behörden und Beamten des Polizei-und Sicherheitsdienstes, äußersten Falles ohne solches Ersuchen vorzunehmen; im Nothfalle kann dieselbe auch durch einen Gerichtsoffizier herbeigeführt werden. Die Verhandlungen sind sofort an den Gerichtsherrn abzugeben.
Erachtet der angegangene Gerichtsherr sich für unzuständig, oder ergiebt sich seine Unzuständigkeit im Laufe des Ermittelungsverfahrens, so hat er die Sache an die zuständige Stelle abzugeben.

§. 154.

Sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß eine aktive Militärperson eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, oder wird der Leichnam einer unbekannten Militärperson gefunden, so sind die Polizei- und Gemeindebehörden zur sofortigen Anzeige an die nächste Militärbehörde verpflichtet.
Die Beerdigung darf nur auf Grund einer schriftlichen Genehmigung der Militärbehörde oder, im Nothfalle, des Amtsrichters erfolgen.

§. 155.

Bei Todesfällen anderer als der im §. 154 bezeichneten Personen sind die Civilbehörden zur Anzeige an die Militärbehörde verpflichtet, wenn dringender Verdacht vorliegt, daß der Tod durch eine strafbare Handlung einer unter Militärstrafgerichtsbarkeit stehenden Person verursacht worden ist, oder wenn auch nur Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß eine solche Person in strafbarer Weise an dem Tode betheiligt sei.
In den Fällen der ersteren Art ist die Feststellung des Thatbestandes, insbesondere die richterliche Leichenschau und Leichenöffnung, der Militärbehörde zu überlassen.
In den Fällen der letzteren Art haben zunächst die bürgerlichen Behörden sich der Feststellung des Thatbestandes zu unterziehen. Der Militärbehörde ist jedoch thunlichst Gelegenheit zu geben, zur Theilnahme an der Leichenschau, der Leichenöffnung und der Ortsbesichtigung einen Kriegsgerichtsrath abzuordnen.
In entsprechender Weise haben die Militärbehörden zu verfahren, wenn an dem Tode einer aktiven Militärperson eine unter der bürgerlichen Strafgerichtsbarkeit stehende Person in strafbarer Weise betheiligt ist oder betheiligt erscheint.

§. 156.

Sobald der Gerichtsherr durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer militärgerichtlich zu verfolgenden strafbaren Handlung Kenntniß erhält, hat er durch ein von ihm anzuordnendes Ermittelungsverfahren den Sachverhalt erforschen zu lassen. Mit dem Ermittelungsverfahren wird vom Gerichtsherrn der niederen Gerichtsbarkeit ein Gerichtsoffizier, von dem Gerichtsherrn der höheren Gerichtsbarkeit ein Kriegsgerichtsrath beauftragt. Bei einfach liegenden Sachen genügt die Feststellung durch den Disziplinarvorgesetzten.
Der Thatbestand muß festgestellt werden, auch wenn der Beschuldigte ein Geständniß abgelegt hat.
Giebt der Gerichtsherr einer Anzeige keine Folge, so ist die getroffene Verfügung mit den Gründen aktenkundig zu machen.

§. 157.

In den Fällen des §. 3 des Einführungsgesetzes zum Militärstrafgesetzbuch ist eine gerichtliche Strafverfolgung ausgeschlossen, wenn die Handlung von dem zuständigen Disziplinarvorgesetzten im Disziplinarwege geahndet worden ist.
In denselben Fällen kann der Gerichtsherr, sofern er nicht zugleich der höhere Disziplinarvorgesetzte ist, die gerichtliche Strafverfolgung nicht deshalb ablehnen, weil er abweichend von dem Disziplinarvorgesetzten die Disziplinarbestrafung für ausreichend erachtet.

§. 158.

Bei Einleitung einer Strafverfolgung wegen Hochverraths oder Landesverraths oder wegen eines als Verbrechen oder Vergehen sich darstellenden Verraths militärischer Geheimnisse hat der Gerichtsherr unverzüglich der obersten Militärjustizverwaltungsbehörde Bericht zu erstatten.
Sind diese Handlungen gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet, so hat er überdies in jedem Falle dem Reichskanzler sofort Anzeige zu erstatten.

§. 159.

Der mit der Führung des Ermittelungsverfahrens beauftragte Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrath (Untersuchungsführer) hat bei Erforschung des Sachverhalts nicht blos die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und die Erhebung aller Beweise herbeizuführen, deren Verlust zu besorgen steht, oder deren Aufnahme zur Vorbereitung der Vertheidigung des Beschuldigten erforderlich erscheint.

§. 160.

Zu dem im §. 159 bezeichneten Zwecke kann der Untersuchungsführer Ermittelungen jeder Art, einschließlich richterlicher Untersuchungshandlungen, insbesondere eidliche Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen vornehmen.
Zu demselben Zwecke kann von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangt werden.
Die Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen kann durch Ersuchen eines anderen Gerichtsherrn oder des Amtsrichters des Bezirkes, wo die Handlung vorzunehmen ist, herbeigeführt werden. Der Ersuchte hat zu prüfen, ob die beantragte Handlung nach den Umständen des Falles gesetzlich zulässig ist.
Die Ersuchungsschreiben sind in der Regel von dem Gerichtsherrn und dem Untersuchungsführer zu unterzeichnen.

§. 161.

Die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, Ersuchen des Untersuchungsführers um Ausführung einzelner Maßregeln oder um Vornahme von Ermittelungen zu genügen.

§. 162.

Der Untersuchungsführer hat alle die Untersuchung berührenden Vorgänge und Thatsachen, insbesondere alle von ihm vorgenommenen oder veranlaßten Ermittelungen aktenkundig zu machen.

§. 163.

Ueber jede Untersuchungshandlung ist ein Protokoll aufzunehmen. Bei minder wichtigen Sachen genügt ein Aktenvermerk. Das Protokoll ist von dem Untersuchungsführer und dem zugezogenen Gerichtsschreiber, der Aktenvermerk von dem Untersuchungsführer zu unterschreiben.
Ein Gerichtsschreiber muß zugezogen werden bei der Vernehmung des Beschuldigten, der Zeugen und der Sachverständigen, sowie bei der Einnahme des Augenscheins.
Im Falle dringenden Bedürfnisses kann für einzelne Untersuchungshandlungen jede geeignete Person als Gerichtsschreiber zugezogen werden. Dieselbe ist in Gemäßheit des §. 110 durch den die Untersuchungshandlung vornehmenden Beamten oder Offizier zu verpflichten.

§. 164.

Das Protokoll muß Ort und Tag der Verhandlung, sowie die Namen der mitwirkenden oder betheiligten Personen angeben und ersehen lassen, ob die wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens beobachtet sind.
Das Protokoll ist den bei der Verhandlung betheiligten Personen, soweit es dieselben betrifft, behufs der Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchlesung vorzulegen. Die erfolgte Genehmigung ist zu vermerken und das Protokoll von den Betheiligten zu unterschreiben. Unterbleibt die Unterschrift, so ist der Grund dafür in dem Protokolle zu vermerken.

§. 165.

Findet die Einnahme eines Augenscheins statt, so ist dem Beschuldigten und dem Vertheidiger die Anwesenheit bei der Verhandlung zu gestatten.
Dasselbe gilt, wenn ein Zeuge oder Sachverständiger vernommen werden soll, welcher voraussichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung verhindert, oder dessen Erscheinen wegen großer Entfernung besonders erschwert sein wird.
Von den Terminen sind die zur Anwesenheit Berechtigten vorher zu benachrichtigen, soweit dies ohne Aufenthalt für die Sache geschehen kann.
Beschuldigte, die dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, oder welche sich nicht auf freiem Fuße befinden, haben einen Anspruch auf Anwesenheit nur bei solchen Terminen, welche an dem Orte abgehalten werden, wo sie sich dienstlich aufhalten oder in Haft befinden.
Auf die Verlegung eines Termins wegen Verhinderung haben die zur Anwesenheit Berechtigten keinen Anspruch.

§. 166.

Der Beschuldigte kann von der Anwesenheit bei der Verhandlung ausgeschlossen werden, wenn zu befürchten ist, daß ein Zeuge in seiner Gegenwart die Wahrheit nicht sagen werde.

§. 167.

Der Gerichtsherr ist stets berechtigt, von dem Stande des Verfahrens durch Einsicht der Akten Kenntniß zu nehmen und die ihm zur Aufklärung der Sache geeignet scheinenden Verfügungen zu treffen. Er ist jedoch nicht befugt, an den Untersuchungshandlungen Theil zu nehmen.
Vom Gerichtsherrn kann, falls dies aus besonderen Rücksichten angezeigt erscheint, ein Offizier bestimmt werden, welcher den Untersuchungshandlungen des ersuchten Gerichts beizuwohnen und das Protokoll mit zu unterschreiben hat. Hat er Einwendungen gegen den Inhalt des Protokolls zu erheben, so sind sie von ihm unter demselben zu vermerken.
Der Untersuchungsführer ist berechtigt, den Gerichtsherrn zu ersuchen, einen Offizier zu bestimmen, welcher den Untersuchungshandlungen beizuwohnen und das Protokoll mit zu unterschreiben hat.

§. 168.

Das Ermittelungsverfahren ist nicht weiter auszudehnen, als erforderlich ist, um eine Entscheidung darüber zu begründen, ob Anklage zu erheben oder die strafgerichtliche Verfolgung einzustellen sei.

§. 169.

Ergiebt sich im Laufe des Ermittelungsverfahrens der Verdacht weiterer militärgerichtlich zu verfolgender strafbarer Handlungen, so hat der Untersuchungsführer in dringenden Fällen die in dieser Beziehung erforderlichen Untersuchungshandlungen von Amtswegen vorzunehmen.
Die Verhandlungen sind sofort dem Gerichtsherrn zu dessen Verfügung vorzulegen.

§. 170.

Im Felde und an Bord kann von einem schriftlichen Ermittelungsverfahren im Sinne dieses Abschnitts Abstand genommen werden. In jedem Falle ist dasselbe thunlichst einzuschränken und zu beschleunigen.

Zweiter Abschnitt. Einzelne Untersuchungsmaßregeln.

I. Vernehmung des Beschuldigten.

§. 171.

Beschuldigte, welche zu den Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehören, sind zu ihrer Vernehmung zu gestellen.
Verhaftete Beschuldigte sind vorzuführen.

§. 172.

Beschuldigte, die nicht zu den im §. 171 bezeichneten Personen gehören, sind zu ihrer Vernehmung schriftlich zu laden.
Die Ladung kann unter der Androhung geschehen, daß im Falle des Ausbleibens die Vorführung erfolgen werde.
Die Vorführung ohne vorgängige Ladung kann verfügt werden, wenn Gründe vorliegen, welche die Untersuchungshaft rechtfertigen würden. Die Anordnung einer Vorführung ohne vorgängige Ladung steht dem Gerichtsherrn, bei Gefahr im Verzug auch dem Untersuchungsführer zu.
In dem Vorführungsbefehl ist der Beschuldigte genau zu bezeichnen und die ihm zur Last gelegte strafbare Handlung, sowie der Grund der Vorführung anzugeben.
Der Vorgeführte ist sofort durch den Untersuchungsführer zu vernehmen. Ist dies nicht ausführbar, so kann er bis zu seiner Vernehmung, jedoch nicht über den nächstfolgenden Tag hinaus, festgehalten werden.

§. 173.

Der Beschuldigte ist in dem Ermittelungsverfahren zu vernehmen, auch wenn er schon früher gehört worden ist.
Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche strafbare Handlung ihm zur Last gelegt wird.
Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit zur Beseitigung der gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe und zur Geltendmachung der zu seinen Gunsten sprechenden Thatsachen geben.
Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittelung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.
Den Abschluß des Ermittelungsverfahrens (§. 168) bildet die Vernehmung des Beschuldigten über das Ergebniß der Ermittelungen.

II. Einstweilige Enthebung vom Dienste. Verhaftung und vorläufige Festnahme.

§. 174.

Dem Gerichtsherrn steht die Verfügung darüber zu, inwieweit ein Beschuldigter, welcher zu den Personen des Soldatenstandes gehört, aus Anlaß des eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens einstweilen des militärischen Dienstes zu entheben sei. Die Verfügung ist vom Gerichtsherrn allein zu erlassen.
Die Befugniß der vorgesetzten Dienstbehörde zur vorläufigen Anordnung der Dienstenthebung wird durch Vorstehendes nicht berührt.

§. 175.

Darüber, ob ein Beschuldigter in Untersuchungshaft zu nehmen ist, entscheidet der Gerichtsherr. Der Haftbefehl ist von ihm allein zu erlassen.
Gegen die Verfügung der Untersuchungshaft findet die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn statt.

§. 176.

Die Untersuchungshaft ist zulässig, wenn dringende Verdachtsgründe gegen den Beschuldigten vorhanden sind und entweder

1. ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildet, oder
2. der Beschuldigte der Flucht verdächtig ist, oder
3. die Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin die Verhaftung erfordert, oder
4. Thatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß der Beschuldigte Spuren der That vernichten, oder daß er Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage, oder Zeugen dazu verleiten werde, sich der Zeugnißpflicht zu entziehen, oder daß er seine Freiheit zur Begehung neuer strafbarer Handlungen mißbrauchen werde. Diese Thatsachen sind aktenkundig zu machen.

§. 177.

Der Verhaftete muß spätestens am Tage nach seiner Einlieferung in das Gefängniß über den Gegenstand der Beschuldigung gehört werden. Dabei ist ihm zu eröffnen, daß ihm die Rechtsbeschwerde (§. 175 Absatz 2) gegen den Haftbefehl zusteht.

§. 178.

Der Verhaftete soll, soweit möglich, von Anderen gesondert und nicht in demselben Raume mit Strafgefangenen verwahrt werden.
Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, welche zur Sicherung des Zweckes der Haft oder zur Aufrechthaltung der Ordnung im Gefängnisse nothwendig sind.
Bequemlichkeiten und Beschäftigungen, die der Dienststellung oder dem Stande und den Vermögensverhältnissen des Verhafteten entsprechen, darf er sich auf seine Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zwecke der Haft vereinbar sind und weder die Ordnung im Gefängnisse stören, noch die Sicherheit gefährden. Mit dieser Maßgabe darf Lesen und Beschäftigung mit schriftlichen Arbeiten dem Verhafteten nicht untersagt werden.
Fesseln dürfen im Gefängnisse dem Verhafteten nur dann angelegt werden, wenn dies wegen besonderer Gefährlichkeit seiner Person, namentlich zur Sicherung Anderer erforderlich erscheint, oder wenn der Verhaftete einen Selbstentleibungs- oder Entweichungsversuch gemacht oder vorbereitet hat. Bei der Hauptverhandlung soll er ungefesselt sein.

§. 179.

Die Untersuchungshaft ist aufzuheben, wenn ein Grund zur Verhaftung nicht mehr besteht oder wenn der Beschuldigte freigesprochen oder außer Verfolgung gesetzt wird. Das Gleiche gilt, wenn die Verurtheilung auf Geldstrafe lautet oder, sofern besondere Umstände nicht entgegenstehen, wenn die erkannte Freiheitsstrafe die Dauer von sechs Wochen nicht übersteigt.
Durch Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Angeklagten nicht verzögert werden. Auf Grund neuer Verdachtsgründe oder Beweismittel kann der höhere Gerichtsherr gegen den Angeklagten einen neuen Haftbefehl erlassen.

§. 180.

Die Befugniß zur vorläufigen Festnahme steht zu:

den militärischen Vorgesetzten, den militärischen Wachen und dem Untersuchungsführer, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft vorliegen;
den Polizei- und Sicherheitsbeamten in den Fällen des §. 176 Nr. 1, 2, 4, wenn Gefahr im Verzug und ein militärischer Vorgesetzter des Beschuldigten oder eine militärische Wache nicht erreichbar ist.
Wird eine der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellte Person bei Verübung eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer That betroffen oder verfolgt, so kann, wenn sie der Flucht verdächtig oder ihre Persönlichkeit nicht sofort feststellbar ist, die vorläufige Festnahme durch Jedermann geschehen.
Bei einem im Offiziersrange stehenden und in entsprechender Uniform befindlichen Angehörigen der bewaffneten Macht ist die Annahme ausgeschlossen, daß er der Flucht verdächtig sei, oder daß seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden könne, es sei denn, daß er bei der Begehung eines Verbrechens auf frischer That betroffen oder verfolgt wird.

§. 181.

Der Festgenommene ist unverzüglich, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, an die nächste Militärbehörde abzuliefern. Diese hat den Festgenommenen sofort zu vernehmen und, sofern sie nicht die Freilassung verfügt, dem zuständigen Gerichtsherrn zu überweisen.

§. 182.

Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, ist weder die vorläufige Festnahme, noch die Verhaftung von der Stellung eines solchen Antrags abhängig.
Ist die Verhaftung vor der Stellung des Antrags erfolgt, so ist der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer, sofort von der Verhaftung in Kenntniß zu setzen. Die Freilassung muß erfolgen, wenn nicht spätestens binnen einer Woche seit der Verhaftung ein Strafantrag eingegangen ist.

§. 183.

Steckbriefe können von dem Gerichtsherrn erlassen werden, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft vorliegen und der zu Verhaftende flüchtig ist oder sich verborgen hält.
Andere Militärbehörden sind zur Erlassung eines Steckbriefs befugt, wenn der Beschuldigte aus dem Gefängniß entweicht oder sonst der Bewachung sich entzieht oder der Fahnenflucht verdächtig ist.
Der Steckbrief soll, soweit dies möglich, eine Beschreibung des zu Verhaftenden enthalten und die demselben zur Last gelegte strafbare Handlung, sowie die Behörde bezeichnen, an welche die Ablieferung zu erfolgen hat.
Die Bekanntmachung des Steckbriefs kann außer durch öffentliche Blätter auch durch öffentlichen Anschlag im Heimathsorte, Wohnort oder gewöhnlichen Aufenthaltsorte des zu Verhaftenden erfolgen.

§. 184.

Ist Jemand in Folge Haftbefehls (§. 175) oder auf Grund eines Steckbriefs (§. 183) ergriffen worden, und kann er nicht spätestens am Tage nach der Ergreifung bestimmungsgemäß abgeliefert werden, so ist er auf sein Verlangen sofort der nächsten Militärbehörde vorzuführen und von dieser unverzüglich zu vernehmen. Weist er bei der Vernehmung nach, daß er nicht die verfolgte Person, oder daß die Verfolgung durch die zuständige Behörde wieder aufgehoben sei, so hat die Militärbehörde seine Freilassung zu verfügen.

III. Vernehmung von Zeugen.

§. 185.

Die Gestellung von Zeugen, welche Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine sind, erfolgt durch dienstliche Anordnung.
Anderen Personen ist, sofern nicht ein sonstiger Weg zweckdienlich erscheint, eine Ladung zuzustellen. In der Ladung ist auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens hinzuweisen.

§. 186.

Ein durch Zustellung geladener Zeuge (§. 185 Absatz 2) ist, wenn er nicht erscheint, in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten, sowie zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark, und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurtheilen. Auch ist die zwangsweise Vorführung des Zeugen zulässig. Bleibt der Zeuge bei nochmaliger Vorladung in demselben Ermittelungsverfahren abermals aus, so kann derselbe noch einmal in Strafe und Kosten verurtheilt werden.
Die Verurtheilung in Strafe und Kosten unterbleibt, wenn das Ausbleiben des Zeugen genügend entschuldigt ist. Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder aufgehoben.
Die Befugniß zu den im ersten Absatze bezeichneten Maßregeln steht hinsichtlich der im §. 1 bezeichneten Personen, soweit sie zu laden sind (§. 185 Absatz 2), dem Gerichtsherrn zu.
Hinsichtlich anderer Personen erfolgt die Festsetzung und die Vollstreckung dieser Maßregeln auf Ersuchen durch den Amtsrichter, in dessen Bezirke der Zeuge seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Die Vorführung des Zeugen ist durch Ersuchen der Staatsanwaltschaft oder der Polizeibehörde zu bewirken.

§. 187.

Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1. der Verlobte des Beschuldigten;
2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
3. diejenigen, welche mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindesstatt verbunden oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht.
Die bezeichneten Personen sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

§. 188.

Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt:

1. Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
2. Vertheidiger in Ansehung desjenigen, was ihnen in dieser ihrer Eigenschaft anvertraut ist;
3. Rechtsanwälte und Aerzte in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist.
Die unter Nr. 2 und 3 bezeichneten Personen dürfen das Zeugniß nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind.

§. 189.

Oeffentliche Beamte und Personen des Soldatenstandes, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, dürfen über Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Dienstverschwiegenheit bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder der ihnen zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden. Für den Reichskanzler bedarf es der Genehmigung des Kaisers, für die Minister der Genehmigung des Landesherrn, für die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung des Senats.
Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ablegung des Zeugnisses dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaats Nachtheil bereiten würde.

§. 190.

Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der im §. 187 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde.

§. 191.

Die Thatsache, auf welche der Zeuge die Verweigerung des Zeugnisses in den Fällen der §§. 187, 188 Nr. 2, 3 stützt, sowie die Behauptung des Zeugen in dem Falle des §. 190 sind auf Verlangen glaubhaft zu machen. Es genügt die Versicherung an Eidesstatt.

§. 192.

Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen zu vernehmen.
Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten ist zulässig.

§. 193.

Die Vernehmung beginnt damit, daß der Zeuge über Vornamen und Zunamen, Alter, Religionsbekenntniß, Stand oder Gewerbe und Wohnort befragt wird. Erforderlichen Falles sind dem Zeugen Fragen über solche Umstände, welche seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen, insbesondere über seine Beziehungen zu dem Beschuldigten oder dem Verletzten, vorzulegen.

§. 194.

Der Zeuge ist zu veranlassen, dasjenige, was ihm von dem Gegenstande seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben. Vor seiner Vernehmung ist dem Zeugen der Gegenstand der Untersuchung und die Person des Beschuldigten, sofern ein solcher vorhanden ist, zu bezeichnen.
Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage, sowie zur Erforschung des Grundes, auf welchem die Wissenschaft des Zeugen beruht, sind nöthigenfalls weitere Fragen zu stellen.

§. 195.

Die Beeidigung der Zeugen bleibt der Regel nach bis zur Hauptverhandlung ausgesetzt.
Sie hat jedoch schon in dem Ermittelungsverfahren zu erfolgen, wenn die Beeidigung als Mittel zur Herbeiführung einer wahrheitsgetreuen Aussage über eine Thatsache, von der die Erhebung der Anklage abhängig ist, erforderlich erscheint. Das Gleiche gilt für den Fall, daß der Zeuge voraussichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung verhindert oder sein Erscheinen wegen großer Entfernung besonders erschwert sein wird, sofern seine Aussage nicht für die Feststellung des Thatbestandes bedeutungslos erscheint.

§. 196.

Die Zeugen sind nach der Vernehmung und einzeln zu beeidigen. Sie sind vor der Leistung des Eides in angemessener Weise auf die Bedeutung und die Heiligkeit desselben hinzuweisen.

§. 197.

Der von den Zeugen unter Erhebung der rechten Hand zu leistende Eid lautet:

„Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich nach bestem Wissen und Gewissen die reine Wahrheit gesagt, nichts verschwiegen und nichts hinzugesetzt habe. So wahr mir Gott helfe.“
Die Bestimmung des §. 42 Absatz 3 findet Anwendung.
Der Eid wird mittelst Nachsprechens oder Ablesens der die Eidesnorm enthaltenden Eidesformel geleistet.
Stumme, welche schreiben können, leisten den Eid mittelst Abschreibens und Unterschreibens der Eidesformel.
Stumme, welche nicht schreiben können, leisten den Eid mit Hülfe eines Dolmetschers durch Zeichen.

§. 198.

Der Eidesleistung wird gleichgeachtet, wenn ein Mitglied einer Religionsgesellschaft, welcher das Gesetz den Gebrauch gewisser Betheuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, eine Erklärung unter der Betheuerungsformel dieser Religionsgesellschaft abgiebt.

§. 199.

Nicht zu beeidigen sind:

1. Personen, welche zur Zeit der Vernehmung das sechszehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, oder wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen Verstandesschwäche von dem Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung haben;
2. Personen, welche nach den Bestimmungen der Strafgesetze unfähig sind, als Zeugen eidlich vernommen zu werden;
3. Personen, welche hinsichtlich der den Gegenstand der Untersuchung bildenden That als Theilnehmer, Begünstiger oder Hehler verdächtig oder bereits verurtheilt sind.

§. 200.

Hat eine Vernehmung von Personen stattgefunden, welche nach §. 187 zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, so hängt es von dem richterlichen Ermessen ab, ob sie unbeeidigt zu lassen oder zu beeidigen sind.
Dieselben können auch nach der Vernehmung die Beeidigung des Zeugnisses verweigern und sind über dieses Recht zu belehren.

§. 201.

Wird ein eidlich vernommener Zeuge in derselben Strafsache nochmals vernommen, so ist es zulässig, statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern zu lassen.

§. 202.

Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine, welche die Ablegung des Zeugnisses oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigern, sind disziplinarisch mit Arrest zu bestrafen.
Die Bestrafung kann wiederholt werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in der Instanz, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten, und bei Uebertretungen nicht über die Zeit von sechs Wochen hinaus.
Die Bestrafung erfolgt, sofern nicht der Gerichtsherr zugleich der Disziplinarvorgesetzte ist, auf dessen Ersuchen durch den betreffenden Disziplinarvorgesetzten.
Der ersuchten Stelle steht eine Nachprüfung, ob die Verweigerung des Zeugnisses ohne gesetzlichen Grund erfolgt ist, nicht zu.

§. 203.

Ein Zeuge, welcher nicht zu den im §. 202 bezeichneten Personen gehört, ist, wenn er ohne gesetzlichen Grund das Zeugniß oder die Eidesleistung verweigert, in die durch die Weigerung verursachten Kosten, sowie zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurtheilen.
Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses oder der Beeidigung die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in der Instanz, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten, und bei Uebertretungen nicht über die Zeit von sechs Wochen hinaus.
Die Bestimmungen des §. 186 Absatz 3 und 4 finden entsprechende Anwendung.
Sind die Maßregeln gegen den Zeugen erschöpft, so können sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, welches dieselbe That zum Gegenstande hat, nicht wiederholt werden.

§. 204.

Soweit die Verhängung der in den §. 186 und 203 gedachten Maßregeln vom Gerichtsherrn verfügt ist, findet die Rechtsbeschwerde an das obere Gericht statt.
Gegen die Verfügungen des Amtsrichters ist die Beschwerde nach den Vorschriften der bürgerlichen Strafprozeßordnung zulässig.

§. 205.

Die Gebührenansprüche der auf Bestellung oder Ladung erschienenen Zeugen, welche nicht zu den aktiven Militärpersonen gehören, regeln sich nach der allgemeinen Gebührenordnung für Zeugen. Gegen die Festsetzung der Gebühren findet die Rechtsbeschwerde an das obere Gericht statt.
Hinsichtlich der aktiven Militärpersonen zukommenden Gebühren wird im Verwaltungswege Bestimmung getroffen.

§. 206.

Die Landesherren und die Mitglieder der landesherrlichen Familien, die Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern, sowie die Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses sind in ihrer Wohnung zu vernehmen.
Den Eid leisten dieselben mittelst Unterschreibens der Eidesformel.
Zur Hauptverhandlung werden sie nicht geladen. Das Protokoll über ihre gerichtliche Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen.

§. 207.

Der Reichskanzler, die Minister eines Bundesstaats, die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte, die Vorstände der obersten Reichsbehörden und die Vorstände der Ministerien sind an ihrem Amtssitz oder, wenn sie sich außerhalb desselben aufhalten, an ihrem Aufenthaltsorte zu vernehmen.
Die Mitglieder des Bundesraths sind während ihres Aufenthalts am Sitze des Bundesraths an diesem Sitze, und die Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung während der Sitzungsperiode und ihres Aufenthalts am Orte der Versammlung an diesem Orte zu vernehmen.
Die kommandirenden Generale (Admirale), sowie die im Range derselben oder in einem höheren Range stehenden Offiziere sind an ihrem Aufenthaltsorte zu vernehmen.
Zu einer Abweichung von den vorstehenden Bestimmungen bedarf es:

in Betreff des Reichskanzlers und der im dritten Absatze bezeichneten Admirale der Genehmigung des Kaisers,
in Betreff der im dritten Absatze bezeichneten Generale der Genehmigung des zuständigen Kontingentsherrn,
in Betreff der Minister und der Mitglieder des Bundesraths der Genehmigung des Landesherrn,
in Betreff der Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung des Senats,
in Betreff der übrigen vorbezeichneten Beamten der Genehmigung ihres unmittelbaren Vorgesetzten,
in Betreff der Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung der Genehmigung der letzteren.

IV. Zuziehung von Sachverständigen.

§. 208.

Auf Sachverständige finden die auf Zeugen bezüglichen Vorschriften der §§. 185 bis 207 entsprechende Anwendung, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Bestimmungen getroffen sind.
Die Gebührenansprüche der nicht zu den aktiven Militärpersonen gehörenden Sachverständigen regeln sich nach der allgemeinen Gebührenordnung für Sachverständige. Im Uebrigen findet der §. 205 Anwendung.

§. 209.

Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch den Gerichtsherrn, in dringlichen Fällen durch den Untersuchungsführer. Die Auswahl darf auch einer anderen Behörde im Wege des Ersuchens überlassen werden.
Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.

§. 210.

Auf die Ausschließung und Ablehnung von Sachverständigen finden die Bestimmungen des §. 122 Nr. 1 bis 4, sowie der §§. 124, 126, 130 Absatz 2 bis 4, §§. 131, 133, 134 entsprechende Anwendung.

§. 211.

Der zum Sachverständigen Ernannte hat der Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist, oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntniß Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt, oder wenn er zur Ausübung derselben öffentlich bestellt oder ermächtigt ist.
Zur Erstattung des Gutachtens ist auch derjenige verpflichtet, welcher sich dazu vor Gericht bereit erklärt hat.

§. 212.

Dieselben Gründe, welche einen Zeugen berechtigen, das Zeugniß zu verweigern, berechtigen einen Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens. Auch aus anderen Gründen kann ein Sachverständiger von der Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens entbunden werden.
Die Vernehmung eines öffentlichen Beamten oder einer Person des Soldatenstandes als Sachverständigen findet nicht statt, wenn die vorgesetzte Behörde erklärt, daß die Vernehmung den dienstlichen Interessen Nachtheile bereiten würde.

§. 213.

Im Falle des Nichterscheinens oder der Weigerung eines zur Erstattung des Gutachtens verpflichteten Sachverständigen, welcher nicht zu den Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehört, wird der Sachverständige zum Ersatze der Kosten und zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark verurtheilt. Im Falle wiederholten Ungehorsams kann noch einmal auf eine Geldstrafe bis zu sechshundert Mark erkannt werden.

§. 214.

Der mit der gerichtlichen Vernehmung des Sachverständigen befaßte Untersuchungsführer hat, soweit ihm dies erforderlich erscheint, die Thätigkeit des Sachverständigen zu leiten.

§. 215.

Der Sachverständige hat nach Erstattung des Gutachtens einen Eid dahin zu leisten:

daß er das von ihm erforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet habe.
Ist der Sachverständige für Erstattung von Gutachten der betreffenden Art im Allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid.

§. 216.

Dem Sachverständigen kann auf sein Verlangen zur Vorbereitung des Gutachtens durch Vernehmung von Zeugen oder des Beschuldigten weitere Aufklärung verschafft werden.
Zu demselben Zwecke kann ihm gestattet werden, die Akten einzusehen, der Vernehmung von Zeugen oder des Beschuldigten beizuwohnen und an dieselben unmittelbar Fragen zu stellen.
Die Vorschrift des §. 192 findet auf Sachverständige keine Anwendung.
Es kann angeordnet werden, daß der Sachverständige sein Gutachten schriftlich erstatte.

§. 217.

Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Geisteszustand eines Beschuldigten, gegen welchen die Anklage erhoben ist, kann der Gerichtsherr auf Antrag eines Sachverständigen nach Anhörung des Vertheidigers anordnen, daß der Angeklagte in eine öffentliche Irrenanstalt gebracht und dort beobachtet werde.
Hat der Angeklagte keinen Vertheidiger, so ist ihm ein solcher zu bestellen.
Die im Absatz 1 bezeichnete Anordnung ist dem Angeklagten und dem Vertheidiger bekannt zu machen. Gegen die Anordnung findet binnen der Frist von einer Woche die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn statt. Dieselbe hat aufschiebende Wirkung.
Die Verwahrung in der Anstalt darf die Dauer von sechs Wochen nicht übersteigen.

§. 218.

Wird ein Gutachten als ungenügend befunden, so kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige angeordnet werden.
Auch kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen angeordnet werden, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
In wichtigeren Fällen kann das Gutachten einer Fachbehörde eingeholt werden.

§. 219.

Bei Münzverbrechen und Münzvergehen sind die Münzen oder Papiere erforderlichen Falles derjenigen Behörde vorzulegen, von welcher echte Münzen oder Papiere dieser Art in Umlauf gesetzt werden. Das Gutachten dieser Behörde ist über die Unechtheit oder Verfälschung sowie darüber einzuholen, in welcher Art die Fälschung muthmaßlich begangen worden sei.
Handelt es sich um ausländische Münzen oder Papiere, so kann an Stelle des Gutachtens der ausländischen Behörde dasjenige einer deutschen erfordert werden.

§. 220.

Zur Ermittelung der Echtheit oder Unechtheit eines Schriftstücks, sowie zur Ermittelung des Urhebers desselben kann eine Schriftvergleichung unter Zuziehung von Sachverständigen vorgenommen werden.

§. 221.

Insoweit zum Beweise vergangener Thatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.

V. Einnahme des Augenscheins.       Leichenschau, Leichenöffnung.

§. 222.

Findet die Einnahme eines Augenscheins statt, so ist im Protokolle der vorgefundene Sachbestand festzustellen und darüber Auskunft zu geben, welche Spuren oder Merkmale, deren Vorhandensein nach der besonderen Beschaffenheit des Falles vermuthet werden konnte, gefehlt haben.
Findet die Einnahme eines Augenscheins unter Zuziehung von Sachverständigen statt, so kann der Beschuldigte beantragen, daß die von ihm für die Hauptverhandlung in Vorschlag zu bringenden Sachverständigen zu dem Termine geladen werden und, wenn der Antrag abgelehnt wird, sofern dieselben nicht zu den Personen des aktiven Heeres und der aktiven Marine gehören, deren Zuziehung auf seine Kosten verlangen. In letzterem Falle wird die Gestellung oder Ladung durch den Untersuchungsführer veranlaßt, sobald der erforderliche Betrag der gesetzlichen Entschädigung für Reisekosten und Versäumniß bei der Militärgerichtsschreiberei hinterlegt wird.
Den vom Beschuldigten benannten Sachverständigen ist die Theilnahme am Augenschein und an den erforderlichen Untersuchungen insoweit zu gestatten, als dadurch die Thätigkeit der amtlich bestellten Sachverständigen nicht behindert wird.
Die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 finden im Felde und an Bord keine Anwendung.

§. 223.

Ist der Tod einer Militärperson nicht auf natürlichem Wege erfolgt, so hat der Gerichtsherr, in dringenden Fällen jeder militärische Befehlshaber, welcher die Anzeige oder Meldung von dem Todesfall erhält, die Leichenschau durch einen Kriegsgerichtsrath oder in Ermangelung eines solchen durch den zunächst erreichbaren Amtsrichter zu veranlassen.
Ist nach den bekannt gewordenen Thatsachen die Annahme begründet, daß der Tod durch Selbstmord, durch einen Unfall oder sonst ohne Verschulden eines Anderen herbeigeführt ist, so bedarf es der Zuziehung eines Arztes zur Leichenschau nicht.
Die Umstände, unter denen die Leiche gefunden und der Tod erfolgt ist, sind sorgfältig zu untersuchen und zu Protokoll zu verzeichnen. In allen Fällen des Selbstmordes sind die Beweggründe thunlichst aufzuklären.

§. 224.

Ergiebt sich der Verdacht, daß der Tod durch die strafbare Handlung eines Anderen herbeigeführt sei, so ist zur Leichenschau ein Militärarzt oder, wenn ein solcher nicht erreichbar, ein als Sachverständiger zu beeidigender anderer Arzt zuzuziehen.
Erscheint der Verdacht nach der Leichenschau in Verbindung mit den sonst ermittelten Thatsachen nicht als beseitigt, so ist die Leichenöffnung im Beisein des Kriegsgerichtsraths oder Amtsrichters und des Gerichtsschreibers von zwei Aerzten, und zwar thunlichst Militärärzten, vorzunehmen. In allen Fällen soll einer der Aerzte ein Militärarzt mindestens vom Range eines Stabsarztes oder ein Gerichtsarzt sein. Demjenigen Arzte, welcher den Verstorbenen in der dem Tode unmittelbar vorausgegangenen Krankheit behandelt hat, ist die Leichenöffnung nicht zu übertragen. Derselbe kann jedoch aufgefordert werden, der Leichenöffnung anzuwohnen, um aus der Krankheitsgeschichte Aufschlüsse zu geben.
Im Felde und an Bord genügt es, wenn die Leichenöffnung lediglich von einem Militärarzte vorgenommen wird. Die Einschränkungen des zweiten Absatzes finden keine Anwendung.

§. 225.

Behufs der Besichtigung oder Oeffnung einer schon beerdigten Leiche ist ihre Ausgrabung statthaft.

§. 226.

Vor der Leichenöffnung ist, wenn nicht besondere Hindernisse entgegenstehen, die Persönlichkeit des Verstorbenen, insbesondere durch Befragung von Personen, welche den Verstorbenen gekannt haben, festzustellen. Ist ein Beschuldigter vorhanden, so ist ihm die Leiche, sofern dies ausführbar, zur Anerkennung vorzuzeigen.

§. 227.

Die Leichenöffnung muß sich, soweit der Zustand der Leiche dies gestattet, stets auf die Oeffnung der Kopf-, Brust- und Bauchhöhle erstrecken.
Bei Oeffnung der Leiche eines neugeborenen Kindes ist die Untersuchung insbesondere auch darauf zu richten, ob dasselbe nach oder während der Geburt gelebt habe und ob es reif oder wenigstens fähig gewesen sei, das Leben außerhalb des Mutterleibs fortzusetzen.

§. 228.

Liegt der Verdacht einer Vergiftung vor, so ist die Untersuchung der in der Leiche oder sonst gefundenen verdächtigen Stoffe durch einen Chemiker oder durch eine für solche Untersuchungen bestehende Fachbehörde vorzunehmen.
Erforderlichen Falles hat diese Untersuchung unter Mitwirkung oder Leitung eines Arztes stattzufinden.

VI. Beschlagnahme und Durchsuchung.

§. 229.

Gegenstände, welche als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können oder der Einziehung unterliegen, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicher zu stellen.
Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden dieselben nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

§. 230.

Wer einen Gegenstand der vorbezeichneten Art in seinem Gewahrsame hat, ist verpflichtet, denselben auf Erfordern vorzulegen und auszuliefern.
Er kann im Falle der Weigerung nach Maßgabe der Bestimmungen in den §§. 202 bis 204 hierzu angehalten werden. Gegen Personen, welche zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, ist die Verhängung einer Strafe oder Zwangshaft ebenso wie die Verurtheilung zur Tragung der durch die Weigerung verursachten Kosten ausgeschlossen.

§. 231.

Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in dienstlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken und Gegenständen durch Behörden, öffentliche Beamte oder Personen des Soldatenstandes darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden dieser Gegenstände oder des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaats Nachtheil bereiten würde.

§. 232.

Schriftliche Mittheilungen zwischen dem Beschuldigten und denjenigen Personen, die wegen ihres Verhältnisses zu ihm nach §§. 187, 188 zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, unterliegen der Beschlagnahme nicht, falls sie sich in den Händen der letzteren Personen befinden und diese nicht einer Theilnahme, Begünstigung oder Hehlerei verdächtig sind.

§. 233.

Zulässig ist die Beschlagnahme der an den Beschuldigten gerichteten Briefe und Sendungen auf der Post, sowie der an ihn gerichteten Telegramme auf den Telegraphenanstalten; desgleichen ist zulässig an den bezeichneten Orten die Beschlagnahme solcher Briefe, Sendungen und Telegramme, in Betreff derer Thatsachen vorliegen, aus welchen zu schließen ist, daß sie von dem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind, und daß ihr Inhalt für die Untersuchung Bedeutung habe.

§. 234.

Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, ist die Beschlagnahme auch vor Stellung des Antrags zulässig. Erfolgt die Beschlagnahme, bevor der Antrag gestellt ist, so ist der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer derselben, sofort von der Beschlagnahme in Kenntniß zu setzen. Die Beschlagnahme ist von Amtswegen wieder aufzuheben, wenn der Antrag nicht binnen einer Woche seit dem Vollzuge der Beschlagnahme gestellt ist.

§. 235.

Bei demjenigen, welcher als Thäter oder Theilnehmer einer strafbaren Handlung oder als Begünstiger oder als Hehler verdächtig ist, kann eine Durchsuchung seiner Person, der Wohnung und anderer Räume, sowie der ihm gehörigen Sachen, sowohl zum Zwecke seiner Ergreifung, als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuthen ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln oder Einziehungsstücken führen werde.
Bei anderen Personen sind nur Durchsuchungen der Wohnung und anderer Räume, sowie der ihnen gehörigen Sachen behufs der Ergreifung des Beschuldigten oder behufs der Verfolgung von Spuren einer strafbaren Handlung oder behufs der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Thatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen oder Gegenständen befinde. Diese Beschränkung findet keine Anwendung auf zum dienstlichen Gebrauch angewiesene Räume sowie auf Räume, in welchen der Beschuldigte ergriffen worden ist, oder welche er während der Verfolgung betreten hat.

§. 236.

Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäftsräume und das befriedete Besitzthum ohne Einwilligung des berechtigten Inhabers nur bei Verfolgung auf frischer That oder bei Gefahr im Verzug oder dann durchsucht werden, wenn es sich um die Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen handelt.
Diese Beschränkung findet keine Anwendung auf die zum dienstlichen Gebrauch angewiesenen Räume.
Die Nachtzeit umfaßt in dem Zeitraume vom ersten April bis dreißigsten September die Stunden von neun Uhr Abends bis vier Uhr Morgens und in dem Zeitraume vom ersten Oktober bis einunddreißigsten März die Stunden von neun Uhr Abends bis sechs Uhr Morgens.

§. 237.

Findet eine Durchsuchung außerhalb der im §. 236 Absatz 2 bezeichneten Räume statt, so gelten folgende Bestimmungen:
Wird die Durchsuchung ohne Beisein des Untersuchungsführers oder eines Offiziers vorgenommen, so sind, wenn dies möglich ist, zwei Zeugen zuzuziehen. Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf der Durchsuchung beiwohnen. Im Falle seiner Abwesenheit ist, wenn dies möglich ist, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit zugezogenen Person ist in den Fällen des §. 235 Absatz 2 der Zweck der Durchsuchung vor dem Beginne bekannt zu machen.
Dem von der Durchsuchung Betroffenen ist nach deren Beendigung eine schriftliche Mittheilung zu machen, welche den Grund der Durchsuchung (§. 235 Absatz 1 und 2) sowie im Falle des §. 235 Absatz 1 die strafbare Handlung bezeichnen muß. Auch ist demselben auf Verlangen ein Verzeichniß der in Verwahrung oder Beschlag genommenen Gegenstände, falls aber nichts Verdächtiges gefunden wird, eine Bescheinigung hierüber zu geben.
Eine Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen steht nur dem Gerichtsherrn und dem Untersuchungsführer zu. Andere Personen sind zur Durchsicht der aufgefundenen Papiere nur dann befugt, wenn der Inhaber derselben die Durchsicht ausdrücklich genehmigt; mangels einer solchen Genehmigung haben sie die Papiere, deren Durchsicht sie für geboten erachten, in einem Umschlage, welcher in Gegenwart des Inhabers oder seines Vertreters zu versiegeln ist, an den Gerichtsherrn oder den Untersuchungsführer abzuliefern. Dem Inhaber der Papiere oder dessen Vertreter ist die Beidrückung seines Siegels gestattet, auch ist er, falls demnächst die Entsiegelung und Durchsicht der Papiere angeordnet wird, wenn dies möglich ist, aufzufordern, derselben beizuwohnen.

§. 238.

Die Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen bei aktiven Militärpersonen steht dem Gerichtsherrn, bei Gefahr im Verzug, auch dem Untersuchungsführer zu. Das Gleiche gilt für die Fälle des §. 233, sofern der Beschuldigte zu den aktiven Militärpersonen gehört.
Den im Absatz 1 bezeichneten Personen ist auch außerhalb der Fälle des §. 237 auf Verlangen ein Verzeichniß der in Verwahrung oder Beschlag genommenen Gegenstände auszuhändigen.
Diese Bestimmungen finden auf die im §. 1 Nr. 3, 5, 6, 7 bezeichneten Personen Anwendung, solange sie der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellt sind.
Gegen die Anordnung der Beschlagnahme und Durchsuchung in anderen als den zum dienstlichen Gebrauch angewiesenen Räumen findet binnen drei Tagen vom Vollzug an die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn statt.

§. 239.

Beschlagnahmen und Durchsuchungen in anderen als den im §. 238 bezeichneten Fällen erfolgen durch Ersuchen des Amtsgerichts.
Bei Gefahr im Verzuge kann das Ersuchen an die Staatsanwaltschaft oder diejenigen Polizei- oder Sicherheitsbeamten gerichtet werden, welche als Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft den Anordnungen derselben Folge zu leisten haben.
Für die Befugniß der ersuchten Behörden und Beamten zur Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen und das Verfahren bei dem Vollzuge der getroffenen Anordnung sind die Vorschriften der bürgerlichen Strafprozeßordnung maßgebend. In allen Fällen ist die Militärbehörde auf Verlangen zum Vollzuge zuzuziehen.
Im Felde und an Bord bleiben die vorstehenden Bestimmungen außer Anwendung. Für die Beschlagnahmen und Durchsuchungen gelten allgemein die Vorschriften des §. 238 Absatz 1 bis 3.

§. 240.

Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, welche zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die erfolgte Verübung einer anderen strafbaren Handlung hindeuten, so sind dieselben einstweilen in Beschlag zu nehmen. Der Militärbehörde oder der zuständigen Staatsanwaltschaft ist hiervon Kenntniß zu geben.

§. 241.

Die in Verwahrung oder in Beschlag genommenen Gegenstände sind genau zu verzeichnen und zur Verhütung von Verwechselungen durch amtliche Siegel oder in sonst geeigneter Weise kenntlich zu machen.

§. 242.

Gegenstände, welche durch die strafbare Handlung dem Verletzten entzogen wurden, sind, falls nicht Ansprüche Dritter entgegenstehen, nach Beendigung der Untersuchung und geeigneten Falles schon vorher von Amtswegen dem Verletzten zurückzugeben, ohne daß es eines Urtheils hierüber bedarf.
Dem Betheiligten bleibt die Geltendmachung seiner Rechte im Civilverfahren vorbehalten.

Dritter Abschnitt. Abschluß des Ermittelungsverfahrens.       Erhebung der Anklage.

§. 243.

Erachtet der Untersuchungsführer das Ermittelungsverfahren für abgeschlossen (§§. 168, 173 Absatz 5), so hat er unter Vorlegung der Akten dem Gerichtsherrn über das Ergebniß mündlich oder schriftlich Vortrag zu erstatten. Der von dem Untersuchungsführer gestellte Antrag ist zu den Akten zu bringen.

§. 244.

Der Gerichtsherr kann eine Vervollständigung des Ermittelungsverfahrens anordnen.

§. 245.

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittelungsverfahrens hat der Gerichtsherr darüber zu befinden, ob der Beschuldigte außer Verfolgung zu setzen, oder ob gegen ihn einzuschreiten sei.

§. 246.

Wird die Verfolgung eingestellt, so ist der Beschuldigte hiervon in Kenntniß zu setzen, sofern er im Laufe des Ermittelungsverfahrens unter der Anschuldigung einer bestimmten strafbaren Handlung verantwortlich vernommen oder gegen ihn ein Steckbrief veröffentlicht worden war.

§. 247.

In allen Fällen, in denen die Einleitung eines Ermittelungsverfahrens abgelehnt oder die Einstellung verfügt wird, ist derjenige, welcher die Strafverfolgung beantragt hat, unter Angabe der Gründe zu bescheiden.
Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen diesen Bescheid innerhalb einer Woche nach dessen Zustellung die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn und gegen dessen ablehnenden Bescheid binnen vierzehn Tagen nach der Bekanntmachung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu.
Der Antrag muß die Thatsachen, welche das strafrechtliche Einschreiten begründen sollen, sowie die Beweismittel angeben und bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht eingereicht werden.
Zur Entscheidung ist das Reichsmilitärgericht zuständig.

§. 248.

Ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht in der gesetzlichen Frist oder Form, oder ohne Anführung von Thatsachen und Beweismitteln eingebracht, so ist derselbe vom Reichsmilitärgericht als unzulässig zu verwerfen.
Ist der Antrag rechtsgültig gestellt, so kann das Reichsmilitärgericht die Vorlegung der bisher geführten Verhandlungen verlangen, auch dem Beschuldigten den Antrag unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung mittheilen.
Zur Vorbereitung der Entscheidung kann das Reichsmilitärgericht Ermittelungen durch einen Kriegsgerichtsrath oder Amtsrichter veranlassen.
Dem Antragsteller kann vor der Entscheidung über den Antrag die Leistung einer Sicherheit für die durch das Verfahren über den Antrag und durch die Untersuchung der Militärjustizverwaltung und dem Beschuldigten voraussichtlich erwachsenden Kosten durch Beschluß des Reichsmilitärgerichts auferlegt werden. Die Sicherheit ist bei der Gerichtsschreiberei des Reichsmilitärgerichts durch Hinterlegung in baarem Gelde oder in Werthpapieren zu leisten. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Reichsmilitärgerichte nach freiem Ermessen festgesetzt. Dasselbe hat zugleich eine Frist zu bestimmen, binnen welcher die Sicherheit zu leisten ist. Wird die Sicherheit binnen der bestimmten Frist nicht geleistet, so hat das Reichsmilitärgericht den Antrag für zurückgenommen zu erklären.

§. 249.

Ergiebt sich kein genügender Anlaß zum strafrechtlichen Einschreiten, so verwirft das Reichsmilitärgericht den Antrag und setzt den Gerichtsherrn, dessen Bescheid angefochten worden ist, den Antragsteller und den Beschuldigten von der Verwerfung in Kenntniß. Ist der Antrag verworfen, so kann das strafrechtliche Einschreiten gegen den Beschuldigten nur auf Grund neuer Thatsachen oder Beweismittel wiederaufgenommen werden.
Wird der Antrag als unzulässig oder als unbegründet verworfen oder durch Verzicht oder Unterlassung der Sicherheitsleistung zurückgenommen, so sind dem Antragsteller die durch das Verfahren über den Antrag veranlaßten Kosten aufzuerlegen.
Erachtet dagegen das Reichsmilitärgericht den Antrag für begründet, so beschließt es, daß ein strafrechtliches Einschreiten gegen den Beschuldigten stattzufinden habe. Auf Grund dieses Beschlusses hat der Gerichtsherr nach Maßgabe des §. 250 zu verfahren.

§. 250.

Liegt gegen den Beschuldigten hinreichender Verdacht einer strafbaren und militärgerichtlich verfolgbaren Handlung vor, so hat der Gerichtsherr, sofern nicht Disziplinarbestrafung eintritt (§. 3 des Einführungsgesetzes zum Militärstrafgesetzbuch) oder eine Strafverfügung erlassen wird, die Anklage zu verfügen oder die Sache an den zuständigen Gerichtsherrn abzugeben.

§. 251.

Ist der Beschuldigte einer strafbaren Handlung überführt, die nach §. 3 des Einführungsgesetzes zum Militärstrafgesetzbuch im Disziplinarwege geahndet werden kann, so hat der Gerichtsherr darüber zu befinden, ob eine solche Ahndung nach Lage der Sache für ausreichend zu erachten ist. In dieser Beziehung ist, wenn der Gerichtsherr nicht zugleich Disziplinarvorgesetzter des Beschuldigten ist, bei Meinungsverschiedenheit die Ansicht des Disziplinarvorgesetzten maßgebend (§. 157 Absatz 2).
Ist der Gerichtsherr zugleich der Disziplinarvorgesetzte, so hat er entweder die Disziplinarstrafe selbst zu verhängen oder die Verhängung derselben einem ihm unterstellten Disziplinarvorgesetzten des Beschuldigten zu überlassen.

§. 252.

Vor der Anklageverfügung wegen einer der im §. 158 bezeichneten strafbaren Handlungen ist, wenn sie gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet ist, an den Reichskanzler, in anderen Fällen an die oberste Militärjustizverwaltungsbehörde Bericht zu erstatten.

§. 253.

Fallen dem Beschuldigten nach dem Ergebnisse des Ermittelungsverfahrens mehrere strafbare Handlungen zur Last, und erscheint für die Strafzumessung die Feststellung des einen oder des anderen Straffalls unwesentlich, so kann der Gerichtsherr in Ansehung eines solchen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die anderen Fälle von einer Anklage absehen.
Im Felde und an Bord soll regelmäßig in dieser Weise verfahren werden.
Die Verfügung ist von dem Gerichtsherrn zu den Akten zu bringen.
Erachtet der Gerichtsherr nachträglich die weitere Anklage für geboten, so kann diese nur innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Urtheils erhoben werden.

§. 254.

Die Anklageverfügung des Gerichtsherrn (§. 250) hat die dem Beschuldigten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Strafgesetzes zu bezeichnen, sowie die Angabe zu enthalten, ob die Aburtheilung der Sache durch ein Standgericht oder durch ein Kriegsgericht erfolgt.

§. 255.

Die Anklageverfügung ist dem Beschuldigten gleichzeitig mit einer die Angabe der Beweismittel und die wesentlichen Ergebnisse der stattgehabten Ermittelungen enthaltenden Anklageschrift bekannt zu machen.
Die Anklageschrift ist in Sachen der niederen Gerichtsbarkeit von dem Gerichtsoffizier, in Sachen der höheren Gerichtsbarkeit von dem Kriegsgerichtsrathe, welchen der Gerichtsherr mit der Vertretung der Anklage vor dem erkennenden Gerichte beauftragt, anzufertigen und zu unterzeichnen.
Im Felde und an Bord bedarf es der Anfertigung einer besonderen Anklageschrift nicht.

§. 256.

Die im §. 255 vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt an Beschuldigte, welche dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören oder sich in Haft befinden, mündlich durch einen Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrath. Der Beschuldigte ist dabei aufzufordern, sich rechtzeitig zu erklären, ob und welche Anträge er in Bezug auf seine Vertheidigung zu stellen habe.
Die mündliche Bekanntmachung und Aufforderung kann auch durch Ersuchen eines Amtsrichters herbeigeführt werden.
Ueber die Bekanntmachung und die Aufforderung, sowie über die von dem Beschuldigten abgegebene Erklärung ist ein Protokoll aufzunehmen.
In kriegsgerichtlichen Fällen soll dem Beschuldigten eine Abschrift der Anklageverfügung und der Anklageschrift mitgetheilt werden; dasselbe hat in standgerichtlichen Fällen auf Verlangen des Beschuldigten zu geschehen.
Ist der Beschuldigte verhaftet, so ist gleichzeitig dem Vertheidiger die Anklageverfügung und die Anklageschrift mitzutheilen. Im Felde und an Bord findet diese Bestimmung keine Anwendung.

§. 257.

Gehört der Beschuldigte nicht zu den im §. 256 Absatz 1 bezeichneten Personen, so erfolgt die Bekanntmachung und Aufforderung an ihn mündlich (§. 256) oder mittelst Zustellung (§. 139, 142 ff.).

§. 258.

Mit der Bekanntmachung der Anklageverfügung an den Beschuldigten (§§. 256, 257) gilt die Anklage für erhoben.

§. 259.

Haben vor der Erhebung der Anklage oder der Zustellung der Strafverfügung Veränderungen in der persönlichen Dienststellung des Beschuldigten, insbesondere durch Versetzung, Beförderung oder in den Fällen des §. 29 durch Zurücknahme der Ueberweisung stattgefunden, in Folge deren der Beschuldigte unter die Gerichtsbarkeit eines anderen Gerichtsherrn getreten ist, so ist die Sache an diesen abzugeben. Die Bestimmungen der §§. 34, 35 finden entsprechende Anwendung.
Später eingetretene Veränderungen ziehen eine Aenderung der gerichtlichen Zuständigkeit nur dann nach sich, wenn der Angeklagte durch Beförderung der niederen Gerichtsbarkeit entzogen wird.

§. 260.

Nach der Erhebung der Anklage muß, vorbehaltlich der Bestimmung des §. 272, die Sache zur Aburtheilung gebracht werden.
Der Aburtheilung muß eine mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gerichte (Hauptverhandlung) vorangehen.

Vierter Abschnitt. Vorbereitung der Hauptverhandlung.

§. 261.

Der Zusammentritt des erkennenden Standgerichts oder Kriegsgerichts erfolgt, nachdem die Anklage erhoben ist, auf Befehl des Gerichtsherrn.
Die Richter werden im Dienstwege berufen. Ist der Angeklagte ein General oder Admiral, so erfolgt die Berufung nach Maßgabe des §. 18 Absatz 4.

§. 262.

Insoweit der Gerichtsherr wegen Mangels oder wegen gesetzlicher Verhinderung (§§. 122 ff.) der zur vorschriftsmäßigen Bildung des Gerichts erforderlichen Personen innerhalb seines Befehlsbereichs zur Berufung des erkennenden Gerichts außer Stande ist, kann er einen anderen Gerichtsherrn ersuchen, entweder ihm einzelne fehlende Richter zuzuweisen oder selbst die Aburtheilung der Sache herbeizuführen.
Das Letztere kann auch geschehen, falls große Entfernung des Angeklagten oder der Zeugen oder militärdienstliche Gründe der Berufung des erkennenden Gerichts durch den zuständigen Gerichtsherrn entgegenstehen.

§. 263.

Ist in den Fällen des §. 262 ein anderer Gerichtsherr um Herbeiführung der Aburtheilung ersucht worden, so verbleibt dem ersuchenden Gerichtsherrn das Recht der Einlegung von Rechtsmitteln und der Strafvollstreckung.
Derselbe ist befugt, mit der Vertretung der Anklage vor dem erkennenden Gericht einen seiner Gerichtsoffiziere oder einen der ihm zugeordneten Kriegsgerichtsräthe zu beauftragen.
Im Uebrigen werden die gerichtsherrlichen Befugnisse von dem ersuchten Befehlshaber wahrgenommen.

§. 264.

Ort und Zeit der Hauptverhandlung werden von dem Gerichtsherrn festgesetzt.

§. 265.

Die zur Hauptverhandlung erforderlichen Ladungen und die Herbeischaffung der als Beweismittel dienenden Gegenstände hat der Gerichtsherr zu veranlassen.
Die Gestellung oder Ladung der Zeugen und Sachverständigen regelt sich nach Vorschrift der §§. 185, 206, 207.

§. 266.

Angeklagte, welche zu den Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehören, sind zu dem anberaumten Termine zu gestellen.
Zwischen der Bekanntmachung der Anklageverfügung an den Angeklagten (§. 258) und der Hauptverhandlung muß, wenn die Hauptverhandlung vor dem Standgerichte stattfindet, eine Frist von drei Tagen, in allen anderen Fällen von einer Woche liegen.
Der Termin zur Hauptverhandlung ist spätestens am vorhergehenden Tage dem Angeklagten dienstlich bekannt zu machen. Die Meldung, daß und wann dies geschehen, ist zu den Akten zu bringen.
Die im Absatze 2 und 3 bezeichneten Fristen können mit Zustimmung des Angeklagten abgekürzt werden. Im Felde finden dieselben keine Anwendung.

§. 267.

Angeklagte, welche nicht zu den im §. 266 bezeichneten Personen gehören, sind zu dem anberaumten Termine schriftlich zu laden. Die Ladung eines auf freiem Fuße befindlichen Angeklagten kann unter der Warnung geschehen, daß im Falle seines unentschuldigten Ausbleibens seine Vorführung oder Verhaftung erfolgen werde. Bei der Ladung eines nicht auf freiem Fuße befindlichen Angeklagten findet der §. 140 Anwendung.
Zwischen der Ladung und dem Tage der Hauptverhandlung muß die im §. 266 Absatz 2 vorgeschriebene Frist liegen.
Im Verfahren vor den Feldgerichten und Bordgerichten bedarf es einer Ladung des Angeklagten nicht. Die Gestellung richtet sich nach den Umständen des Falles.

§. 268.

Der Termin zur Hauptverbandlung ist den zur Zeit der Anberaumung dieses Termins bereits bekannten Vertheidigern zugleich mit der Benachrichtigung (§. 266) oder Vorladung (§. 267) des Angeklagten, den erst später bestellten Vertheidigern gleichzeitig mit der Bestellung bekannt zu machen.

§. 269.

Verlangt der Angeklagte vor dem Termine die Gestellung oder Ladung von Zeugen oder Sachverständigen oder die Herbeischaffung anderer Beweismittel zur Hauptverhandlung, so hat er unter Angabe der Thatsachen, über welche der Beweis erhoben werden soll, seine Anträge, soweit sie nicht bereits zu Protokoll erklärt sind (§. 256 Absatz 3), an den Gerichtsherrn zu richten. Die Anträge sind von Mannschaften des aktiven Heeres und der aktiven Marine dem nächsten mit Disziplinarstrafgewalt versehenen Vorgesetzten zu Protokoll zu erklären.
Ist der Angeklagte verhaftet, so findet die Bestimmung des §. 125 Absatz 3 Anwendung.
Die Verfügung des Gerichtsherrn ist dem Angeklagten bekannt zu machen. Gegen die Verfügung findet binnen drei Tagen nach der Bekanntmachung die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn statt.
Den Anträgen des Angeklagten ist zu entsprechen, wenn dieselben begründet erscheinen oder wenn der Angeklagte, soweit es sich nicht um Personen des aktiven Heeres und der aktiven Marine handelt, den erforderlichen Betrag der gesetzlichen Entschädigung für Reisekosten und Versäumniß der Zeugen oder Sachverständigen bei der Militärgerichtsschreiberei hinterlegt.
Ergiebt sich in der Hauptverhandlung, daß die Vernehmung einer auf Kosten des Angeklagten geladenen Person zur Aufklärung der Sache dienlich war, so hat das Gericht auf Antrag anzuordnen, daß dem Angeklagten die hinterlegte Summe zurückzugeben sei.

§. 270.

Stehen dem Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegen, so kann der Gerichtsherr die Vernehmung desselben durch einen richterlichen Militärjustizbeamten oder Gerichtsoffizier oder durch Ersuchen eines Amtsrichters herbeiführen. Die Vernehmung erfolgt, soweit nicht gesetzliche Hindernisse oder erhebliche Bedenken dagegen obwalten, eidlich.
Dasselbe gilt, wenn ein Zeuge oder Sachverständiger vernommen werden soll, dessen Erscheinen wegen großer Entfernung besonders erschwert sein wird.

§. 271.

Von den zum Zwecke dieser Vernehmung anberaumten Terminen sind der Gerichtsherr, sofern dieser den Termin nicht selbst angeordnet hat, der Angeklagte und der Vertheidiger vorher zu benachrichtigen, insoweit dies nicht wegen Gefahr im Verzug unthunlich ist. Einer Vertretung der Anklage oder des Angeklagten bei der Vernehmung bedarf es nicht. Das aufgenommene Protokoll ist dem Gerichtsherrn und dem Angeklagten oder dem Vertheidiger vorzulegen. Die Bestimmungen des §. 165 Absatz 4 und 5 finden Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn zur Vorbereitung einer Hauptverhandlung noch ein richterlicher Augenschein einzunehmen ist.

§. 272.

Auf Grund neu hervorgetretener Unistände kann der Gerichtsherr vor der Hauptverhandlung zu Gunsten des Angeklagten die Anklageverfügung abändern oder zurücknehmen. Auf eine solche Entschließung finden die Bestimmungen der §§. 243 ff. entsprechende Anwendung.

Fünfter Abschnitt. Hauptverhandlung.

§. 273.

Die Hauptverhandlung (§. 260) erfolgt vor dem vorschriftsmäßig besetzten Standgericht oder Kriegsgericht in ununterbrochener Gegenwart der zur Urtheilsfindung berufenen Personen sowie des mit der Vertretung der Anklage beauftragten Gerichtsoffiziers oder Kriegsgerichtsraths und eines Gerichtsschreibers.
Die Hauptverhandlung findet in Abwesenheit des Gerichtsherrn statt.

§. 274.

Es können in der Hauptverhandlung mehrere Gerichtsschreiber, mehrere Vertreter der Anklage, sowie mehrere Vertheidiger mitwirken und sich in die ihnen obliegenden Verrichtungen theilen.

§. 275.

Wird in der Hauptverhandlung die Aussetzung derselben beantragt, so entscheidet das Gericht. Kürzere Unterbrechungen ordnet der Vorsitzende an.
Eine Verhinderung des Vertheidigers giebt nur in den Fällen der nothwendigen Vertheidigung (vergl. §. 338) dem Angeklagten das Recht, die Aussetzung der Verhandlung zu verlangen.
Ist die Frist des §. 266 Absatz 2 und des §. 267 Absatz 2 nicht eingehalten, so soll der Vorsitzende den Angeklagten mit der Befugniß, Aussetzung der Verhandlung zu verlangen, bekannt machen.

§. 276.

Eine unterbrochene Hauptverhandlung muß spätestens am vierten Tage nach der Unterbrechung fortgesetzt werden, widrigenfalls mit dem Verfahren von Neuem zu beginnen ist.

§. 277.

Im Falle der Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung kann das Gericht die Festnahme des bis dahin auf freiem Fuße befindlichen Angeklagten anordnen. Dasselbe gilt im Falle der Verurtheilung. Von der Anordnung der Festnahme ist der Gerichtsherr in Kenntniß zu setzen. Derselbe hat zu bestimmen, ob die Festnahme aufrecht zu erhalten ist.

§. 278.

Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten findet eine Hauptverhandlung nicht statt.
Ist das Ausbleiben eines gemäß §. 267 Absatz 1 geladenen Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so kann die Vorführung angeordnet oder die Verhaftung veranlaßt werden.

§. 279.

Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung desselben zu verhindern; auch kann er ihn während einer Unterbrechung der Verhandlung in Gewahrsam halten lassen.
Entfernt der Angeklagte sich dennoch, oder bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden, wenn seine Vernehmung über die Anklage schon erfolgt war und das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet.

§. 280.

Der Angeklagte kann mit seiner Zustimmung wegen großer Entfernung seines Aufenthaltsorts von dem Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden. Ueber einen darauf gerichteten Antrag des Angeklagten entscheidet, wenn er vor der Hauptverhandlung eingeht, der Gerichtsherr, anderenfalls das erkennende Gericht nach Anhörung des Vertreters der Anklage.
Für die Hauptverhandlung vor einem Kriegsgerichte darf eine Entbindung des Angeklagten vom Erscheinen nur eintreten, wenn voraussichtlich keine andere als eine innerhalb der Strafbefugnisse der Standgerichte liegende Strafe zu erwarten steht.
Das erkennende Gericht bleibt befugt, nachträglich das persönliche Erscheinen des Angeklagten zu beschließen.

§. 281.

Insoweit die Hauptverhandlung vor dem Kriegsgericht ohne Anwesenheit des Angeklagten stattfinden kann, ist letzterer befugt, sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertheidiger vertreten zu lassen.

§. 282.

Die Hauptverhandlung erfolgt öffentlich.

§. 283.

Die Oeffentlichkeit kann für die ganze Verhandlung oder für einen Theil derselben durch Beschluß des Gerichts ausgeschlossen werden, wenn sie eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere der Staatssicherheit, oder eine Gefährdung militärdienstlicher Interessen oder eine Gefährdung der Sittlichkeit besorgen läßt.
Unberührt bleibt die nach §. 8 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 dem Kaiser zustehende Befugniß, allgemeine Vorschriften darüber zu erlassen, unter welchen Voraussetzungen das Gericht die Oeffentlichkeit der Verhandlung wegen Gefährdung der Disziplin auszuschließen hat.

§. 284.

Die Verkündung des Urtheils und der Urtheilsgründe erfolgt öffentlich.
Durch einen besonderen Beschluß des Gerichts kann für die Verkündung der Urtheilsgründe oder eines Theiles derselben die Oeffentlichkeit aus einem der im §. 283 bezeichneten Gründe ausgeschlossen werden.

§. 285.

Die Verhandlung über die Ausschließung der Oeffentlichkeit findet in nicht öffentlicher Sitzung statt. Der Beschluß, welcher die Oeffentlichkeit ausschließt, muß öffentlich verkündet werden. Bei der Verkündung ist anzugeben, aus welchem der im §. 283 bezeichneten Gründe die Ausschließung erfolgt.

§. 286.

Ist die Oeffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit oder wegen Gefährdung militärdienstlicher Interessen ausgeschlossen, so kann das Gericht den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Thatsachen, welche durch die Verhandlung, durch die Anklageschrift oder durch andere amtliche Schriftstücke des Prozesses zu ihrer Kenntniß gelangen, zur Pflicht machen. Der Beschluß ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen.

§. 287.

Der Zutritt zu öffentlichen Verhandlungen ist aktiven Militärpersonen nur insoweit gestattet, als dieselben im Range nicht unter dem Angeklagten und, wenn mehrere Personen verschiedenen militärischen Ranges angeklagt sind, nicht unter dem Range des höchstgestellten Mitangeklagten stehen. Doch kann auch in diesen Fällen dem Verletzten der Zutritt gestattet werden.

§. 288.

Der Zutritt zu öffentlichen Verhandlungen kann weiblichen, sowie unerwachsenen und solchen Personen versagt werden, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, oder welche in einer der Würde des Gerichts nicht entsprechenden Weise erscheinen.
Zu nicht öffentlichen Verhandlungen kann der Zutritt einzelnen Personen von dem Vorsitzenden gestattet werden; dem Verletzten ist der Zutritt, sofern nicht die Oeffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen ist, stets zu gestatten. Das Gericht kann aus Gründen der Disziplin die Entfernung des Verletzten anordnen, wenn derselbe zu den Personen des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehört.

§. 289.

Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung liegt dem Vorsitzenden ob.

§. 290.

Angeklagte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht betheiligte Personen, welche den zur Aufrechterhaltung der Ordnung erlassenen Befehlen nicht gehorchen, können auf Beschluß des Gerichts von der Gerichtsstelle entfernt werden.
Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres und der aktiven Marine, welche sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen, sind, sofern nicht gerichtliche Verfolgung eintritt, disziplinarisch mit Arrest zu bestrafen. Die Bestimmung des §. 202 Absatz 3 findet Anwendung.
Gegen andere Personen kann das Gericht in einem solchen Falle, vorbehaltlich der strafrechtlichen Verfolgung, eine Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark oder bis zu drei Tagen Haft festsetzen und sofort vollstrecken lassen. Die erforderlichen Anordnungen trifft der Vorsitzende.
Gegen einen Rechtsanwalt, der als Vertheidiger in der Sitzung einer Ungebühr sich schuldig macht, kann das Gericht, vorbehaltlich der disziplinaren oder strafgerichtlichen Verfolgung, eine Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark festsetzen.
Ist eine Ordnungsstrafe festgesetzt, so findet binnen der Frist von einer Woche nach der Bekanntmachung der Entscheidung die Rechtsbeschwerde an das Oberkriegsgericht statt. Dieselbe hat nur in den Fällen des Absatzes 4 aufschiebende Wirkung.

§. 291.

Wird eine strafbare Handlung in der Sitzung begangen, so hat das Gericht den Thatbestand festzustellen und der zuständigen Behörde das darüber aufgenommene Protokoll mitzutheilen. In geeigneten Fällen ist die vorläufige Festnahme des Thäters zu verfügen.

§. 292.

Bei dem Kriegsgericht erfolgt die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises durch den die Verhandlung führenden Kriegsgerichtsrath (§. 61).
Bei den Standgerichten kann der Vorsitzende die Führung der Verhandlung einem Beisitzer überlassen.
Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.

§. 293.

Jedem Mitgliede des Gerichts, dem Vertreter der Anklage, dem Angeklagten und dem Vertheidiger ist auf Verlangen zu gestatten, Fragen an die Zeugen und Sachverständigen zu stellen. Der Vertheidiger kann die Fragen nur durch den die Verhandlung Führenden stellen.
Ungeeignete oder nicht zur Sache gehörige Fragen können von dem die Verhandlung Führenden zurückgewiesen werden.
Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet das Gericht.

§. 294.

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufrufe des Angeklagten, des Vertheidigers, der Zeugen und der Sachverständigen.

§. 295.

Nachdem der Aufruf erfolgt ist, verliest der Vorsitzende die Namen der zur Hauptverhandlung berufenen Richter und weist den Angeklagten auf die Bestimmung des §. 125 Absatz 1 hin.

§. 296.

An die Verlesung der Richterliste schließt sich die Beeidigung der nichtständigen Richter. Dieselbe erfolgt bei den Standgerichten durch den Vorsitzenden, bei den Kriegsgerichten durch den die Verhandlung führenden Kriegsgerichtsrath.
Der den Eid Abnehmende richtet an die zu Beeidigenden die Worte:

„Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Richters getreulich zu erfüllen und Ihre Stimmen nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben.“
Die betreffenden Richter leisten den Eid, indem sie die Worte sprechen:

„Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“
Die Schwörenden sollen bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben.
Die Bestimmung des §. 42 Absatz 3 findet Anwendung.
Stehen an demselben Tage mehrere Verhandlungen an, zu denen dasselbe Richterpersonal berufen ist, so genügt es, daß der Vorsitzende in den späteren Verhandlungen auf den in einer vorhergegangenen Verhandlung geleisteten Richtereid verweist.

§. 297.

Nach der Bildung des Gerichts (§§. 295, 296) läßt der Vorsitzende die Zeugen abtreten. Hierauf erfolgt die Verhandlung in der Sache selbst.
Dieselbe beginnt mit der Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse. Hieran schließt sich die Verlesung der Anklageverfügung durch den Vertreter der Anklage.
Sodann erfolgt die weitere Vernehmung des Angeklagten nach Maßgabe des §. 173.

§. 298.

Nach der Vernehmung des Angeklagten erfolgt die Beweisaufnahme.
Es bedarf eines Gerichtsbeschlusses, wenn ein Beweisantrag abgelehnt werden soll, oder wenn die Vornahme einer Beweishandlung eine Aussetzung der Hauptverhandlung erforderlich macht.
Das Gericht kann auf Antrag und von Amtswegen die Ladung von Zeugen und Sachverständigen, sowie die Herbeischaffung anderer Beweismittel anordnen.
Die Bestimmungen der §§. 270, 271 finden entsprechende Anwendung.

§. 299.

In den Verhandlungen vor den Standgerichten und vor den Kriegsgerichten in der Berufungsinstanz bestimmt das Gericht den Umfang der Beweisaufnahme, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.
Im Uebrigen ist die Beweisaufnahme auf die sämmtlichen gestellten und geladenen Zeugen und Sachverständigen (§§. 185, 208), sowie auf die anderen herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken. Von der Erhebung einzelner Beweise kann jedoch abgesehen werden, wenn der Vertreter der Anklage und der Angeklagte hiermit einverstanden sind. Das Gericht kann die Erhebung eines einzelnen Beweises ablehnen, falls es die zu beweisende Thatsache einstimmig für unerheblich oder zu Gunsten des Angeklagten für erwiesen erachtet. Die Gründe, aus welchen die Thatsache für unerheblich erachtet wird, sind in dem Beschluß anzugeben.
Die Bestimmungen der §§. 186 bis 215, §. 216 Absatz 1, 2, 3, §§. 218 bis 221 finden entsprechende Anwendung. Bezüglich der Ausschließung und Ablehnung von Sachverständigen gelten die §§. 128, 129.
Die Beeidigung eines Zeugen darf unterlassen werden, wenn dessen Aussage nach der einstimmigen Ueberzeugung des Gerichts sich als offenbar unglaubwürdig oder als unerheblich darstellt und im letzteren Falle die Beeidigung nicht beantragt ist.

§. 300.

Eine Beweiserhebung darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Beweismittel oder die zu beweisende Thatsache zu spät vorgebracht worden sei.
Ist jedoch ein zu vernehmender Zeuge oder Sachverständiger dem anderen Theile so spät namhaft gemacht, oder eine als Beweismittel zu benutzende Urkunde so spät bekannt gegeben, oder eine zu beweisende Thatsache so spät vorgebracht worden, daß es dem anderen Theile an der zur Einziehung von Erkundigungen erforderlichen Zeit gefehlt hat, so kann derselbe bis zum Schlusse der Beweisaufnahme die Aussetzung der Hauptverhandlung zum Zwecke der Erkundigung beantragen.
Dieselbe Befugniß haben der Vertreter der Anklage und der Angeklagte in Betreff der auf Anordnung des Gerichts herbeigeschafften Beweismittel.
Ueber die Anträge entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen.

§. 301.

Das Gericht kann den Angeklagten, wenn zu befürchten ist, daß ein Mitangeklagter oder ein Zeuge bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen werde, während dieser Vernehmung aus dem Sitzungszimmer abtreten lassen. Der Angeklagte ist jedoch, sobald er wieder vorgelassen worden, von dem wesentlichen Inhalte desjenigen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist.
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn das Gericht wegen ordnungswidrigen Benehmens des Angeklagten zeitweise dessen Entfernung von der Gerichtsstelle angeordnet hat.

§. 302.

Die vernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen sich nur mit Genehmigung oder auf Anweisung des Vorsitzenden von der Gerichtsstelle entfernen. Der Vertreter der Anklage und der Angeklagte sind vorher zu hören.

§. 303.

Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke werden in der Hauptverhandlung verlesen. Dies gilt insbesondere von früher ergangenen Strafurtheilen, von Straflisten und von Auszügen aus Kirchenbüchern und Personenstandsregistern und findet auch Anwendung auf Protokolle über die Einnahme des richterlichen Augenscheins.

§. 304.

Beruht der Beweis einer Thatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist die letztere in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden.

§. 305.

Ist ein Zeuge, Sachverständiger oder Mitbeschuldigter verstorben oder in Geisteskrankheit verfallen, oder ist sein Aufenthalt nicht zu ermitteln gewesen, so kann das Protokoll über seine frühere durch einen Gerichtsoffizier, einen Kriegsgerichtsrath oder einen anderen richterlichen Beamten erfolgte Vernehmung verlesen werden. Dasselbe gilt von dem bereits verurtheilten Mitschuldigen.
Unter den Voraussetzungen des §. 165 Absatz 2, §. 270 ist die Verlesung des Protokolls über die frühere Vernehmung statthaft, wenn die Vernehmung unter Beobachtung der für dieselbe gegebenen Vorschriften (§. 165 Absatz 3 und 4, §§. 270, 271) erfolgt ist oder wenn im Falle der Nichtbeobachtung dieser Vorschriften die Verlesung sowohl von dem Vertreter der Anklage als von dem Angeklagten beantragt wird.
Die Verlesung kann nur durch Gerichtsbeschluß angeordnet, auch muß der Grund derselben verkündet und bemerkt werden, ob die Beeidigung der vernommenen Personen stattgefunden hat. An den Bestimmungen über die Beeidigung wird hierdurch für diejenigen Fälle, in denen die nochmalige Vernehmung ausführbar ist, nichts geändert.

§. 306.

Das Protokoll über die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, welcher in der Hauptverhandlung von seinem Rechte, das Zeugniß zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen, die Aussage auch nicht in anderer Weise festgestellt werden.

§. 307.

Erklärt ein Zeuge oder Sachverständiger, daß er sich einer Thatsache nicht mehr erinnert, so kann der hierauf bezügliche Theil des Protokolls über seine frühere Vernehmung zur Unterstützung seines Gedächtnisses verlesen werden.
Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder gehoben werden kann.

§. 308.

Erklärungen des Angeklagten, welche in einem von einem Untersuchungsführer aufgenommenen oder gerichtlichen Protokoll enthalten sind, können zum Zwecke der Beweisaufnahme über ein Geständniß verlesen werden.
Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder gehoben werden kann.

§. 309.

In den Fällen der §§. 307, 308 ist die Verlesung und der Grund derselben auf Antrag des Angeklagten oder des Vertreters der Anklage im Protokolle zu erwähnen.

§. 310.

Die ein Zeugniß oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen militärischer Vorgesetzter, Zeugnisse über Vorstrafen, die ein Gutachten enthaltenden Erklärungen öffentlicher Behörden, sowie ärztliche Atteste über Körperverletzungen, welche nicht zu den schweren gehören, können verlesen werden.
Ist das Gutachten einer kollegialen Fachbehörde eingeholt worden, so kann das Gericht die Behörde ersuchen, eines ihrer Mitglieder mit der Vertretung des Gutachtens in der Hauptverhandlung zu beauftragen und dem Gerichte zu bezeichnen.

§. 311.

Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitangeklagten, sowie nach Verlesung eines jeden Schriftstücks soll der Angeklagte gefragt werden, ob er etwas zu erklären habe.

§. 312.

Nach dem Schlusse der Beweisaufnahme erhalten der Vertreter der Anklage und sodann der Angeklagte oder dessen Vertheidiger zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.
Dem Vertreter der Anklage steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.
Der Angeklagte ist, auch wenn ein Vertheidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Vertheidigung anzuführen habe.

§. 313.

Einem der Gerichtssprache nicht mächtigen Angeklagten müssen aus den Schlußvorträgen mindestens die Anträge des Vertreters der Anklage und des Vertheidigers durch den Dolmetscher bekannt gemacht werden.
Dasselbe gilt von einem tauben Angeklagten, sofern nicht eine mündliche oder schriftliche Verständigung erfolgt.

§. 314.

Die Hauptverhandlung schließt mit der Erlassung des Urtheils. Das Urtheil kann nur auf Freisprechung, Verurtheilung oder Einstellung des Verfahrens lauten.
Die Einstellung des Verfahrens ist insbesondere auszusprechen, wenn bei einer nur auf Antrag zu verfolgenden strafbaren Handlung sich ergiebt, daß der erforderliche Antrag nicht vorliegt, oder wenn der Antrag rechtzeitig zurückgenommen ist.

§. 315.

Ueber das Ergebniß der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriffe der Verhandlung geschöpften Ueberzeugung.

§. 316.

Hängt die Strafbarkeit einer Handlung von der Beurtheilung eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses ab, so entscheidet das Strafgericht auch über dieses nach den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften.
Das Gericht ist jedoch befugt, das Urtheil auszusetzen und einem der Betheiligten zur Erhebung der Civilklage eine Frist zu bestimmen, oder das Urtheil des Civilgerichts abzuwarten.

§. 317.

Gegenstand der Urtheilsfindung ist die in der Anklageverfügung bezeichnete That, wie sich dieselbe nach dem Ergebnisse der Verhandlung darstellt.
Das Gericht ist an diejenige Beurtheilung der That, welche der Anklageverfügung zu Grunde liegt, nicht gebunden.

§. 318.

Eine Verurtheilung des Angeklagten auf Grund eines anderen als des in der Anklageverfügung angeführten Strafgesetzes darf nicht erfolgen, ohne daß der Angeklagte zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Vertheidigung gegeben worden ist.
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn erst in der Verhandlung solche vom Strafgesetze besonders vorgesehene Umstände behauptet werden, welche die Strafbarkeit erhöhen.
Das Gericht hat auf Antrag oder von Amtswegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies in Folge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Vertheidigung angemessen erscheint. Seitens des Kriegsgerichts ist einem dahin gerichteten Antrage des Angeklagten stattzugeben, wenn derselbe neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes zulassen oder die Strafbarkeit erhöhen, bestreitet.

§. 319.

Wird der Angeklagte im Laufe der Hauptverhandlung noch einer anderen That beschuldigt, als wegen welcher die Anklageverfügung gegen ihn erlassen ist, so kann auf Antrag des Vertreters der Anklage jene That mit seiner Zustimmung zum Gegenstande derselben Aburtheilung gemacht werden.
Diese Bestimmung findet nicht Anwendung, wenn die That sich als ein bürgerliches oder militärisches Verbrechen darstellt, oder die Aburtheilung derselben die Zuständigkeit des Gerichts überschreitet.

§. 320.

Die Leitung der Urtheilsberathung und das Sammeln der Stimmen erfolgt durch denjenigen, der die Verhandlungen geführt hat.
Etwaige Vorfragen sind einzeln vor der Hauptfrage, die Festsetzung des Strafmaßes ist erst nach beschlossener Anwendung des Strafgesetzes, die Gesammtstrafe erst nach Festsetzung der Einzelstrafen und die Verhängung einer Nebenstrafe erst nach der Bemessung der Hauptstrafe zur Abstimmung zu bringen.
Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebniß der Abstimmung entscheidet das Gericht.

§. 321.

Kein Richter darf die Abstimmung über eins Frage verweigern, weil er bei der Abstimmung über eine vorhergegangene Frage in der Minderheit geblieben ist.

§. 322.

Zu einer jeden Entscheidung des Gerichts ist Stimmenmehrheit erforderlich.
Bilden sich bei einer Abstimmung mehr als zwei Meinungen, von denen keine die Mehrheit für sich hat, so werden die dem Angeklagten nachtheiligsten Stimmen den zunächst minder nachtheiligen so lange hinzugerechnet, bis sich nach Vorschrift des ersten Absatzes eine Entscheidung herausstellt. Ist es zweifelhaft, welche der Meinungen die nachtheiligere ist, so muß hierüber besonders abgestimmt werden.

§. 323.

Zu einer jeden dem Angeklagten nachtheiligen Entscheidung, welche die Schuldfrage betrifft, ist eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Stimmen erforderlich.
Die Schuldfrage begreift auch solche von dem Strafgesetze besonders vorgesehene Umstände, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen. Die Schuldfrage begreift nicht die Voraussetzungen des Rückfalls und der Verjährung.

§. 324.

Bei den Standgerichten richtet sich die Reihenfolge der Abstimmenden nach dem Dienstrange; der Jüngste im Range stimmt zuerst.
Bei den Kriegsgerichten stimmt der die Verhandlungen führende Kriegsgerichtsrath zuerst; die übrigen Richter stimmen in der für die Standgerichte vorgeschriebenen Reihenfolge. Wirken außer dem bezeichneten Kriegsgerichtsrathe noch andere Militärbeamte als Richter mit, so stimmen diese vor den Offizieren.

§. 325.

Bei der Berathung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die bei demselben Gerichte zu ihrer juristischen Ausbildung beschäftigten Personen zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet.
Ueber den Hergang bei der Berathung und Abstimmung ist von den dabei anwesenden Personen Stillschweigen zu beobachten.

§. 326.

Wird der Angeklagte verurtheilt, so müssen die Urtheilsgründe die für erwiesen erachteten Thatsachen angeben, in welchen die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung gefunden werden, und die nähere Darlegung enthalten, weshalb diese Thatsachen für erwiesen erachtet worden sind.
Waren in der Verhandlung solche vom Strafgesetze besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urtheilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
Die Gründe des Strafurtheils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und sollen die Umstände anführen, welche für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz die Anwendung einer geringeren Strafe von dem Vorhandensein mildernder Umstände oder eines minder schweren Falles abhängig, so müssen die Urtheilsgründe die hierüber getroffene Entscheidung und die dafür maßgebend gewesenen Erwägungen ergeben, sofern das Vorhandensein mildernder Umstände oder eines minder schweren Falles angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint wird.
Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urtheilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt, oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene That für nicht strafbar erachtet worden ist.

§. 327.

Die Verkündung des Urtheils erfolgt durch Verlesung der Urtheilsformel und Eröffnung der Urtheilsgründe am Schlusse der Verhandlung oder spätestens innerhalb dreier Tage nach dem Schlusse der Verhandlung bei den Standgerichten durch den Vorsitzenden, bei den Kriegsgerichten durch den die Verhandlung führenden Kriegsgerichtsrath.
Die Eröffnung der Urtheilsgründe geschieht durch Verlesung oder durch mündliche Mittheilung ihres wesentlichen Inhalts.
Der Angeklagte ist über die Zulässigkeit der Berufung und, falls derselbe erklärt, daß er sich bei dem Urtheile nicht beruhige, über die bei Einlegung der Berufung einzuhaltende Frist (§. 379), sowie den einzuschlagenden Weg (§. 369) zu belehren.
Ein in Abwesenheit des Angeklagten verkündetes Urtheil und die im Absatze 3 vorgeschriebene Belehrung kann dem Angeklagten auch durch einen Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrath zu Protokoll eröffnet werden.
Im Falle der Zustellung des Urtheils (§. 137 Absatz 2) ist die Belehrung mit der Zustellung zu verbinden.

§. 328.

Findet das Gericht im Laufe der Verhandlung, daß der Angeklagte nicht unter der Militärstrafgerichtsbarkeit steht, so hat es durch Beschluß seine Unzuständigkeit auszusprechen.
Gegen diesen Beschluß steht sowohl dem Gerichtsherrn wie dem Angeklagten binnen einer Woche nach der Verkündung des Beschlusses die Rechtsbeschwerde an das Reichsmilitärgericht zu. Hat die Verkündung in Abwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so läuft für diesen die Frist vom Tage der Zustellung des Beschlusses.

§. 329.

Das Gericht darf sich nicht für unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre, oder weil die Erhebung der Anklage von einem unzuständigen Gerichtsherrn verfügt sei, oder weil zur Ahndung der strafbaren Handlung die Bestrafung im Disziplinarwege nach Maßgabe des §. 3 des Einführungsgesetzes zum Militärstrafgesetzbuch ausreichend gewesen wäre.

§. 330.

Stellt sich nach dem Ergebnisse der Verhandlung vor einem Standgerichte die That als eine solche dar, welche die Zuständigkeit des Standgerichts überschreitet; so hat dasselbe durch Beschluß seine Unzuständigkeit auszusprechen und die Sache an die zuständige Stelle zu verweisen. Dieser Beschluß hat die Wirkung der Anklageerhebung für das weitere Verfahren.
Das Gleiche gilt, wenn der Angeklagte mit Rücksicht auf seinen Rang der niederen Gerichtsbarkeit entzogen ist, oder die zu erkennende Strafe die dem Standgerichte gezogenen Grenzen überschreitet (§§. 14, 15, 16, 47, 63).

§. 331.

Ueber die Hauptverhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen, welches außer von dem Vorsitzenden und dem Gerichtsschreiber auch von dem die Verhandlung Führenden zu unterschreiben ist.

§. 332.

Das Protokoll über die Hauptverhandlung enthält:

1. den Ort und den Tag der Verhandlung;
2. die Namen der Mitglieder des Gerichts, des Vertreters der Anklage, des Gerichtsschreibers und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3. die Bezeichnung der strafbaren Handlung nach der Anklage;
4. die Namen der Angeklagten und ihrer Vertheidiger;
5. die Namen der vernommenen Zeugen und Sachverständigen und den Vermerk über die stattgehabten Beeidigungen;
6. die Angabe, daß öffentlich verhandelt oder die Oeffentlichkeit ausgeschlossen ist.

§. 333.

Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im Wesentlichen wiedergeben und die Beobachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Schriftstücke, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urtheilsformel enthalten.
Von dem Inhalte der Erklärungen des Vertreters der Anklage, des Angeklagten und Vertheidigers, der Zeugen und der Sachverständigen wird nur das Wesentliche in das Protokoll aufgenommen. Insoweit diese Personen bereits im Ermittelungsverfahren vernommen waren, ist in dem Protokolle nur zu vermerken, ob und inwiefern ihre Erklärungen etwa von den früheren Aussagen in erheblichen Punkten abweichen.
Kommt es auf die Feststellung eines Vorganges in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Aeußerung an, so hat der die Verhandlung führende Richter die vollständige Niederschreibung und Verlesung anzuordnen. In dem Protokoll ist zu bemerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist, oder welche Einwendungen erhoben sind.

§. 334.

Erfolgt die Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten nach Ansicht eines bei der Verhandlung Betheiligten in mangelhafter oder ungenügender Weise, so ist dieser berechtigt, die Feststellung des Vorganges und dessen Aufnahme in das Protokoll zu verlangen.

§. 335.

Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt desselben ist der Nachweis der Unrichtigkeit zulässig.

§. 336.

Das Urtheil mit den Gründen soll binnen drei Tagen nach der Verkündung zu den Akten gebracht werden, falls es nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden ist.
Es ist von den Richtern, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden oder bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Offizier unter dem Urtheile vermerkt.
Die Bezeichnung des Tages der Sitzung, sowie die Namen der Richter, des Vertreters der Anklage und des Gerichtsschreibers, welche an der Sitzung Theil genommen haben, sind in das Urtheil aufzunehmen.
Die Ausfertigungen und Auszüge der Urtheile sind bei den Standgerichten vom Vorsitzenden, bei den Kriegsgerichten von dem Kriegsgerichtsrathe, der die Verhandlung geführt hat, zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.

Sechster Abschnitt. Vertheidigung.

§. 337.

Der Angeklagte kann sich nach Abschluß des Ermittelungsverfahrens (§. 173 Absatz 5) des Beistandes eines Vertheidigers bedienen.
Diese Bestimmung findet in dem Verfahren vor den Standgerichten keine Anwendung.

§. 338.

Bildet ein Verbrechen den Gegenstand der Anklage, so hat der Gerichtsherr dem Angeklagten, sofern derselbe einen Vertheidiger nicht erwählt hat, einen solchen von Amtswegen zu bestellen.
Diese Bestimmung findet nicht Anwendung, wenn die strafbare Handlung nur deshalb als ein Verbrechen sich darstellt, weil sie im Rückfalle begangen ist, oder weil die Voraussetzungen des §. 55 des Militärstrafgesetzbuchs vorliegen.

§. 339.

Erachtet außer den Fällen der nothwendigen Vertheidigung (§. 338) der Gerichtsherr oder das erkennende Gericht die Bestellung eines Vertheidigers für sachgemäß, so ist dieselbe von Amtswegen zu veranlassen.
Der Angeklagte kann die Bestellung eines Vertheidigers beantragen, sofern dieselbe nicht von Amtswegen erfolgt.
Der Antrag ist binnen einer Frist von drei Tagen nach der Bekanntmachung der Anklageverfügung (§§. 256, 257) zu stellen. Für das Verfahren in der Berufungsinstanz ist der Antrag auf Bestellung eines Vertheidigers, sofern er nicht schon in erster Instanz gestellt war, spätestens binnen einer Frist von drei Tagen nach Bekanntmachung des Termins der Hauptverhandlung (§. 266 Absatz 8, §. 267 Absatz 2, §. 388) zu stellen.
Ueber den Antrag entscheidet außerhalb der Hauptverhandlung der Gerichtsherr, in der Hauptverhandlung das Gericht nach freiem Ermessen.

§. 340.

Die Vertheidigung mehrerer Angeklagter kann, insofern dies der Aufgabe der Vertheidigung nicht widerstreitet, durch einen gemeinschaftlichen Vertheidiger geführt werden.

§. 341.

Als Vertheidiger werden zugelassen und können von Amtswegen bestellt werden:

1. Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres und der aktiven Marine im Offizierrange;
2. Kriegsgerichtsräthe und die bei den Militärgerichten beschäftigten Assessoren und Referendare (Praktikanten);
3. nichtrichterliche obere Militärbeamte;
4. Personen des Beurlaubtenstandes im Offizierrange;
5. Rechtsanwälte, welche von der obersten Militärjustizverwaltung ernannt sind.
Die unter Nr. 1 bis 3 bezeichneten Personen bedürfen zur Uebernahme von Vertheidigungen der Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde.
Bei den Kriegsgerichten und Oberkriegsgerichten werden durch die oberste Militärjustizverwaltung aus den im Bereiche der Oberkriegsgerichte, bei dem Reichsmilitärgerichte durch seinen Präsidenten aus den am Sitze des Reichsmilitärgerichts wohnenden Rechtsanwälten nach Maßgabe des Bedürfnisses und nach Befragung der Anwaltskammer mehrere Rechtsanwälte ernannt, welchen die Vertheidigung übertragen werden kann und welche die Uebernahme der Vertheidigung nicht verweigern dürfen.
Einem bei den deutschen Gerichten zugelassenen Rechtsanwalt ist, insoweit Verbrechen oder Vergehen gegen die §§. 133, 156, 159, 160, 253, 263, 266, 267 bis 271, 273, 274 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs den Gegenstand der Anklage bilden, auf seinen Antrag die Uebernahme einer Vertheidigung vor dem Militärgerichte vom Gerichtsherrn zu gestatten, wenn nicht eine Gefährdung militärdienstlicher Interessen oder eine Gefährdung der Staatssicherheit zu besorgen ist. Gegen die Versagung der Genehmigung steht dem Antragsteller die Rechtsbeschwerde an die oberste Militärjustizverwaltung zu; der Fortgang des Verfahrens wird durch die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht gehemmt.

§. 342.

Bevor im einzelnen Falle ein Vertheidiger von Amtswegen bestellt wird, ist, sofern nicht Dringlichkeit obwaltet, der Angeklagte zu befragen, ob er besondere Wünsche in Betreff der Person des zu bestellenden Vertheidigers zu äußern habe. Die vorgebrachten Wünsche sind nach Möglichkeit zu berücksichtigen.

§. 343.

Die Bestellung eines Vertheidigers unterbleibt, oder ist, falls sie bereits erfolgt war, zurückzuziehen, wenn der Angeklagte einen von ihm gewählten Vertheidiger benennt, welcher den Erfordernissen des §. 341 entspricht und zur Uebernahme der Vertheidigung bereit ist.

§. 344.

Nach Abschluß des Ermittelungsverfahrens müssen dem Vertheidiger die Untersuchungsakten auf Verlangen vorgelegt werden.
Sofern keine Bedenken entgegenstehen, können die Akten mit Ausnahme der Ueberführungsstücke dem Vertheidiger in seine Wohnung verabfolgt werden.

§. 345.

Dem verhafteten Angeklagten ist schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Vertheidiger gestattet.
Solange die Anklage nicht erhoben ist, kann der Gerichtsherr schriftliche Mittheilungen zurückweisen, falls deren Einsicht ihm nicht gestattet wird.
Bis zu demselben Zeitpunkte kann der Gerichtsherr, sofern die Verhaftung nicht lediglich wegen Verdachts der Flucht gerechtfertigt ist, anordnen, daß den Unterredungen mit dem Vertheidiger ein Kriegsgerichtsrath oder Gerichtsoffizier beiwohne.

§. 346.

Bleibt in einem Falle der nothwendigen Vertheidigung (§. 338) oder in einem Falle, in welchem das Gericht die Vertheidigung für sachgemäß erachtet hat (§. 339), der bestellte oder gewählte Vertheidiger in der Hauptverhandlung aus, so muß die Verhandlung ausgesetzt werden. An Stelle des Wahlvertheidigers ist in einem solchen Falle demnächst ein Vertheidiger von Amtswegen zu bestellen.
Wird durch die Schuld des Vertheidigers eine Aussetzung erforderlich, so sind demselben, vorbehaltlich dienstlicher Ahndung, die hierdurch verursachten Kosten aufzuerlegen.

§. 347.

Den bestellten Vertheidigern, welche sich nicht am Gerichtsorte befinden, sind, sofern sie zu den im §. 341 Nr. 1 bis 8 bezeichneten Personen gehören, die verordnungsmäßigen Fuhrkosten und Tagegelder zu zahlen. Vertheidigungsgebühren stehen denselben nicht zu.

§. 348.

Im Felde und an Bord finden die Bestimmungen der §§. 342, 344 nur insoweit Anwendung, als die Verhältnisse dies gestatten. Außer den im §. 341 bezeichneten Personen können im Bedürfnißfall auch Angehörige des Heeres oder der Marine, die nicht Offizierrang haben, als Vertheidiger zugelassen und bestellt werden.

Siebenter Abschnitt. Strafverfügung.

§. 349.

Betrifft die Beschuldigung lediglich eine Uebertretung, so kann nach vorausgegangenem Ermittelungsverfahren durch schriftliche Strafverfügung des Gerichtsherrn ohne vorgängige Hauptverhandlung eine Strafe festgesetzt werden. Die Verfügung ist außer von dem Gerichtsherrn von einem Gerichtsoffizier oder einem Kriegsgerichtsrathe zu unterzeichnen.
Durch eine Strafverfügung darf jedoch keine andere Strafe als Haft bis zu vierzehn Tagen oder Geldstrafe und diejenige Haft, welche für den Fall der Unbeibringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tritt, sowie eine etwa verwirkte Einziehung festgesetzt werden.
Bestehen Bedenken gegen die Festsetzung der Strafe innerhalb dieser Grenzen, so ist nach den im dritten, vierten und fünften Abschnitte dieses Titels gegebenen Vorschriften zu verfahren.

§. 350.

Die Strafverfügung ist dem Beschuldigten zuzustellen (§§. 139, 141, 142).

§. 351.

Die Strafverfügung muß außer der Festsetzung der Strafe die strafbare Handlung, das angewendete Strafgesetz und die Beweismittel bezeichnen, auch die Eröffnung enthalten, daß sie vollstreckbar werde, wenn der Beschuldigte nicht binnen einer Woche nach der Zustellung bei dein Gerichtsherrn Einspruch erhebe.
Hinsichtlich der Erhebung des Einspruchs finden die Bestimmungen des §. 369 Absatz 2 bis 4 über die Einlegung von Rechtsmitteln Anwendung.
In der dem Beschuldigten zu machenden Eröffnung ist derselbe auf einen oder mehrere der hiernach für die Erhebung des Einspruchs offenstehenden Wege zu verweisen.

§. 352.

Auf den Einspruch kann vor Ablauf der Frist verzichtet werden.

§. 353.

Eine Strafverfügung, gegen die nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist, erlangt die Wirkung eines rechtskräftigen Urtheils.

§. 354.

Bei rechtzeitigem Einspruche wird zur Hauptverhandlung geschritten, sofern nicht bis zur Bekanntmachung des Termins derselben (§§. 266, 267) der Einspruch zurückgenommen wird.

§. 355.

Das Gericht ist bei der Urtheilsfällung an den in der Strafverfügung enthaltenen Ausspruch nicht gebunden.

Achter Abschnitt. Verfahren gegen Abwesende.

§. 356.

Ein Beschuldigter gilt als abwesend, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist, oder wenn er sich im Ausland aufhält und seine Gestellung vor das zuständige Militärgericht nicht ausführbar oder nicht angemessen erscheint.

§. 357.

Gegen einen Abwesenden findet eine Hauptverhandlung nicht statt.
Das Verfahren gegen denselben hat sich auf die Sicherung der Beweise für den Fall seiner künftigen Gestellung zu beschränken.
Die Zulassung eines Vertheidigers wird durch die Abwesenheit des Beschuldigten, soweit es sich nicht um Fahnenflüchtige handelt, nicht ausgeschlossen. Zur Wahl eines Vertheidigers sind auch Angehörige des Beschuldigten befugt.
Zeugen und Sachverständige sind, insofern keine Bedenken entgegenstehen, eidlich zu vernehmen.

§. 358.

Ein Anspruch auf Benachrichtigung über den Fortgang und das Ergebniß des Verfahrens steht dem abwesenden Beschuldigten nicht zu.
Der Gerichtsherr ist jedoch befugt, einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt ist, Benachrichtigungen zugehen zu lassen.

§. 359.

Der Abwesende, dessen Aufenthalt unbekannt ist, kann auf Anordnung des Gerichtsherrn in öffentlichen Blättern zur Gestellung oder zur Anzeige seines Aufenthaltsorts aufgefordert werden.

§. 360.

Sind die Voraussetzungen vorhanden, wonach der Abwesende wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens vor ein Kriegsgericht zu stellen wäre, so kann durch einen von dem Gerichtsherrn und dem Kriegsgerichtsrathe zu unterzeichnenden Beschluß das im Reiche befindliche Vermögen des Abwesenden mit Beschlag belegt und, sofern die Voraussetzungen der Fahnenflucht vorliegen, der Abwesende für fahnenflüchtig erklärt werden.
Dieser Beschluß ist durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen und kann auch noch durch andere Blätter veröffentlicht werden.

§. 361.

Mit dem Zeitpunkte der ersten Bekanntmachung in dem Reichsanzeiger verliert der Beschuldigte das Recht, über das in Beschlag genommene Vermögen unter Lebenden zu verfügen.
Der die Beschlagnahme verhängende Beschluß ist derjenigen Behörde mitzutheilen, welche für die Einleitung einer Vormundschaft über Abwesende zuständig ist. Diese Behörde hat eine Güterpflege einzuleiten.

§. 362.

Die Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn die Gründe derselben weggefallen sind.
Die Aufhebung der Beschlagnahme ist durch dieselben Blätter bekannt zu machen, durch welche die Beschlagnahme selbst veröffentlicht worden war.
Eine entsprechende Bekanntmachung hat zu erfolgen, sobald der Zustand der Fahnenflucht aufhört.

Dritter Titel. Ordentliche Rechtsmittel.

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.

§. 363.

Ordentliche Rechtsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die Rechtsbeschwerde, die Berufung und die Revision.

§. 364.

Die Rechtsbeschwerde findet nur gegen Beschlüsse und Verfügungen statt.

§. 365.

Die Berufung und die Revision finden nur gegen Urtheile der erkennenden Gerichte statt. Diese Rechtsmittel stehen gleichmäßig dem Gerichtsherrn und dem Angeklagten zu.
Hinsichtlich der Urtheile der Feldgerichte und der Bordgerichte sind in diesem Gesetze besondere Bestimmungen getroffen.

§. 366.

Gegen die Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts findet ein ordentliches Rechtsmittel nicht statt.

§. 367.

Der Gerichtsherr kann von den ihm zuständigen Rechtsmitteln auch zu Gunsten des Angeklagten Gebrauch machen.
Jedes seitens des Gerichtsherrn eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zu Gunsten des Angeklagten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

§. 368.

Die auf die Einlegung oder die Zurücknahme von Rechtsmitteln bezüglichen Erklärungen des Gerichtsherrn sind in Sachen der niederen Gerichtsbarkeit durch einen Gerichtsoffizier, in Sachen der höheren Gerichtsbarkeit durch einen richterlichen Militärjustizbeamten zu den Akten zu beurkunden.

§. 369.

Seitens des Beschuldigten sind die auf die Einlegung oder die Zurücknahme von Rechtsmitteln bezüglichen Erklärungen in den Fällen des §. 130 Absatz 4 und des §. 132 Absatz 2 bei dem Gerichtsherrn anzubringen, welchem die Entscheidung zusteht, im Uebrigen bei dem Gerichtsherrn, welcher die angefochtene Verfügung erlassen oder herbeigeführt, oder das Gericht berufen hat, dessen Entscheidung angefochten wird.
Die Erklärungen können schriftlich eingereicht oder zu Protokoll eines Gerichtsoffiziers oder eines richterlichen Militärjustizbeamten oder des nächsten mit Disziplinarstrafgewalt versehenen Vorgesetzten abgegeben werden.
Angeklagte, welche sich nicht auf freiem Fuße befinden, können die Erklärungen überdies zu Protokoll des mit der Aufsicht über das Gefängniß betrauten Offiziers oder Beamten oder, sofern sie nicht dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, desjenigen Amtsgerichts geben, in dessen Bezirke das Gefängniß liegt.
Zur Wahrung einer Frist genügt es, wenn innerhalb derselben das Protokoll aufgenommen wird.
Für den Beschuldigten kann auch der Vertheidiger, jedoch nur in dessen ausdrücklichem Auftrage, Rechtsmittel einlegen.

§. 370.

Ein Irrthum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

§. 371.

Die Zurücknahme eines Rechtsmittels, sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels kann auch vor Ablauf der Frist zur Einlegung desselben wirksam erfolgen. Ein seitens des Gerichtsherrn zu Gunsten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel kann jedoch nur zurückgenommen werden, wenn letzterer auf dasselbe ausdrücklich verzichtet.
Der Vertheidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

§. 372.

Hat die Entscheidung über das Rechtsmittel auf Grund mündlicher Verhandlung stattzufinden, so ist die Zurücknahme nach Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr zulässig.

Zweiter Abschnitt. Rechtsbeschwerde.

§. 373.

Die Rechtsbeschwerde findet nur statt, soweit sie in diesem Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

§. 374.

Erachtet die Stelle, deren Verfügung oder Entscheidung angefochten wird, die Rechtsbeschwerde für begründet, so hat sie derselben abzuhelfen. Anderenfalls ist die Beschwerde sofort der zur Entscheidung darüber zuständigen Stelle vorzulegen. Auf Rechtsbeschwerden gegen die Entscheidung erkennender Gerichte findet der erste Satz keine Anwendung.

§. 375.

Durch Einlegung der Rechtsbeschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Verfügung oder Entscheidung nicht gehemmt. Die Bestimmung des §. 217 Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Aussetzung des Vollzugs kann jedoch von demjenigen, der die angefochtene Verfügung oder Entscheidung erlassen hat, oder, sofern es sich um die Entscheidung eines erkennenden Gerichts handelt, von dem Gerichtsherrn, welcher dasselbe berufen hat, angeordnet werden. Gleiche Befugniß hat die zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zuständige Stelle.

§. 376.

Die zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zuständige Stelle kann etwa erforderliche Ermittelungen anordnen oder selbst vornehmen.

§. 377.

Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde erfolgt ohne vorgängige mündliche Verhandlung.
Steht dem Reichsmilitärgerichte die Entscheidung zu, so ist vor derselben die Militäranwaltschaft mit einer schriftlichen oder mündlichen Erklärung zu hören.
Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, so ist zugleich die in der Sache erforderliche Anordnung zu treffen.

Dritter Abschnitt. Berufung.

§. 378.

Die Berufung findet statt gegen Urtheile der Standgerichte und gegen die Urtheile der Kriegsgerichte in erster Instanz.
Durch Berufung kann das Urtheil erster Instanz sowohl in thatsächlicher wie in rechtlicher Beziehung angefochten werden.

§. 379.

Die Berufung muß binnen einer Woche nach Verkündung des Urtheils eingelegt werden.
Diese Frist beginnt, falls die Verkündung nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden hat, für diesen mit der Zustellung.

§. 380.

Legt der Gerichtsherr Berufung ein, so muß er zugleich erklären, weshalb und inwieweit das Urtheil von ihm angefochten wird.

§. 381.

Legt der Angeklagte Berufung ein, so ist ihm das Urtheil mit den Gründen, sofern dies noch nicht geschehen, sofort zuzustellen.
Ist der Angeklagte verhaftet, so ist das Urtheil auch dem Vertheidiger zuzustellen.

§. 382.

Sind vom Angeklagten bei Einlegung der Berufung bestimmte Beschwerdepunkte nicht aufgestellt, ist namentlich nicht klar erkennbar, ob er die auf die Schuldfrage bezügliche Entscheidung oder welchen anderen Theil des Urtheils er anfechten will, so ist er durch einen Gerichtsoffizier oder einen Kriegsgerichtsrath darüber zu vernehmen, weshalb und inwieweit das Urtheil von ihm angefochten wird.
Bei der Vernehmung hat sich der Gerichtsoffizier oder Kriegsgerichtsrath jeder Einwirkung auf die Entschließung des Angeklagten zu enthalten.
Ist die im Absatz 1 vorgeschriebene Vernehmung nicht durchführbar, so gilt im Zweifel der ganze Inhalt des Urtheils als angefochten.

§. 383.

Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urtheils, soweit dasselbe angefochten ist, gehemmt.

§. 384.

Ist Berufung eingelegt, so hat der Gerichtsherr erster Instanz die Akten dem Gerichtsherrn der Berufungsinstanz vorzulegen.
Gleichzeitig sind, wenn die Berufung vom Gerichtsherrn eingelegt ist, dem Angeklagten die Schriftstücke über Einlegung und Begründung der Berufung zuzustellen.
Der Angeklagte und der Gerichtsherr erster Instanz sind befugt, eine schriftliche Gegenerklärung auf die Begründung der Berufung vor dem Termine zur Hauptverhandlung zu den Akten einzureichen.

§. 385.

Der Gerichtsherr der Berufungsinstanz kann das Rechtsmittel als unzulässig zurückweisen, wenn dasselbe nicht innerhalb der gesetzlichen Frist (§. 379) oder nicht auf dem vorgeschriebenen Wege (§. 369) eingelegt ist.
Gegen diese Verfügung findet binnen drei Tagen nach der Zustellung die Rechtsbeschwerde an das Reichsmilitärgericht statt.

§. 386.

Wird die Berufung zugelassen, so hat der Gerichtsherr der Berufungsinstanz den Zusammentritt des erkennenden Gerichts (§. 62 Nr. 2, §. 65) zu veranlassen. Mit der Vertretung der Anklage in der Hauptverhandlung ist ein Oberkriegsgerichtsrath oder ein Kriegsgerichtsrath zu beauftragen.

§. 387.

Ist in Sachen der niederen Gerichtsbarkeit der kommandirende General (Admiral) Gerichtsherr der Berufungsinstanz, so kann er mit der Zusammenberufung des erkennenden Kriegsgerichts einen ihm unterstellten Gerichtsherrn beauftragen.

§. 388.

Auf die Vorbereitung der Hauptverhandlung finden die Vorschriften der §§. 261 bis 267, 268 bis 271 mit nachstehenden Maßgaben Anwendung.
Insoweit eine wiederholte Vernehmung der in erster Instanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen zur Aufklärung der Sache nicht erforderlich erscheint, kann ihre Gestellung oder Ladung unterbleiben.
Neue Beweismittel sind zulässig.
Bei der Auswahl der Zeugen und Sachverständigen ist auf die zur Rechtfertigung der Berufung benannten Personen Rücksicht zu nehmen.
Dem Angeklagten sind gleichzeitig mit der Bekanntgebung des Termins der Hauptverhandlung die von Amtswegen zu ladenden Zeugen und Sachverständigen namhaft zu machen. Läßt der Gerichtsherr nur einen Theil der in erster Instanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen laden, so ist der Angeklagte darauf hinzuweisen, daß, wenn er die wiederholte Vernehmung anderer, in der Hauptverhandlung erster Instanz vernommener Zeugen oder Sachverständigen verlangen wolle, er deren Ladung rechtzeitig beantragen müsse (§. 269 Absatz 4), widrigenfalls die Verlesung des über Ihre Aussagen aufgenommenen Protokolls ohne seine Zustimmung zulässig sei.

§. 389.

Ist das Erscheinen des Angeklagten in der Hauptverhandlung nach dem Ermessen des Gerichts besonders erschwert oder befindet sich derselbe nicht auf freiem Fuße, so kann das Gericht mit seiner Zustimmung beschließen, daß in seiner Abwesenheit zu verhandeln sei.
Im Uebrigen ist, wenn bei dem Beginne der Hauptverhandlung weder der nach §. 267 Absatz 1 geladene Angeklagte noch in den Fällen, in welchen solches zulässig, ein Vertreter desselben erschienen und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt ist, ohne Anwesenheit des Angeklagten über die von dem Angeklagten eingelegte Berufung, sowie über die von dem Gerichtsherrn eingelegte Berufung zu verhandeln oder die Vorführung des Angeklagten anzuordnen oder dessen Verhaftung zu veranlassen. Der Angeklagte kann binnen einer Woche nach Zustellung des Urtheils die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den in den §§. 147, 148 bezeichneten Voraussetzungen beanspruchen.
Hinsichtlich der Vertheidigung gelten auch für die Vorbereitung der Hauptverhandlung, wie für die Hauptverhandlung die Bestimmungen der §§. 337 ff.

§. 390.

Auf die Hauptverhandlung in der Berufungsinstanz finden die §§. 273 bis 279, 282 bis 293, 331 bis 335 entsprechende Anwendung.

§. 391.

Nachdem die Hauptverhandlung nach Vorschrift der §§. 294 bis 296 begonnen hat, erstattet der die Verhandlung führende Kriegsgerichtsrath oder Oberkriegsgerichtsrath in Abwesenheit der Zeugen Bericht über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Das Urtheil erster Instanz ist stets zu verlesen.
Sodann folgt die Vernehmung des Angeklagten, falls dieser anwesend ist, und die Beweisaufnahme.

§. 392.

Bei der Berichterstattung und der Beweisaufnahme können Schriftstücke verlesen werden. Protokolle über Aussagen der in der Hauptverhandlung erster Instanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen, abgesehen von den Fällen der §§. 305, 307, ohne die Zustimmung des Vertreters der Anklage und des Angeklagten nicht verlesen werden, wenn die Zeugen oder Sachverständigen wiederholt gestellt oder auf wiederholte Ladung erschienen sind oder wenn deren Vorladung von dem Angeklagten rechtzeitig vor der Hauptverhandlung nach Maßgabe des §. 269 Absatz 4 beantragt worden ist. Im Uebrigen gelten bezüglich der Beweisaufnahme die Bestimmungen der §§. 298 bis 311.

§. 393.

Nach dem Schlusse der Beweisaufnahme werden der Vertreter der Anklage, sowie der Angeklagte und sein Vertheidiger mit ihren Ausführungen und Anträgen – und zwar derjenige Theil, welcher die Berufung eingelegt hat, zuerst – gehört. Dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. Die Vorschrift des §. 313 findet Anwendung.

§. 394.

Der Prüfung des Gerichts unterliegt das Urtheil nur, soweit es angefochten ist.
Im Uebrigen finden die Vorschriften über die Feststellung, Abfassung und Verkündung des Urtheils in erster Instanz (§§. 315 bis 323, §. 324 Absatz 2, §§. 325 bis 327) auf das Verfahren vor dem Berufungsgericht entsprechende Anwendung.

§. 395.

Insoweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urtheils in der Sache selbst zu erkennen.
Leidet das Urtheil an einem Mangel, welcher die Revision wegen einer Gesetzesverletzung im Verfahren begründen würde, so kann das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urtheils die Sache, wenn die Umstände des Falles es erfordern, zur Entscheidung in die erste Instanz zurückverweisen. In diesem Falle hat der Gerichtsherr der ersten Instanz von Neuem ein erkennendes Gericht zu berufen.
Hat das Gericht erster Instanz mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urtheils die Sache der zuständigen Stelle zu überweisen oder, wenn es selbst für diese Sache als Gericht erster Instanz bestellt werden könnte, in der Sache zu erkennen.

§. 396.

War das Urtheil nur von dem Angeklagten oder zu Gunsten des Angeklagten angefochten, so darf eine härtere Strafe als die in erster Instanz erkannte nicht verhängt werden. Die einer Gesammtstrafe zu Grunde liegenden Einzelstrafen dürfen nicht höher als in dem angefochtenen Urtheile bemessen werden.

Vierter Abschnitt. Revision.

§. 397.

Die Revision findet statt gegen die Urtheile der Oberkriegsgerichte.
Insoweit das Urtheil eine der im §. 15 bezeichneten strafbaren Handlungen zum Gegenstande hat, ist die Revision ausgeschlossen.

§. 398.

Die Revision muß binnen einer Woche nach Verkündung des Urtheils eingelegt und nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen gerechtfertigt werden. Die §§. 379 Absatz 2, 381 finden entsprechende Anwendung.

§. 399.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urtheil auf einer Gesetzesverletzung beruhe.
Gesetzesverletzung ist vorhanden, wenn eine ausdrückliche Vorschrift der Gesetze oder ein Rechtsgrundsatz oder eine militärische Dienstvorschrift oder ein militärdienstlicher Grundsatz nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

§. 400.

Ein Urtheil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen:

1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2. wenn bei dem Urtheil ein Richter mitgewirkt hat, welcher von der Ausübung des Richteramts kraft des Gesetzes ausgeschlossen war;
3. wenn bei dem Urtheil ein Richter mitgewirkt hat, nachdem derselbe wegen Besorgniß der Befangenheit abgelehnt war, und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4. wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5. wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6. wenn das Urtheil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei welcher die Vorschriften über die Oeffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7. wenn das Urtheil keine Entscheidungsgründe enthält;
8. wenn die Vertheidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkte durch eine Verfügung des Gerichtsherrn oder einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist;
9. wenn das Urtheil in Beziehung auf die Geltung oder Auslegung einer militärischen Dienstvorschrift oder eines militärdienstlichen Grundsatzes mit einer darüber ergangenen Allerhöchsten Entscheidung nicht im Einklange steht.

§. 401.

Die Verletzung von Rechtsnormen, welche lediglich zu Gunsten des Angeklagten gegeben sind, kann nicht zu dem Zwecke geltend gemacht werden, um eine Aufhebung des Urtheils zum Nachtheile des Angeklagten herbeizuführen.

§. 402.

Der Beurtheilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, welche dem Urtheile vorausgegangen sind, sofern dasselbe auf ihnen beruht.

§. 403.

Die Rechtfertigung der Revision muß erkennen lassen, inwieweit das Urtheil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde, und die Anträge (Revisionsanträge) begründen.
Aus der Begründung muß, falls die Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes behauptet wird, hervorgehen, ob die Vorschrift oder der Grundsatz das Verfahren betrifft oder anderer Art ist. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Thatsachen angegeben werden.

§. 404.

Hat der Angeklagte Revision eingelegt, jedoch binnen der im §. 398 bestimmten Frist einen begründeten Revisionsantrag bei dem Gerichtsherrn der Berufungsinstanz nicht eingereicht, so ist er durch einen Kriegsgerichtsrath nach Maßgabe des §. 403 über seine Anträge und deren Begründung zu Protokoll zu vernehmen.

§. 405.

Durch rechtzeitige Einlegung der Revision wird die Rechtskraft des Urtheils, soweit dasselbe angefochten ist, gehemmt.

§. 406.

Der Gerichtsherr der Berufungsinstanz hat die Revisionsanträge mit den Akten an den Präsidenten des Reichsmilitärgerichts einzusenden.

§. 407.

Das Reichsmilitärgericht hat das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen, wenn dasselbe nicht innerhalb der gesetzlichen Frist (§. 398) oder nicht auf dem vorgeschriebenen Wege (§. 369) eingelegt worden, oder wenn die Revision ungerechtfertigt geblieben ist (§§. 403, 404).
Anderenfalls entscheidet das Reichsmilitärgericht durch Urtheil. Vor der Entscheidung ist die Revisionsrechtfertigung dem anderen Theile zuzustellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine Gegenerklärung entweder schriftlich einzureichen oder, falls er der Angeklagte ist, einem Kriegsgerichtsrathe zu Protokoll zu erklären.

§. 408.

Der Angeklagte, oder auf dessen Verlangen der Vertheidiger, ist von dem Tage der Hauptverhandlung zu benachrichtigen. Der Angeklagte kann in dieser erscheinen oder sich durch seinen Vertheidiger vertreten lassen.
Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat keinen Anspruch auf Anwesenheit.

§. 409.

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Vortrag eines Berichterstatters.
Hierauf werden die Militäranwaltschaft, sowie der Angeklagte und sein Vertheidiger mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört.
Derjenige, welcher die Revision nachgesucht hat, ist zuerst zu hören; dem Angeklagten gebührt in allen Fällen das letzte Wort.
Auf die Hauptverhandlung finden die Bestimmungen der §. 274, §. 275 Absatz 1, §§. 282 bis 289, §. 290 Absatz 1 bis 4, §§. 291, 320, 321, 322 entsprechende Anwendung.

§. 410.

Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, insoweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur diejenigen Thatsachen, welche bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind.
Eine weitere Begründung der Revisionsanträge als die im §. 403 Absatz 2 vorgeschriebene ist nicht erforderlich und, wenn sie unrichtig ist, unschädlich.

§. 411.

Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urtheil aufzuheben.
Gleichzeitig sind die dem Urtheile zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren die Aufhebung des Urtheils erfolgt.

§. 412.

Erfolgt die Aufhebung des Urtheils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urtheile zu Grunde liegenden Feststellungen, so hat das Reichsmilitärgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere thatsächliche Erörterungen nur auf Einstellung des Verfahrens oder auf Freisprechung zu erkennen ist.
In anderen Fällen ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die Berufungsinstanz zurückzuverweisen.
Der Präsident des Reichsmilitärgerichts hat behufs weiterer Veranlassung mit dem zuständigen Gerichtsherrn sich in Verbindung zu setzen.

§. 413.

Die Verkündung des Urtheils erfolgt durch den Senatspräsidenten nach Vorschrift des §. 327 Absatz 1 und 2 mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Frist von drei Tagen eine solche von einer Woche tritt.

§. 414.

Erfolgt zu Gunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urtheils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes, und erstreckt sich das Urtheil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, welche die Revision nicht oder wegen anderer Beschwerdepunkte eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls dieselbe Revisionsbeschwerde eingelegt hätten.
Dasselbe gilt, wenn mehrere Personen bei derselben strafbaren Handlung als Thäter, Theilnehmer, Begünstiger oder Hehler betheiligt und hiervon ein Theil durch vorausgegangene militärgerichtliche Erkenntnisse abgeurtheilt ist.

§. 415.

Das Gericht, an welches die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche und militärdienstliche Beurtheilung, welche der Aufhebung des Urtheils zu Grunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.
War das Urtheil nur von dem Angeklagten oder zu Gunsten desselben angefochten worden, so darf das neue Urtheil eine härtere Strafe als die in dem aufgehobenen erkannte nicht verhängen. Die einer Gesammtstrafe zu Grunde liegenden Einzelstrafen dürfen nicht höher als in dein aufgehobenen Urtheile bemessen werden.

Vierter Titel. Bestätigung der im ordentlichen Verfahren ergangenen Urtheile.

§. 416.

Urtheile, die durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar sind, werden mit einer Bestätigungsorder versehen.
In der Bestätigungsorder ist zum Ausdrucke zu bringen, daß das Urtheil rechtskräftig geworden und, soweit es auf Verurtheilung lautet, zu vollstrecken ist.
Die Bestätigungsorder ist dem Angeklagten bekannt zu machen.

§. 417.

Auf Strafverfügungen (§. 349) finden die Bestimmungen des §. 416 keine Anwendung.

§. 418.

Von wem die Bestätigungsorder ertheilt wird, bestimmt für die bei der Marine ergehenden Urtheile der Kaiser, im Uebrigen der zuständige Kontingentsherr.

Fünfter Titel. Bestätigung und Aufhebung der Urtheile der Feldgerichte und der Bordgerichte.

§. 419.

Gegen die im Felde oder an Bord ergangenen Urtheile finden die Rechtsmittel der Berufung und der Revision nicht statt.

§. 420.

Die im §. 419 bezeichneten Urtheile erlangen Rechtskraft und Vollstreckbarkeit durch die Bestätigung.

§. 421.

Die Bestimmung des §. 420 gilt auch hinsichtlich derjenigen militärgerichtlichen Urtheile, welche zu der Zeit, wo der Angeklagte in ein mobiles Verhältniß tritt, die Rechtskraft noch nicht erlangt haben.

§. 422.

Wem das Bestätigungsrecht und das Aufhebungsrecht zusteht, bestimmt der Kaiser.

§. 423.

Vor der Entschließung über die Bestätigung hat der Gerichtsherr den Angeklagten, falls dieser verurtheilt ist, durch einen Kriegsgerichtsrath oder einen Offizier protokollarisch darüber vernehmen zu lassen, ob und welche Beschwerden er gegen das Urtheil vorzubringen habe.
Dieser Vernehmung bedarf es nicht, wenn in den Fällen des §. 421 der Angeklagte bereits ein ordentliches Rechtsmittel eingelegt und begründet hatte.

§. 424.

Die Urtheile, deren Bestätigung der Kaiser sich vorbehält, sind demselben durch den Präsidenten des Reichsmilitärgerichts mit einem Gutachten der Militäranwaltschaft vorzulegen.

§. 425.

Die Bestätigung anderer Urtheile darf nur auf Grund des schriftlichen Rechtsgutachtens eines richterlichen Militärjustizbeamten oder, in Ermangelung eines solchen, eines zum Richteramte befähigten Beamten oder Offiziers erfolgen, wenn auf Tod, auf Zuchthaus oder auf Gefängniß oder Festungshaft von mehr als einem Jahre erkannt ist.
Lautet ein kriegsgerichtliches Urtheil auf Freisprechung oder auf eine geringere als die im ersten Absatze bezeichnete Strafe, so hat der Befehlshaber, dem die Bestätigung zusteht, eine Begutachtung nur dann anzuordnen, wenn die Entscheidung des Kriegsgerichts vom Antrage des Vertreters der Anklage wesentlich abweicht, oder wenn ihm die Entscheidung aus sonstigen Gründen bedenklich erscheint.

§. 426.

Die Begutachtung soll nicht durch einen Beamten oder Offizier geschehen, welcher in der Hauptverhandlung als Richter oder als Vertreter der Anklage oder als Vertheidiger mitgewirkt hat.

§. 427.

Der Befehlshaber, welchem die Bestätigung zusteht, kann eine Vervollständigung der Untersuchung anordnen.

§. 428.

War das Urtheil in den Fällen des §. 421 durch ein ordnungsmäßig eingelegtes Rechtsmittel bereits angefochten, oder werden in dem Rechtsgutachten (§. 425) gegen die Gesetzlichkeit des Urtheils oder gegen die thatsächliche Feststellung wesentliche Bedenken erhoben, so hat der zur Bestätigung berechtigte Befehlshaber, sofern er nicht selbst über die Aufhebung des Urtheils befinden kann, die Entscheidung des hierfür zuständigen Befehlshabers herbeizuführen.
In derselben Weise ist zu verfahren, wenn der zur Bestätigung berechtigte Befehlshaber entgegen dem Rechtsgutachten Anstand nimmt, die beantragte Bestätigung zu ertheilen. Die Versagung derselben ist schriftlich zu begründen.

§. 429.

Bei Urtheilen der Feldstandgerichte und der Bordstandgerichte findet eine Begutachtung nicht statt. Glaubt der Gerichtsherr die Bestätigung versagen zu müssen, so hat er unter Begründung der Versagung die Entscheidung des für die Aufhebung zuständigen Befehlshabers herbeizuführen.

§. 430.

Der zur Aufhebung berechtigte Befehlshaber hat nach Einholung des Gutachtens eines ihm zugeordneten richterlichen Militärjustizbeamten darüber zu entscheiden, ob das Urtheil dem Gerichtsherrn zur Ertheilung der Bestätigung zurückzusenden, oder ob dasselbe aufzuheben sei.

§. 431.

Die ertheilte Bestätigung ist auf der Urschrift des Urtheils zu vermerken und dem Angeklagten auf dem in den §§. 256, 257 bezeichneten Wege bekannt zu machen.

§. 432.

Im Falle der Aufhebung des Urtheils ist die Berufung eines neuen erkennenden Gerichts zu veranlassen. Soweit es erforderlich oder sachgemäß erscheint, ist mit dieser Berufung ein anderer Gerichtsherr als der zuerst mit der Sache befaßte zu betrauen. Zu dem neu zu berufenden Gerichte dürfen die Personen als Richter nicht zugezogen werden, welche bei der früheren Hauptverhandlung mitgewirkt haben.
Der die Aufhebung aussprechende Befehlshaber kann auch die Erledigung der Sache im ordentlichen Verfahren verfügen, sofern die Erledigung nach Lage des Falles bis zur Beendigung des die Anwendbarkeit dieses Titels begründenden Verhältnisses aufgeschoben werden kann.

§. 433.

Wird im Laufe eines im Felde oder an Bord eingeleiteten Strafverfahrens der Beschuldigte zu einem immobilen militärischen Verbände versetzt oder einem solchen überwiesen, so findet die Ueberleitung in das ordentliche Verfahren statt.
War jedoch ein Urtheil bereits ergangen, so hat über die Bestätigung der bis dahin zuständige Befehlshaber nach Maßgabe dieses Titels zu befinden. Wird die Bestätigung versagt, so ist das Urtheil dem Angeklagten nach dessen Uebertritt in den immobilen Verband bekannt zu machen (§. 137). Gegen das Urtheil ist binnen der gesetzlichen Frist (§. 379) die Berufung zulässig. Die Frist läuft auch für den Gerichtsherrn vom Tage der Bekanntmachung des Urtheils an den Angeklagten. Die gerichtsherrlichen Befugnisse gehen in einem solchen Falle auf den Gerichtsherrn des immobilen Verbandes über.

§. 434.

Bei der Marine steht dem Uebertritte zu einem immobilen Verbande (§. 433) die Ablösung von Bord gleich.

§. 435.

Mit der Demobilmachung treten die Bestimmungen dieses Titels außer Anwendung. Noch nicht erledigte Strafsachen sind in das ordentliche Verfahren überzuleiten.
Auf die bei Eintritt der Demobilmachung noch nicht bestätigten Urtheile finden die im §. 433 Absatz 2 für den Fall der Versagung der Bestätigung gegebenen Bestimmungen Anwendung.

Sechster Titel. Wiederaufnahme eines durch rechtskraftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens.

§. 436.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens zu Gunsten des Verurtheilten findet statt:

1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
2. wenn durch ein zu seinen Ungunsten abgelegtes Zeugniß oder abgegebenes Gutachten der Zeuge oder Sachverständige sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer wissentlich falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3. wenn bei dem Urtheil ein Richter mitgewirkt hat, welcher sich in Beziehung auf die Sache einer Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern diese Verletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht und nicht vom Verurtheilten selbst veranlaßt ist;
4. wenn ein civilgerichtliches Urtheil, auf welches das Strafurtheil begründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urtheil ausgehoben ist;
5. wenn neue Thatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, aus denen allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen sich die Unschuld des Verurtheilten, sei es bezüglich der ihm zur Last gelegten That überhaupt, sei es bezüglich eines die Anwendung eines härteren Strafgesetzes begründenden Umstandes, ergiebt oder doch dargethan wird, daß ein begründeter Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr vorliegt.

§. 437.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird weder durch die erfolgte Strafvollstreckung, noch durch den Tod des Verurtheilten, noch durch die Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit über den Verurtheilten begründenden Verhältnisses ausgeschlossen.
Im Falle des Todes sind der Ehegatte, die Verwandten aufsteigender und absteigender Linie, sowie die Geschwister des Verstorbenen zu dem Antrage befugt.

§. 438.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens zu Ungunsten des Angeklagten findet statt:

1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Gunsten als echt vorgebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
2. wenn durch ein zu seinen Gunsten abgelegtes Zeugniß oder abgegebenes Gutachten der Zeuge oder Sachverständige sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer wissentlich falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3. wenn bei dem Urtheil ein Richter mitgewirkt hat, welcher sich in Beziehung auf die Sache einer Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern diese Verletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist;
4. wenn von dem Freigesprochenen vor Gericht oder außergerichtlich ein glaubwürdiges Geständniß der strafbaren Handlung abgelegt wird.

§. 439.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens zum Zwecke der Aenderung der Strafe innerhalb des durch dasselbe Gesetz bestimmten Strafmaßes findet nicht statt.

§. 440.

Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, welcher auf die Behauptung einer strafbaren Handlung gegründet werden soll, ist nur dann zulässig, wenn wegen dieser Handlung eine rechtskräftige Verurtheilung ergangen ist, oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.

§. 441.

Die Bestimmungen der §§. 367, 369 Absatz 5 und des §. 370 finden auch bei dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechende Anwendung.

§. 442.

In dem Antrage müssen der gesetzliche Grund der Wiederaufnahme des Verfahrens, sowie die Beweismittel angegeben werden.
Der Antrag ist seitens des Angeklagten oder einer der im §. 437 Absatz 2 bezeichneten Personen bei dem Gerichtsherrn erster Instanz in Gemäßheit des §. 369 Absatz 2 und 3 anzubringen.

§. 443.

Ueber die Zulassung des Antrags entscheidet das Reichsmilitärgericht.
Die Entscheidung erfolgt ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung der Militäranwaltschaft.
Das Reichsmilitärgericht kann einen Aufschub, sowie eine Unterbrechung der Strafvollstreckung anordnen.

§. 444.

Ist der Antrag nicht in der vorgeschriebenen Form angebracht oder ist darin kein gesetzlicher Grund der Wiederaufnahme geltend gemacht oder kein geeignetes Beweismaterial angeführt, so ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen.
Anderenfalls ist der Antrag, wenn er von dem Verurtheilten oder im Falle des §. 437 Absatz 2 zu dessen Gunsten gestellt war, der Militäranwaltschaft, wenn er zu Ungunsten des Verurtheilten gestellt war, diesem unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung mitzutheilen.

§. 445.

Wird der Antrag an sich für zulässig befunden, so veranlaßt das Reichsmilitärgericht die Aufnahme der angetretenen Beweise, soweit diese erforderlich ist, mittelst Ersuchens an einen Gerichtsherrn oder an einen Amtsrichter.
Die Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen erfolgt eidlich, soweit die Beeidigung zulässig ist.
Hinsichtlich der Berechtigung der Betheiligten zur Anwesenheit bei der Beweisaufnahme finden die Vorschriften der §§. 165 bis 167 entsprechende Anwendung.
Nach Schluß der Beweisausnahme sind die Militäranwaltschaft und der Angeklagte unter Bestimmung einer Frist zur ferneren Erklärung aufzufordern.

§. 446.

Das Reichsmilitärgericht entscheidet über den zugelassenen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach Maßgabe des §. 443 Absatz 2.
Der Antrag wird als unbegründet verworfen, wenn die darin aufgestellten Behauptungen keine genügende Bestätigung gefunden haben, oder wenn in den Fällen des §. 436 Nr. 1 und 2 oder des §. 438 Nr. 1 und 2 nach Lage der Sache die Annahme ausgeschlossen ist, daß die in diesen Bestimmungen bezeichnete Handlung auf die Entscheidung Einfluß gehabt hat.
Anderenfalls verordnet das Reichsmilitärgericht die Wiederaufnahme des Verfahrens, sowie die Erneuerung der Hauptverhandlung unter Bezeichnung des Gerichts, bei welchem die letztere stattfinden soll.

§. 447.

Ist der Verurtheilte bereits verstorben oder in eine unheilbare Geisteskrankheit verfallen, so findet eine Erneuerung der Hauptverhandlung nicht statt. Das Reichsmilitärgericht hat vielmehr auf Grund der neuen Ermittelungen ohne mündliche Verhandlung auf Freisprechung zu erkennen oder den Antrag auf Wiederaufnahme abzulehnen.
Mit der Freisprechung ist die Aufhebung des früheren Urtheils zu verbinden.

§. 448.

In der erneuten Hauptverhandlung ist entweder das frühere Urtheil aufrecht zu erhalten oder unter Aufhebung desselben anderweit in der Sache zu erkennen.
Ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nur von dem Verurtheilten oder zu Gunsten desselben seitens des Gerichtsherrn beantragt worden, so darf das neue Urtheil eine härtere Strafe als die in dem früheren erkannte nicht verhängen.

§. 449.

Wird im Wiederaufnahmeverfahren auf Freisprechung erkannt, so ist auf Verlangen des Freigesprochenen, in den Fällen des §. 447 auf Verlangen des Antragstellers, die Aufhebung des früheren Urtheils durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Das Gericht kann anordnen, daß die Bekanntmachung auch durch andere öffentliche Blätter erfolgen soll.

Siebenter Titel. Strafvollstreckung.

§. 450.

Militärgerichtliche Strafurtheile sind nach Maßgabe der Bestätigungsorder, Strafverfügungen (§. 349) nach Maßgabe ihres Inhalts zu vollstrecken.

§. 451.

Die Strafvollstreckung wird durch den Gerichtsherrn angeordnet, welcher die Erhebung der Anklage verfügt hat.

§. 452.

An geisteskranken oder schwangeren Personen darf ein Todesurtheil nicht vollstreckt werden.

§. 453.

Die Vollstreckung einer durch Erschießen zu vollziehenden Todesstrafe erfolgt durch die Militärbehörde.

§. 454.

Die Vollstreckung einer durch Enthauptung zu vollziehenden Todesstrafe erfolgt durch die bürgerlichen Behörden auf Grund einer mit der Bescheinigung der Rechtskraft versehenen beglaubigten Abschrift des Urtheils, welcher eine beglaubigte Abschrift der Bestätigungsorder beizufügen ist. Die Bescheinigung und die Beglaubigungen geschehen durch den Gerichtsherrn (§. 451).

§. 455.

Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ist aufzuschieben, wenn der Verurtheilte in Geisteskrankheit verfällt.
Dasselbe gilt bei anderen Krankheiten, wenn von der Vollstreckung eine nahe Lebensgefahr für den Verurtheilten zu besorgen steht.

§. 456.

Auf Antrag eines Verurtheilten, welcher nicht zu den Militärpersonen des aktiven Heeres oder der aktiven Marine gehört, kann die Vollstreckung aufgeschoben werden, sofern durch die sofortige Vollstreckung dem Verurtheilten oder der Familie desselben erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachtheile erwachsen.
Der Strafaufschub darf den Zeitraum von vier Monaten nicht übersteigen.
Die Bewilligung desselben kann an eine Sicherheitsleistung oder andere Bedingungen geknüpft werden.

§. 457.

Die Vollstreckung von Arreststrafen kann im Interesse des Dienstes auf Anordnung des kommandirenden Generals (Admirals) aufgeschoben werden.

§. 458.

Für den in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten, welcher zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt wird, ist die zu verbüßende Strafe vom Tage der Rechtskraft des Urtheils zu berechnen.
Hat der Angeklagte auf Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet, so wird die Strafe bereits vom Tage des Verzichts berechnet. Eine entsprechende Berechnung tritt ein, wenn der Angeklagte das eingelegte Rechtsmittel zurückgenommen oder, ohne eine Erklärung abzugeben, die Einlegungsfrist hat verstreichen lassen.

§. 459.

Erfolgt in den Fällen des §. 458 die Verhaftung des Angeklagten erst nach den dort bezeichneten Zeitpunkten, so wird die Strafe vom Tage der Verhaftung berechnet.

§. 460.

Ist der Verurtheilte nach Beginn der Strafvollstreckung, ohne daß eine Unterbrechung derselben angeordnet wird, wegen Krankheit in eine von der Strafanstalt getrennte Krankenanstalt gebracht worden, so ist die Dauer des Aufenthalts in der Krankenanstalt in die Strafzeit einzurechnen, sofern er nicht mit der Absicht, die Strafvollstreckung zu unterbrechen, die Krankheit herbeigeführt oder verlängert hat.

§. 461.

Ist Jemand durch verschiedene rechtskräftige Urtheile zu Strafen verurtheilt worden, und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesammtstrafe (§. 79 des bürgerlichen Strafgesetzbuchs) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen auf eine Gesammtstrafe zurückzuführen.
Die Entscheidung steht demjenigen Gerichte zu, welches die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art die höchste Strafe erkannt hat, falls hiernach aber mehrere Gerichte zuständig sein würden, demjenigen, dessen Urtheil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urtheil von einem Gerichte höherer Instanz erlassen, so setzt das Gericht erster Instanz die Gesammtstrafe fest. Sind die Urtheile von Gerichten verschiedener Kontingente erlassen, so ist die Entscheidung von dem Reichsmilitärgerichte zu treffen.
Die Entscheidung erfolgt ohne mündliche Verhandlung; vor der Entscheidung ist dem Vertreter der Anklage und dem Verurtheilten Gelegenheit zu geben, Anträge zu stellen und zu begründen.
Gegen die Entscheidung findet, insofern sie nicht vom Reichsmilitärgericht erlassen ist, die Rechtsbeschwerde an das obere Gericht statt.

§. 462.

Die Vollstreckung der auf Geldstrafe lautenden Urtheile und der über eine Vermögensstrafe ergangenen Entscheidungen erfolgt im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens nach Maßgabe der dafür geltenden landesherrlichen Bestimmungen.
Die Intendanturen bilden die zur Anordnung und Leitung des Zwangsverfahrens zuständigen Vollstreckungsbehörden.

§. 463.

Kann eine verhängte Geldstrafe nicht beigetrieben werden, und ist die Festsetzung der für diesen Fall eintretenden Freiheitsstrafe unterlassen worden, so ist die Geldstrafe durch Verfügung des Gerichtsherrn der höheren Gerichtsbarkeit in die entsprechende Freiheitsstrafe umzuwandeln. Die Verfügung ist von einem richterlichen Militärjustizbeamten mit zu unterzeichnen.

§. 464.

Bestehen über die Auslegung eines Strafurtheils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel, oder sind Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben, so ist die Entscheidung des Gerichts, welches erkannt hat, einzuholen.
Dasselbe gilt, wenn nach Maßgabe der §§. 455, 456 Einwendungen gegen die Ablehnung eines Antrags auf Aufschub der Strafvollstreckung erhoben werden.
Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; der Gerichtsherr kann jedoch den Aufschub oder die Unterbrechung der Vollstreckung anordnen.
Die Bestimmungen des §. 461 Absatz 3 und 4 finden entsprechende Anwendung.

Achter Titel. Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen.

§. 465.

Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen finden auf die im militärgerichtlichen Verfahren verurtheilten Personen entsprechende Anwendung.
Die Entschädigung wird von der Militärverwaltung desjenigen Kontingents gezahlt, bei dessen Gerichte das Strafverfahren in erster Instanz anhängig war.

§. 466.

Bis zum Betrage der geleisteten Entschädigung tritt die Kontingentsverwaltung in die Rechte ein, welche dem Entschädigten gegen Dritte um deswillen zusteht, weil durch deren rechtswidrige Handlungen seine Verurtheilung herbeigeführt war.

§. 467.

Ueber die Verpflichtung der Kontingentsverwaltung zur Entschädigung wird durch das im Wiederaufnahmeverfahren erkennende Urtheil Bestimmung getroffen.

§. 468.

Wer auf Grund des die Verpflichtung einer Kontingentsverwaltung zur Entschädigung aussprechenden Urtheils einen Anspruch geltend macht, hat diesen Anspruch bei Vermeidung des Verlustes binnen drei Monaten nach Zustellung des Urtheils durch Antrag bei dem Gerichtsherrn, auf dessen Befehl im Wiederaufnahmeverfahren das Gericht erster Instanz erkannt hat, in den Fällen des §. 447 bei dem Präsidenten des Reichsmilitärgerichts zu erheben.
Ueber den Antrag entscheidet die oberste Militärjustizverwaltungsbehörde.

Neunter Titel. Kosten des Verfahrens.

§. 469.

Die Kosten des militärgerichtlichen Verfahrens und der durch die Militärbehörden bewirkten Strafvollstreckung fallen der Militärjustizverwaltung zur Last. Diese Bestimmung findet hinsichtlich der durch die Wahl eines Vertheidigers entstandenen Kosten keine Anwendung.
Die Kosten der durch die bürgerlichen Behörden bewirkten Strafvollstreckung hat der Verurtheilte zu tragen.

§. 470.

Sind Strafverfolgungsmaßregeln durch eine wider besseres Wissen gemachte oder auf grober Fahrlässigkeit beruhende Anzeige veranlaßt worden, so kann der Gerichtsherr, nach Beginn der Hauptverhandlung das Gericht dem Anzeigenden, nachdem derselbe gehört worden, die der Militärjustizverwaltung und dem Beschuldigten erwachsenen baaren Auslagen auferlegen.
Binnen vier Wochen nach erfolgter Bekanntmachung findet gegen die Verfügung des Gerichtsherrn die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichtsherrn, gegen die Entscheidung des Gerichts die Rechtsbeschwerde an das obere Gericht statt. Das obere Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung.

§. 471.

Erfolgt die Einstellung eines Strafverfahrens wegen Zurücknahme desjenigen Antrags, durch welchen dasselbe bedingt war, so sind dem Antragsteller die der Militärjustizverwaltung und die dem Beschuldigten erwachsenen baaren Auslagen zur Last zu legen.
Wird in dem Falle des §. 249 Absatz 3 auf Freisprechung oder Einstellung des Verfahrens erkannt, so kann das Gericht dem Antragsteller die Kosten der Militärjustizverwaltung und die dem Beschuldigten erwachsenen nothwendigen Auslagen ganz oder theilweise zur Last legen. Vor der Entscheidung ist der Antragsteller zu hören.
Die Bestimmungen des §. 470 Absatz 2 finden Anwendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin im Schloß, den 1. Dezember 1898.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.

Berichtigung eines Druckfehlers

Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1899, Nr. 6, Seite 132:

In der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 (Reichs-Gesetzbl. für 1898 S. 1189 ff.) ist in der ersten Zeile des §. 137 (S. 1217 des Reichs-Gesetzbl.) an die Stelle des Wortes „Abwesenheit“ das Wort „Anwesenheit“ zu setzen.




Entschädigungsgesetz freigesprochener Personen

Titel: Gesetz, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 22, Seite 345–346
Fassung vom: 20. Mai 1898
Bekanntmachung: 27. Mai 1898
Quelle: Scan auf Commons

Nr. 2480.) Gesetz, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen. Vom 20. Mai 1898.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Personen, welche im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes mit einer geringeren Strafe belegt werden, können Entschädigung aus der Staatskasse verlangen, wenn die früher erkannte Strafe ganz oder theilweise gegen sie vollstreckt worden ist. Das Wiederaufnahmeverfahren muß die Unschuld des Verurtheilten bezüglich der ihm zur Last gelegten That oder bezüglich eines die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes begründenden Umstandes ergeben oder doch dargethan haben, daß ein begründeter Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr vorliegt.
Außer dem Verurtheilten haben diejenigen, denen gegenüber er kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war, Anspruch auf Entschädigung.
Der Anspruch auf Entschädigung ist ausgeschlossen, wenn der Verurtheilte die frühere Verurtheilung vorsätzlich herbeigeführt oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet hat.
Die Versäumung der Einlegung eines Rechtsmittels ist nicht als eine Fahrlässigkeit zu erachten.

§. 2.

Gegenstand des dem Verurtheilten zu leistenden Ersatzes ist der für ihn durch die Strafvollstreckung entstandene Vermögensschaden.
Unterhaltsberechtigten ist insoweit Ersatz zu leisten, als ihnen durch die Strafvollstreckung der Unterhalt entzogen worden ist.

§. 3.

Die Entschädigung wird aus der Kasse desjenigen Bundesstaats gezahlt, bei dessen Gerichte das Strafverfahren in erster Instanz anhängig war.
Bis zum Betrage der geleisteten Entschädigung tritt die Kasse in die Rechte ein, welche dem Entschädigten gegen Dritte um deswillen zustehen, weil durch deren rechtswidrige Handlungen seine Verurtheilung herbeigeführt war.

§. 4.

Ueber die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung wird durch besonderen Beschluß des im Wiederaufnahmeverfahren erkennenden Gerichts Bestimmung getroffen.
Der Beschluß ist von dem Gerichte gleichzeitig mit dem Urtheile zu fassen, aber nicht zu verkünden, sondern durch Zustellung bekannt zu machen. Der Beschluß unterliegt nicht der Anfechtung durch Rechtsmittel. Er tritt außer Kraft, wenn das Urtheil aufgehoben wird.

§. 5.

Wer auf Grund des die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung aussprechenden Beschlusses einen Anspruch geltend macht, hat diesen Anspruch bei Vermeidung des Verlustes binnen drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses durch Antrag bei der Staatsanwaltschaft zu verfolgen. Der Antrag ist bei der Staatsanwaltschaft desjenigen Landgerichts zu stellen, in dessen Bezirke das Urtheil ergangen ist.
Ueber den Antrag entscheidet die oberste Behörde der Landesjustizverwaltung. Eine Ausfertigung der Entscheidung ist dem Antragsteller nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung zuzustellen.
Gegen die Entscheidung ist die Berufung auf den Rechtsweg zulässig. Die Klage ist binnen einer Ausschlußfrist von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung zu erheben. Für die Ansprüche auf Entschädigung sind die Civilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.
Bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag ist der Anspruch weder übertragbar, noch der Pfändung unterworfen.

§. 6.

In den zur Zuständigkeit des Reichsgerichts in erster Instanz gehörigen Sachen ist statt der Staatskasse die Reichskasse ersatzpflichtig.
In diesen Fällen tritt an die Stelle der Staatsanwaltschaft des Landgerichts die Staatsanwaltschaft bei dem Reichsgericht, an die Stelle der obersten Behörde der Landesjustizverwaltung der Reichskanzler.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin im Schloß, den 20. Mai 1898.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.




Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, FGG

Titel: Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 21, Seite 189 – 229
Fassung vom: 17. Mai 1898
Bekanntmachung: 27. Mai 1898
Änderungsstand: 01. Dezember 2001
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2473.) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Vom 17. Mai 1898.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Erster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften.

§. 1.

Für diejenigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche durch Reichsgesetz den Gerichten übertragen sind, gelten, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die nachstehenden allgemeinen Vorschriften.

Es gelten im gesamten Umfang dieses Gesetzes, § 15 und § 16 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

§. 2.

Die Gerichte haben sich Rechtshülfe zu leisten. Die §§. 158 bis 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden Anwendung.

§. 3.

Soweit für die örtliche Zuständigkeit der Gerichte der Wohnsitz eines Betheiligten maßgebend ist, bestimmt sich für Deutsche, die das Recht der Exterritorialität genießen, sowie für Beamte des Reichs oder eines Bundesstaats, die im Ausland angestellt sind, der Wohnsitz nach den Vorschriften des §. 16 der Civilprozeßordnung.

§. 4.

Unter mehreren zuständigen Gerichten gebührt demjenigen der Vorzug, welches zuerst in der Sache thätig geworden ist.

§. 5.

Besteht Streit oder Ungewißheit darüber, welches von mehreren Gerichten örtlich zuständig ist, so wird das zuständige Gericht durch das gemeinschaftliche obere Gericht bestimmt. Ist das zuständige Gericht in einem einzelnen Falle an der Ausübung des Richteramts rechtlich oder thatsächlich verhindert, so erfolgt die Bestimmung durch das ihm im Instanzenzuge vorgeordnete Gericht.
Eine Anfechtung der Entscheidung findet nicht statt.

§. 6.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1. in Sachen, in denen er selbst betheiligt ist oder in denen er zu einem Betheiligten in dem Verhältniß eines Mitberechtigten oder Mitverpflichteten steht;
2. in Sachen seiner Ehefrau, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
3. in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist;
4. in Sachen, in denen er als Vertreter eines Betheiligten bestellt oder als gesetzlicher Vertreter eines solchen aufzutreten berechtigt ist.
Ein Richter kann sich der Ausübung seines Amtes wegen Befangenheit enthalten. Die Ablehnung eines Richters ist ausgeschlossen.

§. 7.

Gerichtliche Handlungen sind nicht aus dem Grunde unwirksam, weil sie von einem örtlich unzuständigen Gericht oder von einem Richter vorgenommen sind, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

§. 8.

Auf das gerichtliche Verfahren finden die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Gerichtssprache, über die Sitzungspolizei und über die Berathung und Abstimmung entsprechende Anwendung, die Vorschriften über die Gerichtssprache mit den sich aus dem §. 9 ergebenden Abweichungen.

§. 9.

Der Zuziehung eines Dolmetschers bedarf es nicht, wenn der Richter der Sprache, in der sich die betheiligten Personen erklären, mächtig ist; die Beeidigung des Dolmetschers ist nicht erforderlich, wenn die betheiligten Personen darauf verzichten. Auf den Dolmetscher finden die Vorschriften des §. 6 entsprechende Anwendung.

§. 10.

Auf das gerichtliche Verfahren sind die Gerichtsferien ohne Einfluß. Die Bearbeitung der Vormundschaftssachen und der Nachlaßsachen kann während der Ferien unterbleiben, soweit das Bedürfniß einer Beschleunigung nicht vorhanden ist.

§. 11.

Anträge und Erklärungen können zum Protokolle des Gerichtsschreibers des zuständigen Gerichts oder des Gerichtsschreibers eines Amtsgerichts erfolgen.

§. 12.

Das Gericht hat von Amtswegen die zur Feststellung der Thatsachen erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen.

§. 13.

Die Betheiligten können mit Beiständen erscheinen. Sie können sich, soweit nicht das Gericht das persönliche Erscheinen anordnet, auch durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Bevollmächtigten haben auf Anordnung des Gerichts oder auf Verlangen eines Betheiligten die Bevollmächtigung durch eine öffentlich beglaubigte Vollmacht nachzuweisen.

§. 14.

Die Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Armenrecht sowie die Vorschriften der §§. 34 bis 36 der Rechtsanwaltsordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 15.

Die Vorschriften der Civilprozeßordnung über den Zeugenbeweis, über den Beweis durch Sachverständige und über das Verfahren bei der Abnahme von Eiden finden entsprechende Anwendung. Ueber die Beeidigung eines Zeugen oder Sachverständigen entscheidet jedoch, unbeschadet der §§. 358, 367 der Civilprozeßordnung, das Ermessen des Gerichts.
Behufs der Glaubhaftmachung einer thatsächlichen Behauptung kann ein Betheiligter zur Versicherung an Eidesstatt zugelassen werden.

§. 16.

Gerichtliche Verfügungen werden mit der Bekanntmachung an denjenigen, für welchen sie ihrem Inhalte nach bestimmt sind, wirksam.
Die Bekanntmachung erfolgt, wenn mit ihr der Lauf einer Frist beginnt, durch Zustellung nach den für die Zustellung von Amtswegen geltenden Vorschriften der Civilprozeßordnung; durch die Landesjustizverwaltung kann jedoch für Zustellungen im Ausland eine einfachere Art der Zustellung angeordnet werden. In denjenigen Fällen, in welchen mit der Bekanntmachung nicht der Lauf einer Frist beginnt, soll in den Akten vermerkt werden, in welcher Weise, an welchem Orte und an welchem Tage die Bekanntmachung zur Ausführung gebracht ist; durch die Landesjustizverwaltung kann näher bestimmt werden, in welcher Weise in diesen Fällen die Bekanntmachung zur Ausführung gebracht werden soll.
Einem Anwesenden kann die Verfügung zu Protokoll bekannt gemacht werden. Auf Verlangen ist ihm eine Abschrift der Verfügung zu ertheilen.

§. 17.

Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so endigt die Frist mit dem Ablaufe des nächstfolgenden Werktags.

§. 18.

Erachtet das Gericht eine von ihm erlassene Verfügung nachträglich für ungerechtfertigt, so ist es berechtigt, sie zu ändern; soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, darf die Aenderung nur auf Antrag erfolgen.
Zu der Aenderung einer Verfügung, die der sofortigen Beschwerde unterliegt, ist das Gericht nicht befugt.

§. 19.

Gegen die Verfügungen des Gerichts erster Instanz findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.
Ueber die Beschwerde entscheidet das Landgericht.

§. 20.

Die Beschwerde steht Jedem zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist.
Soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.

§. 21.

Die Beschwerde kann bei dem Gerichte, dessen Verfügung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden.
Die Einlegung erfolgt durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zum Protokolle des Gerichtsschreibers desjenigen Gerichts, dessen Verfügung angefochten wird, oder des Gerichtsschreibers des Beschwerdegerichts.

§. 22.

Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem die Verfügung dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden ist.
Einem Beschwerdeführer, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, ist auf Antrag von dem Beschwerdegerichte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ertheilen, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Thatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Eine Versäumung der Frist, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren Grund hat, wird als eine unverschuldete nicht angesehen. Gegen die Entscheidung über den Antrag findet die sofortige weitere Beschwerde statt. Nach dem Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

§. 23.

Die Beschwerde kann auf neue Thatsachen und Beweise gestützt werden.

§. 24.

Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen eine Verfügung gerichtet ist, durch die eine Strafe festgesetzt wird.
Das Gericht, dessen Verfügung angefochten wird, kann anordnen, daß die Vollziehung auszusetzen ist.
Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Verfügung auszusetzen ist.

§. 25.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist mit Gründen zu versehen.

§. 26.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird in den Fällen, in welchen die sofortige weitere Beschwerde stattfindet, erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

§. 27.

Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zulässig, wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Die Vorschriften der §§. 512, 513, 524, 526 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 28.

Ueber die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht.
Will das Oberlandesgericht bei der Auslegung einer reichsgesctzliehen Vorschrift, welche eine der im §. 1 bezeichneten Angelegenheiten betrifft, von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts, falls aber über die Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des Reichsgerichts ergangen ist, von dieser abweichen, so hat es die weitere Beschwerde unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Reichsgerichte vorzulegen. Der Beschluß über die Vorlegung ist dem Beschwerdeführer bekannt zu machen.
In den Fällen des Abs. 2 entscheidet über die weitere Beschwerde das Reichsgericht.

§. 29.

Die weitere Beschwerde kann bei dem Gericht erster Instanz, bei dem Landgericht oder bei dem Oberlandesgericht eingelegt werden. Erfolgt die Einlegung durch Einreichung einer Beschwerdeschrift, so muß diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Der Zuziehung eines Rechtsanwalts bedarf es nicht, wenn die Beschwerde von einer Behörde oder von einem Notar eingelegt wird, der in der Angelegenheit für den Beschwerdeführer einen Antrag bei dem Gericht erster Instanz gestellt hat.
Soweit eine Verfügung der sofortigen Beschwerde unterliegt, findet auch gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts die sofortige weitere Beschwerde statt.
Das Gericht erster Instanz und das Landgericht sind nicht befugt, der weiteren Beschwerde abzuhelfen.
Im Uebrigen finden die Vorschriften über die Beschwerde entsprechende Anwendung.

§. 30.

Die Entscheidungen über Beschwerden erfolgen bei den Landgerichten durch eine Civilkammer, bei den Oberlandesgerichten und bei dem Reichsgerichte durch einen Civilsenat. Ist bei einem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so tritt für Handelssachen diese Kammer an die Stelle der Civilkammer.
Die Vorschriften des §. 137 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden entsprechende Anwendung.

§. 31.

Zeugnisse über die Rechtskraft einer Verfügung sind von dem Gerichtsschreiber erster Instanz zu ertheilen.

§. 32.

Ist eine Verfügung, durch die Jemand die Fähigkeit oder die Befugniß zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder zur Entgegennahme einer Willenserklärung erlangt, ungerechtfertigt, so hat, sofern nicht die Verfügung wegen Mangels der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts unwirksam ist, die Aufhebung der Verfügung auf die Wirksamkeit der inzwischen von ihm oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtsgeschäfte keinen Einfluß.

§. 33.

Soll in den gesetzlich zugelassenen Fällen Jemand durch Ordnungsstrafen zur Befolgung einer gerichtlichen Anordnung angehalten werden, so muß der Festsetzung der Strafe eine Androhung vorausgehen. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.

§. 34.

Die Einsicht der Gerichtsakten kann Jedem insoweit gestattet werden, als er ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Das Gleiche gilt von der Ertheilung einer Abschrift; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.

Zweiter Abschnitt. Vormundschaftssachen.

§. 35.

Für die dem Vormundschaftsgericht obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte zuständig.

§. 36.

Für die Vormundschaft ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Mündel zu der Zeit, zu welcher die Anordnung der Vormundschaft erforderlich wird, seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Wird die Anordnung einer Vormundschaft über Geschwister erforderlich, die in den Bezirken verschiedener Vormundschaftsgerichte ihren Wohnsitz oder ihren Aufenthalt haben, so ist, wenn für einen der Mündel schon eine Vormundschaft anhängig ist, das für diese zuständige Gericht, anderenfalls dasjenige Gericht, in dessen Bezirke der jüngste Mündel seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt hat, für alle Geschwister maßgebend.
Ist der Mündel ein Deutscher und hat er im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Mündel seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht, falls der Mündel einem Bundesstaat angehört, von der Landesjustizverwaltung, anderenfalls von dem Reichskanzler bestimmt.
Für die Vormundschaft über einen Minderjährigen, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Minderjährige aufgefunden wurde.

§. 37.

Soll Jemand nach §. 1909 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einen Pfleger erhalten, so ist, wenn bei einem inländischen Gericht eine Vormundschaft über ihn anhängig ist, für die Pflegschaft dieses Gericht zuständig. Im Uebrigen finden auf die Pflegschaft die Vorschriften des §. 36 Anwendung.
Für die Pflegschaft über einen Ausländer, für den bei einem inländischen Gericht eine Vormundschaft nicht anhängig ist und der im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt.

§. 38.

Auf die Zuständigkeit für die Pflegschaft über einen Gebrechlichen finden die Vorschriften des §. 36 Abs. 1, 2 und des §. 37 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

§. 39.

Für die Pflegschaft über einen Abwesenden ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Abwesende seinen Wohnsitz hat.
Hat der Abwesende im Inlande keinen Wohnsitz, so finden die Vorschriften des §. 36 Abs. 2 und des §. 37 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

§. 40.

Für die Pflegschaft über eine Leibesfrucht ist das Gericht zuständig, welches für die Vormundschaft zuständig sein würde, falls das Kind zu der Zeit, zu welcher das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt, geboren wäre.

§. 41.

Wird im Falle des §. 1913 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Anordnung einer Pflegschaft für den bei einer Angelegenheit Betheiligten erforderlich, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt.

§. 42.

Für die Pflegschaft zum Zwecke der Verwaltung und Verwendung eines durch öffentliche Sammlung zusammengebrachten Vermögens ist das Gericht des Ortes zuständig, an welchem bisher die Verwaltung geführt wurde.

§. 43.

Die Zuständigkeit für eine Verrichtung des Vormundschaftsgerichts, die nicht eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft betrifft, bestimmt sich, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt, nach den Vorschriften des §. 36 Abs. 1, 2; maßgebend ist für jede einzelne Angelegenheit der Zeitpunkt, in welchem das Gericht mit ihr befaßt wird.
Ist für die Person, in Ansehung deren die Verrichtung des Vormundschaftsgerichts erforderlich wird, eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft anhängig oder ist der Mutter, unter deren elterlicher Gewalt sie steht, ein Beistand bestellt, so ist das Gericht zuständig, bei welchem die Vormundschaft, Pflegschaft oder Beistandschaft anhängig ist.

§. 44.

Für die in den §§. 1665, 1846 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und im Artikel 23 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bezeichneten Maßregeln ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt. Das Gericht soll, wenn eine Vormundschaft, Pflegschaft oder Beistandschaft anhängig ist, von den angeordneten Maßregeln dem nach §. 43 Abs. 2 zuständigen Gerichte Mittheilung machen.

§. 45.

Wird in einer Angelegenheit, welche die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander oder das eheliche Güterrecht betrifft, eine Verrichtung des Vormundschaftsgerichts erforderlich, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Mann seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat.
Ist der Mann ein Deutscher und hat er im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so finden die Vorschriften des §. 36 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
Hat der Mann die Reichsangehörigkeit verloren, die Frau sie aber behalten, so ist, wenn der Mann im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt hat, das Gericht zuständig, in dessen Bezirke die Frau ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat; hat sie im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so finden die Vorschriften des §. 36 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
Für die Zuständigkeit ist in Ansehung jeder einzelnen Angelegenheit der Zeitpunkt maßgebend, in welchem das Gericht mit ihr befaßt wird.

§. 46.

Das Vormundschaftsgericht kann die Vormundschaft aus wichtigen Gründen an ein anderes Vormundschaftsgericht abgeben, wenn sich dieses zur Uebernahme der Vormundschaft bereit erklärt; nach der Bestellung des Vormundes ist jedoch dessen Zustimmung erforderlich.
Einigen sich die Gerichte nicht oder verweigert der Vormund oder, wenn mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen, einer von ihnen seine Zustimmung, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht. Eine Anfechtung der Entscheidung findet nicht statt.
Diese Vorschriften finden auf die Pflegschaft und die im §. 43 bezeichneten Angelegenheiten entsprechende Anwendung.

§. 47.

Ist über einen Deutschen, der im Auslande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderliche Vormundschaft im Ausland angeordnet, so kann die Anordnung der Vormundschaft im Inland unterbleiben, wenn dies im Interesse des Mündels liegt.
Hat ein Deutscher, über den im Inland eine Vormundschaft angeordnet ist, im Auslande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt, so kann das Gericht, bei welchem die Vormundschaft anhängig ist, sie an den ausländischen Staat abgeben, wenn dies im Interesse des Mündels liegt, der Vormund seine Zustimmung ertheilt und der ausländische Staat sich zur Uebernahme bereit erklärt. Verweigert der Vormund oder, wenn mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen, einer von ihnen seine Zustimmung, so entscheidet an Stelle des Gerichts, bei welchem die Vormundschaft anhängig ist, das im Instanzenzuge vorgeordnete Gericht. Eine Anfechtung der Entscheidung findet nicht statt.
Diese Vorschriften gelten auch für die Pflegschaft.

§. 48.

Wird bei einem Standesbeamten der Tod einer Person, die ein minderjähriges Kind hinterlassen hat, oder die Geburt eines ehelichen Kindes nach dem Tode des Vaters oder die Geburt eines unehelichen Kindes oder die Auffindung eines Minderjährigen, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, angezeigt oder wird vor einem Standesbeamten von einer Frau, die ein minderjähriges eheliches Kind hat, eine Ehe geschlossen, so hat der Standesbeamte hiervon dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen.

§. 49.

Erlangt der Gemeindewaisenrath von einem Falle Kenntniß, in welchem ein Vormund, ein Gegenvormund oder ein Pfleger zu bestellen ist, so hat er dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen. Zugleich soll er die Person vorschlagen, die sich zum Vormunde, Gegenvormund oder Pfleger eignet.

§. 50.

Wird die Anordnung einer Vormundschaft oder einer Pflegschaft in Folge eines gerichtlichen Verfahrens erforderlich, so hat das Gericht das zuständige Vormundschaftsgericht hiervon zu benachrichtigen.

§. 51.

Eine Verfügung, durch die von dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der Vater oder die Mutter auf längere Zeit an der Ausübung der elterlichen Gewalt thatsächlich verhindert ist, tritt mit der Bestellung des Vormundes in Wirksamkeit; hat jedoch während der Verhinderung des Vaters die Mutter die elterliche Gewalt auszuüben, so wird die Verfügung mit der Bekanntmachung an die Mutter wirksam.
Eine Verfügung, durch die von dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der Grund für das Ruhen der elterlichen Gewalt des Vaters oder der Mutter nicht mehr besteht, wird mit der Bekanntmachung an den Vater oder an die Mutter wirksam.

§. 52.

Eine Verfügung, durch die ein Volljähriger unter vorläufige Vormundschaft gestellt wird, tritt, wenn die Entmündigung wegen Geisteskrankheit beantragt ist, mit der Bestellung des Vormundes, wenn die Entmündigung wegen Geistesschwäche, wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht beantragt ist, mit der Bekanntmachung an den zu Entmündigenden, eine Verfügung, durch die eine vorläufige Vormundschaft aufgehoben wird, tritt mit der Bekanntmachung an den Mündel in Wirksamkeit.

§. 53.

Eine Verfügung, durch die auf Antrag die Ermächtigung oder die Zustimmung eines Anderen zu einem Rechtsgeschäft ersetzt oder dem Manne die im §. 1358 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehene Ermächtigung zur Kündigung ertheilt oder durch welche die Beschränkung oder die Ausschließung der nach §. 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Frau zustehenden Rechte aufgehoben wird, tritt erst mit der Rechtskraft in Wirksamkeit. Das Gleiche gilt von einer Verfügung, durch die auf Antrag des Kindes die Zustimmung der Mutter zur Ehelichkeitserklärung ihres Kindes ersetzt wird.
Bei Gefahr im Verzuge kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit der Verfügung anordnen. Die Verfügung tritt mit der Bekanntmachung an den Antragsteller in Wirksamkeit.

§. 54.

Liegen nach dem Ermessen des Vormundschaftsgerichts die Voraussetzungen vor, unter denen der Vormund, der Pfleger oder der Beistand zur Sicherheitsleistung angehalten werden kann, so ist das Gericht befugt, das Grundbuchamt um die Eintragung einer Sicherungshypothek an Grundstücken des Vormundes, des Pflegers oder des Beistandes zu ersuchen. Der Vormund, der Pfleger oder der Beistand soll soweit thunlich vorher gehört werden. Die Hypothek entsteht mit der Eintragung.
Diese Vorschriften finden auf die Eintragung eines Pfandrechts an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiffe entsprechende Anwendung.

§. 55.

Eine Verfügung, durch welche die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft ertheilt oder verweigert wird, kann von dem Vonnundschaftsgericht insoweit nicht mehr geändert werden, als die Genehmigung oder deren Verweigerung einem Dritten gegenüber wirksam geworden ist.
Eine Verfügung, durch welche die Zustimmung zu einer Ehelichkeitserklärung ersetzt wird, kann nicht mehr geändert werden, wenn die Ehelichkeitserklärung erfolgt ist.

§. 56.

Die Volljährigkeitserklärung soll nur auf Antrag des Minderjährigen oder desjenigen gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen erfolgen, welchem die Sorge für die Person zusteht.
Die Verfügung, durch welche der Minderjährige für volljährig erklärt wird, tritt erst mit der Rechtskraft in Wirksamkeit.

§. 57.

Die Beschwerde steht, unbeschadet der Vorschriften des §. 20, zu:

1. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer Vormundschaft abgelehnt oder eine Vormundschaft aufgehoben wird, Jedem, der ein rechtliches Interesse an der Aenderung der Verfügung hat, sowie dem Ehegatten, den Verwandten und Verschwägerten des Mündels, es sei denn, daß die Verfügung eine vorläufige Vormundschaft betrifft;
2. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer vorläufigen Vormundschaft abgelehnt oder eine solche Vormundschaft aufgehoben wird, denjenigen, welche den Antrag auf Entmündigung zu stellen berechtigt sind;
3. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer Pflegschaft abgelehnt oder eine Pflegschaft aufgehoben wird, Jedem, der ein rechtliches Interesse an der Aenderung der Verfügung hat, in den Fällen der §§. 1909, 1910 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch dem Ehegatten sowie den Verwandten und Verschwägerten des Pflegebefohlenen; diese Vorschrift gilt jedoch im Falle des §. 1910 nur dann, wenn eine Verständigung mit dem Pflegebefohlenen nicht möglich ist;
4. gegen eine Verfügung, durch welche die Einsetzung eines Familienraths abgelehnt oder der Familienrath aufgehoben wird, dem Ehegatten sowie den Verwandten und Verschwägerten des Mündels;
5. gegen eine Verfügung, durch die in den Fällen des §. 1687 Nr. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Bestellung eines Beistandes der Mutter abgelehnt oder die Bestellung aufgehoben wird, dem Ehegatten sowie den Verwandten und Verschwägerten des Kindes;
6. gegen eine Verfügung, durch die ein Antrag des Gegenvormundes oder des Beistandes zurückgewiesen wird, gegen den gesetzlichen Vertreter wegen pflichtwidrigen Verhaltens einzuschreiten oder den Vormund oder den Pfleger aus einem der im §. 1886 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Gründe zu entlassen, dem Antragsteller;
7. gegen eine Verfügung, durch die dem Vormund oder dem Pfleger eine Vergütung bewilligt wird, dem Gegenvormunde;
8. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer der in den §§. 1665 bis 1667 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Maßregeln abgelehnt oder eine solche Maßregel aufgehoben wird, den Verwandten und Verschwägerten des Kindes;
9. gegen eine Verfügung, die eine Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Kindes oder des Mündels betreffende Angelegenheit enthält, Jedem, der ein berechtigtes Interesse hat, diese Angelegenheit wahrzunehmen.
Die Vorschrift des Abs. 1 Nr. 9 findet auf die sofortige Beschwerde keine Anwendung.

§. 58.

Führen mehrere Vormünder oder Pfleger die Vormundschaft oder die Pflegschaft gemeinschaftlich, so kann jeder von ihnen für den Mündel das Beschwerderecht selbständig ausüben.
Diese Vorschrift findet in den Fällen der §§. 1629, 1798 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.

§. 59.

Ein unter elterlicher Gewalt stehendes Kind oder ein unter Vormundschaft stehender Mündel kann in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters das Beschwerderecht ausüben. Das Gleiche gilt in Angelegenheiten, in denen der Mündel vor einer Entscheidung des Vormundschaftsgerichts gehört werden soll.
Diese Vorschriften finden auf Personen, die geschäftsunfähig sind oder nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, keine Anwendung.

§. 60.

Die sofortige Beschwerde findet statt:

1. gegen eine Verfügung, durch die ein als Vormund, Pfleger, Gegenvormund, Beistand oder Mitglied des Familienraths Berufener übergangen wird;
2. gegen eine Verfügung, durch welche die Weigerung, eine Vormundschaft, Pflegschaft, Gegenvormundschaft oder Beistandschaft zu übernehmen, zurückgewiesen wird;
3. gegen eine Verfügung, durch die ein Vormund, Pfleger, Gegenvormund oder Beistand gegen seinen Willen entlassen wird;
4. gegen eine Verfügung, durch die der Familienrath aufgehoben oder ein Mitglied des Familienraths gegen seinen Willen entlassen wird;
5. gegen eine Verfügung, durch die ein Volljähriger unter vorläufige Vormundschaft gestellt wird;
6. gegen Verfügungen, die erst mit der Rechtskraft wirksam werden.
Die Frist beginnt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 mit dem Zeitpunkt, in welchem der Beschwerdeführer von seiner Uebergehung Kenntniß erlangt, im Falle der Aufhebung des Familienraths mit dem Zeitpunkt, in welchem das Vormundschaftsgericht die bisherigen Mitglieder von der Aufhebung in Kenntniß setzt.

§. 61.

Wird eine Verfügung, durch die ein Volljähriger unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist, von dem Beschwerdegericht aufgehoben, so kann die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem Volljährigen vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht auf Grund der aufgehobenen Verfügung in Frage gestellt werden.

§. 62.

Soweit eine Verfügung nach §. 55 von dem Vormundschaftsgerichte nicht mehr geändert werden kann, ist auch das Beschwerdegericht nicht berechtigt, sie zu ändern.

§. 63.

Auf die weitere Beschwerde finden die Vorschriften der §§. 57 bis 62 entsprechende Anwendung.

§. 64.

Gegen eine Verfügung, durch die über die Entlassung eines Mitglieds des Familienraths von dem Gerichte, welches dem Vormundschaftsgericht im Instanzenzuge vorgeordnet ist, entschieden wird, findet die Beschwerde an das Oberlandesgericht statt. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen.

Dritter Abschnitt. Annahme an Kindesstatt.

§. 65.

Die Bestätigung des Vertrags, durch welchen Jemand an Kindesstatt angenommen oder das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß wieder aufgehoben wird, gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte.

§. 66.

Für die Bestätigung ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Annehmende zu der Zeit, zu welcher der Antrag auf Bestätigung eingereicht oder nach Maßgabe des §. 1753 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Gericht oder der Notar mit der Einreichung betraut wird, seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat.
Ist der Annehmende ein Deutscher und hat er im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Annehmende seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht, falls der Annehmende einem Bundesstaat angehört, von der Landesjustizverwaltung, anderenfalls von dem Reichskanzler bestimmt.

§. 67.

Der Beschluß, durch den die Bestätigung ertheilt wird, tritt mit der Bekanntmachung an den Annehmenden in Wirksamkeit.
Ist die Bestätigung noch nach dem Tode des Annehmenden zulässig, so tritt der Beschluß, unbeschadet der Vorschriften des §. 1753 Abs. 3 und des §. 1770 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, mit der Bekanntmachung an das Kind in Wirksamkeit; wird nach dem Tode des Kindes das zwischen den übrigen Betheiligten bestehende Rechtsverhältniß durch Vertrag aufgehoben, so tritt der Beschluß, durch welchen die Aufhebung nach dem Tode des Annehmenden bestätigt wird, mit der Bekanntmachung an die übrigen Betheiligten in Wirksamkeit.
Das Gericht ist zu einer Aenderung des Beschlusses nicht befugt.

§. 68.

Gegen den Beschluß, durch welchen die Bestätigung ertheilt wird, findet kein Rechtsmittel statt.
Gegen den Beschluß, durch welchen die Bestätigung versagt wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Beschwerde steht jedem der Vertragschließenden zu, auch wenn der Antrag auf Bestätigung von ihm nicht gestellt war. Die Vorschriften des §. 22 Abs. 2, des §. 24 Abs. 3 und des §. 26 Satz 2 finden keine Anwendung.

Vierter Abschnitt. Personenstand.

§. 69.

Für die nach dem Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) dem Gericht erster Instanz obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte zuständig.

§. 70.

Gegen eine Verfügung, durch die angeordnet wird, daß eine Eintragung in dem Standesregister zu berichtigen ist, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Verfügung tritt erst mit der Rechtskraft in Wirksamkeit.

§. 71.

Sind Vorgänge, die auf Antrag eines Betheiligten in dem Standesregister am Rande einer Eintragung zu vermerken sind, von einem Notar beurkundet, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen des Betheiligten, dessen Erklärung beurkundet ist, die Eintragung des Vermerkes in das Standesregister zu beantragen.

Fünfter Abschnitt. Nachlaß- und Theilungssachen.

§. 72.

Für die dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte zuständig.

§. 73.

Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitze, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte; in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte.
Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Amtsgericht, falls der Erblasser zur Zeit des Erbfalls einem Bundesstaat angehörte, von der Landesjustizverwaltung, anderenfalls von dem Reichskanzler bestimmt.
Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist jedes Gericht, in dessen Bezirke sich Nachlaßgegenstände befinden, in Ansehung aller im Inlande befindlichen Nachlaßgegenstände zuständig. Die Vorschriften des §. 2369 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung.

§. 74.

Für die Sicherung des Nachlasses ist jedes Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt. Das Gericht soll von den angeordneten Maßregeln dem nach §. 73 zuständigen Nachlaßgerichte Mittheilung machen.

§. 75.

Auf die Nachlaßpflegschaft finden die für Vormundschaftssachen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Unberührt bleiben die Vorschriften über die Zuständigkeit des Nachlaßgerichts; das Nachlaßgericht kann jedoch die Pflegschaft nach Maßgabe des §. 46 an ein anderes Nachlaßgericht abgeben.

§. 76.

Gegen eine Verfügung, durch die dem Antrage des Erben, die Nachlaßverwaltung anzuordnen, stattgegeben wird, ist die Beschwerde unzulässig.
Gegen eine Verfügung, durch die dem Antrag eines Nachlaßgläubigers, die Nachlaßverwaltung anzuordnen, stattgegeben wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Beschwerde steht nur dem Erben, bei Miterben jedem Erben, sowie dem Testamentsvollstrecker zu, welcher zur Verwaltung des Nachlasses berechtigt ist.

§. 77.

Gegen eine Verfügung, durch die dem Erben eine Inventarfrist bestimmt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
Das Gleiche gilt von einer Verfügung, durch die über die Bestimmung einer neuen Inventarfrist oder über den Antrag des Erben, die Inventarfrist zu verlängern, entschieden wird.
In den Fällen der Abs. 1, 2 beginnt die Frist zur Einlegung der Beschwerde für jeden Nachlaßgläubiger mit dem Zeitpunkt, in welchem die Verfügung demjenigen Nachtaßgläubiger bekannt gemacht wird, welcher den Antrag auf die Bestimmung der Inventarfrist gestellt hat.

§. 78.

Hat das Nachlaßgericht nach §. 1964 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festgestellt, daß ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, so steht die Einsicht der dieser Feststellung vorausgegangenen Ermittelungen Jedem zu, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Das Gleiche gilt von der Einsicht einer Verfügung, welche die Bestimmung einer Inventarfrist oder die Ernennung oder die Entlassung eines Testamentsvollstreckers betrifft, eines Protokolls über die Leistung des im §. 79 bezeichneten Eides sowie von der Einsicht eines Erbscheins und eines der in den §§. 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den §§. 37, 38 der Grundbuchordnung vorgesehenen gerichtlichen Zeugnisse.
Von den Schriftstücken, deren Einsicht gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.

§. 79.

Verlangt ein Nachlaßgläubiger von dem Erben die Leistung des im §. 2006 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Offenbarungseids, so kann die Bestimmung des Termins zur Leistung des Eides sowohl von dem Nachlaßgläubiger als von dem Erben beantragt werden. Zu dem Termine sind beide Theile zu laden. Die Anwesenheit des Gläubigers ist nicht erforderlich.

§. 80.

Gegen eine Verfügung, durch die nach den §§. 2151, 2153 bis 2155, 2192, 2193 und dem §. 2198 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Beschwerten oder einem Dritten eine Frist zur Erklärung bestimmt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

§. 81.

Gegen eine Verfügung, durch die von dem Nachlaßgericht ein Testamentsvollstrecker ernannt oder einem zum Testamentsvollstrecker Ernannten eine Frist zur Erklärung über die Annahme des Amtes bestimmt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
Das Gleiche gilt von einer Verfügung, durch die ein Testamentsvollstrecker gegen seinen Willen entlassen wird.

§. 82.

Führen mehrere Testamentsvollstrecker das Amt gemeinschaftlich, so steht gegen eine Verfügung, durch die das Nachlaßgericht Anordnungen des Erblassers für die Verwaltung des Nachlasses außer Kraft setzt oder bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Testamentsvollstreckern entscheidet, jedem Testamentsvollstrecker die Beschwerde selbständig zu.
Auf eine Verfügung, durch die bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Testamentsvollstreckern über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts das Nachlaßgericht entscheidet, finden die Vorschriften des §. 53 und des §. 60 Abs. 1 Nr. 6 entsprechende Anwendung.

§. 83.

Das Nachlaßgericht kann im Falle des §. 2259 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Besitzer des Testaments durch Ordnungsstrafen zur Ablieferung des Testaments anhalten.
Besteht Grund zu der Annahme, daß Jemand ein Testament im Besitze hat, zu dessen Ablieferung er nach §. 2259 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet ist, so kann er von dem Nachlaßgerichte zur Leistung des Offenbarungseids angehalten werden; die Vorschriften des §. 769 Abs. 2, 3, des §. 781 Abs. 1 und der §§. 782, 783, 785 bis 791, 793, 794 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 84.

Gegen einen Beschluß, durch den ein Erbschein für kraftlos erklärt wird, findet die Beschwerde nicht statt. Das Gleiche gilt von einem Beschlusse, durch den eines der in den §§. 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den §§. 37, 38 der Grundbuchordnung vorgesehenen gerichtlichen Zeugnisse für kraftlos erklärt wird.

§. 85.

Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann verlangen, daß ihm von dem Gericht eine Ausfertigung des Erbscheins ertheilt werde. Das Gleiche gilt in Ansehung der im §. 84 Satz 2 bezeichneten Zeugnisse sowie in Ansehung der gerichtlichen Verfügungen, die sich auf die Ernennung oder die Entlassung eines Testamentsvollstreckers beziehen.

§. 86.

Hinterläßt ein Erblasser mehrere Erben, so hat das Nachlaßgericht auf Antrag die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses zwischen den Betheiligten zu vermitteln, sofern nicht ein zur Bewirkung der Auseinandersetzung berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist.
Antragsberechtigt ist jeder Miterbe, der Erwerber eines Erbtheils sowie derjenige, welchem ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch an einem Erbtheile zusteht.

§. 87.

In dem Antrage sollen die Betheiligten und die Theilungsmasse bezeichnet werden.
Hält das Gericht vor der Verhandlung mit den Betheiligten eine weitere Aufklärung für angemessen, so hat es den Antragsteller zur Ergänzung des Antrags, insbesondere zur Angabe der den einzelnen Betheiligten in Ansehung des Nachlasses zustehenden Ansprüche, zu veranlassen. Es kann dem Antragsteller auch die Beschaffung der Unterlagen aufgeben.

§. 88.

Einem abwesenden Betheiligten kann, wenn die Voraussetzungen der Abwesenheitspflegschaft vorliegen und eine Pflegschaft über ihn nicht bereits anhängig ist, für das Auseinandersetzungsverfahren von dem Nachlaßgericht ein Pfleger bestellt werden. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht.

§. 89.

Das Gericht hat den Antragsteller und die übrigen Betheiligten, diese unter Mittheilung des Antrags, zu einem Verhandlungstermine zu laden. Die Ladung durch öffentliche Zustellung ist unzulässig. Die Ladung soll den Hinweis darauf enthalten, daß ungeachtet des Ausbleibens eines Betheiligten über die Auseinandersetzung verhandelt werden würde und daß, falls der Termin vertagt oder ein neuer Termin zur Fortsetzung der Verhandlung anberaumt werden sollte, die Ladung zu dem neuen Termin unterbleiben könne. Sind Unterlagen für die Auseinandersetzung vorhanden, so ist in der Ladung zu bemerken, daß die Unterlagen auf der Gerichtsschreiberei eingesehen werden können.

§. 90.

Die Frist zwischen der Ladung und dem Termine muß mindestens zwei Wochen betragen.
Diese Vorschrift findet auf eine Vertagung sowie auf einen Termin zur Fortsetzung der Verhandlung keine Anwendung. In diesen Fällen kann die Ladung der zu dem früheren Termine geladenen Betheiligten durch die Verkündung des neuen Termins ersetzt werden.

§. 91.

Treffen die erschienenen Betheiligten vor der Auseinandersetzung eine Vereinbarung über vorbereitende Maßregeln, insbesondere über die Art der Theilung, so hat das Gericht die Vereinbarung zu beurkunden. Das Gleiche gilt, wenn nur ein Betheiligter erschienen ist, in Ansehung der von diesem gemachten Vorschläge.
Sind die Betheiligten sämmtlich erschienen, so hat das Gericht die von ihnen getroffene Vereinbarung zu bestätigen. Dasselbe gilt, wenn die nicht erschienenen Betheiligten ihre Zustimmung zu gerichtlichem Protokoll oder in einer öffentlich beglaubigten Urkunde ertheilen.
Ist ein Betheiligter nicht erschienen, so hat das Gericht, sofern er nicht nach Abs. 2 Satz 2 zugestimmt hat, ihm den Inhalt der Urkunde, soweit dieser ihn betrifft, bekannt zu machen und ihn gleichzeitig zu benachrichtigen, daß er die Urkunde auf der Gerichtsschreiberei einsehen und eine Abschrift der Urkunde fordern könne. Die Bekanntmachung muß den Hinweis darauf enthalten, daß, wenn der Betheiligte nicht innerhalb einer von dem Gerichte zu bestimmenden Frist die Anberaumung eines neuen Termins beantrage oder wenn er in dem neuen Termine nicht erscheine, sein Einverständniß mit dem Inhalte der Urkunde angenommen werden würde. Beantragt der Betheiligte rechtzeitig die Anberaumung eines neuen Termins und erscheint er in diesem Termine, so ist die Verhandlung fortzusetzen. Anderenfalls hat das Gericht die Vereinbarung zu bestätigen.

§. 92.

War im Falle des §. 91 der Betheiligte ohne sein Verschulden verhindert, die Anberaumung eines neuen Termins rechtzeitig zu beantragen oder in dem neuen Termine zu erscheinen, so ist ihm auf Antrag von dem Gerichte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ertheilen, wenn er binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses die Anberaumung eines neuen Termins beantragt und die Thatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Eine Versäumung, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren Grund hat, wird als eine unverschuldete nicht angesehen. Nach dem Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

§. 93.

Sobald nach Lage der Sache die Auseinandersetzung stattfinden kann, hat das Gericht einen Auseinandersetzungsplan anzufertigen. Sind die erschienenen Betheiligten mit dem Inhalte des Planes einverstanden, so hat das Gericht die Auseinandersetzung zu beurkunden. Sind die Betheiligten sämmtlich erschienen, so hat das Gericht die Auseinandersetzung zu bestätigen; dasselbe gilt, wenn die nicht erschienenen Betheiligten ihre Zustimmung zu gerichtlichem Protokoll oder in einer öffentlich beglaubigten Urkunde ertheilen.
Ist ein Betheiligter nicht erschienen, so hat das Gericht nach §. 91 Abs. 3 zu verfahren. Die Vorschriften des §. 92 finden entsprechende Anwendung.

§. 94.

Ist vereinbart, daß eine Vertheilung durch das Loos geschehen soll, so wird das Loos, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, für die nicht erschienenen Betheiligten von einem durch das Gericht zu bestellenden Vertreter gezogen.

§. 95.

Ergeben sich bei den Verhandlungen Streitpunkte, so ist ein Protokoll darüber aufzunehmen und das Verfahren bis zur Erledigung der Streitpunkte auszusetzen. Soweit bezüglich der unstreitigen Punkte die Aufnahme einer Urkunde ausführbar ist, hat das Gericht nach den §§. 91, 93 zu verfahren.

§. 96.

Gegen den Beschluß, durch welchen eine vorgängige Vereinbarung oder eine Auseinandersetzung bestätigt, sowie gegen den Beschluß, durch welchen über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluß kann nur darauf gegründet werden, daß die Vorschriften über das Verfahren nicht beobachtet seien.

§. 97.

Eine vorgängige Vereinbarung sowie eine Auseinandersetzung ist nach dem Eintritte der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses für alle Betheiligten in gleicher Weise verbindlich wie eine vertragsmäßige Vereinbarung oder Auseinandersetzung.
Bedarf ein Betheiligter zur Vereinbarung oder zur Auseinandersetzung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, so ist, wenn er im Inlande keinen Vormund, Pfleger oder Beistand hat, für die Ertheilung oder die Verweigerung der Genehmigung an Stelle des Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht zuständig.

§. 98.

Aus einer vorgängigen Vereinbarung sowie aus einer Auseinandersetzung findet nach dem Eintritte der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses die Zwangsvollstreckung statt. Die Vorschriften der §§. 703, 705 der Civilprozeßordnung finden Anwendung.

§. 99.

Nach der Beendigung einer ehelichen Gütergemeinschaft oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft finden auf die Auseinandersetzung in Ansehung des Gesammtguts die Vorschriften der §§. 86 bis 98 entsprechende Anwendung.
Für die Auseinandersetzung ist, falls ein Antheil an dem Gesammtgute zu einem Nachlasse gehört, das Amtsgericht zuständig, welches für die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses zuständig ist. Im Uebrigen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke der Ehemann oder bei fortgesetzter Gütergemeinschaft der überlebende Ehegatte zur Zeit der Beendigung der Gütergemeinschaft seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hatte. Hatte der Ehemann oder der Ehegatte zu der bezeichneten Zeit im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so finden die Vorschriften des §. 73 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

Sechster Abschnitt. Schiffspfandrecht.

§. 100.

In Ansehung eines Pfandrechts an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiffe soll, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, eine Eintragung nur auf Antrag erfolgen. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag bei der Registerbehörde eingeht, soll auf dem Antrage genau vermerkt werden.
Antragsberechtigt ist Jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll. Die Vorschriften der §§. 14 bis 18 der Grundbuchordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 101.

Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.

§. 102.

Zur Berichtigung des Schiffsregisters bedarf es der Bewilligung desjenigen, dessen Recht von der Berichtigung betroffen wird, nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.

§. 103.

Ist eine Vormerkung oder ein Widerspruch auf Grund einer einstweiligen Verfügung eingetragen, so bedarf es zur Löschung nicht der Bewilligung des Berechtigten, wenn die einstweilige Verfügung durch eine vollstreckbare Entscheidung aufgehoben ist. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung eine Vormerkung oder ein Widerspruch eingetragen ist.

§. 104.

Soll die Uebertragung einer Forderung, für die ein Pfandrecht am Schiffe eingetragen ist oder für die ein solches Pfandrecht als Pfand haftet, eingetragen werden, so genügt es, wenn an Stelle der Eintragungsbewilligung die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt wird.
Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Belastung der Forderung eingetragen werden soll.

§. 105.

Ein Pfandrecht am Schiffe darf nur mit Zustimmung des eingetragenen Eigenthümers, ein das Pfandrecht belastendes Recht nur mit Zustimmung des eingetragenen Pfandgläubigers gelöscht werden. Für eine Löschung, die zur Berichtigung des Schiffsregisters erfolgen soll, ist die Zustimmung nicht erforderlich, wenn die Unrichtigkeit des Registers nachgewiesen wird.

§. 106.

In der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, in dem Eintragungsantrage sind der Name und die Ordnungsnummer, unter welcher das Schiff im Schiffsregister eingetragen ist, sowie die einzutragenden Geldbeträge in Reichswährung anzugeben.

§. 107.

Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen vor der Registerbehörde zu Protokoll gegeben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden.
Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei der Registerbehörde offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. Die Vorschriften der §§. 33 bis 38 der Grundbuchordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 108.

Für den Eintragungsantrag sowie für die Vollmacht zur Stellung eines solchen gelten die Vorschriften des §. 107 Abs. 1 nur, wenn durch den Antrag zugleich eine zu der Eintragung erforderliche Erklärung ersetzt werden soll.

§. 109.

Erklärungen, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen oder eine zur Stellung des Eintragungsantrags ertheilte Vollmacht widerrufen wird, bedürfen der im §. 107 Abs. 1 vorgeschriebenen Form.

§. 110.

In den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, die Registerbehörde um eine Eintragung zu ersuchen, erfolgt die Eintragung auf Grund des Ersuchens der Behörde.

§. 111.

Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn derjenige, dessen Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist.
Ist derjenige, dessen Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung, wenn die Uebertragung oder die Aufhebung des Rechtes eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet wird. Das Gleiche gilt für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers oder auf Grund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels, sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam ist.

§. 112.

Bei einem Pfandrechte für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Urkunde vorgelegt wird.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines nach den §§. 1189, 1270 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellten Vertreters oder auf Grund einer gegen diesen erlassenen gerichtlichen Entscheidung bewirkt werden soll.

§. 113.

Jede Eintragung soll den Tag, an welchem sie erfolgt ist, angeben und mit der Unterschrift des zuständigen Beamten versehen werden.

§. 114.

Die Eintragungen erhalten diejenige Reihenfolge, welche der Zeitfolge der Anträge entspricht; sind die Anträge gleichzeitig gestellt, so ist, wenn unter den Eintragungen ein Rangverhältniß besteht, im Schiffsregister zu vermerken, daß die Eintragungen gleichen Rang haben.
Diese Vorschriften finden insoweit keine Anwendung, als das Rangverhältniß von den Antragstellern abweichend bestimmt ist.

§. 115.

Die Löschung eines Rechtes oder einer Verfügungsbeschränkung erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerkes.

§. 116.

Werden mehrere Schiffe mit einem Pfandrechte belastet, so ist auf dem Blatte jedes Schiffes die Mitbelastung der übrigen von Amtswegen erkennbar zu machen. Das Gleiche gilt, wenn mit einem an einem Schiffe bestehenden Pfandrechte nachträglich noch ein anderes Schiff belastet wird. Soweit eine Mitbelastung erlischt, ist dies von Amtswegen zu vermerken.

§. 117.

Bei der Eintragung eines Pfandrechts für Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber genügt es, wenn der Gesammtbetrag der Forderungen unter Angabe der Anzahl, des Betrags und der Bezeichnung der Theile eingetragen wird.

§. 118.

Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies bei der Eintragung des Erben des Gläubigers von Amtswegen miteinzutragen, es sei denn, daß das eingetragene Recht der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nicht unterliegt.

§. 119.

Ergiebt sich, daß die Registerbehörde unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Schiffsregister unrichtig geworden ist, so ist von Amtswegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amtswegen zu löschen.

§. 120.

Jede Eintragung ist baldthunlichst auf dem Schiffscertifikat oder dem Schiffsbriefe zu vermerken.
Wird eine Urkunde über die Pfandforderung vorgelegt, so ist die Eintragung auch auf dieser Urkunde unter kurzer Bezeichnung des Inhalts der Eintragungen, welche dem Pfandrecht im Range vorgehen oder gleichstehen, zu vermerken. Der Vermerk ist mit Unterschrift und Siegel zu versehen.

§. 121.

Jede Eintragung soll dem Antragsteller und dem eingetragenen Eigenthümer sowie im Uebrigen allen aus dem Schiffsregister ersichtlichen Personen bekannt gemacht werden, zu deren Gunsten die Eintragung erfolgt ist oder deren Recht durch sie betroffen wird. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden.

§. 122.

Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß die Registerbehörde angewiesen wird, nach §. 119 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

§. 123.

Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung durch eine einstweilige Anordnung der Registerbehörde aufgeben, eine Vormerkung oder einen Widerspruch einzutragen.
Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amtswegen gelöscht, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder zurückgewiesen wird.

§. 124.

Bei der Einlegung der weiteren Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bedarf es der Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht, wenn die Beschwerde von dem Notar eingelegt wird, der die zu der Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt und im Namen eines Antragsberechtigten den Eintragungsantrag gestellt hat. Die Vorschrift des §. 29 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt.

Siebenter Abschnitt. Handelssachen.

§. 125.

Für die Führung des Handelsregisters sind die Amtsgerichte zuständig. Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung kann die Führung des Registers für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden.

§. 126.

Die Organe des Handelsstandes sind verpflichtet, die Registergerichte behufs der Verhütung unrichtiger Eintragungen sowie behufs der Berichtigung und Vervollständigung des Handelsregisters zu unterstützen; sie sind berechtigt, Anträge zu diesem Zwecke bei den Registergerichten zu stellen und gegen Verfügungen, durch die über solche Anträge entschieden wird, das Rechtsmittel der Beschwerde zu erheben.
Die näheren Bestimmungen werden von den Landesregierungen getroffen.

§. 127.

Das Registergericht kann, wenn eine von ihm zu erlassende Verfügung von der Beurtheilung eines streitigen Rechtsverhältnisses abhängig ist, die Verfügung aussetzen, bis über das Verhältniß im Wege des Rechtsstreits entschieden ist. Es kann, wenn der Rechtsstreit nicht anhängig ist, einem der Betheiligten eine Frist zur Erhebung der Klage bestimmen.

§. 128.

Die Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sowie die zur Aufbewahrung bei dem Gerichte bestimmten Zeichnungen von Unterschriften können zum Protokolle des Gerichtsschreibers des Registergerichts erfolgen.

§. 129.

Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen des zur Anmeldung Verpflichteten die Eintragung zu beantragen. Die Vorschriften des §. 124 finden entsprechende Anwendung.

§. 130.

Jede Eintragung soll den Tag, an welchem sie erfolgt ist, angeben und mit der Unterschrift des zuständigen Beamten versehen werden.
Jede Eintragung soll demjenigen, welcher sie beantragt hat, bekannt gemacht werden. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden.

§. 131.

Die Eintragung einer Zweigniederlassung ist von Amtswegen dem Registergerichte der Hauptniederlassung mitzutheilen und in dessen Register zu vermerken. Das Gleiche gilt, wenn die Zweigniederlassung aufgehoben wird.

§. 132.

Sobald das Registergericht von einem sein Einschreiten nach den §§. 14, 319 und dem §. 325 Nr. 9 des Handelsgesetzbuchs rechtfertigenden Sachverhalte glaubhafte Kenntniß erhält, hat es dem Betheiligten unter Androhung einer Ordnungsstrafe aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittelst Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen.
Die Beschwerde gegen diese Verfügung ist unzulässig.

§. 133.

Wird innerhalb der bestimmten Frist weder der gesetzlichen Verpflichtung genügt noch Einspruch erhoben, so ist die angedrohte Strafe festzusetzen und zugleich die frühere Verfügung unter Androhung einer erneuten Ordnungsstrafe zu wiederholen.
In gleicher Weise ist fortzufahren, bis der gesetzlichen Verpflichtung genügt oder Einspruch erhoben wird.

§. 134.

Wird rechtzeitig Einspruch erhoben, so hat das Gericht, wenn sich der Einspruch nicht ohne Weiteres als begründet ergiebt, zur Erörterung der Sache den Betheiligten zu einem Termine zu laden.
Das Gericht kann, auch wenn der Betheiligte nicht erscheint, nach Lage der Sache entscheiden.

§. 135.

Wird der Einspruch für begründet erachtet, so ist die erlassene Verfügung aufzuheben.
Anderenfalls hat das Gericht den Einspruch zu verwerfen und die angedrohte Strafe festzusetzen. Das Gericht kann, wenn die Umstände es rechtfertigen, von der Festsetzung einer Strafe absehen oder eine geringere als die angedrohte Strafe festsetzen.
Im Falle der Verwerfung des Einspruchs hat das Gericht zugleich eine erneute Verfügung nach §. 132 zu erlassen. Die in dieser Verfügung bestimmte Frist beginnt mit dem Eintritte der Rechtskraft der Verwerfung des Einspruchs.

§. 136.

Wird im Falle des §. 133 gegen die wiederholte Verfügung Einspruch erhoben und dieser für begründet erachtet, so kann das Gericht, wenn die Umstände es rechtfertigen, zugleich die früher festgesetzte Strafe aufheben oder an deren Stelle eine geringere Strafe festsetzen.

§. 137.

Gegen die Versäumung der Einspruchsfrist ist auf Antrag nach Maßgabe des §. 22 Abs. 2 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ertheilen.

§. 138.

Bei der Festsetzung der Ordnungsstrafe ist der Betheiligte zugleich in die Kosten des Verfahrens zu verurtheilen.

§. 139.

Gegen den Beschluß, durch welchen die Ordnungsstrafe festgesetzt oder der Einspruch verworfen wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
Ist die Strafe nach Maßgabe des §. 133 festgesetzt, so kann die Beschwerde nicht darauf gestützt werden, daß die Verfügung, durch welche die Strafe angedroht worden ist, nicht gerechtfertigt gewesen sei.

§. 140.

Soll nach §. 37 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs gegen eine Person eingeschritten werden, die eine ihr nicht zustehende Firma gebraucht, so finden die Vorschriften der §§. 132 bis 139 mit der Maßgabe Anwendung, daß

1. in der nach §. 132 zu erlassenden Verfügung dem Betheiligten aufgegeben wird, sich des Gebrauchs der Firma zu enthalten oder binnen bestimmter Frist den Gebrauch der Firma mittelst Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen;
2. die Ordnungsstrafe festgesetzt wird, falls kein Einspruch erhoben oder der erhobene Einspruch rechtskräftig verworfen ist und der Betheiligte nach der Bekanntmachung der Verfügung dieser zuwidergehandelt hat.

§. 141.

Soll nach §. 31 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs das Erlöschen einer Firma von Amtswegen in das Handelsregister eingetragen werden, so hat das Registergericht den eingetragenen Inhaber der Firma oder dessen Rechtsnachfolger von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. Die Frist darf nicht weniger als drei Monate betragen.
Sind die bezeichneten Personen oder deren Aufenthalt nicht bekannt, so erfolgt die Benachrichtigung und die Bestimmung der Frist durch Einrückung in diejenigen Blätter, welche für die Bekanntmachungen der Eintragungen in das Handelsregister bestimmt sind. Es kann angeordnet werden, daß die Bekanntmachung noch in andere Blätter eingerückt wird.
Wird Widerspruch erhoben, so entscheidet über ihn das Gericht. Gegen die den Widerspruch zurückweisende Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt.
Die Löschung darf nur erfolgen, wenn Widerspruch nicht erhoben oder wenn die den Widerspruch zurückweisende Verfügung rechtskräftig geworden ist.

§. 142.

Ist eine Eintragung in das Handelsregister bewirkt, obgleich sie wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, so kann das Registergericht sie von Amtswegen löschen. Die Löschung geschieht durch Eintragung eines Vermerkes.
Das Gericht hat den Betheiligten von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen.
Auf das weitere Verfahren finden die Vorschriften des §. 141 Abs. 3, 4 Anwendung.

§. 143.

Die Löschung einer Eintragung kann gemäß den Vorschriften des §. 142 auch von dem Landgerichte verfügt werden, welches dem Registergericht im Instanzenzuge vorgeordnet ist. Die Vorschrift des §. 30 Abs. 1 Satz 2 findet Anwendung.
Gegen die einen Widerspruch zurückweisende Verfügung des Landgerichts findet die sofortige Beschwerde an das Oberlandesgericht mit der Maßgabe statt, daß die Vorschriften des §. 28 Abs. 2,3 zur entsprechenden Anwendung kommen. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen.

§. 144.

Eine in das Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien kann gemäß den Vorschriften der §§. 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§. 309, 310 des Handelsgesetzbuchs die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Das Gleiche gilt für eine in das Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§. 75a, 75b des Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann.
Ein in das Handelsregister eingetragener Beschluß der Generalversammlung oder Versammlung der Gesellschafter einer der im Abs. 1 bezeichneten Gesellschaften kann gemäß den Vorschriften der §§. 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint.
In den Fällen der Abs. 1, 2 soll die nach §. 142 Abs. 2 zu bestimmende Frist mindestens drei Monate betragen.

§. 145.

Die Amtsgerichte sind zuständig für die nach §. 146 Abs. 2, §. 147, §. 157 Abs. 2, §. 166 Abs. 3, §. 192 Abs. 3, §. 254 Abs. 3, §. 266 Abs. 2, §. 268 Abs. 2, §. 295 Abs. 2, 3, §. 302 Abs. 2 bis 4, §. 338 Abs. 3, §. 524 Abs. 1, 2, §. 530 Abs. 1, §§. 590, 685, §. 729 Abs. 1, §. 884 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs von dem Gerichte zu erledigenden Angelegenheiten.
Ist die Führung des Handelsregisters für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen worden, so gehören zur Zuständigkeit dieses Amtsgerichts auch die im Abs. 1 bezeichneten Angelegenheiten, mit Ausnahme derjenigen Geschäfte, welche den Gerichten nach §. 524 Abs. 1, 2, §. 530 Abs. 1, §§. 590, 685, §. 729 Abs. 1, §. 884 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs obliegen.

§. 146.

Soweit in den im §. 145 bezeichneten Angelegenheiten ein Gegner des Antragstellers vorhanden ist, hat ihn das Gericht wenn thunlich zu hören.
Gegen die Verfügung, durch welche über den Antrag entschieden wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
Eine Anfechtung der Verfügung, durch welche einem nach §. 524 Abs. 1, 2, §. 530 Abs. 1, §. 685, §. 729 Abs. 1, §. 884 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs gestellten Antrage stattgegeben wird, ist ausgeschlossen.

§. 147.

Die Vorschriften der §§. 127 bis 131, 142, 143 finden auf die Eintragungen in das Genossenschaftsregister entsprechende Anwendung.
Eine in das Genossenschaftsregister eingetragene Genossenschaft kann gemäß den Vorschriften der §§. 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§. 90a, 90b des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann.
Ein in das Genossenschaftsregister eingetragener Beschluß der Generalversammlung einer Genossenschaft kann gemäß den Vorschriften der §§. 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint.
In den Fällen der Abs. 2, 3 soll die nach §. 142 Abs. 2 zu bestimmende Frist mindestens drei Monate betragen.

§. 148.

Die Vorschriften des §. 146 Abs. 1, 2 finden auf die nach §. 43 Abs. 3, §. 59, §. 81 Abs. 3, 4, §. 90 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, und nach §. 66 Abs. 2, 3, §. 75 des Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, von dem Registergerichte zu erledigenden Angelegenheiten Anwendung.
Gegen die Verfügung, durch welche der im §. 11 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, oder der im §. 8 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei, bezeichnete Antrag auf Beweisaufnahme oder der im §. 87 Abs. 2 des ersteren Gesetzes bezeichnete Antrag auf Bestellung eines Dispacheurs zurückgewiesen wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Eine Anfechtung der Verfügung, durch welche einem solchen Antrage stattgegeben wird, ist ausgeschlossen.

§. 149.

Für die Verrichtungen, welche den Gerichten in Ansehung der nach dem Handelsgesetzbuch oder nach dem Gesetze, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, aufzumachenden Dispache obliegen, ist das Amtsgericht des Ortes zuständig, an welchem die Vertheilung der Havereischäden zu erfolgen hat.

§. 150.

Lehnt der Dispacheur den Auftrag eines Betheiligten zur Aufmachung der Dispache aus dem Grunde ab, weil ein Fall der großen Haverei nicht vorliege, so entscheidet über die Verpflichtung des Dispacheurs auf Antrag des Betheiligten das Gericht. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt.

§. 151.

Auf Antrag des Dispacheurs kann das Gericht einem Betheiligten unter Androhung von Ordnungsstrafen aufgeben, dem Dispacheur die in seinem Besitze befindlichen Schriftstücke, zu deren Mittheilung er gesetzlich verpflichtet ist, auszuhändigen. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.

§. 152.

Der Dispacheur ist verpflichtet, jedem Betheiligten Einsicht in die Dispache zu gewähren und ihm auf Verlangen eine Abschrift gegen Erstattung der Kosten zu ertheilen. Das Gleiche gilt, wenn die Dispache nach dem Gesetze, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, von dem Schiffer aufgemacht worden ist, für diesen.

§. 153.

Jeder Betheiligte ist befugt, bei dem Gericht eine Verhandlung über die von dem Dispacheur aufgemachte Dispache zu beantragen. In dem Antrage sind diejenigen Betheiligten zu bezeichnen, welche zu dem Verfahren zugezogen werden sollen.
Wird ein Antrag auf gerichtliche Verhandlung gestellt, so hat das Gericht die Dispache und deren Unterlagen von dem Dispacheur einzuziehen und, wenn nicht offensichtlich die Voraussetzungen der großen Haverei fehlen, den Antragsteller sowie die von ihm bezeichneten Betheiligten zu einem Termine zu laden. Mehrere Anträge können von dem Gerichte zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung verbunden werden.
Die Ladung muß den Hinweis darauf enthalten, daß, wenn der Geladene weder in dem Termin erscheine noch vorher Widerspruch gegen die Dispache bei dem Gericht anmelde, sein Einverständniß mit der Dispache angenommen werden würde. In der Ladung ist zu bemerken, daß die Dispache und deren Unterlagen auf der Gerichtsschreiberei eingesehen werden können.
Die Frist zwischen der Ladung und dem Termine muß wenigstens zwei Wochen betragen.

§. 154.

Erachtet das Gericht eine Vervollständigung der Unterlagen der Dispache für nothwendig, so hat es die Beibringung der erforderlichen Belege anzuordnen. Die Vorschriften des §. 151 finden entsprechende Anwendung.

§. 155.

In dem Termin ist mit den Erschienenen über die Dispache zu verhandeln.
Wird ein Widerspruch gegen die Dispache nicht erhoben und ist ein solcher auch vorher nicht angemeldet, so hat das Gericht die Dispache gegenüber den an dem Verfahren Betheiligten zu bestätigen.
Liegt ein Widerspruch vor, so haben sich die Betheiligten, deren Rechte durch ihn betroffen werden, zu erklären. Wird der Widerspruch als begründet anerkannt oder kommt anderweit eine Einigung zu Stande, so ist die Dispache demgemäß zu berichtigen. Erledigt sich der Widerspruch nicht, so ist die Dispache insoweit zu bestätigen, als sie durch den Widerspruch nicht berührt wird.
Werden durch den Widerspruch die Rechte eines in dem Termine nicht erschienenen Betheiligten betroffen, so wird angenommen, daß dieser den Widerspruch nicht als begründet anerkenne.

§. 156.

Soweit ein Widerspruch nicht gemäß §. 155 Abs. 3 erledigt wird, hat ihn der Widersprechende durch Erhebung der Klage gegen diejenigen an dem Verfahren Betheiligten, deren Rechte durch den Widerspruch betroffen werden, zu verfolgen. Die das Vertheilungsverfahren betreffenden Vorschriften der §§. 764, 765 der Civilprozeßordnung finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß das Gericht einem Betheiligten auf seinen Antrag, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden, die Frist zur Erhebung der Klage verlängern kann und daß an die Stelle der Ausführung des Vertheilungsplans die Bestätigung der Dispache tritt.
Ist der Widerspruch durch rechtskräftiges Urtheil oder in anderer Weise erledigt, so wird die Dispache bestätigt, nachdem sie erforderlichen Falles von dem Amtsgerichte nach Maßgabe der Erledigung der Einwendungen berichtigt ist.

§. 157.

Gegen die Verfügung, durch welche ein nach §. 153 gestellter Antrag auf gerichtliche Verhandlung zurückgewiesen oder über die Bestätigung der Dispache entschieden wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
Einwendungen gegen die Dispache, welche mittelst Widerspruchs geltend zu machen sind, können nicht im Wege der Beschwerde geltend gemacht werden.

§. 158.

Die Bestätigung der Dispache ist nur für das gegenseitige Verhältniß der an dem Verfahren Betheiligten wirksam.
Aus der rechtskräftig bestätigten Dispache findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung statt.
Für Klagen auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel sowie für Klagen, durch welche Einwendungen gegen die in der Dispache festgestellten Ansprüche geltend gemacht werden oder die bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als eingetreten angenommene Rechtsnachfolge bestritten wird, ist das Amtsgericht zuständig, welches die Dispache bestätigt hat. Gehört der Anspruch nicht vor die Amtsgerichte, so sind die Klagen bei dem zuständigen Landgerichte zu erheben.

Achter Abschnitt. Vereinssachen. Güterrechtsregister.

§. 159.

Auf die Eintragungen in das Vereinsregister finden die Vorschriften der §§. 127 bis 130, 142, 143, auf das Verfahren bei der Verhängung von Ordnungsstrafen gegen Mitglieder des Vorstandes oder Liquidatoren eines eingetragenen Vereins finden die Vorschriften der §§. 127, 132 bis 139 entsprechende Anwendung.

§. 160.

Im Falle des §. 37 des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll das Gericht vor der Verfügung, durch welche über das Verlangen, eine Mitgliederversammlung zu berufen, entschieden wird, soweit thunlich den Vorstand des Vereins hören. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt.

§. 161.

Auf die Eintragungen in das Güterrechtsregister finden die Vorschriften der §§. 127 bis 130, 142, 143 entsprechende Anwendung.
Von einer Eintragung sollen in allen Fällen beide Ehegatten benachrichtigt werden.

§. 162.

Das Amtsgericht hat auf Verlangen eine Bescheinigung darüber zu ertheilen, daß bezüglich des Gegenstandes einer Eintragung weitere Eintragungen in das Vereins- oder Güterrechtsregister nicht vorhanden sind oder daß eine bestimmte Eintragung in das Register nicht erfolgt ist.

Neunter Abschnitt. Offenbarungseid. Untersuchung und Verwahrung von Sachen.
Pfandverkauf.

§. 163.

Ist in den Fällen der §§. 259, 260, 2028, 2057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Offenbarungseid nicht vor dem Prozeßgerichte zu leisten, so finden die Vorschriften des §. 79 entsprechende Anwendung.

§. 164.

In den Fällen, in denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Jemand den Zustand oder den Werth einer Sache durch Sachverständige feststellen lassen kann, ist für die Ernennung, Beeidigung und Vernehmung der Sachverständigen das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich die Sache befindet. Durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Betheiligten kann die Zuständigkeit eines anderen Amtsgerichts begründet werden.
Eine Anfechtung der Verfügung, durch welche dem Antrage stattgegeben wird, ist ausgeschlossen.
Bei dem Verfahren ist der Gegner soweit thunlich zu hören.

§. 165.

In den Fällen der §§. 432, 1217, 1281, 2039 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist für die Bestellung des Verwahrers das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich die Sache befindet.
Ueber eine von dem Verwahrer beanspruchte Vergütung entscheidet das Amtsgericht.
Vor der Bestellung des Verwahrers und vor der Entscheidung über die Vergütung sind die Betheiligten soweit thunlich zu hören.

§. 166.

Im Falle des §. 1246 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist für die Entscheidung des Gerichts das Amtsgericht des Ortes zuständig, an welchem das Pfand aufbewahrt wird.
Vor der Entscheidung sind die Betheiligten soweit thunlich zu hören.

Zehnter Abschnitt. Gerichtliche und notarielle Urkunden.

§. 167.

Für die gerichtliche Beurkundung eines Rechtsgeschäfts sowie für die gerichtliche Beglaubigung eines Handzeichens sind die Amtsgerichte zuständig.
Für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift sind außer den Notaren die Amtsgerichte zuständig. Das Gleiche gilt für die Aufnahme der im §. 1718 und im §. 1720 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen öffentlichen Urkunden über die Anerkennung der Vaterschaft; für die Aufnahme dieser Urkunden ist, wenn die Anerkennung der Vaterschaft bei der Anzeige der Geburt des Kindes oder bei der Eheschließung seiner Eltern erfolgt, auch der Standesbeamte zuständig, welcher die Geburt oder die Eheschließung beurkundet.

§. 168.

Für die gerichtliche und die notarielle Beurkundung eines Rechtsgeschäfts gelten, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen, die §§. 169 bis 182. Als Betheiligter im Sinne der §§. 169 bis 182 ist derjenige anzusehen, dessen Erklärung beurkundet werden soll.

§. 169.

Ist ein Betheiligter nach der Ueberzeugung des Richters oder des Notars taub, blind, stumm oder sonst am Sprechen verhindert, so muß der Richter einen Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen, der Notar einen zweiten Notar oder zwei Zeugen zuziehen.

§. 170.

Als Richter, Notar, Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Beurkundung nicht mitwirken:

1. wer selbst Betheiligter ist sowie derjenige, für welchen ein Betheiligter als Vertreter handelt;
2. der Ehegatte eines Betheiligten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
3. wer mit einem Betheiligten in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist;
4. wer zu demjenigen, für welchen ein Betheiligter als Vertreter handelt, in einem Verhältnisse der unter Nr. 2, 3 bezeichneten Art steht.

§. 171.

Als Richter, Notar, Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Beurkundung nicht mitwirken:

1. derjenige, zu dessen Gunsten in der Urkunde eine Verfügung getroffen wird;
2. wer zu demjenigen, zu dessen Gunsten in der Urkunde eine Verfügung getroffen wird, in einem Verhältnisse der im §. 170 Nr. 2, 3 bezeichneten Art steht.
Die Mitwirkung einer hiernach ausgeschlossenen Person hat zur Folge, daß die Beurkundung insoweit nichtig ist, als sie eine Verfügung zu Gunsten einer der im Abs. 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Personen zum Gegenstande hat.

§. 172.

Als Gerichtsschreiber oder zweiter Notar oder Zeuge kann bei der Beurkundung nicht mitwirken, wer zu dem Richter oder dem beurkundenden Notar in einem Verhältnisse der im §. 170 Nr. 2, 3 bezeichneten Art steht.

§. 173.

Als Zeuge soll bei der Beurkundung nicht mitwirken:

1. ein Minderjähriger;
2. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, während der Zeit, für welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist;
3. wer nach den Vorschriften der Strafgesetze unfähig ist, als Zeuge eidlich vernommen zu werden;
4. wer als Gesinde oder Gehülfe im Dienste des Richters oder des beurkundenden Notars steht.

§. 174.

Die bei der Beurkundung mitwirkenden Personen müssen bei der Vorlesung, Genehmigung und Unterzeichnung der Urkunde zugegen sein.

§. 175.

Ueber die Verhandlung muß ein Protokoll in deutscher Sprache aufgenommen werden.

§. 176.

Das Protokoll muß enthalten:

1. Ort und Tag der Verhandlung;
2. die Bezeichnung der Betheiligten und der bei der Verhandlung mitwirkenden Personen;
3. die Erklärung der Betheiligten.
Wird in der Erklärung auf eine Schrift Bezug genommen und diese dem Protokoll als Anlage beigefügt, so bildet sie einen Theil des Protokolls.
Das Protokoll soll eine Angabe darüber enthalten, ob der Richter oder der Notar die Betheiligten kennt oder, sofern dies nicht der Fall ist, in welcher Weise er sich Gewißheit über ihre Persönlichkeit verschafft hat. Kann er sich diese Gewißheit nicht verschaffen, wird aber gleichwohl die Aufnahme der Verhandlung verlangt, so sollen der Sachverhalt und dasjenige, was zur Feststellung der Persönlichkeit beigebracht ist, in das Protokoll aufgenommen werden.

§. 177.

Das Protokoll muß vorgelesen, von den Betheiligten genehmigt und von ihnen eigenhändig unterschrieben werden. Im Protokolle muß festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Das Protokoll soll den Betheiligten auf Verlangen auch zur Durchsicht vorgelegt werden.
Erklärt ein Betheiligter, daß er nicht schreiben könne, so muß diese Erklärung im Protokolle festgestellt werden. Bei der Vorlesung und der Genehmigung muß der Richter oder der Notar einen Zeugen zuziehen. In den Fällen des §. 169 bedarf es dieser Zuziehung nicht; das Gleiche gilt, wenn in anderen Fällen ein Gerichtsschreiber oder ein zweiter Notar zugezogen wird.
Das Protokoll muß von den mitwirkenden Personen unterschrieben werden.

§. 178.

Ist nach der Ueberzeugung des Richters oder des Notars ein Betheiligter stumm oder sonst am Sprechen verhindert und eine schriftliche Verständigung mit ihm nicht möglich, so muß bei der Beurkundung ein vereideter Dolmetscher zugezogen werden.
Im Protokolle muß festgestellt werden, daß der Richter oder der Notar die Ueberzeugung gewonnen hat, daß der Betheiligte am Sprechen verhindert und eine schriftliche Verständigung mit ihm nicht möglich ist. Das Protokoll muß von dem Dolmetscher genehmigt und unterschrieben werden.
Der Zuziehung eines Zeugen, eines Gerichtsschreibers oder eines zweiten Notars bedarf es in diesem Falle nicht.

§. 179.

Erklärt ein Betheiligter, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, so muß bei der Beurkundung ein vereideter Dolmetscher zugezogen werden. Der Zuziehung des Dolmetschers bedarf es nicht, wenn der Richter oder der Notar der Sprache, in der sich der Betheiligte erklärt, mächtig ist; die Beeidigung des Dolmetschers ist nicht erforderlich, wenn der Betheiligte darauf verzichtet.
Das Protokoll muß dem der deutschen Sprache nicht mächtigen Betheiligten durch den Dolmetscher oder, wenn ein Dolmetscher nicht zugezogen worden ist, durch den Richter oder den Notar in der fremden Sprache vorgetragen werden und die Feststellung enthalten, daß dies geschehen ist.
Im Protokolle muß festgestellt werden, daß der Betheiligte der deutschen Sprache nicht mächtig ist.
Der Dolmetscher muß das Protokoll unterschreiben.
Eine Beurkundung ist nicht aus dem Grunde unwirksam, weil den Vorschriften des Abs. 1 zuwider die Zuziehung eines Dolmetschers unterblieben ist.

§. 180.

Auf den Dolmetscher finden die nach den §§. 170 bis 173 für einen Zeugen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

§. 181.

Bei der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung von Versteigerungen gelten Bieter nicht als Betheiligte; ausgenommen sind solche Bieter, die an ihr Gebot gebunden bleiben. Entfernt sich ein solcher Bieter vor dem Schlusse der Verhandlung, so genügt an Stelle seiner Unterschrift die Angabe des Grundes, aus welchem sie unterblieben ist.

§. 182.

Die Ausfertigung der Protokolle über die gerichtliche Beurkundung eines Rechtsgeschäfts ist von dem Gerichtsschreiber zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.
Auf Antrag können die Protokolle auch auszugsweise ausgefertigt werden.

§. 183.

Die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung einer Unterschrift darf nur erfolgen, wenn die Unterschrift in Gegenwart des Richters oder des Notars vollzogen oder anerkannt wird.
Die Beglaubigung geschieht durch einen unter die Unterschrift zu setzenden Vermerk. Der Vermerk muß die Bezeichnung desjenigen, welcher die Unterschrift vollzogen oder anerkannt hat, enthalten und den Ort und den Tag der Ausstellung angeben sowie mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehen sein.
Diese Vorschriften finden auf die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung eines Handzeichens entsprechende Anwendung.

§. 184.

Für die nach §. 167 den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen sind in Ansehung solcher Personen, die zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes der Kaiserlichen Marine gehören oder die in anderer Eigenschaft an Bord eines solchen Schiffes sind, auch die Geschwaderauditeure zuständig, solange das Schiff sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet. Den Schiffen stehen die sonstigen Fahrzeuge der Kaiserlichen Marine gleich.
Die Ausfertigung der Protokolle über die Beurkundung eines Rechtsgeschäfts ist von dem Auditeur zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.
Die Vorschriften des Artikel 44 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bleiben unberührt.

Elfter Abschnitt. Schlußbestimmungen.

§. 185.

Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft.
Die Artikel 2 bis 5, 32 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden entsprechende Anwendung.

§. 186.

Die Vorschriften der §§. 11, 66 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) werden insoweit aufgehoben, als sie der Landesgesetzgebung die Befugniß gewähren, das gerichtliche Verfahren abweichend zu regeln.

§. 187.

Der §. 150 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, vom 1. Mai 1889 (Reichs-Gesetzbl. S. 55) wird aufgehoben.

§. 188.

Der §. 11 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend das Reichsschuldbuch, vom 31. Mai 1891 (Reichs-Gesetzbl. S. 321) wird dahin geändert:

Zur Ausstellung dieser Bescheinigungen ist das Nachlaßgericht und, falls der Erblasser zur Zeit des Erbfalls im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte, auch derjenige Konsul des Reichs zuständig, in dessen Amtsbezirke der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern dem Konsul von dem Reichskanzler die Ermächtigung zur Ausstellung solcher Bescheinigungen ertheilt ist.

§. 189.

Soweit im Einführungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Gunsten der Landesgesetze Vorbehalte gemacht sind, gelten sie auch für die Vorschriften der Landesgesetze über diejenigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche Gegenstand dieses Gesetzes sind; den Landesgesetzen stehen nach Maßgabe der Artikel 57, 58 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die Hausverfassungen gleich.

§. 190.

Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß nach Artikel 147 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die dem Vormundschaftsgericht obliegenden Verrichtungen durch Landesgesetz anderen Behörden als den Amtsgerichten übertragen sind, über den Vorsitz im Familienrathe Bestimmung treffen.

§. 191.

Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die Aufnahme der nach dem §. 1718 und dem §. 1720 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderlichen öffentlichen Urkunden sowie für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift außer den Amtsgerichten und Notaren auch andere Behörden oder Beamte zuständig sind.
Durch Landesgesetz kann die Zuständigkeit der Amtsgerichte für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift oder eines Handzeichens ausgeschlossen werden.

§. 192.

Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn die Auseinandersetzung in Ansehung eines Nachlasses nicht binnen einer bestimmten Frist bewirkt ist, das Nachlaßgericht die Auseinandersetzung von Amtswegen zu vermitteln hat; auf die Auseinandersetzung finden die Vorschriften der §§. 88 bis 98 Anwendung.

§. 193.

Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die gemäß §. 99 den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen andere als gerichtliche Behörden zuständig sind, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in den Fällen der §§. 86, 99 an Stelle der Gerichte oder neben diesen die Notare die Auseinandersetzung zu vermitteln haben.

§. 194.

Sind für die im §. 1 bezeichneten Angelegenheiten nach Landesgesetz andere als gerichtliche Behörden zuständig, so gelten die in dem ersten Abschnitte für die Gerichte gegebenen Vorschriften auch für die anderen Behörden.
Als gemeinschaftliches oberes Gericht im Sinne der §§. 5, 46 gilt dasjenige Gericht, welches das gemeinschaftliche obere Gericht für die Amtsgerichte ist, in deren Bezirke die Behörden ihren Sitz haben. Durch Landesgesetz kann jedoch bestimmt werden, daß, wenn die Behörden in dem Bezirke desselben Amtsgerichts ihren Sitz haben, dieses als gemeinschaftliches oberes Gericht zuständig ist.
Die Vorschriften des §. 8 über die Sitzungspolizei und über die Berathung und Abstimmung sowie die Vorschriften der §§. 6, 10, 11, des §. 16 Abs. 2 und des §. 31 finden keine Anwendung.
Durch die Vorschrift des Abs. 1 wird die Verpflichtung der gerichtlichen Behörden, gemäß §. 2 Rechtshülfe zu leisten, nicht berührt.

§. 195.

Durch die Gesetzgebung eines Bundesstaats, in dem für die dem Vormundschaftsgericht oder dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen andere Behörden als die Amtsgerichte zuständig sind, kann bestimmt werden, daß die Abänderung einer Entscheidung einer solchen Behörde bei dem Amtsgerichte nachzusuchen ist, in dessen Bezirke die Behörde ihren Sitz hat. In diesem Falle finden auf das Verfahren die Vorschriften der §§. 20 bis 25 entsprechende Anwendung.
Die Beschwerde findet gegen die Entscheidung des Amtsgerichts statt.

§. 196.

Ist für die Volljährigkeitserklärung nach Landesgesetz die Zentralstelle des Bundesstaats zuständig, so finden die in dem ersten Abschnitte für die Gerichte gegebenen Vorschriften keine Anwendung.
Die Verfügung, durch welche der Minderjährige für volljährig erklärt wird, tritt mit der Bekanntmachung an den Minderjährigen in Wirksamkeit.

§. 197.

Durch die Landesjustizverwaltung kann angeordnet werden, daß die im §. 14 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 vorgesehene Aufbewahrung des Nebenregisters bei den Landgerichten erfolgen soll.

§. 198.

Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Beurkundung einer Erklärung in den Fällen des §. 169 der Richter an Stelle des Gerichtsschreibers oder der zwei Zeugen eine besonders dazu bestellte Urkundsperson zuziehen kann.
Auf die Urkundsperson finden die Vorschriften der §§. 170 bis 172 Anwendung.

§. 199.

Durch die Gesetzgebung eines Bundesstaats, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann die Entscheidung über das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde einem der mehreren Oberlandesgerichte oder an Stelle eines solchen Oberlandesgerichts dem obersten Landesgerichte zugewiesen werden.
Das Gericht, dem nach Abs. 1 die Entscheidung zugewiesen wird, tritt zugleich für die Beschwerde gegen eine Verfügung des Landgerichts an die Stelle des nach §. 64 und §. 143 Abs. 2 zuständigen Oberlandesgerichts. Auch gilt es im Sinne der §§. 5, 46 als gemeinschaftliches oberes Gericht für alle Gerichte des Bundesstaats.

§. 200.

Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Ergänzung und Ausführung dieses Gesetzes, mit Einschluß der erforderlichen Uebergangsvorschriften, auch insoweit erlassen werden, als dieses Gesetz Vorbehalte für die Landesgesetzgebung nicht enthält.
Soweit durch Landesgesetz allgemeine Vorschriften über die Errichtung gerichtlicher oder notarieller Urkunden erlassen werden, ist ein Verstoß gegen eine solche Vorschrift, unbeschadet der Vorschriften über die Folgen des Mangels der sachlichen Zuständigkeit, ohne Einfluß auf die Gültigkeit der Beurkundung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Straßburg i. E., den 17. Mai 1898.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.




Grundbuchordnung

Titel: Grundbuchordnung.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 25, Seite 754 – 770
Fassung vom: 20. Mai 1898
Bekanntmachung: 14. Juni 1898
Änderungsstand: 06. November 2015

(Nr. 25) Grundbuchordnung. Vom 20. Mai 1898. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Erster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften. §. 1.

1. Die Grundbücher werden von den Grundbuchämtern geführt.
2. Die Einrichtung der Bücher bestimmt sich nach den Anordnungen der Landesjustizverwaltung, soweit sie nicht in diesem Gesetze geregelt ist.
3. In Abwesenheit der Bundesstaaten und deren Landesjustizverwaltungen tritt an die Stelle das Deutsche Reich.

§. 2.

Die Grundbücher sind für Bezirke einzurichten. Die Bezeichnung der Grundstücke erfolgt in den Büchern nach einem amtlichen Verzeichniß, in welchem die Grundstücke unter Nummern oder Buchstaben aufgeführt sind. Die Einrichtung des Verzeichnisses wird durch landesherrliche Verordnung bestimmt.

§. 3.

Jedes Grundstück erhält im Grundbuch eine besondere Stelle (Grundbuchblatt). Das Grundbuchblatt ist für das Grundstück als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen.

§. 4.

Ueber mehrere Grundstücke desselben Eigenthümers, die im Bezirke desselben Grundbuchamts belegen sind, kann ein gemeinschaftliches Grundbuchblatt geführt werden, solange hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist.

§. 5.

Ein Grundstück soll nur dann einem anderen Grundstück als Bestandtheil zugeschrieben oder mit ihm vereinigt werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist.

§. 6.

Soll ein Grundstückstheil mit einem Rechte belastet werden, so ist er von dem Grundstück abzuschreiben und als selbständiges Grundstück einzutragen. Ist das Recht eine Dienstbarkeit oder eine Reallast so kann die Abschreibung unterbleiben, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist.

§. 7.

Ist auf dem Blatte eines Grundstücks ein Erbbaurecht eingetragen, so ist auf Antrag für dieses Recht ein besonderes Grundbuchblatt anzulegen. Die Anlegung erfolgt von Amtswegen, wenn das Recht veräußert oder belastet werden soll.

Die Anlegung wird auf dem Blatte des Grundstücks vermerkt.

§. 8.

Rechte, die dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks zustehen, sind auf Antrag auch auf dem Blatte dieses Grundstücks zu vermerken. Antragsberechtigt ist der Eigenthümer des Grundstücks sowie Jeder, dessen Zustimmung nach §. 876 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Aufhebung des Rechtes erforderlich ist.

Der Vermerk ist von Amtswegen zu berichtigen, wenn das Recht geändert oder aufgehoben wird.

§. 9.

Urkunden, auf die eine Eintragung sich gründet oder Bezug nimmt, sind von dem Grundbuchamt aufzubewahren. Die Herausgabe einer solchen Urkunde darf nur erfolgen, wenn statt der Urkunde eine beglaubigte Abschrift aufbewahrt wird.

Ist über das einer Eintragungsbewilligung zu Grunde liegende Rechtsgeschäft eine Urkunde errichtet, so können die Betheiligten die Urkunde oder eine beglaubigte Abschrift dem Grundbuchamte zur Aufbewahrung übergeben.

§. 10.

Eine Eintragung in das Grundbuch ist aus dem Grunde unwirksam, weil ein Grundbuchbeamter sie bewirkt hat, der von der Mitwirkung bei der Eintragung kraft Gesetzes oder in Folge einer Ablehnung ausgeschlossen ist.

§. 11.

Die Einsicht des Grundbuchs ist Jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das Gleiche gilt von Urkunden, auf die im Grundbuche zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie von den noch nicht erledigten Eintragungsanträgen.

Soweit die Einsicht des Grundbuchs, der im Abs. 1 bezeichneten Urkunden und der noch nicht erledigten Eintragungsanträge gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.

§. 12.

Verletzt ein Grundbuchbeamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm obliegende Amtspflicht, so trifft den Betheiligten gegenüber die im §. 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Verantwortlichkeit an Stelle des Beamten den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienste der Beamte steht. Das Recht des Staates oder der Körperschaft, von dem Beamten Ersatz zu verlangen, bleibt unberührt.

Zweiter Abschnitt. Eintragungen in das Grundbuch.

§. 13.

Eine Eintragung soll, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, nur auf Antrag erfolgen. Der Zeitpunkt, in welchem ein Antrag bei dem Grundbuchamt eingeht, soll auf dem Antrage genau vermerkt werden.

Antragsberechtigt ist Jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll.

§. 14.

Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Berechtigten darf auch von demjenigen beantragt werden, welcher auf Grund eines gegen den Berechtigten vollstreckbaren Titels eine Eintragung in das Grundbuch verlangen kann, sofern die Zulässigkeit dieser Eintragung von der vorgängigen Berichtigung des Grundbuchs abhängt.

§. 15.

Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen.

§. 16.

Einem Eintragungsantrage, dessen Erledigung an einen Vorbehalt geknüpft wird, soll nicht stattgegeben werden.

Werden mehrere Eintragungen beantragt, so kann von dem Antragsteller bestimmt werden, daß die eine Eintragung nicht ohne die andere erfolgen soll.

§. 17.

Werden mehrere Eintragungen beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so darf die später beantragte Eintragung nicht vor der Erledigung des früher gestellten Antrags erfolgen.

§. 18.

Steht einer beantragten Eintragung ein Hinderniß entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Falle ist der Antrag nach dem Ablaufe der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist.

Wird vor der Erledigung des Antrags eine andere Eintragung beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so ist zu Gunsten des früher gestellten Antrags von Amtswegen eine Vormerkung oder ein Widerspruch einzutragen; die Eintragung gilt im Sinne des §. 17 als Erledigung dieses Antrags. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amtswegen gelöscht, wenn der früher gestellte Antrag zurückgewiesen wird.

§. 19.

Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.

§. 20.

Im Falle der Aufladung eines Grundstücks sowie im Falle der Bestellung oder Uebertragung eines Erbbaurechts darf die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Theiles erklärt ist.

§. 21.

Steht ein Recht, das durch die Eintragung betroffen wird, dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks zu, so bedarf es der Bewilligung derjenigen, deren Zustimmung nach §. 876 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Aufhebung des Rechtes erforderlich ist, nur dann, wenn das Recht auf dem Blatte des Grundstücks vermerkt ist.

§. 22.

Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung desjenigen, dessen Recht von der Berichtigung betroffen wird, nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.

Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigenthümers oder eines Erbbauberechtigten darf, sofern nicht der Fall des §. 14 vorliegt, nur mit Zustimmung des Eigenthümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen.

§. 23.

Ein Recht, das auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt ist, darf nach dessen Tode, falls Rückstände von Leistungen nicht ausgeschlossen sind, nur mit Bewilligung des Rechtsnachfolgers gelöscht werden, wenn die Löschung vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Tode des Berechtigten erfolgen soll oder wenn der Rechtsnachfolger der Löschung bei dem Grundbuchamte widersprochen hat; der Widerspruch ist von Amtswegen in das Grundbuch einzutragen. Ist der Berechtigte für todt erklärt, so beginnt die einjährige Frist mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils.

Der im Abs. 1 vorgesehenen Bewilligung des Rechtsnachfolgers bedarf es nicht, wenn im Grundbuch eingetragen ist, daß zur Löschung des Rechtes der Nachweis des Todes des Berechtigten genügen soll.

§. 24.

Die Vorschriften des §. 23 finden entsprechende Anwendung, wenn das Recht mit der Erreichung eines bestimmten Lebensalters des Berechtigten oder mit dem Eintritt eines sonstigen bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses erlischt.

§. 25.

Ist eine Vormerkung oder ein Widerspruch auf Grund einer einstweiligen Verfügung eingetragen, so bedarf es zur Löschung nicht der Bewilligung des Berechtigten, wenn die einstweilige Verfügung durch eine vollstreckbare Entscheidung aufgehoben ist. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung eine Vormerkung oder ein Widerspruch eingetragen ist.

§. 26.

Soll die Uebertragung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, über die ein Brief ertheilt ist, eingetragen werden, so genügt es, wenn an Stelle der Eintragungsbewilligung die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt wird.

Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Belastung der Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder die Uebertragung oder Belastung einer Forderung, für die ein eingetragenes Recht als Pfand haftet, eingetragen werden soll.

§. 27.

Eine Hypothek, eine Grundschuld ober eine Rentenschuld darf nur mit Zustimmung des Eigenthümers des Grundstücks gelöscht werden.

Ein Recht, mit dem eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld belastet ist, darf nur mit Zustimmung desjenigen gelöscht werden, welchem die Hypothek, die Grundschuld oder die Rentenschuld zusteht. Für eine Löschung, die zur Berichtigung des Grundbuchs erfolgen soll, ist die Zustimmung nicht erforderlich, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird.

§. 28.

In der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, in dem Eintragungsantrag ist das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweisung auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Einzutragende Geldbeträge sind in Reichswährung anzugeben.

§. 29.

Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen vor dem Grundbuchamte zu Protokoll gegeben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

§. 30.

Für den Eintragungsantrag sowie für die Vollmacht zur Stellung eines solchen gelten die Vorschriften des §. 29 nur, wenn durch den Antrag zugleich eine zu der Eintragung erforderliche Erklärung ersetzt werden soll.

§. 31.

Wird im Falle der Auflassung eines Grundstücks sowie im Falle der Bestellung oder Uebertragung eines Erbbaurechts die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Theiles durch Bevollmächtigte vor dem Grundbuchamt erklärt, so ist die Vollmacht stempelfrei, wenn das der Einigung zu Grunde liegende Rechtsgeschäft von einem Notar beurkundet und die Vollmacht in der Urkunde ertheilt ist.

§. 32.

Erklärungen, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen oder eine zur Stellung des Eintragungsantrags ertheilte Vollmacht widerrufen wird, bedürfen der im §. 29 Satz 1 vorgeschriebenen Form.

§. 33.

Der Nachweis, daß der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus den im Handelsregister eingetragenen Personen besteht, wird durch ein Zeugniß des Gerichts über die Eintragung geführt.

Das Gleiche gilt von dem Nachweise der Befugniß zur Vertretung einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

§. 34.

Der Nachweis, daß zwischen Ehegatten Gütertrennung oder ein vertragsmäßiges Güterrecht besteht oder daß ein Gegenstand zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten gehört, wird durch ein Zeugniß des Gerichts über die Eintragung des güterrechtlichen Verhältnisses im Güterrechtsregister geführt.

§. 35.

Ist in den Fällen der §§. 33, 34 das Grundbuchamt zugleich das Registergericht, so genügt statt des Zeugnisses die Bezugnahme auf das Register.

§. 36.

Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todeswegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und das Protokoll über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen.

Das Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugniß eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlaßgegenstand ist nur auf Grund der in den §§. 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Zeugnisse als nachgewiesen anzunehmen; auf den Nachweis der Befugniß des Testamentsvollstreckers finden jedoch die Vorschriften des Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.

§. 37.

Soll bei einer zu einem Nachlasse gehörenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld einer von mehreren Erben als neuer Gläubiger eingetragen werden, so genügt zum Nachweise der Erbfolge und der Eintragungsbewilligung der Erben ein Zeugniß des Nachlaßgerichts.

Das Zeugniß darf nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für die Ertheilung eines Erbscheins vorliegen und die Erklärungen der Erben vor dem Nachlaßgerichte zu Protokoll gegeben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind.

§. 38.

Die Vorschriften des §. 37 finden entsprechende Anwendung, wenn bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, die zu dem Gesammtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört, ein Betheiligter, auf den das Recht bei der Auseinandersetzung übertragen ist, als neuer Gläubiger eingetragen werden soll.

§. 39.

In den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, das Grundbuchamt um eine Eintragung zu ersuchen, erfolgt die Eintragung auf Grund des Ersuchens der Behörde.

§. 40.

Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn derjenige, dessen Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist.

Bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, über die ein Brief ertheilt ist, steht es der Eintragung des Gläubigers gleich, wenn dieser sich im Besitze des Briefes befindet und sein Gläubigerrecht nach §. 1155 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nachweist.

§. 41.

Ist derjenige, dessen Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so findet die Vorschrift des §. 40 Abs. 1 keine Anwendung, wenn die Uebertragung oder die Aufhebung des Rechtes eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet wird.

Das Gleiche gilt für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers oder auf Grund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels, sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam ist.

§. 42.

Bei einer Hypothek, über die ein Brief ertheilt ist, soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn der Brief vorgelegt wird. Für die Eintragung eines Widerspruchs bedarf es der Vorlegung nicht, wenn die Eintragung durch eine einstweilige Verfügung angeordnet ist und der Widerspruch sich darauf gründet, daß die Hypothek oder die Forderung, für welche sie bestellt ist, nicht bestehe oder einer Einrede unterliege oder daß die Hypothek unrichtig eingetragen sei.

Der Vorlegung des Hypothekenbriefs steht es gleich, wenn in den Fällen der §§. 1162, 1170, 1171 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Grund des Ausschlußurtheils die Ertheilung eines neuen Briefes beantragt wird. Soll die Ertheilung des Briefes nachträglich ausgeschlossen oder die Hypothek gelöscht werden, so genügt die Vorlegung des Ausschlußurtheils.

§. 43.

Die Vorschriften des §. 42 finden auf die Grundschuld und die Rentenschuld entsprechende Anwendung. Ist jedoch das Recht für den Inhaber des Briefes eingetragen, so bedarf es der Vorlegung des Briefes nur dann nicht, wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung eines nach §. 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellten Vertreters oder durch eine gegen ihn erlassene gerichtliche Entscheidung begründet wird.

§. 44.

Bei einer Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Urkunde vorgelegt wird; die Eintragung ist auf der Urkunde zu vermerken.

Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines nach §. 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellten Vertreters oder auf Grund einer gegen diesen erlassenen gerichtlichen Entscheidung bewirkt werden soll.

§. 45.

Jede Eintragung soll den Tag, an welchem sie erfolgt ist, angeben und mit der Unterschrift des Grundbuchbeamten versehen werden.

§. 46.

Sind in einer Abtheilung des Grundbuchs mehrere Eintragungen zu bewirken, so erhalten sie die Reihenfolge, welche der Zeitfolge der Anträge entspricht; sind die Anträge gleichzeitig gestellt, so ist im Grundbuche zu vermerken, daß die Eintragungen gleichen Rang haben.

Werden mehrere Eintragungen, die nicht gleichzeitig beantragt sind, in verschiedenen Abtheilungen unter Angabe desselben Tages bewirkt, so ist im Grundbuche zu vermerken, daß die später beantragte Eintragung der früher beantragten im Range nachsteht.

Diese Vorschriften finden insoweit keine Anwendung, als ein Rangverhältniß nicht besteht oder das Rangverhältniß von den Antragstellern abweichend bestimmt ist,

§. 47.

Die Löschung eines Rechtes oder einer Verfügungsbeschränkung erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerkes.

Wird bei der Uebertragung eines Grundstücks oder eines Grundstückstheils auf ein anderes Blatt ein eingetragenes Recht nicht mitübertragen, so gilt es in Ansehung des Grundstücks oder des Theiles als gelöscht.

§. 48.

Soll ein Recht für Mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden, so soll die Eintragung in der Weise erfolgen, daß entweder die Antheile der Berechtigten in Bruchtheilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältniß bezeichnet wird,

§. 49.

Werden mehrere Grundstücke mit einem Rechte belastet, so ist auf dem Blatte jedes Grundstücks die Mitbelastung der übrigen von Amtswegen erkennbar zu machen. Das Gleiche gilt, wenn mit einem an einem Grundstücke bestehenden Rechte nachträglich noch ein anderes Grundstück belastet oder wenn im Falle der Uebertragung eines Grundstückstheils auf ein anderes Grundbuchblatt ein eingetragenes Recht mitübertragen wird.

Soweit eine Mitbelastung erlischt, ist dies von Amtswegen zu vermerken.

§. 50.

Werden Dienstbarkeiten und Reallasten als Leibgedinge, Leibzucht, Altentheil oder Auszug eingetragen, so bedarf es nicht der Bezeichnung der einzelnen Rechte, wenn auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird.

§. 51.

Bei der Eintragung einer Hypothek für Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber genügt es, wenn der Gesammtbetrag der Hypothek unter Angabe der Anzahl, des Betrags und der Bezeichnung der Theile eingetragen wird.

Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Grundschuld oder eine Rentenschuld für den Inhaber des Briefes eingetragen und das Recht in Theile zerlegt werden soll.

§. 52.

Bei der Eintragung eines Vorerben ist zugleich das Recht des Nacherben und, soweit der Vorerbe von den Beschränkungen seines Verfügungsrechts befreit ist, auch die Befreiung von Amtswegen einzutragen.

§. 53.

Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies bei der Eintragung des Erben von Amtswegen miteinzutragen, es sei denn, daß der Nachlaßgegenstand der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nicht unterliegt.

§. 54.

Ergiebt sich, daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amtswegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amtswegen zu löschen.

Bei einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld bedarf es zur Eintragung eines Widerspruchs der Vorlegung des Briefes nicht, wenn der Widerspruch den im §. 42 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Inhalt hat. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt ist.

§. 55.

Jede Eintragung soll dem Antragsteller und dem eingetragenen Eigenthümer sowie im Uebrigen allen aus dem Grundbuch ersichtlichen Personen bekannt gemacht werden, zu deren Gunsten die Eintragung erfolgt ist oder deren Recht durch sie betroffen wird. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden.

Dritter Abschnitt. Hypotheken-, Grundschuld-, Rentenschuldbrief.

§. 56.

Der Hypothekenbrief wird von dem Grundbuchamt ertheilt. Er muß die Bezeichnung als Hypothekenbrief enthalten, den Geldbetrag der Hypothek und das belastete Grundstück bezeichnen sowie mit Unterschrift und Siegel versehen sein.

§. 57.

Der Hypothekenbrief soll die Nummer des Grundbuchblatts angeben und einen Auszug aus dem Grundbuch enthalten.

In den Auszug sollen aufgenommen werden: 1. die Bezeichnung des Grundstücks nach dem Inhalte des Grundbuchs;

2. die Bezeichnung des Eigenthümers;

3. der Inhalt der die Hypothek betreffenden Eintragungen und, soweit zur Ergänzung einer Eintragung auf eine Urkunde Bezug genommen ist, auch der Inhalt dieser Urkunde; im Falle des §. 1115 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs braucht der Inhalt der Satzung nicht aufgenommen zu werden;

4. die kurze Bezeichnung des Inhalts der Eintragungen, welche der Hypothek im Range vorgehen oder gleichstehen.

Der Auszug ist auf Antrag zu ergänzen, wenn sich der Inhalt des Grundbuchs ändert.

§. 58.

Ist eine Urkunde über die Forderung, für welche eine Hypothek besteht, ausgestellt, so soll die Urkunde mit dem Hypothekenbriefe verbunden werden. Erstreckt sich der Inhalt der Urkunde auch auf andere Angelegenheiten, so genügt es, wenn ein öffentlich beglaubigter Auszug aus der Urkunde mit dem Hypothekenbriefe verbunden wird.

In den Fällen des Abs. 1 unterbleibt die im §. 57 Abs. 2 Nr. 3 vorgesehene Aufnahme des Inhalts der Urkunde in den Hypothekenbrief.

Zum Nachweise, daß eine Schuldurkunde nicht ausgestellt ist, genügt eine darauf gerichtete Erklärung des Eigenthümers.

§. 59.

Ueber eine Gesammthypothek soll nur ein Hypothekenbrief ertheilt werden.

Sind die belasteten Grundstücke in den Bezirken verschiedener Grundbuchämter belegen, so soll jedes Amt für die Grundstücke seines Bezirkes einen besonderen Brief ertheilen; die Briefe sind mit einander zu verbinden.

§. 60.

Der Hypothekenbrief ist dem Eigenthümer des Grundstücks, im Falle der nachträglichen Ertheilung dem Gläubiger auszuhändigen.

Auf eine abweichende Bestimmung des Eigenthümers oder des Gläubigers findet die Vorschrift des §. 29 Satz 1 entsprechende Anwendung,

§. 61.

Ein Theilhypothekenbrief kann von dem Grundbuchamt, einem Gericht oder einem Notar hergestellt werden.

Der Theilhypothekenbrief muß die Bezeichnung als Theilhypothekenbrief sowie eine beglaubigte Abschrift der im §. 56 Satz 2 vorgesehenen Angaben des bisherigen Briefes enthalten, den Theilbetrag der Hypothek, auf den er sich bezieht, bezeichnen sowie mit Unterschrift und Siegel versehen sein. Er soll außerdem eine beglaubigte Abschrift der sonstigen Angaben des bisherigen Briefes und der auf diesem befindlichen Vermerke enthalten. Eine mit dem bisherigen Briefe verbundene Schuldurkunde soll in beglaubigter Abschrift mit dem Theilhypothekenbriefe verbunden werden.

Die Herstellung des Theilhypothekenbriefs soll auf dem bisherigen Briefe vermerkt werden.

§. 62.

Eintragungen, die bei der Hypothek erfolgen, sind von dem Grundbuchamt auf dem Hypothekenbriefe zu vermerken; der Vermerk ist mit Unterschrift und Siegel zu versehen.

In den Fällen des §. 54 Abs. 1 hat das Grundbuchamt den Besitzer des Briefes zur Vorlegung anzuhalten. In gleicher Weise hat es, wenn in den Fällen des §. 42 Abs. 1 Satz 2 und des §. 54 Abs. 2 der Brief nicht vorgelegt ist, zu verfahren, um nachträglich den Widerspruch auf dem Briefe zu vermerken.

§. 63.

Wird nach der Ertheilung eines Hypothekenbriefs mit der Hypothek noch ein anderes, in dem Bezirke desselben Grundbuchamts belegenes Grundstück belastet, so ist, sofern nicht die Ertheilung eines neuen Briefes über die Gesammthypothek beantragt wird, die Mitbelastung auf dem bisherigen Briefe zu vermerken und zugleich der Inhalt des Briefes in Ansehung des anderen Grundstücks nach §. 57 zu ergänzen

§. 64.

Im Falle der Vertheilung einer Gesammthypothek auf die einzelnen Grundstücke ist für jedes Grundstück ein neuer Brief zu ertheilen.

§. 65.

Tritt nach §. 1177 Abs. 1 oder nach §. 1198 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Grundschuld oder eine Rentenschuld an die Stelle der Hypothek, so ist, sofern nicht die Ertheilung eines neuen Briefes beantragt wird, die Eintragung der Rechtsänderung auf dem bisherigen Briefe zu vermerken und eine mit dem Briefe verbundene Schuldurkunde abzutrennen.

Das Gleiche gilt, wenn nach §. 1180 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die Stelle der Forderung, für welche eine Hypothek besteht, eine andere Forderung gesetzt wird.

§. 66.

Stehen einem Gläubiger mehrere Hypotheken zu, die gleichen Rang haben oder im Range unmittelbar auf einander folgen, so ist ihm auf seinen Antrag mit Zustimmung des Eigenthümers über die mehreren Hypotheken ein Hypothekenbrief in der Weise zu ertheilen, daß der Brief die sämmtlichen Hypotheken umfaßt.

§. 67.

Einem Antrage des Berechtigten auf Ertheilung eines neuen Briefes ist stattzugeben, wenn der bisherige Brief oder in den Fällen der §§. 1162, 1170, 1171 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Ausschlußurtheil vorgelegt wird.

§. 68.

Wird ein neuer Brief ertheilt, so hat er die Angabe zu enthalten, daß er an die Stelle des bisherigen Briefes tritt.

Vermerke, die nach den §§. 1140, 1145, 1157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Gläubiger in Betracht kommen, sind auf den neuen Brief zu übertragen.

Die Ertheilung des Briefes ist im Grundbuche zu vermerken.

§. 69.

Wird eine Hypothek gelöscht, so ist der Brief unbrauchbar zu machen; das Gleiche gilt, wenn die Ertheilung des Briefes über eine Hypothek nachträglich ausgeschlossen oder an Stelle des bisherigen Briefes ein neuer Hypothekenbrief, ein Grundschuldbrief oder ein Rentenschuldbrief ertheilt wird. Eine mit dem bisherigen Briefe verbundene Schuldurkunde ist abzutrennen und, sofern sie nicht mit dem neuen Hypothekenbriefe zu verbinden ist, zurückzugeben.

§. 70.

Die Vorschriften der §§. 56 bis 69 finden auf den Grundschuldbrief und den Rentenschuldbrief entsprechende Anwendung. Der Rentenschuldbrief muß auch die Ablösungssumme angeben.

Ist eine für den Inhaber des Briefes eingetragene Grundschuld oder Rentenschuld in Theile zerlegt, so ist über jeden Theil ein besonderer Brief herzustellen.

Vierter Abschnitt. Beschwerde.

§. 71.

Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach §. 54 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

§. 72.

Ueber die Beschwerde entscheidet das Landgericht, in dessen Bezirke das Grundbuchamt seinen Sitz hat.

§. 73.

Die Beschwerde kann bei dem Grundbuchamt oder bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden.

Die Einlegung erfolgt durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zum Protokolle des Grundbuchamts oder des Gerichtsschreibers des Beschwerdegerichts.

§. 74.

Die Beschwerde kann auf neue Thatsachen und Beweise gestützt werden.

§. 75.

Erachtet das Grundbuchamt die Beschwerde für begründet, so hat es ihr abzuhelfen.

§. 76.

Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung durch eine einstweilige Anordnung dem Grundbuchamt aufgeben, eine Vormerkung oder einen Widerspruch einzutragen.

Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amtswegen gelöscht, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder zurückgewiesen ist.

§. 77.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist mit Gründen zu versehen und dem Beschwerdeführer mitzutheilen.

§. 78.

Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zulässig, wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Die Vorschriften der §§. 550, 551, 561, 563 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 79.

Ueber die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht.

Will das Oberlandesgericht bei der Auslegung einer das Grundbuchrecht betreffenden reichsgesetzlichen Vorschrift von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts, falls aber über die Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des Reichsgerichts ergangen ist, von dieser abweichen, so hat es die weitere Beschwerde unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Reichsgerichte vorzulegen. Der Beschluß über die Vorlegung ist dem Beschwerdeführer mitzutheilen.

In den Fällen des Abs. 2 entscheidet über die weitere Beschwerde das Reichsgericht.

§. 80.

Die weitere Beschwerde kann bei dem Grundbuchamte, dem Landgericht ober bei dem Oberlandesgericht eingelegt werden. Erfolgt die Einlegung durch Einreichung einer Beschwerdeschrift, so muß diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Der Zuziehung eines Rechtsanwalts bedarf es nicht, wenn die Beschwerde von einer Behörde oder von dem Notar eingelegt wird, der nach §. 15 den Eintragungsantrag gestellt hat.

Das Grundbuchamt und das Landgericht sind nicht befugt, der weiteren Beschwerde abzuhelfen.

Im Uebrigen finden die Vorschriften über die Beschwerde entsprechende Anwendung.

§. 81.

Die Entscheidungen über Beschwerden erfolgen bei den Landgerichten durch eine Civilkammer, bei den Oberlandesgerichten und dem Reichsgerichte durch einen Civilsenat.

Die Vorschriften der Civilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen sowie die Vorschriften des §. 137 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden entsprechende Anwendung.

Fünfter Abschnitt. Schlußbestimmungen.

§. 82.

Dieses Gesetz tritt, soweit es die Anlegung des Grundbuchs betrifft, gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch, im Uebrigen für jeden Grundbuchbezirk mit dem Zeitpunkt in Kraft, in welchem das Grundbuch als angelegt anzusehen ist.

Die Artikel 2 bis 5, 32, 55 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden entsprechende Anwendung.

§. 83.

Soweit im Einführungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Gunsten der Landesgesetze Vorbehalte gemacht sind, gelten sie auch für die Vorschriften der Landesgesetze über das Grundbuchwesen; den Landesgesetzen stehen nach Maßgabe der Artikel 57, 58 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die Hausverfassungen gleich.

§. 84.

Die Vorschriften der §§, 7, 20 und des §. 22 Abs. 2 über das Erbbaurecht sowie die Vorschrift des §. 50 finden auf die in den Artikeln 63, 68 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bezeichneten Rechte entsprechende Anwendung.

§. 85.

Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß für gewisse Gattungen von Grundstücken besondere nicht für Bezirke eingerichtete Grundbücher geführt werden.

§. 86.

Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß die Vorschrift des §. 4 auch dann Anwendung findet, wenn mehrere Grundstücke desselben Eigenthümers in den Bezirken verschiedener Grundbuchämter belegen sind.

§. 87.

Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß ein bisher geführtes Buch oder mehrere bisher geführte Bücher für sich allein oder zusammen mit einem neuen Buche oder mehreren neuen Büchern als Grundbuch gelten sollen. Die Bestimmung kann auch dann getroffen werden, wenn für Grundstücke, die nicht denselben Eigenthümer haben, ein gemeinschaftliches Blatt besteht; die Vorschrift des §. 4 findet entsprechende Anwendung.

§. 88.

Werden nach §. 87 mehrere Bücher geführt, so muß jedes Grundstück in einem der Bücher eine besondere Stelle haben. An dieser Stelle ist auf die in den anderen Büchern befindlichen Eintragungen zu verweisen. Die Stelle des Hauptbuchs und die Stellen, auf welche verwiesen wird, gelten zusammen als das Grundbuchblatt.

§. 89.

Sind in einem Buche, das zufolge landesherrlicher Verordnung als Grundbuch gilt, die Grundstücke nicht nach Maßgabe des §. 2 Abs. 2 bezeichnet, so ist diese Bezeichnung von Amtswegen zu bewirken.

§. 90.

Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß die Grundstücke des Fiskus oder gewisser juristischer Personen, die öffentlichen Wege und Gewässer sowie solche Grundstücke, welche einem dem öffentlichen Verkehre dienenden Bahnunternehmen gewidmet sind, nur auf Antrag ein Grundbuchblatt erhalten. Das Gleiche gilt von den Grundstücken eines Landesherrn und den Grundstücken, welche zum Hausgut oder Familiengut einer landesherrlichen Familie, der Fürstlichen Familie Hohenzollern oder der Familie des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses gehören.

Steht demjenigen, welcher nach Abs. 1 von der Verpflichtung zur Eintragung befreit ist, das Eigenthum an einem Grundstücke zu, über das ein Blatt geführt wird, oder erwirbt er ein solches Grundstück, so ist auf seinen Antrag das Grundstück aus dem Grundbuch auszuscheiden, wenn eine Eintragung, von welcher das Recht des Eigenthümers betroffen wird, nicht vorhanden ist.

§. 91.

Das Verfahren zum Zwecke der Eintragung von Grundstücken, die bei der Anlegung des Grundbuchs ein Blatt nicht erhalten haben, wird durch landesherrliche Verordnung bestimmt.

§. 92.

Das Verfahren zum Zwecke der Wiederherstellung eines ganz oder theilweise zerstörten oder abhanden gekommenen Grundbuchs wird durch landesherrliche Verordnung bestimmt. Die Verordnung kann auch darüber Bestimmung treffen, in welcher Weise bis zur Wiederherstellung des Grundbuchs die zu einer Rechtsänderung erforderliche Eintragung ersetzt werden soll.

§. 93.

Die Landesjustizverwaltung kann anordnen, daß die Einsicht des Grundbuchs und der im §. 11 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Schriftstücke in weiterem Umfange gestattet und die Ertheilung von Abschriften in weiterem Umfange zulässig sein soll, als es im §. 11 vorgeschrieben ist.

§. 94.

Die Landesjustizverwaltung kann anordnen, daß Grundakten gehalten werden, und, unbeschadet der Vorschriften des §. 11, auch Anordnungen über die Einsicht der Grundakten und über die Ertheilung von Abschriften treffen.

§. 95.

Die Landesjustizverwaltung kann anordnen, daß, wenn eine der im §. 9 Abs. 1 bezeichneten Urkunden in anderen Akten der das Grundbuch führenden Behörde enthalten ist, statt einer beglaubigten Abschrift der Urkunde eine Verweisung auf die anderen Akten genügt.

§. 96.

Durch die Landesjustizverwaltung kann darüber Bestimmung getroffen werden, inwieweit für die Fälle, in denen ein Theil eines Grundstücks von diesem abgeschrieben oder ohne Abschreibung mit einer Dienstbarkeit oder einer Reallast belastet werden soll, die Eintragung von einer Aenderung des amtlichen Verzeichnisses der Grundstücke oder von der Beibringung einer die Lage und die Grenzen des Grundstückstheils darstellenden Karte abhängig sein soll.

§. 97.

Durch die Landesjustizverwaltung kann angeordnet werden, daß der im §. 57 bezeichnete Auszug aus dem Grundbuche noch andere als die dort vorgeschriebenen Angaben über das Grundstück enthalten und daß, wenn sich der Betrag der Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld mindert, auf dem Briefe durch einen Vermerk ersichtlich gemacht werden soll, für welchen Betrag das Recht noch besteht.

§. 98.

Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß das Grundbuchamt die Erklärung der Auflassung nur entgegennehmen soll, wenn die nach §. 313 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderliche Urkunde vorgelegt wird.

§. 99.

Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß die Vorschriften der §§. 37, 38 entsprechende Anwendung finden, wenn bei einem zum Nachlaß oder zu dem Gesammtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehörenden Grundstück oder Erbbaurecht einer von den Betheiligten als Eigenthümer oder Erbbauberechtigter eingetragen werden soll.

§. 100.

Durch die Gesetzgebung eines Bundesstaats, in welchem die Amtsgerichte nicht zugleich Grundbuchämter sind, kann bestimmt werden, daß die Abänderung einer Entscheidung des Grundbuchamts bei dem Amtsgerichte nachzusuchen ist, in dessen Bezirke das Grundbuchamt seinen Sitz hat. In diesem Falle finden auf das Verfahren die Vorschriften des §. 71 Abs. 2 und der §§. 73 bis 77 entsprechende Anwendung.

Die Beschwerde findet gegen die Entscheidung des Amtsgerichts statt.

§. 101.

Durch Landesgesetz kann dem im §. 100 bezeichneten Amtsgerichte die Befugniß ertheilt werden, von Amtswegen das Grundbuchamt zu einer nach §. 54 zulässigen Eintragung anzuhalten.

Gegen die Anordnung des Amtsgerichts findet Beschwerde nach Maßgabe der Vorschriften des vierten Abschnitts statt.

§. 102.

Durch die Gesetzgebung eines Bundesstaats, in welchem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann die Entscheidung über das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde einem der mehreren Oberlandesgerichte oder an Stelle eines solchen Oberlandesgerichts dem obersten Landesgerichte zugewiesen werden.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Berlin im Schloß, den 24. März 1897. Geänderte Fassung, zum 20. Mai 1898. Geänderte Fassung, zum 06. November 2015

(L. S.) Wilhelm.

Fürst zu Hohenlohe.




Deutsches Reichsgesetzblatt 1897

Deutsches Reichsgesetzblatt 1897

Textdaten
<<< 1896 1898 >>>
Autor: Amtliches Werk
Titel: Reichs-Gesetzblatt
Herausgeber: Reichsamt des Innern
Erscheinungsdatum: 1897
Erscheinungsort: Berlin
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: amtliches Gesetz- und Verkündungsblatt des Deutschen Reichs
Bearbeitungsstand
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Reichs-Gesetzblatt.
1897.

Enthält
die Gesetze, Verordnungen u. s. w. vom 4. Januar bis 23. Dezember 1897,
nebst einem allerhöchsten Erlaß und sieben Verträgen aus dem Jahre 1896.
(Von Nr. 2353 bis einschl. Nr. 2437.)
Nr. 1 bis einschl. Nr. 54.

Berlin,
zu haben im Kaiserlichen Post-Zeitungsamt.

Inhaltsverzeichnis

Chronologische Uebersicht
der im Reichs-Gesetzblatt
vom Jahre 1897
enthaltenen Gesetze, Verordnungen u. s. w.
Datum
des
Gesetzes etc.
Ausgegeben
zu
Berlin.
I n h a l t. Nr.
des
Stücks.
Nr.
des
Gesetzes etc.
Seiten.
4. Febr. 1896. 15. April 1897. Freundschafts-, Handels-, Schiffahrts- und Konsularvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und der Republik Nicaragua. 18. 2381. 171–193.
4. Mai 1896. 11. Oktbr. 1897. Zusatzakte zur Berner Uebereinkunft, betr. die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, vom 9. September 1886. 45. 2423. 759–768.
4. Mai 1896. 11. Oktbr. 1897. Deklaration dazu. 45. 2424. 769–771.
16. Oktbr. 1896. 27. Juli 1897. Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und dem Königreiche der Niederlande über die Unterhaltung des Leuchtfeuers auf Borkum, sowie über die Betonnung, Bebakung und Beleuchtung der Fahrstraßen der Unterems und ihrer Mündungen. 33. 2406. 603–610.
2. Novbr. 1896. 11. Mai 1897. Allerhöchster Erlaß, betr. die Einrichtung einer Ober-Postdirektion in Chemnitz. 21. 2384. 201.
18. Novbr. 1896. 30. Janr. 1897. Erklärung zwischen dem Reiche und Frankreich, betr. die Regelung der Vertragsbeziehungen zwischen Deutschland und Tunis. 4. 2358. 7–9.
5. Dezbr. 1896. 22. April 1897. Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweiz, betr. die Einrichtung schweizerischer Nebenzollämter auf badischem Gebiet und die schweizerische Zollabfertigung am Grenzacherhorn. 19. 2382. 195–197.
31. Dezbr. 1896. 25. Oktbr. 1897. Auslieferungsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und den Niederlanden. 42. 2419. 731–746. [IV]
4. Janr. 1897. 11. Janr. 1897. Gesetz, betr. die Kontrole des Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für das Etatsjahr 1896/97. 1. 2353. 1.
7. Janr. 1897. 11. Janr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Zulassung älterer Maaße, Meßwerkzeuge und Gewichte zur Wiederholung der Aichung und Stempelung. 1. 2354. 2.
8. Janr. 1897. 11. Janr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Zulassungsfristen für ältere Maaße, Meßwerkzeuge, Gewichte und Waagen. 1. 2355.
(mit Anl.)
2.
11. Janr. 1897. 16. Janr. 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 2. 2356. 3–4.
27. Janr. 1897. 27. Janr. 1897. Bekanntmachung, betr. das Außerkrafttreten des Handels-, Schiffahrts- und Konsularvertrages zwischen dem Reiche und der Dominikanischen Republik. 3. 2357. 5.
2. Febr. 1897. 5. Febr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Alkali-Chromaten. 5. 2359. 11–14.
8. Febr. 1897. 9. Febr. 1897. Verordnung, betr. Beschränkungen der Einfuhr aus Asien. 6. 2360. 15.
13. Febr. 1897. 25. Febr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Gestattung des Feilbietens von Obstbäumen im Umherziehen. 7. 2362. 18.
15. Febr. 1897. 25. Febr. 1897. Verordnung, betr. die Gerichtsbarkeit der deutschen Konsuln in Egypten. 7. 2361. 17.
24. Febr. 1897. 9. März 1897. Verordnung, betr. die Tagegelder und Fuhrkosten von Beamten der Verwaltung des Kaiser Wilhelm-Kanals. 8. 2363. 19–20.
6. März 1897. 18. März 1897. Bekanntmachung, betr. eine IV. Ausgabe der dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügten Liste. 11. 2366. 27–48.
8. März 1897. 11. März 1897. Gesetz, betr. die Kündigung und Umwandlung der vierprozentigen Reichsanleihe. 9. 2364. 21–24.
11. März 1897. 12. März 1897. Bekanntmachung, betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen auf Steinkohlenbergwerken und auf Zink- und Bleierzbergwerken im Regierungsbezirk Oppeln. 10. 2365. 25. [V]
24. März 1897. 30. März 1897. Gesetz wegen Verwendung überschüssiger Reichseinnahmen zur Schuldentilgung. 13. 2370. 95–96.
24. März 1897. 3. April 1897. Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. 14. 2372. 97–134.
24. März 1897. 3. April 1897. Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. 14. 2373. 135–137.
24. März 1897. 3. April 1897. Grundbuchordnung. 15. 2374. 139–157.
24. März 1897. 3. April 1897. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892. 16. 2376. 161–164.
24. März 1897. 3. April 1897. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Normen für den Bau und die Ausrüstung der Haupteisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892. 16. 2377. 164–165.
24. März 1897. 3. April 1897. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892. 16. 2378. 166.
25. März 1897. 30. März 1897. Bekanntmachung, betr. Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung. 13. 2371. 96.
29. März 1897. 3. April 1897. Gesetz wegen Abänderung des Gesetzes, betr. die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes, und der Civilprozeßordnung. 16. 2375. 159–160.
30. März 1897. 10. April 1897. Verordnung, betr. die Erfüllung der Dienstpflicht bei der Kaiserlichen Schutztruppe für Südwestafrika. 17. 2379. 167–169.
31. März 1897. 31. März 1897. Gesetz, betr. die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Etatsjahr 1897/98. 12. 2367.
(mit Anl.)
49–73.
31. März 1897. 31. März 1897. Gesetz, betr. die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen. 12. 2368. 74.
31. März 1897. 31. März 1897. Gesetz, betr. die Feststellung des Haushalts-Etats für die Schutzgebiete auf das Etatsjahr 1897/98. 12. 2369.
(mit Anl.)
75–93.
31. März 1897. 10. April 1897. Verordnung wegen Abänderung der Verordnung vom 22. Januar 1874, betr. die Verwaltung des Reichskriegsschatzes. 17. 2380. 169. [VI]
15. April 1897. 1. Septbr. 1897. Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und Belgien, betr. die Aachen-Mastrichter Eisenbahn. 38. 2414.
(mit Anl.)
708-723.
28. April 1897. 1. Mai 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 30. 2383. 199.
7. Mai 1897. 11. Mai 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 21. 2385. 201–202.
9. Mai 1897. 13. Mai 1897. Verordnung zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See. 22. 2386. 203–214.
10. Mai 1897. 13. Mai 1897. Verordnung, betr. die Lichter- und Signalführung der Fischerfahrzeuge und der Lootsendampffahrzeuge. 22. 2387. 215–218.
10. Mai 1897. 21. Mai 1897. Handelsgesetzbuch. 23. 2388. 219–436.
10. Mai 1897. 21. Mai 1897. Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch. 23. 2389. 437–454.
17. Mai 1897. 21. Mai 1897. Gesetz wegen anderweiter Bemessung der Wittwen- und Waisengelder. 24. 2390. 455–457.
29. Mai 1897. 2. Juni 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 25. 2392. 462.
31. Mai 1897. 2. Juni 1897. Verordnung, betr. die Ausdehnung der §§. 135 bis 139 und des §. 139b der Gewerbeordnung auf die Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion. 25. 2391. 459–462.
5. Juni 1897. 17. Juni 1897. Verordnung zur Ausführung des Patentgesetzes vom 7. April 1891. 26. 2394. 473.
9. Juni 1897. 17. Juni 1897. Gesetz über das Auswanderungswesen. 26. 2393. 463–472.
15. Juni 1897. 19. Juni 1897. Gesetz, betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln. 27. 2395. 475–480.
24. Juni 1897. 5. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 29. 2398. 589.
30. Juni 1897. 3. Juli 1897. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Etatsjahr 1897/98. 28. 2396.
(mit Anl.)
481–486. [VII]
30. Juni 1897. 3. Juli 1897. Gesetz, betr. die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltung des Reichsheeres. 28. 2397. 587.
1. Juli 1897. 5. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. die Aufhebung des §. 80a der Instruktion zur Ausführung des Reichsviehseuchengesetzes vom 27. Juni 1895. 29. 2399. 590.
2. Juli 1897. 16. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. die Aichung von selbstthätigen Registrirwaagen, von chemischen Meßgeräthen und von Meßwerkzeugen zur Bestimmung des Prozentgehalts von Zuckerlösungen. 31. 2403.
(mit Anl.)
596.
4. Juli 1897. 6. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln. 30. 2400.
(mit Anl.)
591–594.
7. Juli 1897. 16. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 31. 2401. 595–596.
9. Juli 1897. 17. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. die Uebersicht der Uebergangsabgaben und Ausfuhrvergütungen, welche im gegenseitigen Verkehre zwischen den zum Zollgebiete gehörigen Staaten, in denen innere Steuern auf die Hervorbringung oder Zubereitung gewisser Erzeugnisse gelegt sind, erhoben bezw. bewilligt werden. 32. 2404.
(mit Anl.)
597–600.
12. Juli 1897. 16. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. die Gestattung des Feilbietens von Obstbäumen im Umherziehen. 31. 2402. 596.
13. Juli 1897. 17. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. Abänderung der Bestimmungen über die Befähigung der Eisenbahn-Betriebsbeamten. 32. 2405. 601.
26. Juli 1897. 2. August 1897. Verordnung, betr. die anderweite Bemessung der Wittwen- und Waisengelder für die Hinterbliebenen der Reichsbankbeamten. 35. 2409. 613.
26. Juli 1897. 5. August 1897. Gesetz, betr. den Servistarif und die Klasseneintheilung der Orte. 36. 2411.
(mit Anl.)
619–661.
26. Juli 1897. 6. August 1897. Gesetz, betr. die Abänderung der Gewerbeordnung. 37. 2412. 663–706. [VIII]
29. Juli 1897. 31. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 34. 2407. 611.
31. Juli 1897. 31. Juli 1897. Bekanntmachung, betr. das Außerkrafttreten des Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen dem Deutschen Reiche und der Orientalischen Republik Uruguay. 34. 2408. 611.
31. Juli 1897. 2. August 1897. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung und den Betrieb der Buchdruckereien und Schriftgießereien. 35. 2410. 614–617.
19. August 1897. 1. Septbr. 1897. Verordnung, betr. den Verkehr mit Schilddrüsenpräparaten. 38. 2413. 707.
20. August 1897. 1. Septbr. 1897. Bekanntmachung, betr. den Beitritt Dänemarks zum internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr und die Ergänzung der zugehörigen Liste. 38. 2415. 723–724.
6. Septbr. 1897. 13. Septbr. 1897. Verordnung, betr. Beschränkungen der Einfuhr aus Asien. 39. 2416. 725.
10. Septbr. 1897. 15. Septbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 40. 2417. 727.
18. Septbr. 1897. 18. Septbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 41. 2418. 729.
21. Septbr. 1897. 25. Oktbr. 1897. Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und den Niederlanden über die Auslieferung der Verbrecher zwischen den Deutschen Schutzgebieten, sowie den sonst von Deutschland abhängigen Gebieten und dem Gebiete der Niederlande, sowie den Niederländischen Kolonien und auswärtigen Besitzungen. 42. 2420. 747–753.
30. Septbr. 1897. 26. Oktbr. 1897. Bekanntmachung über die wechselseitige Befreiung der Angehörigen des Deutschen Reichs und Rußlands von der ihnen als Ausländer in Rechtsstreitigkeiten obliegenden Verpflichtung zur Sicherheitsleistung, Vorschußzahlung und Gebührenentrichtung. 47. 2427. 775. [IX]
2. Oktbr. 1897. 4. Oktbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 43. 2421. 755.
4. Oktbr. 1897. 8. Oktbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 44. 2422. 757.
15. Oktbr. 1897. 18. Oktbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 46. 2425. 773.
16. Oktbr. 1897. 18. Oktbr. 1897. Bekanntmachung, betr. Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit im Gewerbebetriebe. 46. 2426. 773–774.
18. Oktbr. 1897. 26. Oktbr. 1897. Bekanntmachung über den Beitritt Rumäniens zu der am 15. April 1893 zu Dresden abgeschlossenen internationalen Uebereinkunft, betr. Maßregeln gegen die Cholera. 47. 2428. 776.
10. Novbr. 1897. 11. Novbr. 1897. Verordnung, betr. die Einberufung des Reichstags. 48. 2429. 777.
15. Novbr. 1897. 19. Novbr. 1897. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der §§. 42 und 44 der Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands sowie der hierzu gehörigen Anlage B. 49. 2430. 779–780.
22. Novbr. 1897. 25. Novbr. 1897. Bekanntmachung, betr. Ergänzung der Anlage B zur Verkehrs-Ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands. 50. 2431. 781.
22. Novbr. 1897. 25. Novbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 50. 2432. 782–783.
29. Novbr. 1897. 6. Dezbr. 1897. Verordnung, betr. die Ausführung der am 9. September 1886 zu Bern abgeschlossenen Uebereinkunft wegen Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst. 52. 2434. 787–788.
1. Dezbr. 1897. 1. Dezbr. 1897. Bekanntmachung, betr. das Außerkrafttreten des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages zwischen dem Deutschen Reiche und dem Freistaate Costa Rica. 51. 2433. 785.
10. Dezbr. 1897. 16. Dezbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Ziegeleien. 53. 2435. 789.
18. Dezbr. 1897. 24. Dezbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 54. 2436. 791.
23. Dezbr. 1897. 24. Dezbr. 1897. Bekanntmachung, betr. die wechselseitige Befreiung der Angehörigen des Deutschen Reichs und Oesterreichs von der ihnen als Ausländern in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten obliegenden Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten. 54. 2437. 792.



Weltpostvertrag vom 15. Juni 1897

Gesetzestext
Titel: Weltpostvertrag
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1898, Nr. 50, Seite 1079–1114
Fassung vom: 15. Juni 1897
Bekanntmachung: 3. November 1898
Quelle: Scan auf Commons

[1079]

(Nr. 2522.) Weltpostvertrag, abgeschlossen zwischen Deutschland und den Deutschen Schutzgebieten, der Größeren Republik von Central-Amerika, den Vereinigten Staaten von Amerika, der Argentinischen Republik, Oesterreich-Ungarn (mit Bosnien-Herzegowina), Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, dem Chinesischen Kaiserreiche, der Republik Columbien, dem Unabhängigen Kongostaate, dem Königreiche Korea, der Republik Costa-Rica, Dänemark und den Dänischen Kolonien, der Republik San Domingo, Egypten, Ecuador, Spanien und den Spanischen Kolonien, Frankreich, den Französischen Kolonien, Großbritannien und verschiedenen Britischen Kolonien, Britisch-Indien, den Britischen Kolonien von Australasien, Canada, den Britischen Kolonien Südafrikas, Griechenland, Guatemala, der Republik Haiti, der Republik Hawai, Italien, Japan, der Republik Liberia, Luxemburg, Mexico, Montenegro, Norwegen, dem Oranje-Freistaate, Paraguay, den Niederlanden, den Niederländischen Kolonien, Peru, Persien, Portugal und den Portugiesischen Kolonien, Rumänien, Rußland, Serbien, dem Königreiche Siam, der Südafrikanischen Republik, Schweden, der Schweiz, der Regentschaft Tunis, der Türkei, Uruguay und den Vereinigten Staaten von Venezuela. Vom 15. Juni 1897.

Die Unterzeichneten, Bevollmächtigte der Regierungen der vorstehend aufgeführten Länder, haben, nachdem sie auf Grund des Artikels 25 des am 4. Juli 1891 in Wien abgeschlossenen Weltpostvertrags zu einem Kongreß in Washington zusammengetreten sind, in gemeinschaftlichem Einverständniß und unter Vorbehalt der Ratifikation den gedachten Vertrag im Wege der Revision folgendermaßen abgeändert:

Artikel 1.

Die am gegenwärtigen Vertrage Theil nehmenden sowie die demselben später beitretenden Länder bilden, für den gegenseitigen Austausch der Korrespondenzen zwischen ihren Postanstalten, ein einziges Postgebiet, welches den Namen „Weltpostverein“ führt.

Artikel 2.

Die Bestimmungen dieses Vertrags erstrecken sich auf Briefe, einfache Postkarten und Postkarten mit bezahlter Antwort, Drucksachen jeder Art, Geschäftspapiere und Waarenproben, welche aus einem der Vereinsländer herrühren und nach einem anderen gerichtet sind. Auch finden diese Bestimmungen in gleicher Weise Anwendung auf den Postaustausch der vorbezeichneten Gegenstände zwischen Vereinsländern und fremden, dem Vereine nicht angehörigen Ländern, sofern bei diesem Austausche das Gebiet von mindestens zweien der vertragschließenden Theile berührt wird.

Artikel 3.

1. Die Postverwaltungen angrenzender oder solcher Länder, welche, ohne sich der Vermittelung einer dritten Verwaltung zu bedienen, in unmittelbare Verbindung treten können, ordnen im gemeinsamen Einverständnisse die Bedingungen der Beförderung der beiderseitigen Briefposten über die Grenze oder von einer Grenze zur anderen.
2. Wofern keine gegentheilige Abmachung besteht, werden als Leistungen dritter Verwaltungen diejenigen Seebeförderungen angesehen, welche unmittelbar zwischen zwei Ländern mittelst der von einem derselben abhängigen Postdampfer oder anderen Schiffe ausgeführt werden. Diese Beförderungen sowie diejenigen, welche zwischen zwei Postanstalten eines und desselben Landes durch Vermittelung der von einem anderen Lande abhängigen See- oder Landpostverbindungen ausgeführt werden, unterliegen den Bestimmungen des folgenden Artikels.

Artikel 4.

1. Die Freiheit des Transits ist im gesammten Gebiete des Vereins gewährleistet.

2. In Folge dessen können sich die verschiedenen Vereins-Postverwaltungen durch Vermittelung einer oder mehrerer anderer derselben sowohl geschlossene Briefposten als lose Korrespondenzen, je nach dem Verkehrsbedürfniß und den Erfordernissen des Postdienstes, gegenseitig zufertigen.

3. Die Korrespondenzen, welche zwischen zwei Vereinsverwaltungen entweder im offenen Transit oder in geschlossenen Briefposten mittelst der Postverbindungen einer oder mehrerer anderer Vereinsverwaltungen ausgetauscht werden, unterliegen zu Gunsten jedes der Transitländer oder derjenigen Länder, deren Postverbindungen bei der Beförderung betheiligt sind, den nachstehenden Transitgebühren:

1. für die Landbeförderung 2 Franken für das Kilogramm Briefe und Postkarten und 25 Centimen für das Kilogramm anderer Gegenstände;
2. für die Seebeförderung:
a) den Sätzen des Landtransits, wenn die Beförderungsstrecke 300 Seemeilen nicht übersteigt. Die Seebeförderung für eine Strecke von nicht mehr als 300 Seemeilen findet jedoch unentgeltlich statt, wenn die betheiligte Verwaltung für die beförderten Briefposten oder Korrespondenzen schon die Vergütung für Landtransit empfängt;
b) 5 Franken für das Kilogramm Briefe und Postkarten und 50 Centimen für das Kilogramm anderer Gegenstände bei Beförderungen von mehr als 300 Seemeilen zwischen europäischen Ländern, zwischen Europa und den afrikanischen und asiatischen Hafenplätzen am Mittelländischen Meere und am Schwarzen Meere oder zwischen diesen Hafenplätzen unter einander, und zwischen Europa und Nordamerika. Die nämlichen Sätze finden im gesammten Bereiche des Vereins Anwendung auf die Beförderungen zwischen zwei Hafenplätzen eines und desselben Staates, wie auch zwischen den durch eine und dieselbe Dampferlinie mit einander verbundenen Hafenplätzen von zwei Staaten, sofern die Seebeförderung nicht mehr als 1.500 Seemeilen beträgt;c) 15 Franken für das Kilogramm Briefe und Postkarten und 1 Frank für das Kilogramm anderer Gegenstände für alle Beförderungen, die nicht zu den in den vorstehenden Absätzen a und b aufgeführten Fällen gehören. In dem Falle der Betheiligung zweier oder mehrerer Verwaltungen an der Seebeförderung dürfen die Seetransitgebühren für die gesammte Beförderung 15 Franken für das Kilogramm Briefe und Postkarten und 1 Frank für das Kilogramm anderer Gegenstände nicht übersteigen; diese Gebühren werden eintretenden Falles zwischen den betheiligten Verwaltungen nach Verhältniß der zurückgelegten Strecken getheilt, unbeschadet anderweiter etwa zwischen den betreffenden Verwaltungen getroffenen Vereinbarungen.

4. Die im gegenwärtigen Artikel angegebenen Transitvergütungssätze gelten weder für Posttransporte der nicht zum Vereine gehörigen Verwaltungen, noch für Posttransporte innerhalb des Vereins mittelst solcher außergewöhnlichen Verbindungen, die von einer Verwaltung im Interesse oder auf Verlangen einer oder mehrerer anderer Verwaltungen besonders hergestellt oder unterhalten werden. Die Bedingungen für diese letztere Art von Postbeförderungen werden zwischen den betheiligten Verwaltungen in freier Vereinbarung geregelt.

Außerdem wird überall, wo der Transit schon gegenwärtig unentgeltlich oder unter vorteilhafteren Bedingungen stattfindet, dieses Verhältniß beibehalten.

5. Man ist jedoch darüber einverstanden:

1. daß die Landtransitgebühren in folgender Weise ermäßigt werden:

um 5 Prozent während der beiden ersten Jahre des Inkraftseins des gegenwärtigen Vertrags;

um 10 Prozent während der beiden folgenden Jahre;

um 15 Prozent über 4 Jahre hinaus;

2. daß diejenigen Länder, deren Einnahmen und Ausgaben für Landtransit zusammen über die Summe von 5.000 Franken jährlich nicht hinausgehen und deren Ausgaben die Einnahmen für diesen Transit übersteigen, von jeder Zahlung dafür befreit sind;

3. daß der im vorstehenden §. 3 Buchstabe c vorgesehene Seetransitsatz von 15 Franken für das Kilogramm Briefe und Postkarten ermäßigt wird:

auf 14 Franken während der beiden ersten Jahre des Inkraftseins des gegenwärtigen Vertrags;

auf 12 Franken während der beiden folgenden Jahre;

auf 10 Franken über 4 Jahre hinaus.

6. Die Transitgebühren sind von der Verwaltung des Aufgabegebiets zu tragen.7. Die Abrechnung über diese Gebühren erfolgt nach den Vorschriften, welche durch die im nachfolgenden Artikel 20 vorgesehene Ausführungs-Uebereinkunft zu treffen sind.8. Von Land- und Seetransitgebühren gänzlich befreit sind der im §. 2 des nachfolgenden Artikels 11 erwähnte amtliche Schriftwechsel, die nach dem Ursprungslande zurückgesandten Antwort-Postkarten, nachgesandte oder unrichtig geleitete Gegenstände, unanbringliche Sendungen, Rückscheine, Postanweisungen und alle anderen postdienstlichen Papiere.

Artikel 5.

1. Das Porto für die Beförderung der Postsendungen im gesammten Vereinsgebiet, einschließlich der Bestellung derselben in denjenigen Vereinsländern, in welchen ein Bestellungsdienst besteht oder später eingerichtet wird, beträgt:
1. bei Briefen 25 Centimen im Frankirungsfall, anderenfalls das Doppelte, für jeden Brief und für je 15 Gramm oder einen Theil von 15 Gramm;

2. bei Postkarten im Frankirungsfalle 10 Centimen für die einfache Karte oder für jeden der beiden Theile der Karte mit bezahlter Antwort, anderenfalls das Doppelte;

3. bei Drucksachen jeder Art, Geschäftspapieren und Waarenproben 5 Centimen für jeden mit einer besonderen Aufschrift versehenen Gegenstand oder jedes derartige Packet und für je 50 Gramm oder einen Theil von 50 Gramm, vorausgesetzt, daß dieser Gegenstand oder dieses Packet weder einen Brief, noch einen geschriebenen Vermerk enthält, welcher die Eigenschaft einer eigentlichen und persönlichen Korrespondenz hat, und daß die Sendung derart beschaffen ist, daß der Inhalt leicht geprüft werden kann.

Die Taxe der Geschäftspapiere darf nicht weniger als 25 Centimen für jede Sendung, und die Taxe der Waarenproben nicht weniger als 10 Centimen für jede Sendung betragen.

2. Außer den in dem vorstehenden Paragraphen festgesetzten Taxen können zur Erhebung kommen:

1. für jede Sendung, welche den Seetransitgebühren von 15 Franken für das Kilogramm Briefe oder Postkarten und 1 Frank für das Kilogramm anderer Gegenstände unterliegt, und zwar in allen Verkehrsbeziehungen, auf welche diese Transitsätze anwendbar sind, eine einheitliche Zuschlagtaxe; welche 25 Centimen für das einfache Briefporto, 5 Centimen für jede Karte und 5 Centimen für je 50 Gramm oder einen Theil von 50 Gramm bei den anderen Gegenständen nicht übersteigen darf;

2. für jeden Gegenstand, der mit Postverbindungen von nicht zum Vereine gehörigen Verwaltungen, oder mit außergewöhnlichen Verbindungen innerhalb des Vereins gegen besondere Gebühren befördert wird, eine zu diesen Gebühren im Verhältnisse stehende Zuschlagtaxe.

Wenn für die einfache frankirte Postkarte die eine oder die andere der nach den beiden vorhergehenden Absätzen zulässigen Zuschlagtaxen erhoben wird, so gilt dieselbe Taxe für jeden der Theile der Postkarte mit bezahlter Antwort.

3. Bei ungenügender Frankirung werden Korrespondenzgegenstände jeder Art zu Lasten der Empfänger mit dem Doppelten des Fehlbetrags taxirt, doch darf diese Taxe niemals dasjenige Porto übersteigen, welches im Bestimmungslande für unfrankirte Korrespondenzen von gleicher Gattung, gleichem Gewicht und gleicher Herkunft erhoben wird.

4. Andere Gegenstände als Briefe und Postkarten müssen wenigstens theilweise frankirt sein.

5. Waarenprobensendungen dürfen keinen Gegenstand von Handelswerth enthalten; sie sollen nicht über 350 Gramm schwer sein und in ihren Ausdehnungen 30 Centimeter in der Länge, 20 Centimeter in der Breite und 10 Centimeter in der Höhe oder, wenn sie Rollenform haben, 30 Centimeter in der Länge und 15 Centimeter im Durchmesser nicht überschreiten.

6. Sendungen mit Geschäftspapieren und Drucksachen sollen das Gewicht von 2 Kilogramm nicht überschreiten und an keiner Seite eine Ausdehnung von mehr als 45 Centimeter haben. Jedoch können Packete in Rollenform, deren Durchmesser 10 Centimeter und deren Länge 75 Centimeter nicht übersteigt, zur Postbeförderung zugelassen werden.

Artikel 6.

1. Die im Artikel 5 bezeichneten Gegenstände können unter Einschreibung versandt werden.
2. Für jede Einschreibsendung hat der Absender zu entrichten:
1. das gewöhnliche Porto einer frankirten Sendung gleicher Gattung;
2. eine Einschreibgebühr von höchstens 25 Centimen, einschließlich der Ausfertigung eines Einlieferungsscheins für den Absender.
3. Der Absender einer Einschreibsendung kann gegen eine bei der Einlieferung zu entrichtende Gebühr von höchstens 25 Centimen einen Rückschein erhalten. Die gleiche Gebühr kann für die nach erfolgter Einlieferung gehaltenen Nachfragen nach dem Verbleibe von Einschreibsendungen erhoben werden, sofern der Absender nicht schon die besondere Gebühr für Erlangung eines Rückscheins entrichtet hat.

Artikel 7.

1. Die eingeschriebenen Korrespondenzen können im Verkehre derjenigen Länder, deren Verwaltungen über die Ausführung eines solchen Dienstes sich verständigen, mit Nachnahme belastet versandt werden.
Die Gegenstände mit Nachnahme unterliegen derselben Behandlung und Taxirung wie Einschreibsendungen.
Der Höchstbetrag der Nachnahme wird für die einzelne Sendung auf 1.000 Franken oder den Gegenwerth dieser Summe in der Münze des Bestimmungslandes festgesetzt. Jede Verwaltung hat jedoch das Recht, diesen Höchstbetrag auf 500 Franken für die einzelne Sendung oder auf den Gegenwerth dieser Summe nach ihrem Münzsysteme herunterzusetzen.
2. Sofern keine gegentheilige Abmachung zwischen den Verwaltungen der betheiligten Länder besteht, ist der vom Empfänger eingezogene Betrag nach Abzug der gewöhnlichen Postanweisungsgebühr und einer Einziehungsgebühr von 10 Centimen dem Absender mittelst Postanweisung zuzusenden.
Der Betrag einer unbestellbaren Nachnahme-Postanweisung verbleibt zur Verfügung der Verwaltung des Ursprungslandes der Nachnahmesendung.
3. Im Falle des Verlustes einer eingeschriebenen, mit Nachnahme belasteten Sendung ist die Post zur Ersatzleistung nach Maßgabe der Vorschriften verpflichtet, welche durch den nachfolgenden Artikel 8 für die eingeschriebenen, mit Nachnahme nicht versehenen Sendungen getroffen sind. Nach Aushändigung des Gegenstandes ist die Verwaltung des Bestimmungslandes für den Nachnahmebetrag haftbar, und sie muß im Falle der Nachfrage die Uebersendung der eingezogenen Summe, abzüglich der im §. 2 vorgesehenen Taxe und Gebühr, an den Absender nachweisen.

Artikel 8.

1. Geht eine Einschreibsendung verloren, so hat der Absender, oder auf dessen Verlangen der Empfänger, den Fall höherer Gewalt ausgenommen, Anspruch auf eine Entschädigung von 50 Franken.

2. Die Länder, welche für den durch höhere Gewalt entstehenden Schaden einzustehen sich bereit erklären, sind befugt, hierfür vom Absender eine Zuschlagtaxe von höchstens 25 Centimen für jede eingeschriebene Sendung zu erheben.

3. Die Verpflichtung zur Zahlung des Ersatzbetrags liegt derjenigen Verwaltung ob, welcher die Aufgabe-Postanstalt angehört. Dieser Verwaltung wird vorbehalten, ihren Anspruch gegen die verantwortliche Verwaltung, das heißt gegen diejenige, auf deren Gebiet oder in deren Betrieb der Verlust stattgefunden hat, geltend zu machen.

Wenn durch höhere Gewalt auf dem Gebiet oder im Betrieb eines Landes, welches für den im vorhergehenden Paragraphen erwähnten Schaden eintritt, eine aus einem anderen Lande herrührende Einschreibsendung verloren geht, so ist das Land, wo der Verlust stattgefunden hat, der Aufgabe-Verwaltung gegenüber für die Sendung verantwortlich, sofern die letztere Verwaltung ihrerseits ihren Absendern gegenüber die Ersatzverbindlichkeit im Falle der höheren Gewalt übernimmt.

4. Bis zum Nachweise des Gegentheils liegt die Verantwortlichkeit derjenigen Verwaltung ob, welche den Gegenstand unbeanstandet übernommen hat und weder dessen Aushändigung an den Empfänger, noch, eintretenden Falles, die vorschriftsmäßige Weitersendung an die folgende Verwaltung nachweisen kann. Die Verantwortlichkeit für die postlagernden Sendungen hört auf, sobald dieselben einer Person behändigt sind, welche nach Maßgabe der im Bestimmungslande bestehenden Vorschriften die Uebereinstimmung ihres Namens und ihrer Eigenschaft mit den Angaben der Adresse nachgewiesen hat.

5. Die Zahlung des Ersatzbetrags durch die Verwaltung des Aufgabegebiets soll sobald als möglich und spätestens innerhalb eines Jahres, vom Tage der Nachfrage ab gerechnet, stattfinden. Die verantwortliche Verwaltung ist verpflichtet, der Verwaltung des Aufgabegebiets den von derselben gezahlten Ersatzbetrag ohne Verzug zu erstatten.

Die Aufgabe-Verwaltung ist berechtigt, den Absender für Rechnung der Vermittelungs- oder der Bestimmungs-Verwaltung zu entschädigen, wenn diese, nachdem die Sache ordnungsmäßig anhängig gemacht worden ist, ein Jahr hat verstreichen lassen, ohne ihr Folge zu geben. Wenn ferner eine Verwaltung, deren Verantwortlichkeit gehörig festgestellt ist, anfangs die Zahlung der Entschädigung abgelehnt hat, so muß sie außer dem Ersatzbetrage die Nebenkosten tragen, welche aus der bei der Zahlung verursachten, ungerechtfertigten Verzögerung entstehen.

6. Man ist darüber einverstanden, daß der Anspruch auf Entschädigung nur zulässig ist, wenn derselbe innerhalb eines Jahres, vom Tage der Aufgabe der Einschreibsendung an gerechnet, erhoben wird; nach Ablauf dieses Zeitraums steht dem Absender ein Anspruch auf irgend eine Entschädigung nicht zu.

7. Wenn der Verlust während der Beförderung stattgefunden hat, ohne daß festgestellt werden kann, auf dem Gebiet oder im Betriebe welchen Landes dies geschehen ist, so wird der Schaden von den betheiligten Verwaltungen zu gleichen Theilen getragen.

8. Die Ersatzverbindlichkeit der Postverwaltungen für Einschreibsendungen hört auf, sobald der Empfangsberechtigte Quittung ertheilt und die Sendung in Empfang genommen hat.

Artikel 9.

1. Der Absender einer Briefsendung kann dieselbe zurücknehmen oder ihre Aufschrift abändern lassen, so lange die Sendung dem Empfänger noch nicht ausgehändigt ist.
2. Das hierauf bezügliche Verlangen wird entweder brieflich oder telegraphisch auf Kosten des Absenders übermittelt. Letzterer hat dafür zu entrichten:
1. wenn die Uebermittelung brieflich erfolgt, die Taxe für einen einfachen Einschreibbrief;
2. wenn die Uebermittelung auf telegraphischem Wege geschieht, die Taxe des Telegramms nach dem gewöhnlichen Tarife.

3. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels sind für diejenigen Länder nicht verbindlich, deren Gesetzgebung dem Absender nicht gestattet, über eine Sendung während der Beförderung derselben zu verfügen.

Artikel 10.

Diejenigen Vereinsländer, welche nicht den Frank zur Münzeinheit haben, setzen die Taxen in ihrer eigenen Währung fest, zum entsprechenden Werthe der in den verschiedenen Artikeln des gegenwärtigen Vertrags bestimmten Beträge. Diese Länder sind befugt, die Bruchtheile nach Maßgabe der Uebersicht abzurunden, welche in der im Artikel 20 des gegenwärtigen Vertrags erwähnten Ausführungs-Uebereinkunft enthalten ist.

Artikel 11.

1. Die Frankirung der Sendungen kann nur mittelst der im Aufgabelande für die Privatkorrespondenz gültigen Postwerthzeichen bewirkt werden. Es ist jedoch nicht gestattet, im internationalen Verkehre von Postwerthzeichen Gebrauch zu machen, die zu einem besonderen und das Ausgabeland allein berührenden Zwecke hergestellt sind, wie die sogenannten Erinnerungsmarken mit vorübergehender Gültigkeit.

Als gültig frankirt werden die Antwort-Postkarten angesehen, auf welchen sich Postwerthzeichen des Ursprungslandes dieser Karten befinden, sowie die Zeitungen oder Zeitungspackete, die nicht mit Postwerthzeichen versehen sind, in der Aufschrift aber die Angabe „Abonnements-poste“ tragen und auf Grund des im Artikel 19 des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen besonderen Abkommens über den Postbezug von Zeitungen versandt werden.

2. Die auf den Postdienst bezüglichen, zwischen den Postverwaltungen, zwischen diesen Verwaltungen und dem Internationalen Büreau des Weltpostvereins und zwischen den Postanstalten der Vereinsländer ausgetauschten amtlichen Korrespondenzen sind von der Frankirung durch gewöhnliche Postwerthzeichen ausgenommen, und sie allein werden portofrei befördert.

3. Die auf offenem Meere mittelst Schiffsbriefkastens oder bei den Schiffsführern aufgelieferten Korrespondenzgegenstände können nach dem Tarif und mit Postwerthzeichen desjenigen Landes frankirt werden, welchem das Schiff angehört oder dessen Flagge es führt. Wenn die Auflieferung an Bord während des Aufenthalts am Anfangs- oder Endpunkte der Fahrt oder in einem der Zwischenhäfen statt hat, kann die Frankirung nur nach dem Tarif und mit Werthzeichen desjenigen Landes bewirkt werden, in dessen Gewässern sich das Schiff befindet.

Artikel 12.

1. Jede Verwaltung behält unverkürzt die von ihr auf Grund der vorhergehenden Artikel 5, 6, 7, 10 und 11 erhobenen Summen, abgesehen von der Vergütung, welche für die im §. 2 des Artikels 7 bezeichneten Postanweisungen zu zahlen ist.
2. Es findet daher eine Abrechnung hierüber, vorbehaltlich der im §. 1 des gegenwärtigen Artikels vorgesehenen Vergütung, zwischen den verschiedenen Vereinsverwaltungen nicht statt.

3. Briefe und andere Postsendungen dürfen weder im Ursprungslande, noch im Bestimmungslande, sei es zu Lasten der Absender oder der Empfänger, einem anderen Porto oder einer anderen Postgebühr unterworfen werden, als in den vorbezeichneten Artikeln festgesetzt sind.

Artikel 13.

1. In denjenigen Vereinsländern, welche einwilligen, sich in ihrem gegenseitigen Verkehre mit diesem Dienstzweige zu befassen, werden Briefsendungen jeder Art auf Verlangen des Absenders dem Empfänger sogleich nach der Ankunft durch besonderen Boten zugestellt.

2. Diese Sendungen, welche „Eilsendungen“ genannt werden, unterliegen einer besonderen Bestellgebühr, welche auf 30 Centimen festgesetzt ist und vom Absender, neben dem gewöhnlichen Porto, zum vollen Betrage im voraus entrichtet werden muß. Diese Gebühr verbleibt der Verwaltung des Aufgabegebiets.

3. Ist der Gegenstand nach einem Orte ohne Postanstalt gerichtet, so kann die Postverwaltung des Bestimmungsgebiets eine Ergänzungsgebühr bis zur Höhe desjenigen Betrags erheben, den sie in ihrem inneren Verkehre für die Eilbestellung festgesetzt hat, unter Anrechnung der vom Absender entrichteten Gebühr oder des entsprechenden Betrags in der Währung des die Ergänzungsgebühr erhebenden Landes.

4. Eilsendungen, welche nicht zum vollen Betrage der im voraus zu entrichtenden Taxen frankirt sind, werden auf dem gewöhnlichen Wege bestellt.

Artikel 14.

1. Für die Nachsendung von Postsendungen innerhalb des Vereinsgebiets wird ein Nachschußporto nicht erhoben.

2. Bei unbestellbar gebliebenen Sendungen tritt eine Erstattung der den betheiligten Verwaltungen für die erstmalige Beförderung dieser Sendungen zukommenden Transitgebühren nicht ein.

3. Unfrankirte Briefe und Postkarten sowie unzureichend frankirte Briefsendungen jeder Art, welche wegen Unbestellbarkeit oder in Folge von Nachsendung nach dem Aufgabelande zurückgelangen, unterliegen zu Lasten der Empfänger oder der Absender denselben Taxen, wie gleichartige Gegenstände, welche unmittelbar aus dem ersten Bestimmungslande nach dem Ursprungslande versandt werden.

Artikel 15.

1. Zwischen den Postanstalten eines der vertragschließenden Länder und den Befehlshabern der in fremden Gewässern weilenden Geschwader oder Kriegsschiffe desselben Landes können mittelst der Land- und Seepostverbindungen anderer Länder geschlossene Briefposten ausgetauscht werden.
2. In diesen Briefposten dürfen nur solche Korrespondenzen enthalten sein, welche an die Stäbe und Mannschaften der die Briefposten empfangenden oder absendenden Schiffe gerichtet sind oder von denselben herrühren. Die in Anwendung zu bringenden Tarife und Versendungsbedingungen werden von der Postverwaltung desjenigen Landes, welchem die Schiffe angehören, nach Maßgabe ihrer inländischen Verordnungen bestimmt.
3. Vorbehaltlich anderer Vereinbarung zwischen den betheiligten Verwaltungen hat diejenige Postverwaltung, welche solche Briefposten absendet oder empfängt, den transitleistenden Verwaltungen Transitgebühren nach Maßgabe der Bestimmungen im Artikel 4 zu zahlen.

Artikel 16.

1. Es werden nicht befördert solche Geschäftspapiere, Mustersendungen und Drucksachen, welche nicht den für diese Gattungen von Sendungen gemäß Artikel 5 des gegenwärtigen Vertrags und gemäß der im Artikel 20 vorgesehenen Ausführungs-Uebereinkunft erforderlichen Bedingungen entsprechen.
2. Vorkommenden Falles werden solche Gegenstände nach dem Aufgabeorte zurückgeleitet und daselbst dem Absender, wenn möglich, wieder zugestellt.

3. Es ist verboten:

1. mit der Post zu versenden:

a) Mustersendungen und andere Gegenstände, welche ihrer Natur nach für die Postbeamten Gefahren mit sich bringen oder die Korrespondenzgegenstände beschmutzen oder verderben können;

b) explodirbare, leicht entzündliche oder gefährliche Stoffe; lebende oder todte Thiere und Insekten, soweit hierfür nicht Ausnahmen in den Ausführungs-Bestimmungen vorgesehen sind;

2. in die gewöhnlichen oder eingeschriebenen Briefpostsendungen einzulegen:

a) im Umlaufe befindliche Münzen;

b) zollpflichtige Gegenstände;

c) Gold- oder Silbersachen, Edelsteine, Schmucksachen und andere kostbare Gegenstände, aber nur in dem Falle, daß das Einlegen oder die Beförderung derselben durch die Gesetzgebung der betreffenden Länder verboten ist.

4. Die Sendungen, welche unter die Verbote des vorhergehenden Paragraphen 3 fallen und etwa unrichtig zur Beförderung zugelassen worden sind, müssen nach dem Aufgabeorte zurückgesandt werden, es sei denn, daß die Verwaltung des Bestimmungslandes durch ihre Gesetzgebung oder inländischen Verordnungen ermächtigt ist, anderweit darüber zu verfügen.

Explodirbare, leicht entzündliche oder gefährliche Stoffe werden jedoch nicht nach dem Aufgabeorte zurückgesandt, sondern von derjenigen Verwaltung, welche deren Vorhandensein feststellt, auf der Stelle vernichtet.

5. Der Regierung jedes Vereinslandes ist übrigens das Recht vorbehalten, sowohl die der ermäßigten Taxe unterworfenen Gegenstände, in Betreff deren den bestehenden Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften über die Bedingungen ihrer Veröffentlichung oder Verbreitung in diesem Lande nicht genügt sein sollte, als auch Korrespondenzgegenstände jeder Art, welche augenscheinlich Bemerkungen, Zeichen u. s. w. tragen, die nach den gesetzlichen oder reglementarischen Vorschriften dieses Landes unstatthaft sind, von der Beförderung und Bestellung auf ihrem Gebiet auszuschließen.

Artikel 17.

1. Diejenigen Vereinsverwaltungen, welche mit außerhalb des Vereinsgebiets belegenen Ländern Verbindungen unterhalten, müssen allen anderen Vereinsverwaltungen ihre Beihülfe und Vermittelung zur Beförderung von losen Korrespondenzen nach oder aus den gedachten Ländern gewähren.

2. Hinsichtlich der Transitgebühren für Gegenstände jeder Art und der Gewährleistung bei Einschreibsendungen werden die betreffenden Korrespondenzen wie folgt behandelt:

in Ansehung der Beförderung im Vereinsgebiete nach den Festsetzungen des gegenwärtigen Vertrags;

in Ansehung der Beförderung außerhalb der Grenzen des Vereins nach den von derjenigen Vereinsverwaltung, welche zur Vermittelung dient, bekannt gegebenen Bedingungen.

Jedoch dürfen die Gebühren für die gesammte Seebeförderung, im Verein und außerhalb des Vereins, 20 Franken für das Kilogramm Briefe und Postkarten und 1 Frank für das Kilogramm anderer Gegenstände nicht übersteigen; eintretenden Falles werden diese Gebühren nach dem Verhältnisse der Entfernungen zwischen den an der Seebeförderung Theil nehmenden Verwaltungen getheilt.

Die Land- und Seetransitgebühren, außerhalb der Grenzen des Vereins wie innerhalb des Vereinsgebiets, für diejenigen Korrespondenzen, auf welche der gegenwärtige Artikel Anwendung findet, werden in derselben Weise ermittelt, wie die Transitgebühren für die zwischen Vereinsländern ausgetauschten Korrespondenzen.

3. Die Transitgebühren für Korrespondenzen nach Ländern außerhalb des Weltpostvereins sind von der Verwaltung des Aufgabelandes zu tragen, welche die in ihrem Betriebe für die gedachten Korrespondenzen zu erhebenden Taxen selbständig festsetzt; doch dürfen diese Taxen nicht niedriger sein als die Normalsätze des Vereins.

4. Die Transitgebühren für Korrespondenzen aus Nichtvereinsländern sind nicht von der Verwaltung des Bestimmungslandes zu tragen. Diese Verwaltung händigt diejenigen Korrespondenzen, welche ihr als vollständig frankirt überliefert werden, ohne Erhebung von Porto aus; sie belegt die unfrankirten Korrespondenzen mit dem Doppelten des Frankobetrags, welcher in ihrem eigenen Betriebe für gleichartige Sendungen nach dem Lande, aus welchem die gedachten Korrespondenzen herrühren, zur Erhebung gelangt, und die unzureichend frankirten Korrespondenzen mit dem Doppelten des fehlenden Frankos; doch darf der zu erhebende Betrag denjenigen Satz nicht übersteigen, welcher für unfrankirte Korrespondenzen von gleicher Gattung, gleichem Gewicht und gleicher Herkunft berechnet wird.

5. Die von einem Vereinslande nach einem Lande außerhalb des Vereins und umgekehrt durch Vermittelung einer Vereinsverwaltung abgesandten Korrespondenzen können in der einen wie in der anderen Richtung in geschlossenen Briefposten überliefert werden, wenn diese Art der Ueberlieferung zwischen der Ursprungs- und der Bestimmungs-Verwaltung der Briefposten vereinbart ist und die Vermittelungs-Verwaltung ihre Zustimmung dazu ertheilt hat.

Artikel 18.

Die Hohen vertragschließenden Theile verpflichten sich, die nothwendigen Maßregeln zu ergreifen oder bei ihrer Gesetzgebung vorzuschlagen, um die betrügerische Verwendung von gefälschten oder schon gebrauchten Postwerthzeichen zur Frankirung von Postsendungen unter Strafe zu stellen. Sie verpflichten sich gleicherweise, die nothwendigen Maßregeln zu treffen oder bei ihrer Gesetzgebung vorzuschlagen, um alle betrügerischen Handlungen zur Herstellung, zum Verkaufe, Vertrieb oder zur Verbreitung postdienstlicher Vignetten und Werthzeichen, welche gefälscht oder derart nachgemacht sind, daß sie mit den von der Verwaltung eines der vertragschließenden Länder ausgegebenen Vignetten und Werthzeichen verwechselt werden können, zu verbieten und zu verhindern.

Artikel 19.

Der Dienst der Briefe und Kästchen mit Werthangabe, der Postanweisungen, der Postpackete, der Postaufträge, der Ausweisbücher und des Zeitungsbezugs bilden den Gegenstand besonderer Abkommen zwischen den verschiedenen Ländern oder Ländergruppen des Vereins.

Artikel 20.

1. Die Postverwaltungen der verschiedenen Länder, welche den Verein bilden, sind befugt, im gemeinsamen Einverständnisse mittelst einer Ausführungs-Uebereinkunft alle für nothwendig erachteten Dienstvorschriften festzusetzen.
2. Die verschiedenen Verwaltungen können außerdem unter sich die erforderlichen Abkommen über solche Angelegenheiten treffen, welche nicht die Gesammtheit des Vereins angehen, vorausgesetzt, daß diese Abkommen den Festsetzungen des gegenwärtigen Vertrags nicht widersprechen.
3. Den betheiligten Verwaltungen ist jedoch gestattet, sich unter einander über die Annahme ermäßigter Taxen in einem Umkreise von 30 Kilometern zu verständigen.

Artikel 21.

1. Der gegenwärtige Vertrag berührt in keiner Weise die innere Gesetzgebung der Länder in Allem, was durch die in diesem Vertrag enthaltenen Bestimmungen nicht vorgesehen ist.
2. Auch beschränkt der Vertrag nicht die Befugniß der vertragschließenden Theile, behufs Herabsetzung der Taxen oder jeder anderen Verbesserung des Postverkehrs Verträge unter sich bestehen zu lassen oder neu zu schließen sowie engere Vereine aufrecht zu erhalten oder neu zu gründen.

Artikel 22.

1. Unter dem Namen Internationales Büreau des Weltpostvereins soll die Zentralstelle, welche unter der oberen Leitung der schweizerischen Postverwaltung wirkt, und deren Kosten von sämmtlichen Postverwaltungen des Vereins bestritten werden, aufrecht erhalten bleiben.

2. Dieses Büreau wird auch ferner die den internationalen Postverkehr betreffenden dienstlichen Mittheilungen sammeln, zusammenstellen, veröffentlichen und vertheilen, in streitigen Fragen auf Verlangen der Betheiligten sich gutachtlich äußern, Anträgen auf Abänderung der Kongreß-Urkunden die geschäftliche Folge geben, angenommene Aenderungen bekannt geben und überhaupt sich mit denjenigen Gegenständen und Aufgaben befassen, welche ihm im Interesse des Postvereins übertragen werden.

Artikel 23.

1. Meinungsverschiedenheiten zwischen zwei oder mehreren Mitgliedern des Vereins über die Auslegung des gegenwärtigen Vertrags oder hinsichtlich der Verantwortlichkeit einer Verwaltung im Falle des Verlustes einer Einschreibsendung sollen durch ein Schiedsgericht ausgetragen werden, zu welchem jede der betheiligten Verwaltungen ein anderes, bei der Angelegenheit nicht unmittelbar betheiligtes Vereinsmitglied wählt.

2. Das Schiedsgericht entscheidet nach einfacher Stimmenmehrheit.

3. Bei Stimmengleichheit wählen die Theilnehmer des Schiedsgerichts zur Entscheidung der streitigen Frage eine andere, bei der Angelegenheit gleichfalls unbetheiligte Verwaltung.

4. Die Bestimmungen dieses Artikels finden auch Anwendung auf alle Uebereinkommen, welche in Gemäßheit des vorstehenden Artikels 19 abgeschlossen sind.

Artikel 24.

1. Diejenigen Länder, welche an dem gegenwärtigen Vertrage nicht Theil genommen haben, können demselben auf ihren Antrag beitreten.

2. Dieser Beitritt wird auf diplomatischem Wege der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft angezeigt, welche allen Vereinsländern davon Nachricht giebt.

3. Der Beitritt hat mit voller Rechtskraft die Zustimmung zu allen im gegenwärtigen Vertrage festgesetzten Bestimmungen sowie die Zulassung zu allen durch denselben gewährten Vortheilen zur Folge.

4. Es ist Sache der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, im gemeinsamen Einverständnisse mit der Regierung des betheiligten Landes die Höhe des Beitrags, welchen die Verwaltung dieses Landes zu den Kosten für das Internationale Büreau zu zahlen hat, sowie eintretenden Falles die Taxen zu bestimmen, welche von dieser Verwaltung in Gemäßheit des vorhergehenden Artikels 10 zu erheben sind.

Artikel 25.

1. Auf Verlangen oder nach Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Regierungen oder Verwaltungen werden, je nach der Wichtigkeit der zu erledigenden Fragen, entweder Kongresse von Bevollmächtigten der vertragschließenden Länder oder einfache Konferenzen der Verwaltungen zusammentreten.

2. Mindestens alle fünf Jahre soll jedoch ein Kongreß abgehalten werden.

3. Jedes Land kann sich entweder durch einen oder mehrere Bevollmächtigte, oder durch die Bevollmächtigten eines anderen Landes vertreten lassen; indeß dürfen der oder die Bevollmächtigten eines Landes nur mit der Vertretung von zwei Ländern, das eigene Land einbegriffen, beauftragt werden.

4. Bei den Berathungen hat jedes Land nur eine Stimme.

5. Von jedem Kongresse wird bestimmt, wo der nächste Kongreß stattfinden soll.

6. Für die Konferenzen setzen die Verwaltungen, auf Vorschlag des Internationalen Büreaus, den Ort der Zusammenkunft fest.

Artikel 26.

1. Innerhalb der Zeit, welche zwischen den Versammlungen liegt, ist jede Postverwaltung eines Vereinslandes berechtigt, den anderen Vereinsverwaltungen durch Vermittelung des Internationalen Büreaus Vorschläge in Betreff des Vereinsverkehrs zu unterbreiten.

Um zur Berathung gestellt zu werden, muß jeder Vorschlag von mindestens zwei Verwaltungen unterstützt sein, diejenige nicht eingerechnet, von welcher der Vorschlag ausgeht. Wenn dem Internationalen Büreau nicht zu gleicher Zeit mit dem Vorschlage die erforderliche Zahl von Unterstützungs-Erklärungen zugeht, so bleibt der Vorschlag ohne jede Folge.

2. Jeder Vorschlag unterliegt folgendem Verfahren:

Den Vereinsverwaltungen wird eine Frist von sechs Monaten gelassen, um die Vorschläge zu prüfen und um dem Internationalen Büreau eintretenden Falles ihre Bemerkungen zukommen zu lassen. Abänderungsvorschläge sind nicht zulässig. Die Antworten werden von dem Internationalen Büreau zusammengestellt und den Verwaltungen mit der Aufforderung mitgetheilt, sich für oder gegen den Vorschlag auszusprechen. Diejenigen Verwaltungen, welche nicht innerhalb sechs Monate, vom Datum des zweiten Rundschreibens ab gerechnet, mit dem das Internationale Büreau die gemachten Bemerkungen zu ihrer Kenntniß gebracht hat, ihre Stimme abgegeben haben, werden als sich enthaltend angesehen.

3. Um vollstreckbar zu werden, müssen die Vorschläge erhalten:

1. Einstimmigkeit, wenn es sich um die Aufnahme neuer Bestimmungen oder um die Abänderung der Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels und der Artikel 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 13, 15, 18, 27, 28 und 29 handelt;

2. zwei Drittel der Stimmen, wenn es sich um die Abänderung anderer Vertragsbestimmungen handelt, als derjenigen der Artikel 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 13, 15, 18, 26, 27, 28 und 29;

3. einfache Stimmenmehrheit, wenn es sich um die Auslegung der Vertragsbestimmungen handelt, ab gesehen von dem im vorhergehenden Artikel 23 vorgesehenen Falle einer Streitigkeit.

4. Die gültigen Beschlüsse werden in den beiden ersten Fällen durch eine diplomatische Erklärung bestätigt, welche die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft auszufertigen und den Regierungen aller vertragschließenden Länder zu übersenden hat, im dritten Falle durch eine einfache Bekanntgabe des Internationalen Büreaus an alle Vereinsverwaltungen.

5. Die angenommenen Abänderungen oder gefaßten Beschlüsse sind frühestens drei Monate nach ihrer Bekanntgabe vollstreckbar.

Artikel 27.

Hinsichtlich der Anwendung der vorhergehenden Artikel 22, 25 und 26 werden je nach Umständen als ein einziges Land oder als eine einzige Verwaltung angesehen:
1. die Gesammtheit der Deutschen Kolonien;
2. das Britisch-Indische Kaiserreich;
3. das Dominium Canada;
4. die Gesammtheit der Britischen Kolonien Australasiens;
5. die Gesammtheit aller anderen Britischen Kolonien;
6. die Gesammtheit der Dänischen Kolonien;
7. die Gesammtheit der Spanischen Kolonien;
8. die Französischen Kolonien und Schutzgebiete von Indo-China;
9. die Gesammtheit der anderen Französischen Kolonien;
10. die Gesammtheit der Niederländischen Kolonien;
11. die Gesammtheit der Portugiesischen Kolonien.

Artikel 28.

Der gegenwärtige Vertrag soll am 1. Januar 1899 zur Ausführung gebracht werden und auf unbestimmte Zeit in Kraft bleiben; jeder der vertragschließenden Theile hat indeß das Recht, auf Grund einer von seiner Regierung bei der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft ein Jahr im voraus gemachten Ankündigung aus dem Verein auszutreten.

Artikel 29.

1. Mit dem Tage der Ausführung des gegenwärtigen Vertrags treten alle Bestimmungen der früher zwischen den verschiedenen Ländern oder Verwaltungen abgeschlossenen Verträge, Uebereinkommen oder sonstigen Akte insoweit außer Kraft, als sie mit den Festsetzungen des gegenwärtigen Vertrags nicht im Einklänge stehen, unbeschadet der im vorhergehenden Artikel 21 vorbehaltenen Rechte.

2. Der gegenwärtige Vertrag soll sobald als möglich ratifizirt werden. Die Auswechselung der Ratifikationsurkunden soll zu Washington stattfinden.

3. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der oben bezeichneten Länder den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet zu Washington, den fünfzehnten Juni Eintausend achthundertsiebenundneunzig.

Pour l’Allemagne el les protectorats allemands:
Fritsch.
Neumann.
Pour la Belgique:
Lichtervelde.
Sterpin.
A. Lambin.
Pour l’État indépendant du Congo:
Lichtervelde.
Sterpin.
A. Lambin.
Pour la République Majeure de l’Amérique centrale:
N. Bolet Peraza.
Pour la Bolivie:
T. Alejandro Santos.
Pour le Royaume de Corée:
Chin Pom Ye.
Pour le Colonel Ho Sang Min:
John W. Hoyt.
John W. Hoyt.
Pour les États-Unis d’Amérique:
George S. Batcheller.
Edward Rosewater.
Jas. N. Tyner.
N. M. Brooks.
A. D. Hazen.
Pour la Bosnie-Herzégovine:
Dr. Kamler.
Pour la République de Costa-Rica:
J. B. Calvo.
Pour la République Argentine:
M. Garcia Mérou.
Pour le Brésil:
A. Fontoura Xavier.
Pour le Danemark et les colonies danoises:
C. Svendsen.
Pour l’Autriche:
Dr. Neubauer.
Habberger.
Stibral.
Pour la Bulgarie:
lv. Stoyanovitch.
Pour la République Dominicaine:
Pour l’Equateur:
L. F. Carbo.
Pour le Chili:
R. L. Irarrázaval.
Pour l’Egypte:
Y. Saba.
Pour l’Espagne et les colonies espagnoles:
Adolfo Rozabal.
Carlos Florez.
Pour l’Empire de Chine:
Pour le Pérou:
Alberto Falcon.
Pour la France:
Ansault.
Pour la République de Colombie:
Climaco Calderon.
Pour la Perse:
Mirza Alinaghi Khan.
Mustecharul-Vezareh.
Pour les colonies françaises:
Ed. Dalmas.
Pour la Hongrie:
Pierre de Szalay.
G. de Hennyey.
Pour le Portugal et les colonies portugaises:
Santo-Thyrso.
Pour la Grande-Bretagne et diverses colonies britanniques:
S. Walpole.
H. Buxton Forman.
C. A. King.
Pour l’Italie:
E. Chiaradia.
G. C. Vinci.
E. Delmati.
Pour la Roumanie:
C. Chiru.
R. Preda.
Pour l’Inde britannique:
H. M. Kisch.
Pour le Japon:
Kenjiro Komatsu.
Kwankichi Yukawa.
Pour la Russie:
Sévastianof.
Pour les colonies britanniques de l’Australasie:
John Gavan Duffy.
Pour la République de Libéria:
Chas. Hall Adams.
Pour la Serbie:
Pierre de Szalay.
G. de Hennyey.
Pour le Canada:
Wm. White.
Pour le Luxembourg:
pour Mr. Havelaar:
Van der Veen.
Pour le Royaume de Siam:
Isaac Townsend Smith.
Pour les colonies britanniques de l’Afrique du Sud:
S. R. French.
Spencer Todd.
Pour le Mexique:
A. M. Chavez.
I. Garfias.
M. Zapata-Vera.
Pour la République Sud-Africaine:
Isaac van Alphen.
Pour la Grèce:
Ed. Höhn.
Pour le Monténégro:
Dr. Neubauer.
Habberger.
Stibral.
Pour la Suède:
F. H. Schlytern.
Pour le Guatemala:
J. Novella.
Pour la Norvège:
Thb. Heyerdahl.
Pour la Suisse:
J. B. Pioda.
A. Stäger.
C. Delessert.
Pour la République d’Haïti:
J. N. Léger.
Pour l’État libre d’Orange:
Pour la Régence de Tunis:
Thiébaut.
Pour la République d’Hawaï:
Pour le Paraguay:
John Stewart.
Pour la Turquie:
Moustapha.
A. Fahri.
Pour les Pays-Bas:
pour Mr. Havelaar:
Van der Veen.
Van der Veen.
Pour l’Uruguay:
Prudencio de Murguiondo.
Pour les colonies néerlandaises:
Johs. J. Perk.
Pour les États-Unis de Venezuela:
José Andrade.
Alejandro Ybarra.

Schlußprotokoll.

Im Begriffe, zur Unterzeichnung der durch den Washingtoner Weltpostkongreß vereinbarten Abkommen zu schreiten, sind die unterzeichneten Bevollmächtigten über Folgendes übereingekommen:

I.

Es wird Akt genommen von der seitens der britischen Delegation im Namen ihrer Regierung abgegebenen Erklärung, wonach die letztere die nach Artikel 27, 5 des Vertrags „der Gesammtheit aller anderen Britischen Kolonien“ zugetheilte Stimme den Britischen Kolonien und Schutzgebieten von Südafrika zugewiesen hat.

II.

In Abweichung von der Bestimmung im Artikel 6 des Vertrags, welcher die Einschreibgebühr auf höchstens 25 Centimen festsetzt, ist vereinbart worden, daß die außereuropäischen Staaten befugt sein sollen, eine Meistgebühr von 50 Centimen beizubehalten einschließlich der Ausfertigung eines Einlieferungsscheins für den Absender.

III.

In Abweichung von den Bestimmungen des Artikels 8 des Vertrags ist vereinbart worden, daß als Uebergangsmaßregel denjenigen Verwaltungen der außereuropäischen Länder, deren Gesetzgebung gegenwärtig dem Grundsatze der Gewährleistung entgegensteht, auch ferner gestattet sein soll, die Anwendung dieses Grundsatzes so lange auszusetzen, bis sie von ihrer gesetzgebenden Gewalt die Ermächtigung zu seiner Einführung erhalten haben. Bis zu diesem Zeitpunkte sind die anderen Vereinsverwaltungen zur Zahlung einer Entschädigung für die in ihrem Betriebe verloren gehenden Einschreibsendungen nach oder aus den gedachten Ländern nicht verbunden.

IV.

Der Republik San Domingo, welche dem Verein angehört, sich aber auf dem Kongresse nicht hat vertreten lassen, bleibt das Protokoll offen, um den daselbst abgeschlossenen Abkommen oder nur dem einen oder dem anderen derselben beizutreten.
Das Protokoll bleibt ebenfalls offen zu Gunsten des Chinesischen Kaiserreichs, dessen Bevollmächtigte zum Kongresse die Absicht dieses Landes erklärt haben, in den Weltpostverein von einem später festzusetzenden Zeitpunkt ab einzutreten.
Dasselbe bleibt ferner offen für den Oranje-Freistaat, dessen Vertreter die Absicht dieses Landes kundgegeben hat, dem Weltpostvereine beizutreten.

V.

Das Protokoll wird zu Gunsten der Länder, deren Vertreter heute nur den Hauptvertrag oder nur eine gewisse Zahl der durch den Kongreß vereinbarten Abkommen unterzeichnet haben, offen gehalten, damit sie auch den übrigen heute unterzeichneten Abkommen oder einem oder dem anderen derselben beitreten können.

VI.

Die in dem Vorstehenden Artikel IV vorgesehenen Beitrittserklärungen müssen durch die betreffenden Regierungen in diplomatischer Form bei der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika angemeldet werden. Die Frist, welche ihnen für diese Anmeldung bewilligt wird, läuft mit dem 1. Oktober 1898 ab.

VII.

Für den Fall, daß eines oder mehrere der an den heute zu Washington unterzeichneten Abkommen betheiligten vertragschließenden Länder das eine oder andere dieser Abkommen nicht ratifiziren sollten, bleiben diese letzteren nichtsdestoweniger für die Staaten, welche dieselben ratifizirt haben, verbindlich.

Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten das gegenwärtige Schlußprotokoll aufgenommen, welches dieselbe Kraft und dieselbe Gültigkeit haben soll, als wenn seine Bestimmungen in den Text der betreffenden Abkommen selbst aufgenommen worden wären, und sie haben dieses Schlußprotokoll in einem Exemplar unterzeichnet, welches in dem Archive der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika niedergelegt, und wovon jedem Theile eine Abschrift zugestellt werden wird.

 

Geschehen zu Washington, den fünfzehnten Juni Eintausend achthundertsiebenundneunzig.

Pour l’Allemagne el les protectorats allemands:
Fritsch.
Neumann.
Pour les États-Unis d’Amérique:
George S. Batcheller.
Edward Rosewater.
Jas. N. Tyner.
N. M. Brooks.
A. D. Hazen.
Pour la République Argentine:
M. Garcia Mérou.
Pour la République Majeure de l’Amérique centrale:
N. Bolet Peraza.
Pour l’Autriche:
Dr. Neubauer.
Habberger.
Stibral.
Pour la Belgique:
Lichtervelde.
Sterpin.
A. Lambin.
Pour le Danemark et les colonies danoises:
C. Svendsen.
Pour le Canada:
Wm. White.
Pour la Bolivie:
T. Alejandro Santos.
Pour la République Dominicaine:
Pour les colonies britanniques de l’Afrique du Sud:
S. R. French.
Spencer Todd.
Pour la Bosnie-Herzégovine:
Dr. Kamler.
Pour l’Egypte:
Y. Saba.
Pour la Grèce:
Ed. Höhn.
Pour le Brésil:
A. Fontoura Xavier.
Pour l’Equateur:
L. F. Carbo.
Pour le Guatemala:
J. Novella.
Pour la Bulgarie:
lv. Stoyanovitch.
Pour l’Espagne et les colonies espagnoles:
Adolfo Rozabal.
Carlos Florez.
Pour la République d’Haïti:
J. N. Léger.
Pour le Chili:
R. L. Irarrázaval.
Pour la France:
Ansault.
Pour la République d’Hawaï:
Pour l’Empire de Chine:
Pour les colonies françaises:
Ed. Dalmas.
Pour la Hongrie:
Pierre de Szalay.
G. de Hennyey.
Pour la République de Colombie:
Climaco Calderon.
Pour la Grande-Bretagne et diverses colonies britanniques:
S. Walpole.
H. Buxton Forman.
C. A. King.
Pour l’Italie:
E. Chiaradia.
G. C. Vinci.
E. Delmati.
Pour l’État indépendant du Congo:
Lichtervelde.
Sterpin.
A. Lambin.
Pour l’Inde britannique:
H. M. Kisch.
Pour le Japon:
Kenjiro Komatsu.
Kwankichi Yukawa.
Pour le Royaume de Corée:
Chin Pom Ye.
Pour le Colonel Ho Sang Min:
John W. Hoyt.
John W. Hoyt.
Pour les colonies britanniques de l’Australasie:
John Gavan Duffy.
Pour la République de Libéria:
Chas. Hall Adams.
Pour la République de Costa-Rica:
J. B. Calvo.
Pour le Pérou:
Alberto Falcon.
Pour le Luxembourg:
pour Mr. Havelaar:
Van der Veen.
Pour le Mexique:
A. M. Chavez.
I. Garfias.
M. Zapata-Vera.
Pour la Perse:
Mirza Alinaghi Khan.
Mustecharul-Vezareh.
Pour la Suède:
F. H. Schlytern.
Pour le Monténégro:
Dr. Neubauer.
Habberger.
Stibral.
Pour le Portugal et les colonies portugaises:
Santo-Thyrso.
Pour la Suisse:
J. B. Pioda.
A. Stäger.
C. Delessert.
Pour la Norvège:
Thb. Heyerdahl.
Pour la Roumanie:
C. Chiru.
R. Preda.
Pour la Régence de Tunis:
Thiébaut.
Pour l’État libre d’Orange:
Pour la Russie:
Sévastianof.
Pour la Turquie:
Moustapha.
A. Fahri.
Pour le Paraguay:
John Stewart.
Pour la Serbie:
Pierre de Szalay.
G. de Hennyey.
Pour l’Uruguay:
Prudencio de Murguiondo.
Pour les Pays-Bas:
pour Mr. Havelaar:
Van der Veen.
Van der Veen.
Pour le Royaume de Siam:
Isaac Townsend Smith.
Pour les États-Unis de Venezuela:
José Andrade.
Alejandro Ybarra.
Pour les colonies néerlandaises:
Johs. J. Perk.
Pour la République Sud-Africaine:
Isaac van Alphen.

 

 

 

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