Gesetz, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge

Titel: Gesetz, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge.
Fundstelle: Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes Band 1867, Nr. 5, Seite 35 – 39
Fassung vom: 25. Oktober 1867
Bekanntmachung: 31. Oktober 1867
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(Nr. 9.) Gesetz, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge. Vom 25. Oktober 1867.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

§ 1.

Die zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmten Schiffe (Kauffahrteischiffe) der Bundesstaaten haben fortan als Nationalflagge ausschließlich die Bundesflagge zu führen (Artikel 54. und 55. der Bundesverfassung).

§ 2.

Zur Führung der Bundesflagge sind die Kauffahrteischiffe nur dann berechtigt, wenn sie in dem ausschließlichen Eigenthum solcher Personen sich befinden, welchen das Bundesindigenat (Artikel 3. der Bundesverfassung) zusteht.
Diesen Personen sind gleich zu achten die im Bundesgebiete errichteten Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, in Preußen auch die nach Maaßgabe des Gesetzes vom 27. März 1867. eingetragenen Genossenschaften, sofern diese Gesellschaften und Genossenschaften innerhalb des Bundesgebietes ihren Sitz haben und bei den Kommanditgesellschaften auf Aktien allen persönlich haftenden Mitgliedern das Bundesindigenat zusteht.

§ 3.

Für die zur Führung der Bundesflagge befugten Kauffahrteischiffe sind in den an der See belegenen Bundesstaaten Schiffsregister zu führen. Die Landesgesetze bestimmen die Behörden, welche das Schiffsregister zu führen haben.

§ 4.

Das Schiffsregister ist öffentlich; die Einsicht desselben ist während der gewöhnlichen Dienststunden einem Jeden gestattet.

§ 5.

Ein Schiff kann nur in das Schiffsregister desjenigen Hafens eingetragen werden, von welchem aus die Seefahrt mit ihm betrieben werden soll (Heimathshafen, Registerhafen).

§ 6.

Die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister muß enthalten:

1) den Namen und die Gattung des Schiffes (ob Barke, Brigg u. s. w.);
2) seine Größe und die nach der Größe berechnete Tragfähigkeit;
3) die Zeit und den Ort seiner Erbauung, oder, wenn es die Flagge eines nicht zum Norddeutschen Bunde gehörenden Landes geführt hat, den Thatumstand, wodurch es das Recht, die Bundesflagge zu führen, erlangt hat, und außerdem, wenn thunlich, die Zeit und den Ort der Erbauung;
4) den Heimathshafen;
5) den Namen und die nähere Bezeichnung des Rheders, oder, wenn eine Rhederei besteht, den Namen und die nähere Bezeichnung aller Mitrheder und die Größe der Schiffspart eines Jeden; ist eine Handelsgesellschaft Rheder oder Mitrheder, so sind die Firma und der Ort, an welchem die Gesellschaft ihren Sitz hat, und, wenn die Gesellschaft nicht eine Aktiengesellschaft ist, die Namen und die nähere Bezeichnung aller die Handelsgesellschaft bildenden Gesellschafter einzutragen; bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien genügt statt der Eintragung aller Gesellschafter die Eintragung aller persönlich haftenden Gesellschafter;
6) den Rechtsgrund, auf welchem die Erwerbung des Eigenthums des Schiffes oder der einzelnen Schiffsparten beruht;
7) die Nationalität des Rheders oder der Mitrheder;
8) den Tag der Eintragung des Schiffes.
Ein jedes Schiff wird in das Schiffsregister unter einer besonderen Ordnungsnummer eingetragen.

§ 7.

Die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister darf erst geschehen, nachdem das Recht desselben, die Bundesflagge zu führen, und alle in dem §. 6. bezeichneten Thatsachen glaubhaft nachgewiesen sind.

§ 8.

Ueber die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister wird von der Registerbehörde eine mit dem Inhalt der Eintragung übereinstimmende Urkunde (Certifikat) ausgefertigt.
Das Certifikat muß außerdem bezeugen, daß die nach §. 7. erforderlichen Nachweisungen geführt sind, sowie, daß das Schiff zur Führung der Bundesflagge befugt sei.

§ 9.

Durch das Certifikat wird das Recht des Schiffes, die Bundesflagge zu führen, nachgewiesen.
Zum Nachweis dieses Rechts ist insbesondere ein Seepaß nicht erforderlich.

§ 10.

Das Recht, die Bundesflagge zu führen, darf weder vor der Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister, noch vor der Ausfertigung des Certifikats ausgeübt werden.

§ 11.

Treten in den Thatsachen, welche in dem §. 6. bezeichnet sind, nach der Eintragung Veränderungen ein, so müssen dieselben in das Schiffsregister eingetragen und auf dem Certifikate vermerkt werden.
Im Fall das Schiff untergeht oder das Recht, die Bundesflagge zu führen, verliert, ist das Schiff in dem Schiffsregister zu löschen und das ertheilte Certifikat zurückzuliefern, sofern nicht glaubhaft bescheinigt wird, daß es nicht zurückgeliefert werden könne.

§ 12.

Die Thatsachen, welche gemäß §. 11. eine Eintragung oder die Löschung im Schiffsregister erforderlich machen, sind von dem Rheder binnen sechs Wochen nach Ablauf des Tages, an welchem er von ihnen Kenntniß erlangt hat, der Registerbehörde zum Zweck der Verfolgung der Vorschriften des §. 11. anzuzeigen und glaubhaft nachzuweisen, betreffenden Falls unter Zurücklieferung des Certifikats.
Die Verpflichtung zu der Anzeige und Nachweisung liegt ob:

1) wenn eine Rhederei besteht, allen Mitrhedern;
2) wenn eine Aktiengesellschaft Rheder oder Mitrheder ist, für dieselbe allen Mitgliedern des Vorstandes;
3) wenn eine andere Handelsgesellschaft Rheder oder Mitrheder ist, für dieselbe allen persönlich haftenden Gesellschaftern;
4) wenn die Veränderung in einem Eigenthumswechsel besteht, wodurch das Recht des Schiffes, die Bundesflagge zu führen, nicht berührt wird, dem neuen Erwerber des Schiffes oder der Schiffspart.

§ 13.

Wenn ein Schiff, welches gemäß der Bestimmung des §. 2. zur Führung der Bundesflagge nicht berechtigt ist, unter der Bundesflagge fährt, so hat der Führer des Schiffes Geldbuße bis zu fünfhundert Thalern oder Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten verwirkt; auch kann auf Konfiskation des Schiffes erkannt werden.

§ 14.

Wenn ein Schiff, welches gemäß §. 10. sich der Führung der Bundesflagge enthalten muß, weil die Eintragung in das Schiffsregister oder die Ausfertigung des Schiffscertifikats noch nicht erfolgt ist, unter der Bundesflagge fährt, so hat der Führer des Schiffes Geldbuße bis zu Einhundert Thalern oder verhältnißmäßige Gefängnißstrafe verwirkt, sofern er nicht nachweist, daß der unbefugte Gebrauch der Bundesflagge ohne sein Verschulden geschehen sei.

§ 15.

Die im §. 14. angedrohte Strafe hat auch derjenige verwirkt, welcher eine nach den Bestimmungen des §. 12. ihm obliegende Verpflichtung binnen der sechswöchentlichen Frist nicht erfüllt, sofern er nicht beweist, daß er ohne sein Verschulden außer Stande gewesen sei, dieselbe zu erfüllen. Die Strafe tritt nicht ein, wenn vor Ablauf der Frist die Verpflichtung von einem Mitverpflichteten erfüllt ist. Die Strafe wird gegen denjenigen verdoppelt, welcher die Verpflichtung auch binnen sechs Wochen nach Ablauf des Tages, an welchem das ihn verurtheilende Erkenntniß rechtskräftig geworden ist, zu erfüllen versäumt.

§ 16.

Wenn ein außerhalb des Bundesgebietes befindliches fremdes Schiff durch den Uebergang in das Eigenthum einer Person, welcher das Bundesindigenat zusteht, das Recht, die Bundesflagge zu führen, erlangt, so können die Eintragung in das Schiffsregister und das Certifikat durch ein von dem Bundeskonsul, in dessen Bezirk das Schiff zur Zeit des Eigenthumsüberganges sich befindet, über den Erwerb des Rechts, die Bundesflagge zu führen, ertheiltes Attest, jedoch nur für die Dauer eines Jahres seit dem Tage der Ausstellung des Attestes und über dieses Jahr hinaus nur für die Dauer einer durch höhere Gewalt verlängerten Reise, ersetzt werden. So lange Landeskonsulate noch bestehen, ist zur Ausstellung des Attestes auch der Konsul des Bundesstaates befugt, welchem der Erwerber angehört, und in Ermangelung eines solchen Konsuls, sowie in Ermangelung eines Bundeskonsuls, der Konsul eines anderen Bundesstaates (Art. 56. der Bundesverfassung).

§ 17.

Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten zu bestimmen, daß und welche kleinere Fahrzeuge (Küstenfahrer u. s. w.) zur Ausübung des Rechts, die Bundesflagge zu führen, auch ohne vorherige Eintragung in das Schiffsregister und Ertheilung des Certifikats befugt seien.

§ 18.

Die in Gemäßheit des §. 2. zur Führung der Bundesflagge berechtigten Schiffe, welche in Folge der Vorschrift Artikel 432. ff. des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs in das Schiffsregister eines Bundesstaates bereits eingetragen und mit Certifikaten Behufs Führung der Landesflagge versehen sind, brauchen zur Ausübung des Rechts, die Bundesflagge zu führen, von Neuem in das Schiffsregister nicht eingetragen und mit neuen Certifikaten nicht versehen zu werden.

§ 19.

Die landesgesetzlichen Bestimmungen über die Führung der bisherigen Schiffsregister finden auch auf die nach diesem Gesetze zu führenden Schiffsregister Anwendung, soweit sie mit den Vorschriften desselben sich vertragen, und unbeschadet ihrer späteren Aenderung auf landesgesetzlichem Wege.

§ 20.

Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem 1. April 1868. in Wirksamkeit.
Für die Schiffe, welche gegenwärtig die Mecklenburg-Schwerinsche Landesflagge zu führen befugt sind, treten die Vorschriften des §. 2. über die Erfordernisse der Nationalität erst am 1. April 1869. in Geltung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Bundes-Insiegel.
Gegeben Schloß Babelsberg, den 25. Oktober 1867.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Gr. v. Bismarck-Schönhausen.




Verordnung, betreffend die Bundesflagge für Kauffahrteischiffe, Nationalflagge

Titel: Verordnung, betreffend die Bundesflagge für Kauffahrteischiffe.
Fundstelle: Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes Band 1867, Nr. 5, Seite 39
Fassung vom: 25. Oktober 1867
Bekanntmachung: 31. Oktober 1867
Änderung und Außerkraftsetzung 25. Juli 2021 durch RGBl-2107091-Nr08
Quelle:

(Nr. 10.) Verordnung, betreffend die Bundesflagge für Kauffahrteischiffe. Vom 25. Oktober 1867.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc.

verordnen, auf Grund des Artikels 55. der Verfassung des Norddeutschen Bundes, im Namen des Bundes, was folgt:

Die Bundesflagge, welche von den Kauffahrteischiffen der Bundesstaaten fortan als Nationalflagge ausschließlich zu führen ist (§. 1. des Gesetzes, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge, vom heutigen Tage), bildet ein längliches Rechteck, bestehend aus drei gleich breiten horizontalen Streifen, von welchen der obere schwarz, der mittlere weiß und der untere roth ist. Das Verhältniß der Höhe der Flagge zur Länge ist wie zwei zu drei. Die Bundesflagge wird von den Schiffen am Heck oder am hinteren Maste – und zwar in der Regel an der Gaffel dieses Mastes, in Ermangelung einer solchen aber am Topp oder im Want – geführt.
Ein besonderes Abzeichen in der Bundesflagge oder einen Wimpel zu führen, ähnlich demjenigen der Kriegsmarine des Norddeutschen Bundes, ist den Kauffahrteischiffen nicht gestattet.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Bundes-Insiegel.
Gegeben Schloß Babelsberg, den 25. Oktober 1867.

(L. S.)  Wilhelm.

Änderung und Außerkraftsetzung 25. Juli 2021 durch RGBl-2107091-Nr08

  Gr. v. Bismarck-Schönhausen.